Triebwagen
Triebwagen bzw. Triebzüge sind Eisenbahntriebfahrzeuge, die anders als Lokomotiven nicht primär zum Befördern von angekuppelten Wagen dienen, sondern selbst Fahrgäste oder Fracht aufnehmen, also quasi Eisenbahnwagen mit eigenem Antrieb. Fast alle sind Fahrzeuge des Personenverkehrs; Gütertriebwagen existieren, haben sich aber bisher nicht durchsetzen können. Gepäcktriebwagen waren früher gelegentlich anzutreffen, insbesondere in der Schweiz, sind aber mit dem Rückgang bzw. in einigen Ländern der Abschaffung des Gepäcktransports durch die Bahn im Aussterben begriffen. In einigen Ländern gab und gibt es spezielle Posttriebwagen oder -züge, zum Beispiel in Belgien oder in Frankreich (dort der berühmte "Post-TGV).
Folgende Abkürzungen sind gebräuchlich, um die existierenden Typen zu klassifizieren:
- EMU (Electrical Multiple Unit), ein i. d. R. mehrteiliger elektrischer Triebzug, z.B. BR 423 der DB AG
- DMU (Diesel Multiple Unit), ein i. d. R. mehrteiliger mit Diesel-Motor über mechanische oder hydraulische Getriebe angetriebener Triebzug, z. B. BR 612 der DB AG
- DEMU (Diesel-Electrical Multiple Unit), ein i. d. R. mehrteiliger Diesel-elektrischer Triebzug, z.B. BR 646 der DB AG
Bei der Straßenbahn ist der Triebwagen derjenige, der den Antrieb enthält, das ist praktisch immer der erste. Er kann ebenfalls selbst Fahrgäste aufnehmen. Die anderen Wagen sind Anhängerwagen (Beiwagen). Manchmal sind auch zwei Triebwagen symmetrisch aneinander gekuppelt, so dass sie als Zweirichtungsfahrzeuge verwendet werden können und ohne Wendeschleife eine Änderung der Fahrtrichtung möglich ist. Es gab zeitweise auch Straßenbahnen, bei denen bei Richtungsumkehr der Triebwagen als Schubwagen arbeitete und die Steuerung vom dann geschobenen Anhängerwagen (Steuerwagen) aus durchgeführt wurde.
Definitionsprobleme
Der Unterschied zwischen Triebwagen und Triebzug sollte darin bestehen, dass Triebwagen einteilig, Triebzüge dagegen mehrteilig sind. De facto ist die Trennung nicht klar möglich; es werden auch mehrteilige, betrieblich nicht trennbare Gelenktriebzüge des Nah- und S-Bahn-Verkehrs oft als Triebwagen bezeichnet. Im Eisenbahnerdeutsch ist der Begriff Triebzug beliebter, da auch ein alleinfahrender, einteiliger Triebwagen betrieblich immer noch ein Zug ist.
Einsatz
Vor dem Entstehen der modernen Generation von Nahverkehrsfahrzeugen wurden Triebwagen (wie Schienenbusse) vor allem auf schwach ausgelasteten Nebenstrecken eingesetzt. Heute werden immer mehr Strecken im Nahverkehr durch Triebwagen bedient.
Auf nicht elektrifizierten Nebenbahnen, teilweise aber auch auf Hauptstrecken werden dabei Dieseltriebzüge eingesetzt, gerne auch mit Neigetechnik. In den großen Ballungsräumen wie Berlin, Hamburg, München, Stuttgart und Frankfurt am Main erledigen elektrische Triebzüge den S-Bahn-Verkehr; ähnliche Elektrotriebzüge fahren zunehmend auch Regionalbahnverkehre, bei denen das Fahrgastaufkommen den Einsatz von lokbespannten Doppelstock-Wagenzügen nicht rechtfertigt. Diese Züge werden an allen oder fast allen Achsen angetrieben, um die geforderte hohe Beschleunigung zu erhalten. Für die Beförderung auf den Nebenstrecken und den Neigetechnikstrecken stehen entsprechend entwickelte Triebzüge zur Verfügung.
Triebzüge führen in zunehmendem Maße auch Mehrzweckabteile.
In neuerer Zeit sind auch viele Züge des Hochgeschwindigkeitsverkehrs Triebzüge.
Technik
Die neue Generation Triebwagen setzt auf Aluminium und andere Leichtmetall- und Verbundwerkstoffe, um das Gewicht der Fahrzeuge deutlich zu senken. Sie besitzen häufig statt der herkömmlichen Zug- und Stoßeinrichtung (Schraubenkupplung) eine automatische Mittelpufferkupplung und elektronische Leitsysteme.
Die Triebwagen sind bei Dieseltraktion meist mit Dieselmotoren und Strömungsgetrieben oder -wandlern für die Kraftübertragung ausgerüstet; der Antrieb ist häufig nicht dieselhydraulisch (stufenlos, keine Zugkraftunterbrechung), sondern dieselmechanisch mit einem Automatikgetriebe, wie es aus dem Straßennutzfahrzeugbereich bekannt ist. Dieselelektrischer Antrieb ist in Deutschland recht selten. Bei Elektrotraktion setzt man auf Drehstromantriebe mit Bremsstromrückspeisung.
Marktübersicht
Bekannte Produkte sind:
- Alstom LHB Coradia LINT (»Leichter Innovativer Nahverkehrstriebwagen«; früher LHB Salzgitter)
- Alstom LHB Coradia LIREX VT 618 (»Leichter Innovativer Regionalexpress«; früher LHB Salzgitter)
- Alstom LHB VT 641
- Bombardier Itino
- Bombardier LVT/S (früher DWA)
- Bombardier Talent (»Talbot Leichter Nahverkehrstriebwagen«; früher Talbot)
- Bombardier RegioSwinger (früher ABB Henschel)
- Bombardier VT612
- Jenbacher Integral
- Alstom LHB/Bombardier ET 423
- Siemens/Bombardier ET 424
- Siemens/Bombardier ET 425
- Siemens/Bombardier ET 426
- Siemens Desiro
- Siemens Desiro Classic (»RegioSprinter«, früher Siemens Duewag)
- Stadler GTW (»Gelenktriebwagen«)
- Stadler Regio-Shuttle RS1 (früher Adtranz)
Betreiber
Deutsche Bahn AG
Baureihen:
- Dieseltriebzüge:
Österreichische Bundesbahnen
siehe unter Liste der Lokomotiven und Triebwagen der ÖBB
Schweizerische Bundesbahnen
(ohne ausrangierte Baureihen)
- elektrische Triebzüge, Normalspur:
- SBB RABDe 500 (InterCity-Neigezug)
- SBB RABDe 510
- SBB RABe 520
- SBB RBe 540
- SBB RBDe 560
- SBB RBDe 561
- SBB RBDe 562
- kombinierter Elektro-Diesel-Triebzug, Normalspur:
- elektrische Gepäcktriebwagen, Meterspur
- SBB De 110
- SBB Deh 120 (mit Zahnradantrieb)