Zivilehe
Zivilehe bezeichnet die Ehe als Rechtsinstitut des bürgerlichen und damit zugleich des staatlichen (weltlichen) Rechts (Siehe Eherecht).
"Zivil" ist in diesem Zusammenhang kein Gegenbegriff zu "militärisch", sondern bezeichnet die Abgrenzung von der christlich-kirchlichen Ehe, die im römisch-katholischen Verständnis ein Sakrament ist (Siehe Kirchliche Trauung), aber nicht allen Konstellationen offensteht, die eine staatliche Ehe eingehen können, wie z.B. Geschiedenen oder gleichgeschlechtlichen Paaren. Letzteren steht die Zivilehe aber auch nur in einigen Ländern, wie z. B. Kanada, Belgien, Spanien und den Niederlanden offen.
Geschichte
Die Zivilehe in Deutschland wurde zunächst 1798 in den (im Oktober 1794) französisch besetzten und 1801 annektierten Gebieten eingeführt. Als notwendige Folge oder auch Voraussetzung des Code Civil wurde die Zivilehe auch in den sogenannten napoleonischen Satellitenstaaten des Rheinbundes institutionalisiert, etwa im Großherzogtum Berg 1810. Im Zuge der allgemeinen Restauration mit Beginn der preußischen Zeit 1815 wurde die Zivilehe jedoch allmählich wieder abgeschafft, wobei sich der preußische Staat etwa im Erzbistum Köln zunächst als kompromissbereit gegenüber dem amtierenden konservativen Episkopat zeigte. Aufgrund der föderalen Struktur des Deutschen Bundes sind in der Folge bis zur Reichsgründung regional unterschiedliche Annäherungen an die Wiedereinführung der Zivilehe zu beobachten.
Vorreiter waren die Freie Hansestadt Bremen und das Großherzogtum Oldenburg, wo bereits am 31. Mai 1855 ein "Gesetz über die Zivilehe für das Land Oldenburg" verkündet wurde. In der Stadt Varel wurde aufgrund dieses Gesetzes am 22. Juni 1855 die erste zivilrechtliche Trauung in Deutschland durchgeführt. Geheiratet hat damals der Baptistenpastor August Friedrich Wilhelm Haese. Es war für Angehörige von Freikirchen und andere Dissidenten wie Freireligiöse bis dahin nicht möglich, die Ehe einzugehen. Das Recht, legale Eheschließungen durchzuführen, lag bis zum Erlass des genannten Gesetzes allein bei der jeweiligen Staatskirche. Diese wiederum verweigerte solchen, die aus der Staatskirche ausgetreten waren, die Trauung. Im Deutschen Reich ist die Zivilehe erst am 6. Februar 1875 im Zuge des Kulturkampfs gesetzlich geregelt worden.
Heutige Rechtslage
Deutschland
In Deutschland gilt heute die so genannte obligatorische Zivilehe. Damit ist gemeint, dass staatliche Instanzen nur diejenigen als Eheleute betrachten, die entsprechend den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches ("standesamtlich") geheiratet haben.
Noch ist eine kirchliche Trauung insoweit nicht nur unbeachtlich, sondern darf erst nach der Eheschließung stattfinden (Verbot der religiösen Voraustrauung).
Artikel 6 des Grundgesetzes setzt in seinem Satz Ehe und Familie stehen unter dem besondern Schutz der staatlichen Ordnung die Zivilehe voraus und schützt grundsätzlich nur diese.
Siehe auch
Literatur
- Werner Schubert, Preußen und die Zivilehe in der Nachmärzzeit, in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Germanistische Abteilung 117 (1987), S. 216-246
- Joseph Overrath: Zur Einführung der Zivilehe im "Kulturkampf", in: Ders., Kirchengeschichte: Orientierungshilfen, Standpunkte, Impulse für heute, Frankfurt a. M. 1987, S. 165-182
- Inken Fuhrmann: Die Diskussion über die Einführung der fakultativen Zivilehe in Deutschland und Österreich seit Mitte des 19. Jahrhunderts (= Rechtshistorische Reihe, Bd. 177), Frankfurt a. M. 1998