Wickie und die starken Männer ist eine von 1972 bis 1974 entstandene deutsch-österreichisch-japanische Zeichentrickserie auf der Grundlage einer schwedischen Kinderbuchreihe.
Handlung
Wickie ist ein kleines Mädchen mit rotblondem schulterlangen Haar, der mit seinen Eltern Ylva und Halvar, dem Dorfobersten, im kleinen Wikingerdorf Flake lebt. Er ist kein typischer Wikingerjunge, sondern von Natur aus ängstlich und nicht besonders stark. Dafür überzeugt er durch seine ausgeprägte Intelligenz, mit der er Erwachsenen und Freunden auch in scheinbar ausweglosen Situationen immer wieder beisteht.
Gemeinsam mit Halvar und seiner Schiffsmannschaft aus mehr oder weniger „starken Männern“ erlebt Wickie in jeder Folge neue gefährliche oder lustige Abenteuer. Er muss sich anfangs gegen die Skepsis der Mannschaft durchsetzen, entwickelt sich aber schnell zum Maskottchen, ohne das die Wikinger gar nicht mehr auf Reisen gehen wollen.
Wickies Problemlösungen entsprechen oft nicht seiner Zeit: Er holt sich einerseits Anregungen in der Geschichte (z. B. beim Trojanischen Pferd), könnte andererseits aber auch als Mathematiker oder Physiker späterer Jahrhunderte durchgehen. Durch dieses neuzeitliche Allgemeinwissen macht er es aber umgekehrt den jungen Zuschauern leicht, sich mit ihm zu identifizieren. Er zeigt, dass durchaus auch ein Held sein kann, wer statt Muskelkraft und Mut einfach eine gehörige Portion Grips hat.
Vorlage und Realisierung
Die literarische Vorlage für die Serie waren das 1963 entstandene Kinderbuch Vicke Viking und seine Nachfolgebände, verfasst vom schwedischen Schriftsteller Runer Jonsson, der dafür 1965 den Deutschen Jugendbuchpreis erhielt.
Als Erfinder der Zeichentrickserie gilt Josef Göhlen, der damalige Leiter des Kinder- und Jugendprogramms des ZDF. Sein ursprüngliches Projekt, Wickie als 13-teilige Puppenspielserie umzusetzen, wurde nie fertiggestellt. Um die Kosten für eine Zeichentrickserie möglichst gering zu halten, ging das ZDF zusammen mit dem österreichischen ORF seine erste internationale Kooperation ein und beauftragte das japanische Zeichentrickstudio Zuiyo Enterprise Company (später umbenannt in Nippon Animation) mit einer Adaptierung der literarischen Originalfassung. Das Studio produzierte von 1972 bis 1974 eine Anime-Serie mit dem Originaltitel Chîsana baikingu Bikke (jap. 小さなバイキングビッケ) mit 78 Folgen à 20 Minuten sowie einen 85-minütigen gleichnamigen Spielfilm. Regie führte dabei Hiroshi Saitō (auch Regisseur der Trickserien Biene Maja und Pinocchio).
Deutsche Umsetzung
Verantwortlich für die deutsche Synchronisation der Folgen war Eberhard Storeck, der selbst auch die Figur Snorre sprach.
Die Musik in der deutschen Fassung wurde von Christian Bruhn (Titellied) und Karel Svoboda komponiert. Der Text des Titelsongs („Hey, hey, Wickie! Hey, Wickie, hey!“) stammt von Andrea Wagner. Gesungen wurde er von der Kölner Gruppe Stowaways, aus denen später die Bläck Fööss entstanden.
Figuren
- Halvar (mit Augenklappe), Chef des Wikingerdorfs Flake (gesprochen von Walter Reichelt)
- Ylva, seine Gattin (gesprochen von Inge Schulz)
- Wickie, deren einziger Sohn (gesprochen von Florian Halm)
- Ylvi, Wickies Freundin (teilweise gesprochen von Alexandra Ludwig)
- Gilby, ein rauer Junge aus Flake in Wickies Alter (gesprochen von Horst Abraham)
- Tjure, großer und schlanker Tischler, streitet dauernd mit Snorre (gesprochen von Werner Abrolat)
- Snorre, klein und dick, streitet dauernd mit Tjure (gesprochen von Eberhard Storeck)
- Urobe, der älteste Wikinger (gesprochen von Leo Bardischewski)
- Gorm, bekannt durch seinen Spruch: „Ich bin entzückt!“ (gesprochen von Manfred Lichtenfeld)
- Ulme, Barde mit einer Leier (gesprochen von Kurt Zips)
- Faxe, dick, groß und gutmütig (gesprochen von Gernot Duda)
- Der schreckliche Sven, gefürchtetster Feind der Flake-Wikinger (gesprochen von Kurt E. Ludwig), immer in Begleitung seines Beraters Pokka
- Baltac, Chef des benachbarten Wikingerdorfes Schlack (gesprochen von Herbert Weicker)
Den Erzähler im Off sprach Manfred Seipold.
Veröffentlichungen
Trickserie
In Japan wurde Wickie und die starken Männer vom 3. April 1974 bis zum 24. September 1975 auf dem Fernsehsender Fuji TV ausgestrahlt.
Auf Deutsch wurde die Serie erstmals immer donnerstags vom 31. Januar 1974 bis zum 8. August 1974 im ZDF gezeigt. Im ORF wurde die Serie ab 17. Februar 1974 ausgestrahlt. Weiterhin kam sie auch in Frankreich, Italien, Spanien, Großbritannien, den Niederlanden und Taiwan ins Fernsehen.
Comics
Auf Deutsch erschien eine Comic-Heftreihe mit 73 Heften von 1974 bis 1980 im Condor Verlag. Außerdem erschienen in diesem Zeitraum 6 Taschenbücher und 3 Alben.
Animation
Aufgrund eines vergleichsweise geringen Produktionsbudgets wirkt die Serie oft starr und wenig flüssig, an aufwändiger Grafik wurde gespart. Durch das langsame Tempo der Bilder ist die Produktion aber für Kinder besonders geeignet.
Die Größenverhältnisse der verschiedenen Personen sind recht unrealistisch (Faxe ist mindestens drei Mal so groß wie alle anderen, mit Ausnahme von Halvar, der ungefähr zwei Mal so groß ist). Diese scheinbaren Mängel verleihen der Serie allerdings auch ihren Kultcharakter und fordern den Zuschauer zudem auf, stärker auf die Handlung zu achten.
Der Teil des Vorspanns, in dem Wickie Pfeile auf eine Zielscheibe abschießt, die beim Auftreffen die Buchstaben seines Namens ergeben, entspricht nicht dem japanischen Originalvorspann, sondern wurde von einem anderen Trickstudio nachträglich produziert.
Zum Klassiker wurde die Animationssequenz, in der Wickie über ein schwieriges Problem nachdenkt. Dann reibt er sich mit dem Zeigefinger die Nase (erst an beiden Seiten, dann unten, von einer charakteristischen Hintergrundmelodie begleitet). Kommt ihm dann der rettende Einfall (dargestellt durch einen Sternenregen), äußert sich dies durch ein Fingerschnippen und den Ausruf „Ich hab's!“. Diese Geste wurde von der Rap-Gruppe Die Fantastischen Vier in dem Musikvideo zu ihrem 1995 veröffentlichten Lied „Sie ist weg“ zitiert.
Literatur
Originalbücher
Siehe Vicke Viking.
Begleitliteratur
- Susanne Pauser, Wolfgang Ritschl: Wickie, Slime und Paiper. Böhlau, Wien, 1999, ISBN 3-205-98989-9