Pfadfinder

internationale Erziehungsbewegung für Kinder und Jugendliche
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Die Pfadfinderbewegung ist die größte Jugendbewegung der Welt. Ihr gehören mehr als 38 Millionen Kinder und Jugendliche weltweit an. Die Anzahl der ehemaligen Mitglieder, also der Menschen, die bisher der Pfadfinderbewegung angehört haben, wird heute auf etwa 300 Millionen geschätzt. Nur in 6 Staaten (Kuba, Andorra, China (mit Ausnahme von Taiwan, Hongkong und Macau), Nordkorea, Laos, Birma/Myanmar) gibt es nach Angaben von WOSM keine Pfadfinderverbände.

Der Schutzpatron der Pfadfinder ist der Ritter Georg, der einen Drachen getötet haben soll. Nach seinem Vorbild sollen Pfadfinder ritterlich und ehrlich handeln, anderen Menschen Freund sein, Hilfsbedürftige und Schwache unterstützen und die Umwelt schützen. Das Symbol der männlichen Pfadfinder ist eine Lilie, das der weiblichen ein Kleeblatt.

Die Pfadfindermethode

Die World Organization of the Scout Movement beschreibt die Pfadfinderbewegung als „eine freiwillige, nicht-politische Erziehungsbewegung für junge Leute, die offen ist für alle, ohne Unterschiede von Herkunft, Rasse oder Glaubensbekenntnis, übereinstimmend mit dem Zweck, den Prinzipien und der Methode, die vom Gründer der Bewegung entwickelt wurden.“ (Quelle: Grundlagen der Pfadfinderbewegung - auch im Folgenden zitiert).

Zweck der Pfadfinderbewegung ist es, „zur Entwicklung junger Menschen beizutragen, damit sie ihre vollen körperlichen, intellektuellen, sozialen und geistigen Fähigkeiten als Persönlichkeiten, als verantwortungsbewusste Bürger und als Mitglieder ihrer örtlichen, nationalen und internationalen Gemeinschaft einsetzen können.“

Die Prinzipien der Pfadfinderbewegung beschreiben einen Verhaltenskodex, der alle Mitglieder charakterisiert. Sie sind

  • die Pflicht gegenüber Gott
  • die Pflicht gegenüber Dritten
  • die Pflicht gegenüber sich selbst.

Die Verpflichtung gegenüber Gott wird häufig auch als Verpflichtung gegenüber einer höheren Macht formuliert, um nicht-monotheistische Religionen mit einzubeziehen.

Die pfadfinderische Methode ist ein System fortschreitender Selbsterziehung durch:

  • Gesetz (in einigen Verbänden: Pfadfinderregeln) und Versprechen
  • Learning by doing (Lernen durch Tun)
  • Bildung kleiner Gruppen (beispielsweise Sippen), welche, unter Führung Erwachsener, fortschreitendes Entdecken und Übernehmen von Verantwortung sowie die Erziehung zu Selbständigkeit durch die Entwicklung des Charakters, Anerkennung von Verantwortlichkeit, Selbstvertrauen, Zuverlässigkeit und Bereitschaft zur Zusammenarbeit und Führung, einbeziehen.
  • Fortschreitende und attraktive Programme verschiedenartiger Aktivitäten, die auf den Interessen der Teilnehmer beruhen wie Spiele, sinnvolle Fertigkeiten, Dienst im Gemeinwesen, die weitgehend in engem Kontakt mit Natur und Umwelt stattfinden.

Die Pfadfindermethode umfasst die genannten vier Elemente als Ganzes, wenn einzelne Elemente weggelassen werden, wird keine Pfadfinderarbeit mehr geleistet.

Obwohl die Formulierungen von Zweck, Prinzipien und der pfadfinderischer Methode von „männlichen“ Weltverband WOSM stammen, können sie zu großen Teilen auch auf den „weiblichen“ Weltverband World Association of Girl Guides and Girl Scouts (WAGGGS) und auf Pfadfinderverbände, die weder WAGGGS noch WOSM angehören, übertragen werden. Ein Vergleich der Formulierungen von WOSM und WAGGGS findet sich auf der WAGGGS-Homepage (pdf 308 kB).

Diese allgemeinen Ausführungen zur Pfadfindermethode werden im Alltag der Gruppen in einer Vielfalt von einzelnen Elementen umgesetzt. Zu den häufigsten unter ihnen zählen:

  • regelmäßige Gruppenstunden in festen Gruppen, Entwicklung gemeinsamer Rituale, gemeinsame Kleidung (Pfadfinderkluft)
  • Zeltlager, Fahrten und internationale Begegnungen
  • frühzeitige Übernahme von Verantwortung (beispielsweise als Gruppenleiter/Sippenführer) und gleichberechtigte Partizipation aller in Entscheidungsprozessen
  • damit einhergehend: freiwillige Selbstverpflichtung durch das Pfadfinderversprechen
  • Einübung von Pfadfindertechniken, Basteln und Werken
  • musisch-kulturelle Aktivitäten wie gemeinsames Singen und Musizieren
  • Naturerlebnis in Spielen und Erkundungen, Kennenlernen von ökologischen Zusammenhängen
  • gesellschaftliches Engagement (beispielsweise durch Hilfsaktionen oder Altpapiersammlungen).

Geschichte der Pfadfinderbewegung

Geschichte der Weltpfadfinderbewegung

1899 veröffentlichte der englische General Baden-Powell (BP) für die britische Armee das Buch „Aids to Scouting“ (Anleitung zum Kundschafterdienst), das aufgrund des Heldenstatus, den BP im Burenkrieg errungen hatte, bei den Jugendlichen in England großes Interesse auslöste. Als BP nach seiner Rückkehr nach England feststellte, dass überall nach seinem Buch „Kundschafter“ gespielt wurde, versuchte er, aus diesem Spiel ein – heute würde man sagen erlebnispädagogisches – Konzept zur Jugenderziehung zu entwickeln. Zur Erprobung dieses Konzepts veranstaltete er 1907 ein erstes Lager auf Brownsea Island. Daran nahmen 22 Jungen aus verschiedenen sozialen Schichten teil. Sie trugen einheitliche Uniformen, um die sozialen Unterschiede zu verwischen. Aufbauend auf diesen Erfahrungen veröffentlichte BP 1908 eine für Jugendliche überarbeitete Version von „Aids to Scouting“: Scouting for Boys.

Obwohl das in „Scouting for Boys“ Dargestellte eigentlich nur die Methodik der schon existierenden Jugendverbände ergänzen sollte, entstanden auch außerhalb dieser Verbände viele Pfadfindergruppen. Um diese Bewegung in England zusammenzufassen, wurde die Boy Scout Association gegründet. Gleichzeitig entstanden in vielen anderen Ländern ebenfalls Pfadfindergruppen, so dass es schon vor dem Ersten Weltkrieg auf allen Kontinenten – mit Ausnahme der Antarktis – Pfadfindergruppen gab.

1909 fand das erste große Pfadfindertreffen mit mehr als 11.000 Teilnehmern im Kristallpalast in London statt. BP war sehr erstaunt, als er dort auch Mädchen traf, die ihm erklärten, dass sie Pfadfinderinnen seien. Für sie wurden 1910 die Girl Guides (Pfadfinderinnen; in den USA Girl Scouts) gegründet, die unter der Leitung von BPs Schwester Agnes Baden-Powell standen. 1912 übernahm Olave Baden-Powell, BPs Frau, diese Aufgabe.

Da auch die jüngeren Brüder bei den Pfadfindern mitmachen wollten, wurde 1914 die Wölflingsarbeit eingeführt. Bereits 1916 wurde diese Arbeitsform grundlegend überarbeitet. Für die älter werdenden Pfadfinder wurde 1919 als dritte Altersstufe die Roverarbeit entwickelt. Im gleichen Jahr wurde BP der Gilwell Park geschenkt, den er als Zentrum für die Ausbildung von Pfadfinderführern nutzte. Bereits sechs Wochen nach der Übergabe fand dort der erste Woodbadgekurs statt.

1920 fand nur zwei Jahre nach dem Ende des Ersten Weltkriegs in London das erste Weltpfadfindertreffen statt. An diesem Jamboree nahmen etwa 8.000 Pfadfinder aus 27 Ländern teil. Sie ernannten BP spontan zum Chief Scout of the World. Seitdem werden in der Regel im Vier-Jahres-Rhythmus Welt-Jamborees abgehalten.

Ebenfalls 1920 wurde in London für die männlichen Pfadfinder das Boy Scouts International Bureau gegründet, das später seinen Namen in World Organization of the Scout Movement (WOSM) änderte. Für die internationale Zusammenarbeit zwischen den Pfadfinderinnen war bereits 1919 der International Council entstanden, aus dem 1928 die World Association of Girl Guides and Girl Scouts (WAGGGS) hervorging. Olave Baden-Powell wurde 1932 von WAGGGS zur Chief Guide of the World gewählt.

Im schweizerischen Kandersteg wurde 1923 das International Scout Chalet als Weltzentrum von WOSM gegründet (heute: Kandersteg International Scout Center - KISC). WAGGGS eröffnete 1932 mit Our Chalet in Adelboden in der Schweiz sein erstes Weltzentrum, 1939 folgte Our Ark in London (1963 in Olave House umbenannt, 1990 aufgegeben). Dazu kamen 1957 Our Cabana in Morelos in Mexiko, 1966 Sangam in Poona in Indien und 1990 Pax Lodge in London (als Ersatz für Olave House).

1931 fand in Kandersteg das erste World Scout Moot für Rover statt, ein Treffen der älteren Pfadfinder. 1939 trafen sich in Ungarn 4.000 Pfadfinderinnen zum ersten Weltlager der Pfadfinderinnen Pax Ting.

1941 starb Baden-Powell mit fast 84 Jahren in Nyeri in Kenia. In seinem letzten Brief hinterließ er der Pfadfinderbewegung ihren bis heute wohl wichtigsten Satz: „Versucht, die Welt ein bisschen besser zurückzulassen, als ihr sie vorgefunden habt.“

1947 wurde nach der durch den Zweiten Weltkrieg erzwungenen Pause das Jamboree de la Paix in Frankreich abgehalten. Das fünfzigste Jubiläum der Pfadfinderbewegung und den hundertsten Geburtstag von BP feierte WOSM 1957 beim Jubilee Jamboree in England.

1958 fand zum ersten Mal das Jamboree-on-the-Air (JOTA) statt, bei dem Pfadfinder aus der ganzen Welt über Funk kommunizieren.

1977 starb Olave Baden-Powell, Chief Guide of the World.

1979 fiel das Welt-Jamboree wegen der islamischen Revolution im Iran erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg aus. Stattdessen wurde ein World Jamboree Year durchgeführt. Beim Welt-Jamboree 1983 in Kanada durften erstmals Mädchen aus koedukativen WOSM-Mitgliedsverbänden teilnehmen.

Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs wurde 1990 von WOSM ein Informationsbüro in Moskau gegründet. In allen ehemals sozialistischen Staaten entstanden daraufhin Pfadfindergruppen, die fast immer an die Traditionen aus der Zeit vor ihrem Verbot anknüpften.

1996 wurde die World Federation of Independent Scouts (WFIS) gegründet, ein Weltverband unabhängiger Pfadfinderverbände. Ihr Ziel ist es, den Pfadfinderverbänden, die nicht Mitglied von WOSM oder WAGGGS sind, ein internationales Dach zu bieten.

1997 fand das erste offizielle Jamboree On The Internet (JOTI) statt.

Geschichte der Pfadfinderbewegung im deutschsprachigen Raum

siehe: Hauptartikel Deutschsprachige Pfadfindergeschichte

Die Pfadfinderbewegung erreichte bereits kurz nach ihrer Gründung in England im Jahre 1907 durch Baden-Powell den deutschsprachigen Raum. In fast allen deutschsprachigen Ländern entstanden noch vor dem Ersten Weltkrieg Pfadfindergruppen, die sich in unterschiedlichen, häufig nach Geschlechtern und Konfessionen getrennten Verbänden zusammenschlossen.

Während sich in fast allen deutschsprachigen Ländern die Pfadfinderverbände bis zum Zweiten Weltkrieg gleichmäßig auf der Grundlage von Scouting for Boys und eng an das englisch Ausbildungssystem angelehnt weiterentwickelten, schlug das deutsche Pfadfindertum (und in geringerem Umfang auch das österreichische) durch den Kontakt mit der Wandervogel-Bewegung einen Sonderweg ein: Die Pfadfinderbünde wurden Teil der Jugendbewegung, sie verschmolzen die Formen des englischen Scoutismus mit denen des Wandervogels. Dies hatte zur Folge, dass sich innerhalb der Bünde unterschiedliche Erneuerungsbewegungen entwickelten, die zur Abspaltung und Vereinigung verschiedenster kleinerer und größerer Bünde führten. Die so genannte Bündische Jugend mit einer Vielzahl von Pfadfinder-, Wandervogel- und Jungenschafts-Bünden entstand.

Nach der so genannten Machtergreifung wurden 1933 und 1934 in Deutschland die interkonfessionellen Pfadfinderverbände aufgelöst und ihre Mitglieder in die Hitlerjugend überführt. Die konfessionellen Verbände konnten sich unter starker Einschränkung ihrer Arbeit etwas länger halten, wurden aber bis spätestens 1938 ebenfalls von der Gestapo verboten. Während des Zweiten Weltkriegs ereilte das gleiche Schicksal die Pfadfinderverbände in den vom Deutschen Reich besetzten Ländern.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden in allen Ländern die Pfadfinderverbände wieder aufgebaut. Fast immer schlossen sich die Pfadfinderverbände zu Dachverbänden oder Gesamtorganisationen zusammen, um allen Pfadfinderinnen und Pfadfindern die Mitgliedschaft in den Weltverbänden WOSM und WAGGGS zu ermöglichen. Dennoch setzte in Deutschland nach der erste Aufbauphase wieder eine zunehmende Zersplitterung der Pfadfinderbewegung ein, zuerst erneut am Konflikt scoutistisch - bündisch festzumachen, später verstärkt in der Auseinandersetzung zwischen traditionellen und progressiven Pfadfindern.

Im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts öffneten sich die meisten Pfadfinderinnen- und Pfadfinderverbände für das jeweils andere Geschlecht oder fusionierten mit ähnlich ausgerichteten Gruppen zu koedukativen Verbänden.

Zeitleiste

Katholische Pfadfinderschaft EuropasChristliche Pfadfinderschaft DeutschlandsVerband Christlicher Pfadfinderinnen und PfadfinderBund der Pfadfinderinnen und PfadfinderDeutscher PfadfinderverbandRing deutscher PfadfinderverbändeBund Deutscher PfadfinderInnenHitlerjugendPfadfinderinnenschaft Sankt GeorgDeutsche Pfadfinderschaft Sankt GeorgEvangelische Mädchen-PfadfinderbundBund Christlicher PfadfinderinnenChristliche Pfadfinderschaft DeutschlandsErster Freideutscher JugendtagOlave Baden-PowellDeutscher PfadfinderbundScouting for BoysAids to Scouting

Bitte ergänzt diese Zeitleiste mit pfadfinderspezifischen Informationen (siehe meta:EasyTimeline und meta:Help:EasyTimeline syntax).

Strukturen und Organisationen der Pfadfinderbewegung

Weltweite Strukturen

Innerhalb der Weltpfadfinderbewegung gibt es zwei getrennte große Weltverbände: die World Organization of the Scout Movement (WOSM; etwa 28 Millionen Mitglieder in 153 Ländern) für die (männlichen) Pfadfinder und die World Association of Girl Guides and Girl Scouts (WAGGGS; etwa 10 Millionen Mitglieder in 144 Ländern) für die (weiblichen) Pfadfinderinnen. Beide Weltverbände nehmen jeweils nur ein nationales Mitglied auf; deshalb sind aus Staaten mit mehreren Pfadfinderverbänden häufig Dachverbände Mitglied bei WOSM und WAGGGS. Koedukative Verbände melden in der Regel die männlichen Mitglieder bei WOSM und die weiblichen bei WAGGGS an.

WOSM und WAGGGS kooperieren in vielen Arbeitsfeldern, setzen aber wegen der unterschiedlichen Geschlechter und gesellschaftlichen Interessen ihrer Mitglieder unterschiedliche Schwerpunkte. So führt WAGGGS beispielsweise keine Weltlager mehr durch, die internationale Arbeit konzentriert sich stärker auf die vier Weltzentren und den Thinking Day.

Die zwei großen Weltverbände gliedern sich in Regionen, die meist den Kontinenten entsprechen. Diese führen eigene Veranstaltungen durch. Innerhalb von WOSM und WAGGGS gibt es Arbeitsgemeinschaften von Pfadfinderverbänden, die ähnliche gelagerte Arbeit leisten oder mit ähnlichen Problemen konfrontiert sind. Ein Schwerpunkt dieser Kooperationen liegt im religiösen Bereich.

Neben den zwei großen Weltverbänden WOSM und WAGGGS existieren mit der World Federation of Independent Scouts (WFIS; etwa 35.000 Mitglieder in 40 Ländern) und der Union Internationale des Guides et Scouts d’Europe (UIGSE; etwa 55.000 Mitglieder in 15 Ländern) zwei kleine unabhängige Verbände, die ihren Mitgliedsverbänden die Teilhabe an der internationalen Gemeinschaft der Pfadfinder ermöglichen.

Nationale Pfadfinderverbände

Für die nationalen Zusammenschlüsse der Pfadfinder gibt es weltweit zwei Grundmodelle. Insbesondere im angelsächsischen Raum verbreitet ist der Typus des großen Pfadfinderverbandes, zu dem nahezu alle Pfadfindergruppen des Landes gehören. In diesen können die einzelnen Ortsgruppen dann entscheiden, ob sie sich schwerpunktmäßig auf Kinder und Jugendliche einer Religion konzentrieren oder ob sie offen für alle sind. In Kontinentaleuropa und den frankophonen Ländern orientieren sich dagegen Pfadfinderverbände häufig an den einzelnen Konfessionen und Religionen; in der Regel schließen sich diese konfessionellen Verbände dann wie in Deutschland und Frankreich zu nationalen Dachverbänden zusammen, über die die Mitgliedschaft bei WOSM und WAGGGS organisiert ist.

Unterhalb der nationalen Ebene gliedern sich die einzelnen Pfadfinderverbände im deutschsprachigen Raum in Abhängigkeit von der Verbands- und Landesgröße in überregionale und regionale Zusammenschlüsse (beispielsweise: Diözesanverbände, Landesmarken, Gaue, Bezirke, Regionen, Kantonalverbände), die sich aus den einzelnen Stämmen (Ortsgruppen; in Österreich und der Schweiz: Abteilungen) zusammensetzen. Diese wiederum umfassen meistens alle Meuten (Wölflingsgruppen), Sippen (in Österreich und der Schweiz: Patrullen) und Roverrunden eines Ortes oder Stadtteils.

Deutschland

In Deutschland haben sich die vier größten Verbände zum Ring Deutscher Pfadfinderinnenverbände und zum Ring deutscher Pfadfinderverbände zusammengeschlossen. Beide Ringe umfassen je einen evangelischen, einen katholischen und einen interkonfessionellen Pfadfinderverband. Dem weiblichen Ring gehören die Pfadfinderinnenschaft Sankt Georg (PSG), der Verband Christlicher Pfadfinderinnen und Pfadfinder (VCP) und der Bund der Pfadfinderinnen und Pfadfinder (BdP) an, dem männlichen Ring gehören die Deutsche Pfadfinderschaft Sankt Georg (DPSG), der VCP und der BdP an. Der Ring deutscher Pfadfinderverbände ist seit 1950 Mitglied von WOSM, der Ring Deutscher Pfadfinderinnenverbände wurde im gleichen Jahr von WAGGGS aufgenommen.

Neben den vier so genannten Ringverbänden gibt es mehr als 130 weitere Pfadfinderbünde in Deutschland. Zu den größten unter ihnen zählen der Deutsche Pfadfinderverband (DPV; ein Dachverband verschiedener Bünde), die Christliche Pfadfinderschaft Deutschlands (CPD), die Christlichen Pfadfinder Royal Rangers (RR) und der Deutsche Pfadfinderbund (DPB).

Kurzdarstellungen von momentan 134 deutschen Bünden (Stand 11/2004) bietet der Pfadfinder-Treffpunkt.

Die Mitgliederzahlen der großen deutschen Pfadfinderverbände liegen nach deren eigenen Angaben ungefähr bei den in der folgenden Tabelle dargestellten Werten. Diese Zahlen gelten innerhalb der deutschen Pfadfinderbewegung als sehr umstritten, da von den einzelnen Verbänden unterschiedliche Zählweisen und Mitgliedschaftskriterien angewendet werden.

DPSG 100.000
VCP 47.000
BdP 30.000
DPV 29.000
RR 11.000
PSG 10.000
CPD 5.000
DPB 3.000

Insgesamt gibt es mehr als 250.000 Pfadfinder in Deutschland, da in obiger Tabelle viele kleine Bünde fehlen. Das Größenspektrum reicht von den 100.000 der DPSG bis zu den berühmt-berüchtigten VW-Bus-Bünden, die in besagten passen sollen.

Liechtenstein

Die Pfadfinder und Pfadfinderinnen Liechtensteins (PPL) haben etwa 850 Mitglieder und sind der nationale Mitgliedsverband von WOSM und WAGGGS. Die PPL sind in acht Abteilungen (Ortsgruppen) gegliedert.

Luxemburg

Die luxemburgische Pfadfinderbewegung wird durch zwei Dachverbände in den Weltorganisationen vertreten. WAGGGS-Mitglied ist das Bureau de Liaison des Associations Guides du Luxembourg, dem die laïzistische Association des Girl Guides Luxembourgeoises (AGGL) und die katholischen Lëtzebuerger Guiden a Scouten (LGS) angeschlossen sind. Die Luxembourg Boy Scout Association vertritt die laïzistische Fédération Nationale des Eclaireurs et Eclaireuses du Luxembourg (FNEL) und die katholischen LGS bei WOSM. Zusammengenommen haben alle drei Verbände etwa 7.500 Mitglieder.

Österreich

Der in Österreich von WAGGGS und WOSM anerkannte Verband heißt Pfadfinder und Pfadfinderinnen Österreichs (PPÖ). Er hat circa 85.000 Mitglieder (Stand 2004). Die PPÖ gliedern sich in verschiedene Landesverbände, diese wiederum in Bezirke, denen die einzelnen Gruppen angehören.

Neben den PPÖ existiert mit dem Österreichischen Pfadfinderbund (ÖPB) ein zweiter landesweiter Pfadfinderverband mit etwa 3.000 Mitgliedern. Der ÖPB und die PPÖ haben 1995 einen Kooperationsvertrag vereinbart.

Daneben gibt es noch kleinere Pfadfinderverbände, zu denen die „Katholische Pfadfinderschaft Europas-Österreich“, die „Royal Rangers“, die CPA und die „AP-Scouts“ gehören. Außerdem existiert noch die Pfadfindergilde, der die Altpfadfinder angehören.

Schweiz

Der Verband der Pfadfinder und Pfadfinderinnen in der Schweiz heißt Pfadibewegung Schweiz (PBS). Sie ist Mitglied von WOSM und WAGGGS. Die PBS gliedert sich in 23 Kantonalverbände. Diese sind jeweils wieder in Bezirke, Korps oder Regionen aufgeteilt, welche dann wiederum die Abteilungen unter sich vereinen. Momentan hat die PBS rund 50.000 Mitglieder (Stand 2004) und ist somit die größte Jugendorganisation der Schweiz.

Neben der PBS gibt es noch einige kleine Pfadfinderverbände, die meist regional begrenzt arbeiten. Zu ihnen gehören die „Pfadi Seeland Scouts“, die „Schweizerische Pfadfinderschaft Europas/Scoutisme Européen Suisse“ und der „Feuerkreis Niklaus von Flüe“.

Südtirol (Italien)

In Südtirol existiert mit der Südtiroler Pfadfinderschaft ein deutschsprachiger Pfadfinderverband mit einigen hundert Mitgliedern, der sich in seiner Arbeit an der DPSG orientiert. Er ist über die Federazione Italiana dello Scautismo (FIS) Mitglied von WOSM und WAGGGS. Ebenfalls in der FIS organisiert sind die zwei großen italienischsprachigen Verbände Associazione Guide e Scout Cattolici Italiani (AGESCI) und Corpo Nazionale Giovani Esploratori ed Esploratrici Italiani (CNGEI), die natürlich auch in Südtirol Gruppen haben.

Altersstufen

Um eine altersgerechte Arbeit zu gewährleisten, teilen nahezu alle Pfadfinderverbände ihre Mitglieder in verschiedene Altersstufen mit jeweils eigenen Schwerpunkten ein. Die Bezeichnungen für die Altersstufen variieren dabei von Verband zu Verband, oft werden auch nicht alle Stufen angeboten. Die Übergänge zwischen den einzelnen Stufen sind häufig fließend, sie hängen auch von der Reife des Betroffenen ab. Die gebräuchlichsten Bezeichnungen sind:

  • Biber (5 bis 9 Jahre)
  • Wichtel und Wölflinge (9 bis 12 Jahre)
  • Pfadfinderinnen und Pfadfinder (12 bis 16/18 Jahre)
  • Ranger und Rover (16/18 bis 21/25 Jahre)
  • Leiter (meist ab 18 Jahren)
  • Erwachsene (ab etwa 21 Jahren).

Eigenständige Leiter- und Erwachsenen-Stufen finden sich nur bei einem kleinen Teil der Pfadfinderverbände, sehr häufig verlassen Erwachsene ohne Leitungsaufgabe die Verbände und schließen sich einer Altpfadfinder-Gilde an. Eine besondere Form der Erwachsenenarbeit ist die in Deutschland in einigen evangelischen Verbänden geübte Kreuzpfadfinderarbeit.

Besondere Einflüsse in Deutschland

Zwischen 1918 und 1933 wurden die Pfadfinder in Deutschland stark von der Jugendbewegung und damit von den Ideen der Wandervogel-Bewegung und der Bündischen Jugend beeinflusst. Diese Einflüsse wirken heute in der deutschen Pfadfinderbewegung fort. Vor allem darin unterscheiden sich die heutigen deutschen Pfadfinder von den Pfadfinderverbänden anderer Länder. Aber auch innerhalb der deutschen Pfadfinderbewegung gibt es Unterschiede, wie stark und auf welche Weise die einzelnen Gruppen immer noch durch die Jugendbewegung beeinflusst sind.

Traditionen und Formen, die aus der internationalen Pfadfinderbewegung stammen, sind unter anderem:

Aus der deutschen Jugendbewegung kommen zum Beispiel:

  • der selten angewandte Wandervogel-Gruß Horrido,
  • die Verwendung von Kohten und Jurten,
  • die Juja (Jungenschaftsjacke, nicht Jugendjacke o.ä.)
  • eine spezifische Singkultur mit einem charakteristischen Liedgut,
  • das Auf-Fahrt-gehen (in Österreich: Auf-Hike-Gehen),
  • das Stammesprinzip, bei dem Gruppen aller Alterstufen in einem Stamm (Ortsgruppe) zusammengeschlossen sind,
  • die Verstärkung des Prinzipes „Jugend führt Jugend“ durch eine weitgehende Autonomie der Sippe (Kleingruppe).

Literatur

  • Robert Baden-Powell: Pfadfinder. Georgs-Verlag, Neuss 1996 ISBN 3-927349-41-0
  • Hans E. Gerr: Pfadfinden: Erziehungsziele, pädagogische Grundsätze und bedürfnisorientierte Arbeit in den Altersstufen. Deutscher Spurbuchverlag, Baunach 1998 ISBN 3-88778-222-4
  • Hans E. Gerr: Pfadfindererziehung: Baden-Powells Entwurf einer Erziehung durch Scouting. Deutscher Spurbuchverlag, Baunach 1983 ISBN 3-88778-150-3
  • Hans E. Gerr: Die Pfadfindermethode: zur Aktualität pfadfinderischer Erziehungsgrundsätze. Deutscher Spurbuchverlag, Baunach 2000 ISBN 3-88778-246-1
  • Alexander Lion: Das Pfadfinderbuch. Reprint. Deutscher Spurbuchverlag, Baunach 1987 ISBN 3-88778-164-3
  • Laszlo Nagy: 250 Millionen Pfadfinder – rund um die Welt. Panorama-Verlag, Altstätten (Schweiz) 1984 ISBN 3-907506-42-1
  • Thomas Römer, Hubert Rösner (Hrsg.): Pfadfinden Lexikon. Georgs-Verlag, Neuss 1999 ISBN 3-927349-52-6
  • World Organization of the Scout Movement (Hrsg.): Die Grundlagen der Pfadfinderbewegung. Georgs-Verlag, Neuss 1997 ISBN 3-927349-44-5

Siehe auch

Weltpfadfinderbewegung

Pfadfindermethode

Geschichte der Weltpfadfinderbewegung

Große Verbände im deutschsprachigen Raum

Deutschland

Luxemburg

Österreich

Schweiz

minnan:Scouting