Gesundbrunnen ist ein Ortsteil im Bezirk Mitte von Berlin. Der heutige Ortsteil entstand 2001 durch Teilung des ehemaligen Verwaltungsbezirks Wedding.
Gesundbrunnen Ortsteil von Berlin | |
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Koordinaten | 52° 32′ 55″ N, 13° 23′ 25″ O |
Höhe | ≈ 52 m ü. NHN |
Einwohner | 79.524 (30. Juni 2007) |
Neugründung | 1. Jan. 2001 |
Postleitzahlen | 13347, 13355, 13357, 13359 |
Ortsteilnummer | 0106 |
Bezirk | Mitte |
Quelle: Amt für Statistik Berlin-Brandenburg |
Im Rahmen der Verwaltungsreform 2001 wurden die ehemaligen Verwaltungsbezirke Wedding, Mitte und Tiergarten zusammengefasst und deren Ortsteile neu geordnet. Dabei entstanden im neu geschaffenen Bezirk Mitte neben den Ortsteilen Mitte, Moabit, Wedding, Hansaviertel und Tiergarten auch der Ortsteil Gesundbrunnen.
Lage und Erschließung
Im Westen grenzt der Ortsteil Gesundbrunnen an den Ortsteil Wedding, im Norden an die Verwaltungsbezirke Reinickendorf und Pankow mit dessen – im Osten gelegenen – Ortsteil Prenzlauer Berg. Im Süden liegt der Ortsteil Mitte des gleichen Verwaltungsbezirks Berlin-Mitte. Eine der Hauptverkehrsachsen ist die Badstraße /Brunnenstraße, die den Ortsteil von Nord nach Süd durchquert. Sie entwickelt sich zunehmend zu einer wichtigen Berliner Einkaufsstraße. Im Süden endet der Gesundbrunnen an der Bernauer Straße und im Norden an der Osloer Straße.
Wichtigste Station des öffentlichen Personennah- und Fernverkehrs ist der Umsteigebahnhof Gesundbrunnen.
Einwohner
Der Ortsteil hat 80.454 Einwohner (Stand: Juni 2007) und ist somit der einwohnerreichste Ortsteil des Bezirks Mitte. Der Anteil der ausländischen Bevölkerung im Gesundbrunnen ist mit 35,9 % der höchste in allen Ortsteilen des Bezirks Mitte[1] (In den anderen Ortsteilen von Berlin-Mitte liegt der Anteil bei: Moabit: 28,8 %; Wedding 31,8 %; Hansaviertel: 29,3 %; Tiergarten-Süd: 35,1 %). In Berlin-Mitte ist es ein Anteil von insgesamt 28,8 %.
Geschichte und Entwicklung
Namensgebung
Der Name Gesundbrunnen geht auf eine in der Nähe des späteren Luisenbades entdeckten mineralhaltigen Quelle zurück. Damals wurden der Quelle heilende und jugenderhaltende Eigenschaften nachgesagt. Seither trägt dieser Ort die Bezeichnung Gesundbrunnen. Durch starke Bautätigkeit im Umfeld der Quelle wuchs die Siedlung zu einem eigenen Stadtteil heran.
Die Ortsansässigen sagen „ich wohne am Gesundbrunnen“, oder „in“ bzw. „im Gesundbrunnen“. Im Volksmund auf Berlinisch wird der Gesundbrunnen auch liebevoll „Plumpe“ genannt, auch wenn diese Bezeichnung nur noch von den alteingesessenen Bewohnern benutzt wird. Der Gesundbrunnen gilt wegen der baulichen und kulturellen Entwicklung als zweite Keimzelle des Wedding.
Ursprung und erste Besiedlung
Da der Wedding erst mit der Verwaltungsreform 2001 in die beiden Ortsteile Wedding und Gesundbrunnen getrennt wurde, gilt auch für den Gesundbrunnen (wie auch für den Wedding) als Nachweis für die erste Besiedlung eine Urkunde aus dem Jahre 1251. Allerdings ist der Verbleib des Dorfes „Weddinge“ nicht mehr nachweisbar. Es verschwand offensichtlich, ohne das heute bekannt ist, warum. Erst um 1600 sind wieder Informationen zu finden, die vom Vorwerk Wedding handeln. Es geht um Acker- und Wiesengrundstücke sowie um „Schäferei- und Meiereigerechtigkeiten“. Vermutlich war die Bewirtschaftung des Areals mit dem Amt Mühlenhof verbunden, welches zuständig war, den königlichen Hof mit Holz und Lebensmitteln zu versorgen. Das Amt Mühlenhof war zuständig möglichst den gesamten Bedarf der Hofhaltung zu decken. Mit der zunehmenden Erweiterung des Hofstaates war auch eine Erweiterung der landesherrlichen Besitzungen notwendig.
Dass ein Teil des Weddings den Namen Gesundbrunnen erhielt, hängt mit der Entdeckung einer Quelle zusammen. Die eisenhaltige Quelle wurde 1748 zum ersten Mal erwähnt. Sie wurde untersucht und ihre Heilkraft durch den Chemiker Andreas Sigismund Marggraf festgestellt. Der Hofapotheker Dr. Heinrich Wilhelm Behm erwarb 1751 das königliche Privileg, hier eine Heil- und Badeanstalt einzurichten. Behm ließ den König wissen, dass die Eigenschaften der Quelle die jener in Bad Freienwalde und in Bad Pyrmont übertreffe. Friedrich II. veranlasste daraufhin, das Gutachten zu prüfen. Das Wasser gefror auch bei Frost nicht! Daraufhin gab es Förderungen des Königs. Nach dem königlichen Förderer wurde der Ortsteil zunächst „Friedrichs-Gesundbrunnen“ getauft.
Dr. Behm begann im Laufe des Jahres 1758 mit der Anlage des Gesundbrunnens. Im Jahr 1760 gab er eine kleine Werbeschrift mit dem Títel „Vorläufige Nachricht von dem Gesundbrunnen“ heraus.
Die Heilquelle, die jährlich das Wasser zu mehr als 1000 Wannenbädern gab, wurde in Backstein eingefasst, dazu ein sechseckiges Brunnenhäuschen mit großen Rundbogenfenstern errichtet. Darum gruppierten sich ausgedehnte Gartenanlagen, Bade- und Trinkhäuser. 40 Kurgäste konnten in den Logierhäuschen nächtigen und Linderung für chronische und rheumatische Krankheiten und Augenleiden erhalten. Der König selbst logierte hier mit seinem Gefolge, wenn er zur Inspektion der nahe gelegenen Artillerieübungsplätze kam. So entwickelte sich die Gegend um den Friedrichs-Gesundbrunnen durch private Initiative zur zweiten Siedlungswurzel des Wedding.
Das neue Ausflugsziel im Berliner Norden
Ab Mitte des 18. Jahrhunderts entwickelte sich der Gesundbrunnen zum Kur- und Badeort Luisenbad. Der Standort des Brunnens lag auf dem Gebiet des Hinterhofs der heutigen Badstraße 38–39, wenige Meter vom U-Bahnhof Pankstraße entfernt. An der Ecke Badstraße /Travemünder Straße befinden sich die noch verbliebenen Gebäude des ehemaligen Luisenbades. Nach der denkmalgerechten Sanierung durch das Architektenpaar Chestnut/Nies Ende der 1980er Jahre zog dort die städtische Bibliothek Am Luisenbad ein.
Ab Mitte des 19. Jahrhunderts entdeckten auch die Schankwirte die Beliebtheit der Quelle als Ausflugsort der Berliner Stadtbevölkerung. An der Badstraße entstanden im Laufe der Zeit viele Biergärten und Ausflugslokale. In dieser Zeit hielten auch das Glücksspiel und die Prostitution im Gesundbrunnen Einzug. Er wandelte sich damit zu einem Vergnügungsviertel. Die Quelle wurde 1882 beim Bau der Kanalisation der Badstraße versehentlich zugeschüttet und existiert heute nicht mehr.
1900 wurde der neue Umsteigebahnhof Gesundbrunnen am heutigen Standort bereits als Fern-, Ring- und Vorortbahnhof mit einem stattlichen Empfangsgebäude und der damals längsten gedeckten und verglasten Fußgängerbrücke im Gewächshausstil errichtet, nachdem die Trasse der Berlin-Stettiner Eisenbahn in die der Ringbahn verschwenkt worden war. Zur Überbrückung der Bahntrasse im Verlauf der Swinemünder Straße wurde die Swinemünder Brücke, im Volksmund Millionenbrücke genannt, als hängende Stahl-Fachwerkkonstruktion an zwei Pylon errichtet. Der Name geht auf die Höhe der seinerzeitigen Baukosten zurück. Nachdem in den 1930er Jahren auch die U-Bahn gebaut worden war, entwickelte sich der Bahnhof schnell zum verkehrsreichsten Umsteigebahnhof im Berliner S-Bahnnetz.
Aus dem Ortsteil stammt der Fußballclub Hertha BSC. Hier an der Behmstraße bezog er 1904 seinen ersten festen Platz mit Vereinsheim, der bereits 1902 hier eingerichtet worden war. Nach Herthas legendärem Sieg gegen Southend United (England) im Jahr 1910 wurde der so genannte Schebera-Sportplatz – oder im Volksmund einfach auch „Plumpe“ genannt – zum Fußball-Zentrum des Berliner Nordens. Es war der erste Sieg einer Fußballmannschaft vom Kontinent über die englischen Profifußballer. Als Hertha BSC dann 1930 Deutscher Fußballmeister wurde, fand der Jubel kein Ende. Die Zuschauerränge boten 35.239 Plätzen Platz. Nachdem das Stadion im April 1945 durch Bombentreffer schwer beschädigt worden war wurde es in der Folge abgerissen. An seiner Stelle entstand auf dem Gelände zwischen Behmstraße, Swinemünder Straße, Bahntrasse und Berliner Mauer in den 1960er und 1970er Jahren eine der wenigen West-Berliner Plattenbausiedlungen mit Waschbetonfassaden.
Die Zeit im Nationalsozialismus 1933–1945
In der Zeit des Dritten Reichs herrschte in diesem Stadtteil Widerstand gegen die Nationalsozialisten, bei dem viele Menschen ihr Leben ließen. Im politischen Schicksalsjahr 1933 war Wedding der Berliner Bezirk, in dem bei der Wahl zum Deutschen Reichstag am 5. März 1933 die wenigsten Stimmen für die NSDAP (25,9 %)zusammenkamen. Die KPD hingegen kam auf 39,2 %. Die SPD kam auf 22,8 % (Statistik-Berlin). An diesen Ergebnissen zeigt sich auch, woher der damalige Ortsteil den Zusatz Roter Wedding erhielt.
Entwicklung seit 1945
Nach dem Krieg war die Badstraße eine der größten und bekanntesten Berliner Einkaufsstraßen. Außerdem gab es am Gesundbrunnen die Lichtburg, seinerzeit das größte Lichtspieltheater Berlins, das zusammen mit der Wohnanlage Atlantic in den 1930er Jahren von Rudolf Fränkel erbaut worden war. Mit dem Mauerbau im Jahr 1961 riss der Besucherstrom abrupt ab.
Trotzdem kamen in den Jahren vor dem Mauerbau viele Ost-Berliner vom Bahnhof Schönhauser Allee eine Station mit der S-Bahn zum Einkauf hier her, oder die Bauern kamen mit den Vorortzügen aus dem Berliner Umland an den Gesundbrunnen, um ihre landwirtschaftlichen Produkte auf dem Bahnhofsvorplatz oder dem gegenüber liegenden Blochplatz zu verkaufen. Deshalb setzt man den Gesundbrunnen bzw. dessen Zentrum oftmals mit dem Bahnhof und seinem unmittelbaren Umfeld gleich.
Berühmt wurde am 9. November 1989 die Bösebrücke (von den Berlinern meist Bornholmer Brücke genannt) am S-Bahnhof Bornholmer Straße. An dieser Grenzübergangsstelle zum damaligen Bezirk Prenzlauer Berg wurde in der Nacht der unblutigen Revolution die Berliner Mauer geöffnet.
Seit dem Fall der Mauer nehmen die Besucherströme und damit die Verkehrsbeziehungen wieder kontinuierlich zu. Nicht zuletzt aufgrund der Knotenpunktfunktion des U- und neu errichteten S- sowie Fernbahnhofes Gesundbrunnen. Zu einem Kristallisationspunkt des Quartiers entwickelt sich zunehmend das Gesundbrunnen-Center als Einkaufszentrum.
Bürgermeister von Wedding (bis zur Bezirksfusion damit auch vom Gesundbrunnen)
- Carl Leid (SPD), 1921 bis 1933
- Rudolph Sutthof-Groß (NSDAP), 1933 bis 1945
- Schroeder, April 1945 bis Mai 1945
- Hans Scigalla (KPD/SED), Mai 1945 bis Oktober 1946
- Walter Röber (SPD), Dezember 1946 bis 1956
- Helmut Mattis (SPD), 1956 bis 1970
- Horst Bowitz (SPD), 1970 bis 1981
- Erika Heß (SPD), 1981 bis 1986
- Jörg-Otto Spiller (SPD), 1986 bis 1994
- Hans Nisblé (SPD), 1994 bis 2000
ab 2001 Bezirksfusion mit Tiergarten und Mitte zum Bezirk Mitte
Das Stadtquartier heute
Wichtigste Grünanlage des Ortsteils ist der vom Gartenarchitekten Gustav Meyer geplante Volkspark Humboldthain südwestlich des Bahnnofs mit seinem auch heute noch vorbildlich gepflegtem Rosengarten und der Kletterwand am Hochbunker. Auf einem der Flaktürme wurde 1961 das Mahnmal zur Wiedervereinigung der Stadthälften errichtet, im Berliner Volksmund Plumpenpickel genannt.
Heute sind im Ortsteil einige soziale Probleme zu konstatieren. Die Verhältnisse sind durch die hohe Arbeitslosigkeit geprägt. Dennoch hat sich der Ortsteil seine Identität als Arbeiterbezirk erhalten. Seit der Wiedervereinigung ist es einer der wenigen innerstädtischen Ortsteile, die durch Zuzug und zentripetale Entwicklungen noch nicht überformt wurden.
In neuester Zeit (2007) zeigt sich allerdings die Entwicklung, dass von europäischen Investoren zunehmend Grundstücke erworben werden, die eine spekulative Entwicklung des innerstädtischen Ortsteils vermuten lassen.
Literatur
- Gerhild H. M. Komander: Der Wedding. Auf dem Weg von Rot nach Bunt, Berlin 2006
- Ute Langeheinecke: Der Wedding als ländliche Ansiedlung 1720 bis 1840, Berlin 1992, Gebr. Mann
Weblinks
- Der Gesundbrunnen – die östliche Hälfte des Wedding
- „Gesundbrunnen – Altes und neues Zentrum für Kulturelle Veranstaltungen“, Berlin-Mitte.de, 28. Januar 2005
Einzelnachweise
- ↑ Pressemitteilung vom Amt für Statistik Berlin-Brandenburg, 17. September 2007