Hochbegabung wird abhängig vom zugrundeliegenden Modell definiert. Diese reichen von sehr engen Fassungen (Hochbegabung = Hochintelligenz) zu weiten (zur Hochbegabung zählen auch emotionale, künstlerische usw. Anteile).
Hochbegabung bezeichnet im engen Modell ein deutlich über dem Durchschnitt liegendes Maß an Intelligenz, also der Fähigkeit zum Erkennen von Zusammenhängen und zum Lösen von Problemen. Als hochbegabt definiert (vor allem in der differentiellen Psychologie) sind hier jene Menschen, die in einem Intelligenztest einen IQ erreichen, der von höchstens zwei Prozent ihrer Mitmenschen erreicht oder übertroffen wird. Auf der in Deutschland verwendeten Skala wird dieser IQ-Wert mit 130 bezeichnet. Andere Skalen verwenden bei äquivalenten Testergebnissen andere IQ-Werte.

Zu unterscheiden ist die umfassendere Verwendung des Begriffs, bei der Personen, die in einem bestimmten Bereich hohe Leistungen erzielen, als hochbegabt oder talentiert bezeichnet werden; beispielsweise Musiker, Schachspieler und andere. Hierunter fällt auch der Begriff der Emotionalen Intelligenz bzw. der Multiplen Intelligenzen (Gardner; Golman).
Das Phänomen Hochbegabung und seine mediale Rezeption ist stark werte-, norm- und konventionsgebunden; es wird daher nicht nur von der Gesellschaft geprägt, sondern von dieser auch instrumentalisiert. In diesem Zusammenhang wird oft angeführt, dass es sich bei Hochbegabung wie auch bei Intelligenz, um ein Konstrukt handelt, das über Operationalisierungen erschlossen wird. Zudem wird kritisch angemerkt, dass der Begriff Hochbegabung auf dem Begriff Begabung aufbaut, der seinerseits umstritten ist [1].
Sogenannte Hochbegabtenvereine wie z. B.Mensa oder Intertel benutzen zum Teil eigene Definitionen von Hochbegabung und nehmen nur Menschen auf, die nach ihren Messverfahren zu den besten zwei (Mensa) bzw. einem (Intertel) Prozent der Bevölkerung gehören. In Deutschland umfasst diese Zielgruppe also 0,8 bis 1,6 Millionen Menschen, von denen etwa 6000 Personen in derartigen Vereinigungen organisiert sind.
Mediale Rezeption und Vorurteile
Widerlegtes Vorurteil über Hochbegabte
Lombroso und Lange-Eichbaum gingen davon aus, dass Hochbegabte eher an einer psychischen Störung leiden als normal Begabte. Dergleichen wird immer noch in populistischen Sprüchen an Stammtischen vertreten. Diese Meinung gilt als widerlegt. Heute geht man von dem Gegenteil aus, Hochbegabte gelten als psychisch belastbarer, sind aber allzu oft auch größeren Belastungen ausgesetzt. Es zeigt sich auch immer wieder eine Korrelation zwischen hoher Intelligenz und sozial kompetentem Verhalten. Dies bedeutet, dass sehr intelligente Menschen oftmals weniger aggressiv sind (sie können sich bei einem Streit besser verbal wehren und lösen Konflikte seltener mit Gewalt), sich sozialer verhalten und beliebter als normal Begabte sind.
Zum einen wird ein leicht umgekehrt u-förmiger Zusammenhang angenommen, nach dem Minderbegabte (ungefähr IQ < 90) eher unbeliebt, Normalbegabte relativ beliebt (90< IQ <130), Hochbegabte (130< IQ <150) sehr beliebt und Höchstbegabte (IQ >150) eher unbeliebt seien. Dies könne man sich so erklären, dass begabtere Menschen sehr empathisch sind, sich in andere hinein versetzen können und sich so im sozialen Gefüge besonders gut zurecht finden. Da die Höchstbegabten besonders durch ihre schnelle Auffassungsgabe und ihre oft einzelkämpferische Art auffallen, werden sie oft ausgegrenzt und könnten sich durch viele Zurückweisungen durch Gleichaltrige zu schwierigen Außenseitern verändern. Allerdings ist das nur eine Vermutung, empirische Studien, die das belegen, existieren nicht.
Hochbegabung wird häufig erst dann zum Thema, wenn soziale Inkompatibilitäten zutage treten. Das extreme Verhältnis zwischen der Anzahl der Mitglieder sogenannter High-IQ-Vereine und die Anzahl der rechnerisch in der Bevölkerung vorhandenen Menschen mit entsprechenden IQ-Werten verdeutlicht dies (siehe unter: Intelligenzquotient). Die Mitgliederstärke liegt bei sogenannten High-IQ-Societies stets weit unter der Anzahl der laut Angabe qualifizierenden Personen. So zählt Mensa, eine der mitgliederstärksten Organisationen auf diesem Gebiet, weniger Mitglieder als 1 % derjenigen 2 % der Bevölkerung, die den höchsten IQ haben. Es wäre also davon auszugehen, dass der ganz überwiegende Großteil der zur „Hochbegabung“ taugenden Personen weder als solcher erkannt ist, noch bezüglich seiner Motivationen, Strebungen, Probleme oder Erfolge je besonders erforscht wurde. Man kann aber auch argumentieren, dass viele Hochbegabte wohl einfach kein Bedürfnis haben, sich in speziellen Vereinen zu organisieren.
Hochleistende
Es gibt viele Schüler oder Erwachsene, die als Hochleistende oder Überleister außerordentliche Leistungen in Schule oder Berufswelt erbringen. Dies ist allerdings nicht gleichbedeutend mit einer Hochbegabung. Auffälligkeiten können auch auf anderen Feldern als der Intelligenz vorliegen, wie zum Beispiel bei Fleiß und Ehrgeiz. Darüber hinaus führt körperliche Attraktivität zu einer deutlich größeren Einschätzung verschiedener nichtkörperlicher Eigenschaften – unter anderem der Intelligenz – durch andere Menschen[2]. Ein Einfluss auf nicht rein objektive Bewertung von Leistungen (wie meist an Schulen, Hochschulen und bei Vorgesetzten) liegt nahe.
Bekannte Hochbegabte
- Arno Funke alias Dagobert, Grafiker und ehemals Kaufhaus-Erpresser (IQ 145).
- Joybubbles, us-amerikanischer Phreaking-Pionier (IQ 172)
- Theodore Kaczynski, UNA-Bomber (IQ 170).
- Edmund Emil Kemper, Serienmörder (IQ 145).
- Marilyn vos Savant, us-amerikanische Zeitungskolumnistin und Autorin (IQ 187).
- Robert James Fischer, Schachspieler (IQ 184).
- Sho Yano, Student (IQ 200)
Zum Vergleich der Werte muss man wissen, dass in den USA andere Skalen zum Einsatz kommen. 148 dort entspricht unseren 130. Die Umrechnungsformel lautet:
- Deutscher Wert - 100 : 5 x 8 + 100
So würden die 145 von A. Funke in den USA 172 entsprechen oder die 184 von Bobby Fischer 152,5 bei uns.
Kritisch ist bei dieser Auflistung anzumerken, dass bei Werten über 130 die Messgenauigkeit (Reliabilität) der Intelligenztests relativ gering ist
(vgl. Lienert, G.A. & Raatz, U. (1994). Testaufbau und Testanalyse. (5. Auflage). Weinheim: Beltz – PVU).
Siehe auch
Verwandte Begriffe
- Genie
- Inselbegabung
- Intelligenz
- Intelligenzquotient
- IQ-Test
- Theorie der multiplen Intelligenzen
- Wunderkind
Hochbegabtenforschung
Begabtenförderung
Hochbegabtenvereinigungen und Selbsthilfegruppen
(angebliche) Korrelate von Hochbegabung
Quellen
- ↑ Thorsten Bultmann:Die Eliten und die Massen. Kritik eines bildungspolitischen Stereotyps [1]
- ↑ Braun, C., Gründl, M., Marberger, C. & Scherber, C. (2001). Beautycheck - Ursachen und Folgen von Attraktivität.
Literatur
- Billhardt, Jutta: Hochbegabte - Die verkannte Minderheit, Lexika, Würzburg 1997.
- Brackmann, Andrea: Ganz normal hochbegabt. Leben als hochbegabter Erwachsener, Klett-Cotta 2007, ISBN-13: 978-3608860061
- Brackmann, Andrea: Jenseits der Norm - hochbegabt und hoch sensibel?, Klett-Cotta 2005, ISBN-13: 978-3608890143
- Bultmann, Torsten: Die Eliten und die Massen. Kritik eines bildungspolitischen Stereotyps, in: Hochschule Ost 3-4/1999; zeitgleich: Butterwegge/Hentges (Hrsg.): Alte und Neue Rechte an den Hochschulen, Münster 1999
- Freund-Braier, Inez: Hochbegabung, Hochleistung, Persönlichkeit, Waxmann, Münster 2000.
- Fortenbacher, Astrid: Hochbegabung bei Vor- und Grundschulkindern. Verhaltensmerkmale, Risiken, Förderung. Saarbrücken 2006, ISBN 3-86550-487-6.
- Heinbokel, Annette: Hochbegabte. Erkennen, Probleme, Lösungswege, Lit-Verlag 2004, ISBN-13: 978-3825830786
- Heinbokel, Annette: Überspringen von Klassen Lit-Verlag 1996, ISBN-13: 978-3825830410
- Holling, H., Geldschläger, K. & Wübbelmann, H. (1996). Kriterien und Instrumente zur Auswahl von Begabten in der beruflichen Bildung. In R. Manstetten (Hrsg.), Begabtenförderung in der beruflichen Bildung. Göttingen. Hogrefe.
- Holling, H. (1998). Forschung und Förderung von Kindern und Jugendlichen im Bereich der Hochbegabung. Gutachten im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie (bmb+f). Bonn.
- Holling, H. & Kanning, U. P., unter Mitarb. von A. J. Wittmann & F. Preckel (1999). Hochbegabung - Forschungsergebnisse und Fördermöglichkeiten. Göttingen: Hogrefe.
- Holling, H., Heinbokel, A., Preckel, F., Vock, M., Wambach, H. & Wittmann, A. J. (1999). Begabte Kinder finden und fördern. Ein Ratgeber für Eltern und Lehrer. Bonn: Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF).
- Holling, H., Preckel, F., Vock, M., Heibokel, A., Wambach, H. & Freund, A. (2003). Begabte Kinder finden und fördern. Ein Ratgeber für Elternhaus und Schule. Bonn: Bundesminsterium für Bildung und Forschung (BMBF).
- Holling, H., Preckel, F., Vock, M. & Wittmann, A. J. (1999). Beratung für Hochbegabte. Eine Literaturübersicht. Bonn: Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF).
- Holling, H., Vock, M. & Preckel, F. (2001). Fostering Giftedness at School - A Stocktaking in the States of the Federal Republic of Germany. Australasian Journal of Gifted Education, 10 (2), 48-63.
- Holling, H., Preckel, F. & Vock, M. (2002). Schulische Begabtenförderung in Deutschland - Evaluationsbefunde zur Effektivität von Fördermaßnahmen und Darstellung der Angebote. In H. Wagner (Hrsg.), Begabungsförderung und Lehrerbildung (S. 131-162). Bad Honnef: Bock.
- Horsch, Herbert / Müller, Götz / Spicher, Hermann-Josef: Hoch begabt und trotzdem glücklich (Reihe Elternratgeber), Oberstebrink 2006
- Huser, Joëlle: Lichtblick für helle Köpfe. Ein Wegweiser zur Erkennung und Förderung von hohen Fähigkeiten bei Kindern und Jugendlichen auf allen Schulstufen. Lehrmittelverlag des Kantons Zürich, Zürich. 4. überarbeitete Ausgabe 2004. ISBN 3-906744-32-9
- Juda, Adele: Höchstbegabung, München: Urban und Schwarzenberg 1953.
- Keller, A. Josef, Novak Felix: Kleines pädagogisches Wörterbuch, Freiburg-Basel-Wien: Herder 1993.
- Lange-Eichbaum, Wilhelm: Genie, Irrsinn und Ruhm. Die geheimen Psychosen der Mächtigen, Komet 2000, ISBN 3933366607
- Markard, Morus: Das Konzept (Hoch-)Begabung – Funktionskritik eines bildungspolitischen Tendenzbegriffes [2]
- Müller, Theresa: Ist unser Kind hoch begabt? Berlin: Urania-Ravensburger 2000.
- Preckel, F. (2003). Diagnostik intellektueller Hochbegabung. Testentwicklung zur Erfassung der fluiden Intelligenz. Göttingen: Hogrefe.
- Pruisken, Christiane: Interessen und Hobbys hochbegabter Grundschulkinder, Münster: Waxmann 2005.
- Rohrmann, Sabine / Rohrmann, Tim: Hochbegabte Kinder und Jugendliche. Diagnostik - Beratung - Förderung, München: Ernst Reinhardt 2005.
- Rost, Detlef H. (Hrsg.): Lebensumweltanalyse hochbegabter Kinder. Das Marburger Hochbegabtenprojekt, Göttingen: Hogrefe 1993.
- Rost, Detlef H. (Hrsg.): Hochbegabte und hochleistende Jugendliche. Neue Ergebnisse aus dem Marburger Hochbegabtenprojekt, Münster: Waxmann 2000, ISBN 3-89325-685-7.
- Rost, Detlef H. & Schillig, Susanne R.: Hochbegabung, in: Rost, D. H.: Handwörterbuch Pädagogische Psychologie, Weinheim: Beltz PVU 2006, S. 233-245, ISBN 3-621-27585-1.
- vom Scheidt, J.: Das Drama der Hochbegabten, Piper-Taschenbuch 2004.
- Schilling, Susanne R.: Hochbegabte Jugendliche und ihre Peers, Münster: Waxmann.
- Schütz, Corinna: Leistungbezogenes Denken hochbegbabter Kinder, Münster: Waxmann 2004.
- Sparfeldt, Jörn R.: Berufsinteressen hochbegabter Jugendlicher, Münster: Waxmann 2006.
- Stapf, Aiga: Hochbegabte Kinder, München: C.H.Beck 2003.
- Tücke, Manfred: Schulische Intelligenz und Hochbegabung, Münster: Lit Verlag 2005.
- Urban, Klaus K.: Hochbegabungen. Aufgaben und Chancen für Erziehung, Schule und Gesellschaft, Münster: Lit-Verlag 2004, ISBN 3-8258-8246-2
- Webb, James T., Meckstroth, Elizabeth A., Tolan, Stephanie S. und Zimet, Nadine D.: Hochbegabte Kinder - ihre Eltern, ihre Lehrer. Ein Ratgeber.Verlag Huber, Bern 2006, ISBN-13: 978-3456843674
- Wittmann, A. J. (2003). Hochbegabtenberatung. Theoretische Grundlagen und empirische Analysen. Göttingen: Hogrefe.
- Wittmann, A. J. & Holling, H. (2001). Hochbegabtenberatung in der Praxis. Ein Leitfaden für Psychologen, Lehrer und ehrenamtliche Berater. Göttingen: Hogrefe.
Weblinks
Allgemeines
- Wiktionary: Hochbegabung – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
- Linkliste zum Thema Hochbegabung
- Begabte Kinder finden und fördern − Ratgeber des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (Umfangreiches PDF Dokument)
Diagnostik und Beratung
- Hochbegabtenberatung und Diagnostik der Uni Ulm
- Deutscher Bildungsserver: Förderung von Hochbegabten
- Österreichisches Zentrum für Begabungsforschung und Begabtenförderung
- chancen-nrw.de - Die Internetseite des Landes NRW zur Individuellen Förderung und Begabungsförderung
- Hoch-Begabten-Zentrum Brühl
Vereine und Netzwerke
- Deutsche Gesellschaft für das hochbegabte Kind e.V.
- Mensa in Deutschland e.V. (MinD) Verein für hochbegabte (alle Alterstufen)