Kroatische Sprache

südslawische Sprache
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Kroatisch ist eine Sprache die zur südslawischen Untergruppe des slawischen Zweigs der indogermanischen Sprachen zählt.

Kroatisch

Gesprochen in

Kroatien und Teile von Bosnien und Herzegowina, Westeuropa
Sprecher 4,8 Millionen
Linguistische
Klassifikation
Offizieller Status
Amtssprache in Kroatien, Bosnien und Herzegowina
Sprachcodes
ISO 639-1

hr

ISO 639-2 (B) scr (T) hrv

Die kroatische Standardsprache ist in ihrern Grundlagen ähnlich mit Serbisch und Bosnisch, da sich alle drei aus dem Neuštokavischen entwickelt haben. Früher wurden sie unter dem Begriff "Serbokroatisch" zusammengefasst. Seit dem Zerfall Jugoslawiens in verschiedene Nationalstaaten wurden die jeweiligen Varianten der Standardsprache als verschiedene Sprachen anerkannt.

Geschichte

Mittelalter

Die kroatische Schriftsprache begann sich im 9. Jahrhundert aus der altkirchenslawischen Sprache, in der die Liturgie gehalten wurde, zu entwickeln. Einer des bedeutendsten Schriftzeugnisse ist die Bašćanska ploča aus dem Jahr 1100. Diese in der romanischen St. Lucija Kapelle nahe der Stadt Baška, auf der Insel Krk entdeckte beschriftete Steinplatte trägt eine Inschrift mit Glagolitza Schriftzeichen. Beschrieben wird die Souveränität des kroatischen Königs Zvonimir als Stifter der Kapelle.

Bis Ende des 11. Jahrhunderts wurden bei kroatischen mittelalterlichen Texten zwei unterschiedliche Schreibweisen und Sprachen verwendet: Lateinisch und die Glagolitza. Die ältesten Dokumente der kroatischen Sprache entstammen dem heutigen cakavischen Dialekt der „Istarski Razvod“ aus dem Jahr 1275 und der „Vinodolski zakonik“ (Gesetzbuch von Vinodolski) 1288. Der erste gänzlich im stokavischem Dialekt geschrieben Buch ist das „Vatikanski hrvatski molitvenik“ (vatikanisches kroatisches Gebetsbuch), das in Dubrovnik um das Jahr 1400 entstand. Das Buch "Missal kneza Novaka " war im Jahr 1483 das erste in kroatischer Sprache gedruckte Buch.

Die Entwicklung der Hochsprache in der Renaissance und im Barock

Im Zeitalter der Renaissance wurden in Städten wie Split, Dubrovnik , oder Zadar Schriftstücke in lokalen Dialekten verfasst.

Die ersten Ansätze der Bildung einer Hochsprache schuf Faust Vrancic in seinem Wörterbuch „Dictionarium quinque nobilissimarum Europae linguarum—Latinae, Italicae, Germanicae, Dalmatiae et Ungaricae“ im Jahr 1595. Das erste, die Grammatik vereinheitlichende Werk, schuf Bartol Kašić: "Institutionum linguae illyricae libri duo", im Jahr 1604.

Der Jesuit Bartol Kašić übersetzte in den Jahren 1622- 1636 die Bibel in die kroatische Sprache (in den stokavischen und ijekavischen Dialekt). Dies hatte einen besonders großen Einfluß auf die Prägung der kroatischen Hochsprache.

Die bedeutendsten literarischen Vertreter des Barock sind Ivan Gundulić (Dubrovnik, 1589.-Dubrovnik, 1638), Ivan Bunić und Junij Palmotić (16071657, die deren Werke im in Dubrovnik und er angrenzenden Herzegowina gebräuchlichen ijekavisch-štokavschen Dialekt verfassten. Deren Sprache ist im wesentlichen mit der heutigen kroatischen Standardsprache vegleichbar.


Die Illyrische Bewegung

Ljudevit Gaj (1809.—1872.) veröffentlichte im Jahr 1830 das Buch "Kratka osnova horvatsko-slavenskog pravopisanja poleg mudroljubneh, narodneh i prigospodarneh temelov i zrokov". In diesem schlägt er vor, wie in der Tschechischen Sprache die Buchstaben č, ž, š, ľ, ň, ď, ˇg , für jeden Laut einen seperaten Buchtaben zu verwenden. Akzeptiert wurde das č, ž, š, und für andere Laute wurden Doppelzeichen lj, nj, dj ili gj, dž, und aus dem polnischen das ć übernommen. Gaj ist 1835 in Zagreb Herausgeber der Zeitung „Novine Horvatzke“ (Zeitung Kroatiens).

Gaj und die illyrische Bewegung stieß im kajkavisch sprechden Zagreb bei der „Auswahl“ des neoštokavischen Dialektes zur Hochsprache auf nur wenig Widerstand, weil dies nach seinerzeit herrschender linguistischer Meinung lediglich eine Fortsetzung der sprachlichen Tradition aus Dubrovnik und Slawonien bedeutete. Gaj bewirkte die Verbreitung des Neoštokavischen auf das kajakvische Sprachgebiet Nordwestkroatiens.

Der Verdienst von Ljudevit Gaj ist die Schaffung der neuzeitlichen kroatischen Rechtschreibung und Schriftsprache. Die Illyrische Bewegung strebte danach, alle südslawischen Sprachen zu vereinen. Aus diesem Grund wurde die kroatische Sprache von der ilyyrischen Bewegung jener Zeit als „Illyrisch“ bezeichnet.

Das Wiener Abkommen

Die Habsburgerischen Bürokratie, wünschte aus administrativen Gründen eine vereinigte Kroatische und Serbische Sprache. Aus diesem Grund arrangierte der slowenische Linguist Franc Miklošič im Jahr 1850 in Wien ein Treffen zweier serbischer (Vuk Karadžić und Đuro Daničić) und fünf kroatischer Linguisten: Ivan Mažuranić, Dimitrija Demetar, Stjepan Pejaković, Ivan Kukuljević und Vinko Pacel. Dises sogenannte “Wiener Abkommen" bildete die Grundlage für die Kroato-Serbische und Serbokroatische Sprache. Dieses Abkommen wurde von allen acht Teilnehmern (einschließlich Miklošič) unterzeichnet.

Beide Einzelsprachen basierten auf dem neoštokavschen Dialekt. Das “Wiener Abkommen“ hatte keine bedeutenden Folgen für die kroatische Grammatik, Orthographie und den Wortschatz der seinerzeit "Kroatisch oder Serbisch“ genannten Sprache.

Alphabet und Aussprache

Die Sprache wird mit dem lateinischen Alphabet mit einigen Sonderzeichen geschrieben.

Das kroatische Alphabet hat 34 Buchstaben:

a, b, c, č, ć, d, dž, đ, e, f, g, h, i, j, k, l, lj, m, n,, nj, o, p, q, r, s, š, t, u, v, w, x, y, z, ž.

Die Buchstaben q, w, x, y kommen nur in fremdsprachigen Eigennamen vor. Die Digraphen dž, lj und nj werden in der alphabetischen Ordnung jeweils als ein einziger Buchstabe behandelt. Es gibt nur eine sehr geringe Anzahl von Wörtern, in denen diese Zeichengruppen zwei getrennte Laute bezeichnen und deshalb als zwei Buchstaben behandelt werden müssen.

Die Sonderzeichen können mit den folgenden Entities erstellt werden (Achtung, das Đ nicht mit dem isländischen Ð verwechseln):

Č: Č č: č
Ć: Ć ć: ć
Đ: Đ đ: đ
Š: Š š: š
Ž: Ž ž: ž

Die Mehrzahl der Buchstaben werden im Großen und ganzen wie im Deutschen ausgesprochen. Ausnahmen:

  • c = immer /ts/;
  • č = tsch
  • ć = tch oder tj wie in Brötchen oder tja; oft schwer vom č zu unterscheiden.
  • dž = dsch wie in Dschungel
  • đ = sehr weiches dj; oft schwer vom dž zu unterscheiden
  • h = hinteres "ach"-H, recht schwache Friktion
  • l = dumpfer (velarer) als im Deutschen; deutsches l wird oft als lj missinterpretiert.
  • lj, nj = zu einem Laut verschmolzen.
  • r = gerolltes Zungen-r. Kann auch als vokalisches R eine Silbe bilden und dabei lang oder kurz, betont oder unbetont sein.
  • s = immer stimmlos wie deutsches ß
  • š = sch
  • v = w
  • z = stimmhaftes s
  • ž = stimmhaftes sch

d, b, und g sind immer stimmhaft, t, p und k weniger aspiriert als im Deutschen. Die Vokale e und o sind (im Vergleich mit dem Deutschen) immer offen.

Verbreitung und Dialekte

Kroatisch wird von ca. 4,8 Millionen Menschen in Kroatien und in Teilen Bosnien und Herzegowinas, insbesondere in der Herzegowina, Zentralbosnien und des bosnischen Posavina, als Muttersprache gesprochen. Es ist Amtssprache in Kroatien sowie (zusammen mit Bosnisch und Serbisch) in Bosnien und Herzegowina.

Darüber hinaus wird es unter anderem im österreichischen Burgenland als regionale Minderheitensprache gesprochen. Das Burgenlandkroatische besitzt jedoch eine eigene schriftsprachliche Norm, die im Gegensatz zu der in Kroatien verwendeten Standardsprache vorwiegend auf dem čakavischen Dialekt aufbaut und auch eine eigene Fachterminologie entwickelt hat.

Die Dialekte des Kroatischen werden in drei Großgruppen eingeteilt, die nach der jeweiligen Form des Fragewortes was (ča, kaj, što) benannt sind: Čakavisch (Kroatisches Küstenland, Istrien, Küstengebiete Nord-und Mitteldalmatiens sowie die meisten Inseln, Burgenland), Kajkavisch (nördlich von Kupa und der oberen Save) und Štokavisch (südliches Dalmatien, Bosnien und Herzegowina und Slawonien). Das Štokavische wird auch von den Bosniaken und der Mehrheit der Serben gesprochen und bildet die Grundlage der kroatischen (und ebenso der bosnischen und serbischen Schriftsprache.

Der Language Code ist hr (nach ISO 639); der Code für "Serbokroatisch" war bzw. sh (2000-02-18 zurückgezogen).

Grammatik

Das Kroatische besitzt sieben Fälle (Kasus): neben den auch im Deutschen bekannt Nominativ, Genitiv, Dativ und Akkusativ sind dies: Vokativ, Instrumental und Lokativ.

Unterschiede zum Serbischen und Bosnischen

Lautliche Unterschiede

Alle drei Sprachen verwenden dieselben Phoneme. Einige Wörter unterscheiden sich jedoch ihrer lautlichen Form. Da die Orthographie strikt phonologischen Grundsätzen folgt, werden diese Unterschiede auch in der Schrift wiedergegeben, so dass sie recht leicht ins Auge fallen. Im Falle des auffälligsten Unterschiedes, desjenigen zwischen ijekavisch und ekavisch (der unterschiedlichen Wiedergabe des urslawischen Lautes jat), verläuft die Grenze jedoch nicht wie in den anderen Fälle zwischen den drei nationalen Varietäten, sondern innerhalb des Serbischen, da auch in Montenegro und von der Mehrheit der Serben in Kroatien und Bosnien und Herzegowina die ijekavischen Formen verwendet werden.

ijekavisch (Kroatisch, Bosnisch und teilweise Serbisch) vs. ekavisch (Serbisch in Serbien):

ijekavisch ekavisch
jat in langen Silben rijeka reka (Fluss)
jat in kurzen Silben mjesto mesto (Ort)
jat vor o htio hteo ([er hat] gewollt)

andere Unterschiede:

Kroatisch Serbisch
h nach u suh suv (trocken)
Wörter vom Stamm opć- općina opština (Gemeinde)

Grammatik

Im Kroatischen wird nach modalen Hilfsverben mehrheitlich die Infinitivkonstruktion gewählt, die im Serbischen und Bosnischen oft mit da (dass) umschrieben wird. Es sind aber grundsätzlich jeweils beide Varianten zulässig. Beispiel:

  • Kroatisch: Moram raditi (Ich muss arbeiten)
  • Serbisch: Moram da radim ("Ich muss dass ich arbeite")

...

Wortschatz

Unterschiede im Grundwortschatz:

  • Kroatisch: tjedan, Serbisch: nedjelja/sedmica (Woche)
  • Kroatisch: tisuća, Serbisch: hiljada [aus dem Griechischen] (tausend)
  • Kroatisch: zrak, Serbisch: vazduh (Luft),...

Einige wenige Begriffe unterscheiden sich im Genus und werden entsprechend auch anders dekliniert. Beispiele:

  • Kroatisch: pojava (f), Serbisch: pojav (m) (Erscheinung)
  • Kroatisch: minuta (f), Serbisch: minut (m) (Minute)
  • Kroatisch: osnova (f), Serbisch: osnov (m) (Grundlage)
  • Kroatisch: porez (m), Serbisch: poreza (f) (Steuer)

Neben wenigen unterschiedlichen Wörtern im Grundwortschatz gibt es vor allem bei der Übernahme von Fremdwörtern bedeutende Unterschiede:

  1. Grundsätzlich gibt es im Kroatischen deutlich weniger Fremdwörter, stattdessen werden Neuschöpfungen bevorzugt. Dieser Trend war immer schon vorhanden, wurde aber in den 1990er Jahren aus politischen Gründen zusätzlich verstärkt: zrakoplov - avion (Flugzeug), odrezak - šnicla (Schnitzel),... Umgangssprachlich gibt es aber auch auf Kroatisch mehr Fremdwörter als schriftsprachlich (Germanismen im Norden, aus dem Italienischen an der Küste)
  2. Bei Wörtern griechischer Herkunft ergeben sich Unterschiede, da Kroatisch diese Wörter aus dem Mittellatein übernommen hat, Serbisch dagegen direkt aus dem (byzantinischen) Griechischen: ocean - okean, barbar - varvar, kemija - hemija, Betlehem - Vitlejem...
  3. Im heutigen Kroatisch erhalten neue Fremdwörter mit lateinischer Wurzel fast immer das Suffx -irati, im Serbischen kommen an dieser Stelle auch die Suffixe -ovati und -isati vor: identificirati - identifikovati, informirati - informisati...