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Züchtigungsrecht

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Das Züchtigungsrecht bezeichnet das Recht, körperliche Züchtigungen, die keine Misshandlungen darstellen, durchzuführen.

Deutschland

Elterliches Züchtigungsrecht

In Deutschland bestand seit 1896 ein Züchtigungsrecht des Vaters über seine Kinder. § 1631 Abs. 2 BGB alter Fassung lautete:

Kraft Erziehungsrechts darf der Vater angemessene Zuchtmittel gegen das Kind anwenden.

Ebenfalls bestand bis 1928 auch ein Züchtigungsrecht des Ehemannes über seine Ehefrau.

Das väterliche Züchtigungsrecht bestand bis zum 1. Juli 1958, als das Gleichberechtigungsgesetz in Kraft trat, da das allein väterliche Züchtigungsrecht einen Verstoß gegen den Gleichberechtigungsgrundsatz von Mann und Frau in Artikel 3 GG darstellte. Seit 1958 bestand das elterliche Züchtigungsrecht als Gewohnheitsrecht weiter und schloss damit beide Eltern (bzw. die Erziehungsberechtigten des Kindes) ein.

Die von Deutschland im Jahre 1992 ratifizierte UN-Kinderrechtskonvention verpflichtet die Vertragsstaaten unter anderem, alle geeigneten Gesetzgebungsmaßnahmen zu treffen, um das Kind vor jeder Form körperlicher oder geistiger Gewaltanwendung zu schützen (Artikel 19). Jedoch ließ sich in Deutschland lange keine gesetzliche Änderung durchsetzen, weil eine Kriminalisierung der Eltern nicht gewünscht war.

Im Rahmen der Reform des Kindschaftsrechts von 1998 wurde § 1631 Abs. 2 BGB so umformuliert:

Entwürdigende Erziehungsmaßnahmen, insbesondere körperliche und seelische Misshandlungen, sind unzulässig.

Diese Formulierung stellte noch kein generelles Züchtigungsverbot dar, sondern richtete sich nur gegen "entwürdigende" Erziehungsmaßnahmen. Im November 2000 wurde § 1631 Absatz 2 Satz 1 so geändert:

Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig.

§ 1631 Absatz 2 Satz 2 stellt nun ein Verbot an die Eltern dar. Sie dürfen nun bei der Ausübung der Personensorge körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen nicht mehr verwenden. Damit gibt es seit 2000 in Deutschland kein elterliches Züchtigungsrecht mehr.

Züchtigungsrecht an Schulen

In der Bundesrepublik Deutschland bestand bis 1973 ein Züchtigungsrecht für Lehrkräfte an Schulen gegenüber den ihnen zur Erziehung anvertrauten Schülern. Zu den verbreitetsten Körperstrafen gehörten Ohrfeigen, "Kopfnüsse" sowie die so genannten "Tatzen" (Schläge mit einem Lineal oder Rohrstock auf die Handflächen des Schülers). Körperstrafen auf das Gesäß, die noch zum Beginn des 20. Jahrhunderts eine Hauptrolle gespielt hatten, wurden in Deutschland bereits seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs an Schulen zunehmend reduziert.

In der DDR wurden Körperstrafen an den Schulen bereits 1949 abgeschafft.

Züchtigungsrecht gegenüber Gesinde, Bediensteten und Lehrlingen

Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts unterstand in Deutschland laut Gesindeordnung das Gesinde in der Landwirtschaft dem Züchtigungsrecht der Herrschaft, ebenso Dienstmädchen in den Städten, wie auch Lehrlinge dem Züchtigungsrecht des Lehrherren unterstanden.

Mit der Einführung des Bürgerlichen Gesetzbuches am 1. Januar 1900 wurde das Züchtigungsrecht des Dienstherrn gegenüber dem Gesinde (nicht jedoch gegenüber minderjährigem Gesinde) abgeschafft.

Das Recht zur "väterlichen Zucht" des Lehrherrn gegenüber den Lehrlingen (§ 127a der Gewerbeordnung) wurde am 27. Dezember 1951 abgeschafft.

Österreich

Laut § 47 (3) (Schulunterrichtsgesetz 1986) sind an österreichischen Schulen körperliche Züchtigungen, beleidigende Äußerungen und Kollektivstrafen verboten.

Schweiz