Aristoteles
- (*384 v. Chr. in Stageira/Makedonien; † 322 v. Chr. in Chalkis/Euböa)
- griechischer Philosoph, Naturforscher und einer der einflussreichsten Denker der abendländischen Geistesgeschichte, der zahlreiche Disziplinen entweder selbst begründete oder entscheidend beeinflusste.

Leben
Sein Vater Nichomachos war Arzt am Hof von König Amyntas von Makedonien. Von seinem 18. bis zu seinem 37. Lebensjahr war Aristoteles Schüler von Platon in Athen. Nach Platons Tod (347 v. Chr.) ging er an den Hof des Hermias, des Herrscher svon Atarneus in Kleinasien. Er heiratete dessen Nichte und Adoptivtochter Phytias. 342 v. Chr. wurde er Lehrer Alexanders des Großen, der damals dreizehn Jahre alt war, und unterrichtete ihn bis ins Jahr 336 v. Chr.
Danach gründete Aristoteles im Jahre 334 v. Chr. in Athen seine Schule, das Lykeion oder auch Peripatos genannt, die bis etwa 40 v. Chr. bestand und aus der die philosophische Richtung der Peripatetiker hervorging. Als Aristoteles 323 v. Chr. in Athen wegen Gottlosigkeit angeklagt wurde, flüchtete er nach Chalkis, wo er im folgenden Jahr starb.
Lehre und Schriften
Aristoteles befasste sich mit zahlreichen Wissensgebieten, die allerdings in den meisten Fällen nicht deckungsgleich mit den heutigen Gebieten gleichen Namens sind. Beispielsweise ist Ethik für Aristoteles nicht in erster Linie eine Theorie der Moral und in vielen Punkten auch nicht getrennt von der Politik, die er beide auch unter dem Begriff der politischen Wissenschaften häufig gemeinsam nennt. Am wichtigsten ist die Unterscheidung in drei große Arten von Wissenschaft: die theoretische, praktische und poietische (hervorbringende).
- (1) Die theoretische Wissenschaft betrachtet das, was unabhängig vom Menschen ist und besitzt keinen äußeren Zweck außer der Erkenntnis selbst. In sie fällt vor allem Physik und Metaphysik.
- (2) Die praktische Wissenschaft thematisiert das, was im Bereich der menschlichen Handlungen liegt, was aber nichts außer der Handlung selbst hervorbringt. Hierein fällt vor allem die Ethik und Politik.
- (3) Die poietische Wissenschaft untersucht das, was im Bereich der menschlichen Tätigkeiten liegt und hierbei ein Objekt hervorbringt. Die Schrift Poetik des Corpus Aristotelicum thematisiert dabei (fast) auschließlich die Dichtkunst.
- Ein weiterer wichtiger Teil der überlieferten aristotelischen Schriften sind gewissermaßen Metawissenschaften, die neben dieser Dreiereinteilung der Wissenschaften liegen und vor allem die Logik betreffen.
Bei den überlieferten Schriften handelt es sich um sog. esoterische Schriften, die möglicherweise zum Zwecke von Vorlesungen angefertigt und immer wieder überarbeitet worden sind (sog. Pragmatien). Von seinen zu Lebzeiten veröffentlichten Werken (den sog. exoterischen Schriften), die z.T. wohl als Dialoge im Stil Platons verfasst waren, ist uns sehr wenig überliefert. Ein Bild dieser Schriften liefert am ehesten noch der Protreptikos, eine auf Öffentlichkeitswirkung angelegte Werbeschrift für die Philosophie.
Im Gegensatz zu Platon - der Philosophie als eine alle Bereiche menschlichen Wissens umfassende Einheitswissenschaft auffasst - geht Aristoteles von einem Konzept von Einzelwissenschaften als eigenständigen Disziplinen aus. Hierbei stützt er sich (a) auch auf empirische Forschung (im weitesten Sinne) und setzt sich in der Ausarbeitung seiner Theorien (b) mit dem gesunden Menschenverstand sowie (c) mit den Lehren seiner Vorgänger auseinander.
Zentral für die aristotelische Philosophie insgesamt ist der Begriff der ousía (griechisch ουσία), der in der späteren Tradition mit Substanz übersetzt wurde. Die Antwort darauf, was die ousía einer Sache ist, ist die Antwort, was diese Sache in erster Linie ist, unabhängig von kurzfristig zukommenden und zufälligen Eigenschaften. Die Theorie der ousía arbeitet Aristoteles in der sog. ersten Philosophie aus, in einigen unter dem Titel Metaphysik überlieferten Abhandlungen. Sie spielt allerdings auch in vielen anderen Bereichen seines Denkens eine ausgezeichnete Rolle, u.a. in De Anima, der Untersuchung dessen, was spezifisch und determinierend für alles Lebendige ist.
Nachwirkung
Im Peripatos wurde nach dem Tod des Aristoteles zunehmend spezielle Forschung im Bereich der Einzelwissenschaften betrieben. Wie sehr Aristoteles' Schriften hier rezipiert wurden, ist unklar. Klar ist, dass eine Ausgabe dieser Schriften erst Jahrhunderte nach seinem Tod von Andronikos von Rhodos angefertigt wurde.
Im lateinischen Mittelalter war von den Schriften des Aristoteles nur eine der logischen Schriften bekannt. Zudem war Aristoteles in einigen Punkten für die christliche Lehre ein unbequemer Denker, so dass seine Schriften in einigen Universitäten verboten waren. Mit Albertus Magnus und Thomas von Aquin setzte dann eine Aristotelesrenaissance ein. Seit der Mitte des 13. Jahrhunderts war aristotelische Philosophie Pflichtprogramm an den Universitäten. Infolgedessen galt in Form des Thomismus Aristoteles bis über das 15. Jahrhundert hinaus (Ende des Mittelalters) als unumstrittene Autorität. So wurde er oft nur Der Philosoph genannt.
Im 19. Jahrhundert gab es im Zuge der Romantik eine starke Rezeption der antiken Klassiker. Für Hegel war er eine der wichtigsten Anregungen. Immanuel Bekker edierte in den dreißiger Jahren die erste moderne, textkritische Gesamtausgabe der aristotelischen Schriften. Zu dieser Zeit begann man, Aristoteles als Denker in seinem eigenen historischen Kontext und unabhängig von der scholastischen Tradition zu interpretieren.
Anfang des 20. Jahrhunderts befreite Werner Jaeger Aristoteles endgültig von den scholastisch geprägten Konnotationen. Für viele andere Philosophen war und sind Aristoteles' Schriften bis heute eine wichtige Quelle zum eigenen systematischen Philosophieren. Zudem hat die Aristoteles-Forschung seit Anfang des 20. Jahrhunderts große Fortschritte gemacht.
Als Pseudo-Aristoteles werden unbekannte Verfasser bezeichnet, deren Schriften zunächst Aristoteles selbst zugeordnet wurden, dessen Urheberschaft heute aber zweifelhaft ist.
Werke
- Organon (nacharistotelische Zusammenstellung), bestehend aus:
- Physik
- De Anima
- Metaphysik
- Nikomachische Ethik
- Eudemische Ethik
- Politik
- Protreptikos
- Rhetorik
- Poetik – Als Webausgabe frei zugänglich bei DigBib.Org
Primärtexte
- Grumach, Ernst (Begr.), Flashar, Hellmut (Hg.): Werke in deutscher Übersetzung, Berlin (Akademie Verlag). (Mit i.d.R. sehr guten Kommentarteilen)
- Barnes, Jonathan (Hg.): The Complete Works of Aristotle, Princeton 1995 (Sammlung der maßgeblichen englischen Übersetzungen) (2 Bdd.)
- Rapp, Christof/ Wagner, Tim: Aristoteles, Topik. Übersetzung, Einleitung und Kommentar, Stuttgart 2004 (Reclam)
allgemeine Sekundärliteratur
- Barnes, Jonathan (Hg.), The Cambridge Companion to Aristotle CUP 1995 (Sehr gute Einführung zu Aristoteles mit thematisch geordneten Beiträgen einiger der namhaftesten Aristotelesforscher und einer aktuellen, thematisch gegliederten 80 Seiten-Bibliografie.)*
- Buchheim, Thomas, Aristoteles, Freiburg i.Br. 1996
- Buchheim, Thomas/Flashar, Hellmut (Hgg.): Kann man heute noch etwas anfangen mit Aristoteles, Hamburg 2003 (Beiträge namhafter Aristotelesforscher in Hinblick auf Aristoteles und moderne Philosophie)
- Code, Alan D., Aristotle, OUP 2005 (Einführung des vermutlich besten Kenners der aristotelischen Metaphysik)
- Code, Alan D., Collected Papers on Aristotle's Metaphysics, Princeton UP 2004
- Jaeger, Werner: Aristoteles, Berlin 1923 (wichtig innerhalb der Forschungsgeschichte, aber als Einführung ungeeignet)
- Rapp, Christof: Aristoteles zur Einführung, Hamburg 2004 (ISBN: 3885063468). (die beste deutschsprachige Einführung zu Aristoteles mit sehr guter thematisch gegliederter Bibliografie für Einsteiger)*
- Ross, W.D. Aristotle, Routledge 2004 (Darstellung aus der Feder des wichtigsten Aristoteles-Forscher des 20.Jh.)
Siehe auch
Weblinks
- Widerlegung der Sophismen
- Aristoteles als Philosoph
- Texte bei Projekt Gutenberg
- Texte und Sekundäres bei litlinks.it
- Texte von Aristoteles (englisch)
- http://www.digbib.org/Aristoteles_384vChr/De_Poetik
Personendaten | |
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NAME | Aristoteles |
ALTERNATIVNAMEN | Der Stagirit, Der Philosoph |
KURZBESCHREIBUNG | griechischer Philosoph, Naturforscher und einer der einflussreichsten Denker der abendländischen Geistesgeschichte, der zahlreiche Disziplinen entweder selbst begründete oder entscheidend beeinflusste. |
GEBURTSDATUM | 384 v. Chr. |
GEBURTSORT | Stageira/Makedonien |
STERBEDATUM | 322 v. Chr. |
STERBEORT | Chalkis/Euböa |