Schloss Broich befindet sich in im gleichnamigen Stadtteil Broich der Stadt Mülheim an der Ruhr am linken Ufer der Ruhr nahe der Innenstadt. Die Befestigungsanlage liegt an der historischen Ruhrfurt des alten Hellwegs.

Schloss Broich ist der älteste, erhaltene frühmittelalterlicher Wehrbau, der späten Karolingerzeit, nördlich der Alpen.
Geschichte
9. bis 11. Jahrhundert
883 erobern Wikinger Duisburg und richten hier ihr Winterlager ein. Wahrscheinlich deshalb lässt der ostfränkische Herzog Heinrich im Winter 883/884 in Broich ein befestigtes Militärlager errichten: Auf einem 11 m hohen Geländesporn oberhalb der Ruhr entsteht die ursprüngliche Anlage, wohl als Sperrburg um den Fluss und den Hellweg zu sichern, der hier über eine Furt die Ruhr passiert. Eine ovale Ringmauer umschließt zahlreiche mehrräumige, auch zweistöckige Gebäude. Es existieren jedoch noch keine Küchen, Speicher oder Brunnen, was auf eine Planung für eine nur kurzzeitige Nutzung schließen lässt. Im April 884 vertreibt Heinrich mit seinem Heer die Wikinger aus Duisburg. Doch nachdem die Bedrohung durch die Wikinger nicht mehr gegenwärtig ist, wird die Anlage aufgegeben.
In seinen Annalen berichtet Flodoard von Reims von einem 923 stattgefundenen Treffen zwischen König Heinrich I. von Ostfranken und Robert I. am Unterlauf des fluvium Ruram [1] und teilweise wird daraus die Existenz einer befestigten Anlage bis zu diesem Zeitpunkt abgeleitet [2].
Die verlassene Burg wird gegen Ende des 11. Jahrhunderts von den Edelherren von Broich wieder auf- und ausgebaut. 1093 werden die Broicher zusammen mit den Herren von Mülheim und Dümpten als Zeugen eines Grafengerichts nachweislich erstmals schriftlich erwähnt.
12. und 13. Jahrhundert
Philipp I. von Heinsberg, Kölner Erzbischof, erwirbt 1190 die Burg Broich von den Brüdern Theodorich und Erwin Bruke für 400 Mark. Damit ist die Sie erstmals urkundlich erwähnt. Allerdings kommt es zu keinem echten Eigentumsübergang. Die Absicht des Bischofs ist es, sich sogenannte Offenhäuser zu sichern.
Seit Ende des 12. Jahrhunderts wird die Anlage durch Um- und Neubauten allmählich zu einer Festung. Die Ringmauer wird umgebaut, auf 1,50 m Stärke und auf 9 m erhöht. Aus dem nördlichen Teil wird ein Zwinger. Ein massiger, circa 17 m hoher Bergfried wird errichtet. Die erneuerte Befestigung ist so effektiv, dass sie im Jahr 1240 Belagerung und Angriff des Kölner Erzbischofs Konrad von Hochstaden widersteht. Anlass sind die Territorialkriege des Erzbischofs mit Graf Wilhelm IV. von Jülich und Herzog Heinrich IV. von Limburg. Durch die gleichzeitige Stellung Herzog Heinrichs als Graf von Berg werden seine Vasallen, die Herren von Broich, in diese Auseinandersetzung mit einbezogen.
14. und 15. Jahrhundert
Mit dem letzten Herrn von Broich, Graf Dietrich III., stirbt das ursprüngliche Geschlecht im Mannesstamm aus und seine älteste Tochter Lukardis, verheiratet mit Graf Dietrich IV. von Limburg, erbt 1372 die Herrschaft Broich. Zwischen den Jahren 1380 und 1400 wird in die südliche, teils abgerissene Umwehrung ein zweistöckiger gotischer Palas, besserer gesagt Saalbau, mit auffälligen Staffelgiebeln erbaut.
Im Jahre 1443 belagern und beschießen der Kölner Erzbischof Dietrich II. von Moers, Herzog Gerhard von Jülich-Berg sowie etliche andere Verbündete Schloss Broich 18 Tage lang. Wohl übertreibende Beobachter berichten von einem bis zu 22.000 Mann starkem Heer. Der mächtige Bergfried wird völlig zerschossen, die Ringmauern stark beschädigt und die Wohnbauten sind unbewohnbar. Die Burg wird in ihrer Geschichte erstmals eingenommnen. Die Sieger erklären aber sich bereit, das Schloss neu aufzubauen und neu zu befestigen. Die Schäden werden bis zum Jahr 1444 mit 6.000 Rheinischen Goldgulden beseitigt. Bei der Instandsetzung wird aber weder der Bergfried erneuert, noch die geplante Steinbrücke über die Ruhr erstellt.
16. Jahrhundert
Weil Graf Johann von Limburg zu Broich keine Nachkommen hat, adoptiert er im Jahr 1505 die Tochter seiner Schwester Maria, Irmgard von Sayn und verheiratet sie im selben Jahr mit Wirich V. von Daun, Graf zu Falkenstein. 1508 beschenkt Johann das Paar mit der Herrschaft Broich sowie seiner Hälfte der Grafschaft Limburg. Graf Johann stirbt 1511.
Wegen des größeren Gefolges, Wirichs von Daun, werden etliche Um- und Neubauten durchgeführt. Das Burgtor im Nordwestturm wird geschlossen und ein größerer Einlass in die westliche Ringmauer gebrochen. Zwischen Nordwestturm und Schlosshofmauer entsteht ein zweistöckiges Gebäude. Innerhalb des Burgringes werden drei Fachwerkhäuser errichtet. Zwischen Nordwestturm und der Schlosshofmauer erbaut man ein zweistöckiges Wohnhaus. Nahe dem Palas lehnt man an die südliche Schlosshofmauer ein weiteres zweistöckiges, steinernes Gebäude an. Eine Verstärkung der Befestigung bleibt jedoch aus.
Broich leidet seit 1584 wegen des Achtzigjährigen Kriegs sehr schwer unter den ständigen spanischen Durchmärschen und Einquartierungen. Am 5. Oktober 1598 rückt schließlich unter Befehl Admiral Francisco de Mendoza ein Heer von 5.000 Spaniern und etlichen Geschützen an. Vergeblich besteht Burgherr Wirich VI. Graf von Daun-Falkenstein auf seiner Neutralität. Nach erfolglosen Verhandlungen sieht er sich schließlich gezwungen das Feuer auf die Spanier zu eröffnen. Nach starken Beschuss der Widersacher muss Graf Wirich am nächsten Morgen kapitulieren. Trotz eidlicher Zusicherung des freien Abzugs wird die 200 Mann starke Burgmannschaft vor den Toren niedergemetzelt und Graf Wirich gefangengenommen. Am 11. Oktober wird er bei einem Spaziergang nahe dem Schloss von seinen zwei spanischen Bewachern niedergeschlagen und erstochen. Die Leiche wird mit Schwarzpulver überstreut und schließlich vollständig verbrannt. Graf Wirich, erklärter Calvinist, war er ein wichtiger Führer der Protestanten nicht nur im Niederrheingebiet. Der Mord an Wirich verbreitet sich schnell in ganz Deutschland und ruft Empörung und Teilnahme hervor. Am 6. Februar 1607 wird auch Wirichs Sohn Wirich jun. von Spaniern umgebracht. Er wird bei Sterkrade ausgeraubt und erschossen. Seit 1605 stand Wirich jun. als Offizier im Heer des Niederländischen Regenten Moritz von Oranien und kämpfte mit ihm gegen die spanischen Truppen.
17. Jahrhundert
Die Schäden an der stark zerstörten Burg werden erst Jahrzehnte später, in den Jahren 1644 bis 1648, durch Graf Wilhelm Wirich von Daun zu Falkenstein beseitigt. Die Wohngebäude werden wieder Aufgebaut und ergänzt. Auf zwei steinernen, zweigeschossigen Wohnhäusern der Ringanlage lässt er über dem Tor ein Fachwerkgeschoss mit Galerie errichten: Das heutigen Hochschloss. Im Schlosshof entsteht unter Verwendung des gotischen Palas und dem Wohnbau des 16. Jahrhunderts ein zweigeschossiger Schlossflügel mit vorgesetztem achteckigem Treppenturm. An der nördlichen, sowie an der westlichen Schlosshofmauer werden zwei zusätzliche Flügel errichtet. Zusätzlich entsteht südlich des Schlosses ein großer Zwinger mit einem Torbau sowie südwestlich ein Außenwerk mit Wassergraben.
1682 stirbt Wilhelm Wirich. Da sein einziger Erbsohn Carl Alexander am 7. Oktober 1659 von Graf Moritz von Limburg-Styrum erschossen wurde, geht das Erbe an seine älteste Tochter Anna Elisabeth. Sie ist seit 1658 vermählt mit Graf Georg Wilhelm von Leiningen-Dagsburg.
Für die Instandhaltung wird jetzt nicht mehr viel getan. Das Schloss dient nur noch als Amtssitz des Rentmeisters.
18. Jahrhundert
Erst Anna Elisabeths Enkelin, Maria Luise Albertine Gräfin von Leiningen-Dagsburg, interessiert sich wieder für den Besitz. Sie verweilt nun öfters an der Ruhr und plant das Schloss, durch den kurpfälzischen Oberbaudirektor Nicolas de Pigage, restaurieren und ausbauen zu lassen. 1789 ist man aber zufrieden mit einem teilweisen Neubau des Westflügels mit dem „gläsernen Palais“ und der Erneuerung des Treppenturms im frühklassizistischem Stil. Der nördliche Flügel wird abgerissen.
1787 und 1791 nimmt die Gräfin Ihre beiden jungen Enkelinnen Luise und Friederike von Mecklenburg-Strelitz, den späteren Königinnen von Preußen, beziehungsweise Hannover, mit nach Broich. Wegen ihrer großen Bürgernähe und Herzlichkeit sind die beiden Prinzessinnen bei der Bevölkerung schnell, sehr beliebt.
19. und 20. Jahrhundert
Während Napoleons Herrschaft am Rhein und an der Ruhr 1806 – 1813 wird auch die Herrschaft Broich aufgelöst. Nach zweijähriger Übergangszeit wird 1815 auf Beschluss des Wiener Kongresses auch Broich, von Preußen annektiert.
Die Gebäude verfallen schnell. 1830 stirbt der letzte Besitzer, Prinz Georg Karl von Hessen-Darmstadt.
1857 ersteigern der Renteiverwalter Bilger und sein Schwiegersohn, der Bankier Eduard Stöcker, das Schloss für 335.000 Taler. Sie beseitigen größere Schäden an den Gebäuden, brechen die Fachwerkbauten der Kernanlage ab und errichten dort, angelehnt an das Hochschloss, eine zweistöckige klassizistische Villa.
Im 19. und 20. Jahrhundert verliert die Anlage durch den Eisenbahn-, beziehungsweise Straßenbau, deutlich an Bausubstanz.
1938 geht das Schloss in den Besitz der Stadt Mülheim über. Während des Zweiten Weltkriegs und in der Nachkriegszeit verfällt es dann zusehends. 1952 erhält immerhin der Saalbau ein neues Dach.
In den Jahren 1967 bis 1974 wird im Auftrag des Landschaftsverbands Rheinland und unter der Leitung von Professor Günther Binding an der Anlage aufwendig ausgegraben und restauriert. Dabei werden die Grundmauern der spätkarolingischen Anlage, sowie die der späteren Jahrhunderte freigelegt.
1975 wird Schloss Broich feierlich wieder eröffnet.
Heutige Nutzung
Das Schloss Broich dient heute teilweise der Stadt zur Repräsentation sowie den zahlungskräftigen Bürgern als Feierstätte, teilweise den weniger zahlungskräftigen und den Besuchern der Stadt als kleines Kunst- und Heimatmuseum sowie Ort der Gastronomie.
Castle Rock und Burgfolk Festival
Seit dem Jahr 2000 findet im Innenhof des neueren Teil des Schloss das eintägige Castle Rock Festival statt, welches 2002 noch um das ebenfalls eintägige Festival Burgfolk erweitert wurde. Diese Feste werden mit der Unterstützung der Stadt Mülheim ausgerichtet.
Die auftretenden Musikbands auf dem Festivals kommen aus der Richtung Rock, Gothic und moderne Folk-Musik. Viele der Bands sind in ihren entsprechenden Kreisen sehr populär. Als Gäste kommen jedes Jahr viele Hundert Musikfans, vorzugsweise aus der so genannten Schwarzen Szene des Ruhrgebiets. Das Castle Rock ist seit 2003 jedes Jahr einige Monate vor der Veranstaltung ausverkauft.
Lage
- Anschrift: Schloss Broich, Am Schloss Broich 28, 45479 Mülheim an der Ruhr
- ÖPNV: Mülheim, Schloss Broich (Anreise-Berechnung)
Literatur
- Dr. Otto Redlich (Verf.) Mülheim an der Ruhr - Seine Geschichte von den Anfängen bis zum Übergang an Preußen 1815 Stadt Mülheim an der Ruhr im Selbstverlag 1939
- Professor Günther Binding (Hrsg.) Schloss Broich in Mülheim/Ruhr Rheinland-Verlag Düsseldorf 1970