Benutzer:Thot 1/Atelier

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Giovanni Segantini

Der Künstler

„Es ist meine Überzeugung, daß das Lehren der Malerei absurd ist. Wohlverstanden meine ich mit diesem Lehren nicht das Zeichnerische ... Wer nicht als Künstler geboren ist, wird nie Künstler.“ [1]

Mit der Übersiedlung nach der Brianza beginnt die eigentliche Laufbahn des Künstlers. Hier berührt er sich in seiner künsterischen Ausdrucksform mit Jean-François Millet, stand aber nicht unter seinem Einfluß. Segantini hatte das Werk des Franzosen nur aus Photographien gekannt. Beider Schöpfungen können als direkte Naturübertragungen angesehen werden. In einem Brief an den Dichter Tumiati vom 29. Mai 1898 schreibt er:

„Um meine Gefühlsbewegungen zu stärkerem Ausdruck zu bringen und auch das ganze Milieu meines Werkes durch die poetisch-malerischen Empfindungen meines Geistes beleben zu können, emanzipierte ich mich in der ersten Zeit von den kalten Modellen, ging abends in den Stunden des Sonnenuntergangs aus und nahm die Stimmung in mich auf, die ich am Tage der Leinwand mitteilte.“ [2]

Diese poetisch-verträumte Epoche fällt zeitlich zusammen mit seiner Befreiung aus dem seelisch einengenden Leben der Großstadt. Die ihn umgebende bäuerliche Harmonie und sein eigener verliebter Zustand, der Umgebung und seinem eigenen jungen Haushalt gegenüber, trugen zu dieser künstlerischen Phase bei und förderte ein Schaffen von innen heraus. [3] [4]

Der Mensch ist bei Segantini von Anfang an in die Landschaft eingebettet, er ist in ihr sozusagen verschmolzen. Millet hatte den Bauern poetisiert, ihn romantisch-literarisch erhöht. Bei Segantini bleiben die Hirten und Bauern einfach und ohne jedes Pathos. Millet entdeckte, mit Gustave Courbet, den Bauern als künstlerisches Thema und seine Wahl dieses Motivs ist Ausdruck eines sozialethischen Programmes gewesen. Millet erlebte den Bauern als Intellektueller, als Städter, von außen gesehen und als Kritiker am Städtedasein. Trotz der äußeren Ähnlichkeit der Motive beider Künstler, haben die von Segantini ein ganz anderes Wesen und er hatte dies selbst deutlich gespürt und ausgedrückt. Er wolle einfach seine Modelle „... malen, ganz anders als Millet, glücklich, schön und zufrieden, kein Mitleid erweckend, sicher eher Neid, wenn man sie und ihr Leben kennenlernt, wie ich es getan.“ [5]

„Ihm ist der Künstler ein Priester der hehren Schönheit des Erschaffenen, der im Dienste dieser erleuchteten Göttin sein Leben zu stellen und, wenn nötig, zu opfern hat.“ [6]

Segantini hatte in einer Zeit gelebt, in der der wissenschaftliche Materialismus eine Art Gesetz war und sein Anspruch war zu sagen: „Ein Ideal außerhalb des Natürlichen hat keine Lebenskraft von Dauer; aber eine Wirklichkeit ohne Ideal ist eine Wirklichkeit ohne Leben.“ [7]

In der Biographie zu Segantini wirft sein Sohn Gottardo Segantini die Frage auf, ob Segantini ein Naturalist oder ein Idealist war und kommt zu dem Schluß, daß er weder das eine noch das andere war. „Das ist kein Naturalist mehr, der sein Können im Wetteifer mit den Größten seiner Zeit durch ernstes ständiges Bemühen immer mehr vervollständigt hat, das ist ein großer Idealist.“ Die Natur belauschend wiedergeben und nicht ein „Sich-Vertiefen in Groteske und interessante Sonderheiten, sondern das festlegen der allgemeinen erkannten Schönheiten.“ Hier liegt der Kern seines Bemühens und das Menschliche seiner Kunst. Nicht den Kritikern nachlaufen, nicht Volkskunst anzustreben, dies ist sein Bemühen. Die Bilder Segantinis waren keine Publikumsbilder, sie erregten bei den schaffenden Malern Aufsehen, wurden nur dort anerkannt, wo sie in die Kunstströmung hineinpaßten und sie hatten insofern eine Sonderstellung, da sie auch hier und da dazu benutzt wurden, den althergebrachten malerischen Einstellungen den Kampf anzusagen. Wenn nach dem Tod des Künstlers seine Werke und sein Name rasch Weltruhm erlangten, das Publikum seine Bilder zu den „Lieblingen ihrer Wahl“ machte, so kann man nicht den Schluß daraus ziiehen, sie wären als Publikumsbilder gemalt worden. [8]

Quellen

  1. Hans Zbinden, Bern 1964, S. 12
  2. Gottardo Segantini, Zürich 1949, S. 52
  3. Gottardo Segantini, Zürich 1949, S. 52
  4. Hans Zbinden, Bern 1964, S. 16
  5. Hans Zbinden,, Bern 1964, S. 18
  6. Gottardo Segantini, Zürich 1949, S. 39
  7. Gottardo Segantini, Zürich 1949, S. 39
  8. Gottardo Segantini, Zürich 1949, S. 40 ff.