Amedeo Modigliani

italienischer Maler und Bildhauer (1884-1920)
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Amedeo Modigliani (* 12. Juli 1884 in Livorno; † 24. Januar 1920 in Paris) war ein italienischer Zeichner, Maler und Bildhauer jüdischer Abstammung. Die heutige Bekanntheit beruht vor allem auf seinen Aktgemälden, die zu seiner Zeit als skandalös empfunden wurden und erst später Akzeptanz fanden. Seine Jugend verbrachte Modigliani in Italien, wo er die Kunst der Antike und Renaissance studierte, bis er 1906 nach Paris zog, da diese Stadt zu der Zeit von großer Bedeutung für die Kunst war. Dort kam er in Kontakt mit anderen modernen Künstlern wie Pablo Picasso, Constantin Brâncuşi oder Max Jacob. Sein Leben war von Krankheiten der Lunge geprägt. In einem Fiebertraum soll er seine Berufung zur Kunst erkannt haben, mit 35 Jahren starb er an Tuberkulose. Die Informationen über Modiglianis Leben beruhen auf nur wenigen verbürgten Dokumenten, so dass es vor allem nach seinem Tod zur Legendenbildung um ihn kam.

Selbstbildnis, 1919. Dieses Bild entstand kurz vor Modiglianis Tod und ist dessen einziges Selbstporträt.
Porträt Amedeo Modiglianis gemalt von Jeanne Hébuterne

Modiglianis Gesamtwerk umfasst vor allem Gemälde und Zeichnungen. Von 1909 bis 1914 widmete er sich jedoch hauptsächlich der Bildhauerei. Das Hauptmotiv ist der Mensch, sowohl in den Bildern als auch bei den Skulpturen. Daneben gibt es wenige Bilder mit Landschaftsmotiven. Interieurszenen und Stillleben von Modigliani sind nicht bekannt. Modigliani schloss sich keiner Stilrichtung an, wie etwa dem Kubismus oder dem Fauvismus, sondern bezog sich in seinen Arbeiten oft auf die Renaissance. Er wurde aber auch durch moderne Elemente wie der zu seiner Zeit populären afrikanischen Kunst beeinflusst. Während seines Lebens hatte Amedeo Modigliani nur wenig Erfolg mit seiner Kunst, erst nach seinem Tod erreichte er größere Popularität und seine Bilder hohe Preise.

Leben

Erste Lebensjahre und Kindheit

 
Geburtshaus Amedeo Modiglianis in Livorno. Die Gedenktafel wurde vom Rat der Stadt anlässlich des 75. Geburtstages Modiglianis am 12. Juli 1959 gestiftet und weist auf ihn hin.

Amedeo Modigliani wurde am 12. Juli 1884 in Livorno als viertes und jüngstes Kind von Flaminio und Eugenia Modigliani geboren. Die Familie gehörte dem aufgeklärten jüdischen Bürgertum der Stadt an. Es waren sephardische Juden, die ihre Religion nicht verleugneten, aber auch nicht orthodox gläubig waren. Sie befanden sich zur Zeit der Geburt Amedeo Modiglianis in einer schwierigen finanziellen Situation. Infolge der Wirtschaftskrise in Italien, die auf der industriellen Unterentwicklung und dem Nord-Süd-Gegensatz beruhte und sich von den 1880er-Jahren bis ins 20. Jahrhundert hineinzog,[1] war der mit Holz und Kohle handelnde Familienbetrieb bankrott gegangen. Deshalb begann Modiglianis Mutter zu arbeiten, um zum Familienunterhalt beizutragen. Sie war als Privatlehrerin tätig und übersetzte daneben beispielsweise Gedichte von Gabriele D’Annunzio. Weiterhin verfasste sie unter einem Pseudonym Literaturkritiken. Außerdem nahm Amedeo Modigliani wahrscheinlich an den traditionellen Fünf-Uhr-Tees im Haus Garsin teil, bei denen beispielsweise über Werke von Oscar Wilde diskutiert wurde. So kam Modigliani schon in früher Kindheit mit Literatur, Philosophie und Kunst in Berührung.[2]

Im Alter von elf Jahren litt Amedeo Modigliani an einer schweren Rippenfellentzündung. 1898, im Alter von 14 Jahren, erkrankte er an Typhus, der zu dieser Zeit noch als tödliche Krankheit galt. Während der Krankheit hatte er laut der Darstellung seiner Mutter einen Fiebertraum, in dem er über die künstlerischen Meisterwerke in Italien phantasierte und der ihm damit seine künstlerische Bestimmung aufzeigte.[3] Nachdem Amedeo Modigliani wieder gesund war, erhielt er von seinen Eltern die Erlaubnis, die Schule abzubrechen und ein Kunststudium zu beginnen.

Ausbildung

Amedeo Modigliani schrieb sich noch 1898 an der Kunstakademie Livorno ein. Sein Lehrer war der Maler Guglielmo Micheli und Modigliani der jüngste Student in dessen Klasse. Neben der künstlerischen Ausbildung an der Akademie, die sich noch stark am Impressionismus orientierte, lernte Amedeo Modigliani im Atelier von Gino Romiti das Aktmalen. Im Juli 1900 erkrankte Modigliani an Tuberkulose. Weil die Luftveränderung seine Genesung begünstigen sollte, verbrachte er den Winter 1900/1901 zusammen mit seiner Mutter auf einer Reise nach Neapel, Capri und Rom. Von dort aus schrieb Amedeo Modigliani fünf Briefe an den Künstler Oscar Ghiglia, mit dem er trotz des großen Altersunterschiedes von neun Jahren befreundet war. Diese Briefe gehören zu den wenigen schriftlichen Dokumenten Modiglianis, die erhalten geblieben sind. In ihnen schilderte er beispielsweise die Wirkung Roms auf sich: „Rom ist nicht um mich, während ich Dir erzähle, sondern in mir, gleich einem von seinen sieben Hügeln wie von sieben gebieterischen Ideen eingefaßten schrecklichen Juwel.“[4]

Im Frühjahr 1901 zog Amedeo Modigliani Ghiglia folgend nach Florenz. Nachdem er den Winter 1901/1902 in Rom verbracht hatte, schrieb er sich am 7. Mai 1902 an der Scuola libera di Nudo (deutsch: freie Aktzeichenschule) in Florenz ein. Dort studierte er bei Giovanni Fattori und beschäftigte sich daneben hauptsächlich mit der Kunst der Renaissance. 1903 folgte Amedeo Modigliani seinem Freund Oscar Ghiglia nach Venedig, wo er bis zu seiner Übersiedlung nach Paris lebte. Er schrieb sich am 19. März dieses Jahres am Istituto di Belle Arti di Venezia ein. Dort belegte er unter anderem Kurse der Freien Aktzeichenklasse. In den Museen und Kirchen der Stadt studierte Modigliani die Kunst der alten Meister. Zu dieser Zeit lag sein Schwerpunkt auf dem Studium der italienischen Kunstgeschichte, wohingegen er die Malerei weniger intensiv betrieb. Trotzdem lag in dieser Zeit das Fundament seines späteren künstlerischen Schaffens. 1903 und 1905 kam er auf den Biennalen in Kontakt mit den Werken der französischen Impressionisten, mit Skulpturen Rodins und Werken des Symbolismus. Während seiner Studienzeit in Venedig konsumierte Modigliani Haschisch und nahm an spiritistischen Sitzungen teil.[5] Daneben knüpfte er Kontakte mit Künstlern wie Ortiz de Zarate und Ardengo Soffici.

Umzug nach Paris

Zu Beginn des Jahres 1906 zog Amedeo Modigliani nach Paris, da die dortige Künstlerszene zu dieser Zeit am fortschrittlichsten war. Im vorangegangenen Jahr hatten noch relativ unbekannte Künstler wie André Derain, Maurice de Vlaminck und Henri Matisse, die von der Kritik mit dem Spottnamen Les Fauves (deutsch: Die Wilden) bezeichnet worden waren, im Herbstsalon ausgestellt. Mit Künstlern wie Juan Gris und Pablo Picasso hatte sich die Künstlerwelt von Paris verjüngt und wurde zusammen mit fortschrittlichen Kunsthändlern zum Zentrum der avantgardistischen Malerei. Nach seiner Ankunft lebte Amedeo Modigliani anfangs in einem komfortablen Hotel am rechten Ufer der Seine, was ihm wegen seiner Herkunft aus einer reichen, bürgerlichen Familie angemessen erschien. Nach kurzer Zeit zog er jedoch in das Viertel Montmartre, wo er ein einfaches Atelier nutzte, und nahm Aktzeichenunterricht an der Académie Colarossi. Eine der ersten Freundschaften, die Modigliani in Paris schloss, verband ihn mit dem deutschen Maler Ludwig Meidner. Dieser beschrieb später Modiglianis Stellung und Auftreten in der Pariser Gesellschaft: „Unser Modigliani […] war ein charakteristischer und gleichzeitig hochbegabter Vertreter der Bohème vom Montmartre; wahrscheinlich sogar der letzte echte Bohèmien.“[6] Modigliani nahm also trotz seiner gesundheitlichen Probleme am ausschweifenden Leben der Künstler am Montmartre teil.

Im Frühjahr 1907 wurde Modigliani von dem Maler Henri Doucet in ein Haus mitgenommen, das Paul Alexandre für junge Künstler angemietet hatte. Der junge Arzt Alexandre war von Modiglianis Bildern fasziniert und begann deshalb damit, ihn zu unterstützen. Er kaufte ihm Bilder und Zeichnungen ab und vermittelte ihm Porträtaufträge. Amedeo Modigliani stellte 1907 ebenfalls im avantgardistischen Herbstsalon aus, der von den Fauvisten geprägt wurde. Im Folgejahr zeigte Modigliani sechs Gemälde im Salon des Indépendants, unter anderen Die Jüdin. Seine Bilder fanden jedoch kaum Beachtung, weil sie nicht der gerade modernen Stilrichtung des Kubismus angehörten, der 1907 durch Picasso und Georges Braque begründet worden war. So erwähnte der einflussreiche Publizist Guillaume Apollinaire Amedeo Modigliani nur am Rande seiner Kritik des Salons. Paul Alexandre gelang es, Modigliani Zugang zu vermögenden Kreisen zu verschaffen, so dass er im Frühjahr 1909 mit dem Porträt Die Amazone der Baronin Marguerite de Hasse de Villers den ersten bezahlten Auftrag erhielt.

Zeit als Bildhauer

Im April 1909 bezog Amedeo Modigliani ein neues Atelier in der Cité Falguière am Montparnasse. Er lernte über Paul Alexandre den rumänischen Bildhauer Constantin Brâncuşi kennen. Möglicherweise begann Modigliani in Folge dieser Bekanntschaft schon in diesem Jahr mit der Steinbildhauerei, welche für einige Zeit in den Vordergrund seines Schaffens trat. Die Gründe für diesen Wechsel der Kunstgattung sind nicht bekannt. So könnte Modigliani schon vorher den Wunsch gehabt haben, als Bildhauer tätig zu werden, hatte jedoch nicht die technischen Möglichkeiten, die erst mit dem neuen Atelier gegeben waren. Auch könnte das antike Erbe Italiens, das er aus eigener Erfahrung kannte, eine Inspiration zur Anfertigung von Skulpturen gewesen sein. Eine weitere Möglichkeit wäre, dass Modigliani sich wegen des stagnierenden Erfolgs seiner Malerei in einer anderen künstlerischen Gattung versuchen wollte.[7] 1910 lernte Amedeo Modigliani den Schriftsteller Max Jacob kennen, mit dem er in der Folge freundschaftlich verbunden war und der ihm mit Kontakten half. Außerdem hatte Modigliani in diesem Jahr ein Verhältnis mit der aus Russland stammenden Dichterin Anna Achmatova. 1911 stellte Amedeo Modigliani seine archaisch wirkenden Steinskulpturen im Atelier des portugiesischen Künstlers Souzo Cardoso aus. Es begann eine Phase der intensiven Beschäftigung mit dem Motiv der Karyatiden in seinen Werken, sowohl in der Skulptur, als auch in Gemälden. Im folgenden Jahr wurden die Skulpturen Modiglianis, von denen eine von dem englischen Maler Augustus John erworben wurde, im Herbstsalon ausgestellt. Amedeo Modigliani lernte die Bildhauer Jacob Epstein und Jacques Lipchitz kennen, von denen letzterer die Kunst Modiglianis als „Ausdruck seines persönlichen Empfindens“[8] beschrieb. Im Frühling 1913 hielt sich Amedeo Modigliani in Livorno auf, wo er in der Nähe eines Steinbruchs Quartier bezog. In ihm betätigte er sich als Marmorbildhauer. Die fertig gestellten Skulpturen schickte Modigliani nach Paris, heute sind jedoch keine Marmorskulpturen Modiglianis bekannt. Für die Beendigung der Tätigkeit als Bildhauer nach 1913 sind die genauen Gründe nicht bekannt. Ein Grund könnte seine angeschlagene Gesundheit gewesen sein, die durch die staubige Umgebung weiter geschädigt wurde. Auch könnte er keine Zukunft für seine Arbeit als Bildhauer gesehen haben. Er entwickelte sich künstlerisch nicht weiter und die wenigen Ausstellungen brachten kaum Aufmerksamkeit und finanzielle Verbesserungen. So könnte er sich aus diesen Überlegungen heraus wieder der lukrativeren Malerei zugewandt haben.[9]

Rückkehr zur Malerei und Leben während des Ersten Weltkrieges

Im Frühjahr 1914 lernte Amedeo Modigliani über Max Jacob den Kunsthändler Paul Guillaume kennen, der einige junge und noch unbekannte Künstler vertrat. Guillaume vertrat Modigliani, nachdem dieser mit Beginn des Ersten Weltkrieges Paul Alexandre aus den Augen verloren hatte, und beteiligte ihn an mehreren Gruppenausstellungen in seiner Galerie. Mit Kriegsbeginn meldete sich Amedeo Modigliani freiwillig zum Kriegsdienst, wurde jedoch aufgrund seines schlechten Gesundheitszustandes nicht eingezogen. Deshalb gehörte er zu dem kleiner gewordenen Kreis von Künstlern, die sich in Paris aufhielten. Im Juni 1914 lernte Modigliani die englische Literatin Beatrice Hasting kennen, mit der ihn über zwei Jahre eine Liebesbeziehung verband. Sie hielt sich in Paris als Kolumnistin der englischen Zeitung The New Age auf und schrieb über das Gesellschaftsleben der Stadt. Sie beschrieb unter anderem Modiglianis Konsum von Haschisch und Alkohol, unter dem er „niemals etwas Gutes“ vollbrachte.[10] Während der Beziehung mit Hasting war sie sein bevorzugtes Modell für seine Porträts.

1915 zog Modigliani mit Beatrice Hastings in die Rue Norvaine an der Butte Montmartre und porträtierte Pablo Picasso. Ein Jahr später folgten weitere Porträts berühmter Persönlichkeiten, darunter Jacques Lipchitz, Jean Cocteau und Chaim Soutine. Mit diesen Porträts der Avantgarde Paris war Modigliani selbst mit ihr verbunden. Sie sicherte ihm einen singulären Platz unter den Pariser Künstlern und ermöglichte die spätere Legende von Modigliani als Hauptfigur dieser Künstlerschaft.[11] Daneben lernte Amedeo Modigliani den polnischen Kunsthändler und Dichter Leopold Zborowski kennen. Dieser verfügte als Händler zwar nicht über die Kontakte Guillaumes und dessen Gespür für die avantgardistische Malerei, trotzdem unterstützte er zusammen mit seiner Frau Anna Modigliani in dessen letzten Lebensjahren. So nahmen sie ihn in ihre Wohnung auf, nachdem er sich von Beatrice Hastings getrennt hatte. Zborowski bezahlte Modigliani ein Tagegeld und das Malmaterial und ließ ihn in seiner Wohnung malen. Später bezahlte er auch die Modelle für die Aktgemälde Modiglianis.

Amedeo Modigliani malte 1916 und 1917 eine Serie von etwa 30 Aktgemälden. Auf Vermittlung von Leopold Zborowski wurden diese Bilder in einer Einzelausstellung in der Galerie der Kunsthändlerin Berthe Weill gezeigt. Am 3. Dezember 1917 wurde die Ausstellung mit einer Vernissage mit geladenen Gästen eröffnet. Die Galerie lag gegenüber einer Polizeistation und ein Kommissar wurde auf den Menschenauflauf aufmerksam, der sich infolge eines im Schaufenster präsentierten Aktes bildete. Er rief Berthe Weill zu sich und forderte sie auf, die Ausstellung zu beenden und die Bilder abzuhängen, weil diese zu freizügig wären. Um eine Beschlagnahmung der Bilder zu verhindern, kam Weill der Aufforderung nach.

Aufenthalt in Südfrankreich

Im April 1917 lernte Modigliani Jeanne Hébuterne kennen, die 19 Jahre alt war und an der Académie Colarossi studierte. Die beiden bezogen kurze Zeit später eine gemeinsame Wohnung.

 
Grabstein Amedeo Modiglianis auf dem Pariser Friedhof Père Lachaise

1918 verließen Amedeo Modigliani und Jeanne Hébuterne zusammen mit dem Ehepaar Zborowski und Modiglianis Freund Soutine Paris, als eine Invasion deutscher Truppen drohte. Sie begaben sich an die französische Mittelmeerküste, wo Modigliani viele Porträts malte, denen er sich nach den Akten wieder zugewandt hatte. Die fertigen Bilder schickte er zum Verkauf nach Paris. Über das Jahr Modiglianis in Südfrankreich ist nur wenig bekannt, da es nur wenige schriftliche Dokumente gibt und die Pariser Zeitgenossen nur wenig über diese Zeit berichteten. Anfangs wohnten Modigliani, Jeanne Hébuterne und seine Freunde in Cagnes-sur-Mer, später zogen sie nach Nizza. Dort brachte Jeanne Hébuterne am 29. November 1918 eine Tochter zur Welt. Amedeo Modigliani erkannte die Vaterschaft des Kindes, das den Vornamen der Mutter erhielt, an. Während seines Aufenthaltes in Nizza und der näheren Umgebung besuchte Modigliani Pierre-Auguste Renoir, der ein Anwesen über der Küste bewohnte. Ein in der Nachbarschaft wohnender Maler berichtete später, dass es zwischen dem Altmeister des Impressionismus und dem jungen Maler zu einem Streit über Ratschläge Renoirs kam.[12]

Letztes Lebensjahr und Tod

Nach Vermittlung durch Zborowski wurden 1919 mehrere Werke Modiglianis auf Ausstellungen in England gezeigt. So war er in Heale an der Ausstellung Modern French Painting beteiligt. Weiterhin zeigte im September dieses Jahres die Londoner Hill Gallery zehn Werke Modiglianis. Ende Mai 1919 kehrte Modigliani nach Paris zurück, wo er am Herbstsalon teilnahm. In dieser Zeit unterstützte ihn auch der finnische Maler Léopold Survage, der ihm sein Atelier zur Verfügung stellte. Als Jeanne Hébuterne erneut schwanger wurde, verlobte sich Amedeo Modigliani mit ihr. Es existiert ein Dokument vom 7. Juli 1919, in welchem er angab sie zu heiraten, „sobald die Papiere angekommen sind“.[13] Diese Absicht konnte er jedoch nicht umsetzen, da er gegen Jahresende schwer an Tuberkulose erkrankte.

Am 24. Januar 1920 verstarb Modigliani in der Charité in Paris. Am folgenden Tag beging seine Verlobte Selbstmord. Beide wurden unter großer Anteilnahme auf dem Friedhof Père Lachaise beigesetzt. Ihre Tochter Jeanne wurde von Modiglianis Schwester in Florenz adoptiert. Sie wurde eine wichtige Biographin ihres Vaters und schrieb das Buch Modigliani ohne Legende.

Werk

Das Gesamtwerk Amedeo Modiglianis besteht aus Gemälden, Zeichnungen und Skulpturen. Das Œuvre umfasst etwa 420 Gemälde, von denen nur 14 datiert sind,[14] und etwa 25 Skulpturen.[15] Mit der Ausnahme von wenigen Landschaftsgemälden liegt der Schwerpunkt Modiglianis Kunst auf der Darstellung des Menschen. Diese kommt in den Porträts, Akten und Skulpturen menschlicher Köpfe beziehungsweise Figuren zum Ausdruck und zeigt ein intaktes Bild des Menschen. Modigliani lässt sich keiner modernen Kunstströmung zuordnen. In seinen Werken vereinte er expressionistische, kubistische und symbolistische Elemente, zeigt jedoch ebenso einen Rückbezug zur Antike, Renaissance und Manierismus, die er aus seiner Studienzeit in Italien kannte. Somit entwarf er seinen ganz individuellen Stil.

Für den Stil Amedeo Modiglianis sind lineare und lang gestreckte Formen charakteristisch. Viele seiner Bilder zeigen für Modigliani typische Elemente, wie lang gezogene Gesichter und blinde Augen. Die Darstellung ist stark reduziert, in den Porträts und Akten ist sie so auf die Person fokussiert, dass der Raum in den Hintergrund tritt und kaum Attribute neben der zentralen Figur zu finden sind. Nur in den späten Werken Modiglianis werden durch einige wenige Attribute Hinweise auf das soziale Umfeld der dargestellten Person gegeben. Vor 1914 entstanden außerdem wenige Zirkus- und Varietezeichnungen, welche die Personen in einen größeren erzählerischen Zusammenhang stellen.[16]

Da Modigliani nur einen Bruchteil seiner Werke datiert hat, lässt sich die genaue Folge der Bilder nur über stilistische Analysen und Überlieferungen aus zeitgenössischen Berichten rekonstruieren. Dabei lässt sich innerhalb des Œuvres eine stilistische und kompositorische Entwicklung nachweisen, die zur größtmöglichen Vollendung des Bildes führte.

Porträts

 
Die Jüdin, um 1908
 
Bildnis Diego Rivera, 1914
 
Bildnis Jacques Lipchitz und seine Frau Berthe Lipchitz, 1916
 
Bildausschnitt aus Porträt des Cendras, 1917. Der Name des Porträtierten wurde von Modigliani in unregelmäßigen Großbuchstaben ins Bild integriert.
 
Porträt der Jeanne Hébuterne, 1918

Den Großteil der Bilder Amedeo Modiglianis machen Porträts aus. Zu seinen frühen Werken gehört das Bild Die Jüdin, das um 1908 entstanden ist. Das 55×46 Zentimeter große Ölgemälde ist statuarisch aufgebaut. Es zeigt eine streng blickende Frau, deren Gesicht deutlich herausgearbeitet ist und sich deutlich von der eher verschwommenen Umgebung abhebt. Das Hauptaugenmerk des Bildes liegt auf der Darstellung der Psychologie der Person, die in der Mitteilung der Stimmung, der Verhaltenheit im Bild und im Blick der Frau auf den Betrachter zum Ausdruck kommt. Deshalb ist die Darstellung auch sehr maßvoll und trotz der leichten Pinselführung nicht auf die autonome Verwendung von Farben und Flächen ausgerichtet. Es gibt jedoch auch Teile des Bildes, die stark von der rein malerischen Behandlung der Fläche geprägt sind. Ein Beispiel dafür ist das Farbfeld in der rechten unteren Bildecke, das nicht einem konkreten Gegenstand zugeordnet werden kann. Darin liegt ein deutlicher Bezug zu der Vorstellung von Maurice Denis, dass ein Bild, bevor es seinen Gegenstand zeigt, nur eine Oberfläche sei, die nach einer bestimmten Ordnung mit Farbe bedeckt würde.[17] Diese Definition war von großer Bedeutung für die Zeit, in der auch Modigliani arbeitete. Die Jüdin zeigt aber auch die Suche Modiglianis nach seinem Platz in der Kunst inmitten der verschiedenen avantgardistischen Strömungen. Es beinhaltet Einflüsse von Henri de Toulouse-Lautrec, Edvard Munch und Paul Cézanne und steht in Kontrast zur vorherrschenden fauvistischen Malerei mit ihrer dominierenden Farbvielfalt. Als das Bild im 1908 im Salon des Indépendants ausgestellt wurde, stand es mit seinen dunklen Farben im Kontrast zu den meisten anderen ausgestellten Werken. In der Bilddarstellung ist Die Jüdin ebenfalls zurückhaltend, in Anbetracht dessen, dass im Vorjahr der Kubismus, mit dem der Raum und die Perspektive zersprengt wurden, entstanden war. Der Farbauftrag Modiglianis in diesem Bild orientiert sich dabei stark an dem des Expressionismus.

Während des Ersten Weltkrieges, nach seiner Phase als Bildhauer, porträtierte Modigliani viele Freunde und Künstler, die in Paris verblieben waren. Eines dieser Porträts ist das Bildnis Diego Rivera aus dem Jahr 1914. Das 100×79 Zentimeter große, mit Öl auf Karton gemalte Bild zeigt den mexikanischen Maler Diego Rivera, der drei Jahre vorher nach Paris gekommen war und schnell zum Freundeskreis um Picasso gehörte. 1919 heiratete Rivera Frida Kahlo und war in den 1930er-Jahren der Hauptvertreter der mexikanischen Wandmalerei. Er wurde von Modigliani mehrmals gemalt. Dieses Bild spiegelt durch die freie Farbfleckenmalerei die revolutionären Ansichten und das Temperament Riveras wieder. Der Farbauftrag auf den Malgrund erfolgte tupfend. Dabei folgte Modigliani nicht dem Kolorismus des von ihm bewunderten Cézanne, sondern brachte eher einen Nachklang der impressionistischen Malerei hervor. Die Strichtechnik dieses Bildes erinnert auch an die Arbeit Modiglianis beim Erschaffen der Skulpturen. Sie erzeugt den Eindruck eines in den Malgrund geritzten Reliefs. Das Bild zeigt die obere Körperhälfte Riveras. Das runde Gesicht wird von den Haaren und der Brust gerahmt. Beide Elemente sind wie der Oberkörper nicht konkret vom Bildhintergrund abgegrenzt. Daher entsteht der Eindruck, dass der Körper das gesamte Bild ausfüllt. Die Augen Diego Riveras sind fast ganz geschlossen, seinen Mund umspielt ein Lächeln. Deshalb wirkt er versonnen und zufrieden. Aufgrund der Malweise ist das Bild eines der expressiveren von Amedeo Modigliani, im Gegensatz dazu stehen die folgenden Porträts, deren Malstil einfacher und glatter ist und in denen er mehr Wert auf die Darstellung der äußeren Erscheinung als auf die des Charakters der abgebildeten Person legte.

Das Porträt Bildnis Jacques Lipchitz und seine Frau Berthe Lipchitz aus dem Jahr 1916 oder 1917 gehört zu den Bildern, in denen Amedeo Modigliani die Darstellung der Psychologie eines Charakters aufgab und stattdessen repräsentative Porträts schuf, die sich an Vorbilder des Barock anlehnten. Dieses 80,2×53,5 Zentimeter große Ölgemälde malte Modigliani nach dem Hochzeitsphoto der Lipchitz in mehreren Porträtsitzungen. Das war nicht ungewöhnlich, da er zu dieser Zeit mehrmals Photographien als Vorlagen für Bilder nutzte. Dieses Bild nimmt in Modiglianis Werk eine besondere Stellung ein, da es zu seinen wenigen Doppelporträts gehört. Die Bedeutung dieser Bilder wird daran deutlich, dass Gruppenbildnisse in Modiglianis Œuvre überhaupt nicht vorhanden sind. Dem Porträt des jungen Ehepaars gingen mehrere Skizzen voraus, die jedoch noch auf ein Einzelporträt ausgerichtet waren. In ihnen tastete sich Modigliani immer weiter an die endgültige Bildkomposition heran. Das Bild zeigt den Bräutigam Jacques Lipchitz stehend hinter seiner sitzenden Frau Berthe. Den linken Arm hat er seiner Frau um die Schulter gelegt. Sie sind beide dunkel gekleidet und heben sich so vom helleren Bildhintergrund ab. Ihre Gesichter sind rundlich und die Augen leer. Die beiden Dargestellten, zu den Modigliani freundschaftlichen Kontakt pflegte, wirken in dem Porträt zwar sympathisch, werden aber aus einer emotionslosen Distanz dargestellt. Diese ist ein zentrales Merkmal der Porträts der folgenden Jahre bis zum Tod Modiglianis. Auf dem Weg zur endgültigen Fassung des Porträts vollzog sich auch eine stilistische Entwicklung. So treten die Vertikale und die Horizontale in den Hintergrund, so dass geschwungene Linien und fließende Formen im Bild dominieren. Das Porträt des Ehepaars Lipchitz weist mit dem in Großbuchstaben geschriebenen, unregelmäßigen Schriftzug LIPCHITZ ein stilistisches Merkmal Modiglianis auf, das viele seiner Porträts von Freunden gemeinsam haben. Diese Beschriftung, die sich in ihrer ungelenken Pinselführung deutlich von der Signatur unterscheidet, orientierte sich formal an der Tradition von Bildern der Renaissance. Künstler wie Giorgone und Tizian gaben in den Inschriften nicht nur über den Namen des Dargestellten, sondern auch beispielsweise über die Zugehörigkeit zu Geheimbünden Auskunft. Mit dem formalen Zitat kann Modigliani auf eine ähnliche innere Verwandtschaft mit den porträtierten Freunden angespielt haben. Außerdem nutzte er sie zur Auflockerung der Bildkomposition. In den Barock- und Renaissance-Bezügen wird weiterhin deutlich, dass Modigliani seine Kenntnisse im Bereich früherer Kunstepochen, die er in den Studien seiner frühen Lebensjahre erworben hatte, auch in seinen Bildern anwandte.

Viele Porträts Amedeo Modiglianis zeigen seine beiden Geliebten Beatrice Hastings und Jeanne Hébuterne. Die Gemälde von Hastings weisen oft eine pointierte Wiedergabe von Augen, Mund und Nase auf. Sie zeigen eine starke Fokussierung auf den Charakter seiner als exzentrisch geltenden Geliebten. Die Bilder haben eine spielerische und inoffizielle Wirkung, die ein Resultat der engen und nach Hastings eigenen Angaben dramatischen Beziehung sind. Die Beziehung zu Jeanne Hébuterne war aufgrund des großen Altersunterschiedes nicht so turbulent. Sie sah zu Modigliani auf und war nicht die Diskussionspartnerin wie Hastings. Die Porträts Hébuternes zeigen keine großen Variationen in der Perspektive und des Stils. In einigen Bildern wird sie als Kindfrau dargestellt, was einen Bezug zur jugendlichen Naivität aufzeigt, obwohl sie in Modiglianis Leben eine Konstante darstellte. Jeanne Hébuterne ließ Modigliani neu über sein Leben nachdenken, das von Drogen und Alkohol bestimmt war. Mit der Schwangerschaft Jeannes war eine gravierende Änderung in Modiglianis Leben verbunden und stand in Kontrast zu seinem bisherigen Lebenswandel. In dieser Situation entstand das Bild Porträt der Jeanne Hébuterne, das sie als hochschwangere Frau zeigt. Das Porträt stellt Jeanne Hébuterne in einer sitzenden Position mit im Schoß liegenden Händen und zur Seite geneigten Kopf dar. Der Umstand der Schwangerschaft wird von Modigliani nicht verdeckt, sondern betont. So zeigt zum Beispiel der gekrümmte Finger der rechten Hand auf den Bauch. Ein weiteres betonendes Element sind die die Aufmerksamkeit auf den Bauchbereich lenkenden Streifen in der Hüftregion. Trotz des langgestreckten Halses ist ein leicht angedeutetes Doppelkinn, das auf die Schwere der letzten Phase der Schwangerschaft hindeutet. Die Farbgebung ist sehr ausgewogen. Die dunkle Fläche der Kleidung und des Haares werden durch die Streifen an der Hüfte und den Armen, sowie dem grünen und orangen Bildhintergrund ausbalanciert. Das Bild erzeugt eine sehr ruhige Stimmung, es enthält keine Bewegung und die Person wirkt in sich ruhend, was besonders durch die Kopfhaltung deutlich wird. Eine besondere Intensität wird durch den direkten Blick Jeanne Hébuternes auf den Betrachter erzeugt, der ebenfalls Ruhe ausstrahlt.

Akte

 
Leidender Akt – Nudo Dolente, 1908
 
Liegender Akt, 1917
 
Stehender Akt – Elvira, 1918

Amedeo Modigliani malte während seines ganzen Lebens Aktgemälde, welche die zweitgrößte Werkgruppe nach den Portäts darstellen. Die ersten stammen aus dem Jahr 1908, wie zum Beispiel das Bild Leidender Akt – Nudo Dolente. Dieses 81×54 Zentimeter große Ölgemälde zeigt eine halbfigurige Frauendarstellung. Die hagere Frau wird vollkommen nackt gezeigt. Der Kopf ist nach hinten geworfen, der Mund geöffnet. Dies ist ein Zeichen von Ekstase, Leid, Schmerz und Sinnlichkeit. Der wahre Ausdruck der Person ist hinter dem maskenartigen Gesicht verborgen. Die Schultern sind nach vorn gezogen. An ihnen hängen die unnatürlich langen Arme lose herab, die Hände ruhen auf den Oberschenkeln. Die Frau ist so dünn, dass sie Ähnlichkeit mit einem Skelett aufweist. Der Akt Modiglianis widersprach damit den klassischen Inhalten dieser Bildgattung, die einen sinnlichen und stark sexuellen Bezug hatten. Vor dem dunklen Bildhintergrund tritt der helle, fast weiße Körper deutlich hervor und wird durch den Hell-Dunkel-Kontrast betont. Der Farbauftrag ist rau und lässt das Bild teilweise unvollendet wirken. In diesem Gemälde wird die ähnliche Körperauffassung von Modigliani im Bezug auf andere Künstler dieser Zeit deutlich. So gibt es Ähnlichkeiten mit Bildern wie Madonna[18] von Edvard Munch aus dem Jahr 1894 oder Werken von George Minne.

In den Jahren 1916 und 1917 malte Modigliani seine bekannte Serie von Akten, die 30 Gemälde umfasst. Sie zeigen sitzende, stehende oder liegende Modelle, die idealisiert in ihrer Nacktheit dargestellt sind. Die Frauenkörper bilden das zentrale Bildelement, der Raum und andere Gegenstände treten in den Hintergrund und sind nur im geringen Umfang im Bild dargestellt. Ihre Darstellung hat keinen mythologischen oder historischen Bezug, sondern dient zur alleinigen Darstellung der Nacktheit. Trotzdem stehen sie in der Tradition der Darstellung der nackten Venus, die von der Renaissance bis ins 19. Jahrhundert das vorherrschende Aktmotiv war. Jedoch orientierte Modigliani sich an den italienischen Meistern der Renaissance wie Tizian, Sandro Botticelli und Giorgione, die jedoch vor der akademischen Ära der Malerei arbeiteten. Ihre Darstellungen folgten keinen bestimmten Aktposen, sondern weisen individuelle Ausprägungen jedes Künstlers auf. Mit den Kunstakademien hatte sich ein prägendes Verständnis des Aktes etabliert. Es gab einen bestimmten und eingeschränkten Kanon von Posen der Aktmodelle, strenge und formale Regeln. Amedeo Modigliani bricht in seinen Akten mit dieser akademischen Tradition, indem er Proportionen, Anatomie und Bewegung in den Bildern ausspart. Daneben sind die Posen der Modelle nicht der akademischen Lehre angepasst. Modiglianis Akte sind auch durch sein Studium beeinflusst worden, das er an der Académie Colarossi betrieb. Dort wurden den Studenten Modelle zur Verfügung gestellt, deren Haltung sie frei bestimmen konnten. Daneben wurden so genannte Viertelstundenakte gemalt, die eine skizzenhafte, schnelle Erfassung des Motivs erforderten. So haben sich aus den Pariser Jahren viele Aktzeichnungen Modiglianis erhalten.

Das 60,6×92,7 Zentimeter große Gemälde Liegender Akt gehört zu den berühmtesten Werken Modiglianis und stammt ebenfalls aus der Bilderserie der Jahre 1916 und 1917.[19] Es zeigt ein liegendes Modell, das sich zentral in der Bildmitte befindet. Die Frau wird in der Nahansicht gezeigt, wobei ihre Extremitäten nicht vollständig abgebildet werden. So fehlen die Unterarme mit den Händen und die Beine unterhalb der Hüfte. Der Körper der Frau wird von oben gezeigt, ihr Gesicht zeigt in Richtung des Betrachters. Ihre Augen sind geöffnet, so dass der Betrachter des Bildes direkt angeblickt wird. Die Hüften sind leicht nach hinten gedreht, so dass die Scham nicht zu erkennen ist. Der Körper befindet sich auf einem roten Bettlaken, was einen leichten Hell-Dunkel-Kontrast erzeugt. Unter dem Kopf befindet sich ein weißes Kissen, welches mit dem Ansatz der weißen Bettdecke die hellsten Flächen des Bildes bildet. Im Hintergrund ist die Wand zu erkennen. Insgesamt gibt es neben den Körper kaum Bildelemente, die von ihm ablenken. Das Bild lehnt sich in der Komposition an die Aktfotografie der Zeit an, dabei ist die Erotik nicht überbetont, sondern melancholisch abgestuft. Dabei geht von der dargestellten Frau Würde und Kühle aus, was einen Anschluss an die Skulpturen Modiglianis darstellt.

Nach der Serie der Jahre 1916 und 1917 malte Amedeo Modigliani nur noch gelegentlich Akte wie Stehender Akt – Elvira aus dem Jahr 1918. Dieses 92×60 Zentimeter große Ölgemälde entstand während des Aufenthaltes Modiglianis in Südfrankreich. Für seine Gemälde dieser Zeit typisch, wurde es mit deutlich helleren Farben gemalt. An die Stelle der dominierenden dunklen Farbtöne, besonders Rot, tritt in diesem Bild Türkis. Das stehende Model, das nur von den Oberschenkeln an gezeigt wird, nimmt im Bild die zentrale Position ein. Neben einem weißen Laken, welches die Scham verdeckt, gibt es keine weiteren kompositorischen Bildelemente. Die Umrisslinien des Körpers sind stark hervorgehoben und die Flächen malerisch so ausgearbeitet, dass in dem Bild Amedeo Modiglianis Bezug zur Bildhauerei deutlich wird, der in der frontalen Präsenz der Figur Ausdruck findet.

Landschaften

 
Landschaft, 1919

Unter Amedeo Modiglianis Werken befinden sich nur wenige Landschaftsbilder. Diese entstanden in seinen frühen Jahren in Italien, auf seinen Reisen in seine Heimat und während seines Aufenthaltes in Südfrankreich. Während das 1898 entstandene Bild Landschaft in der Toskana sich noch am Impressionismus orientierte und keine klaren Konturen aufweist, sondern unscharf wirkt, steht im Gegensatz dazu beispielsweise das 1919 gemalte 60×45 Zentimeter große Bild Landschaft. Dieses in Südfrankreich entstandene Gemälde wird durch klare Umrisse gegliedert. In den Hügeln im Bildhintergrund bilden die Gebäude klare geometrische Strukturen, die im Kontrast zu den Formen der sie umgebenden Wolken stehen, die jedoch ebenfalls klare Umrisse aufweisen. Im Vordergrund ist eine diagonal durch das Bild verlaufende rote Fläche zu sehen, die entweder einen Weg oder ein Brückengeländer darstellt. Mit dem Rot dieses Bildelementes wird die Farbe der Hausdächer erneut aufgegriffen. Es ist klar von der Umgebung abgegrenzt, was ein Gefühl der Enge und Begrenztheit hervorruft. Die Hügel in der Bildmitte führen terrassenförmig in den Hintergrund und erzeugt einen Eindruck von räumlicher Tiefe. Im Kontrast dazu stehen die Bäume im Vordergrund, die mit ihren langen linearen Strukturen das Bild zusätzlich gliedern.

Auch in den Landschaftsbildern, die Modigliani in Südfrankreich malte, kommt der Fokus von Modigliani auf das Porträt über das Format zum Ausdruck. Im Gegensatz zum normalen Querformat nutzte er für seine Landschaften auch das Hochformat. Die Bilder Amedeo Modiglianis weisen Ähnlichkeiten zu Landschaften Paul Cézannes auf, der zu Modiglianis künstlerischen Vorbildern zählte, sowie zu Bildern anderer Künstler dieser Zeit. So sind beispielsweise kompositorische Parallelen zu Bildern von Gustav Klimt vorhanden. Daneben gibt es weitere Ähnlichkeiten wie das stilisierte Aussehen der Bäume, sowie die räumliche Anordnung der Bildelemente.[20]

Skulpturen und Bilder mit Bezug zur Bildhauerei

 
Studie eines Kopfes, 1911/1912. Die besonderen stilistischen Elemente wie die langen Gesichtspartien und der insgesamt längliche Kopf werden bereits in der Skizze deutlich.
 
Karyatide, 1911/1912

Zwischen 1909 und 1914 widmete sich Amedeo Modigliani fast ausschließlich der Bildhauerei. Neben ihm wandten sich zu dieser Zeit auch andere Maler dieser Kunstgattung zu, wie beispielsweise Picasso, Matisse und André Derain. Dies geschah infolge der vor dem Ersten Weltkrieg großen Zuspruch findenden afrikanischen Kunst, deren Skulpturen unter dem Begriff Negerplastik hohe Popularität erreichten. Daneben lernte Amedeo Modigliani den Bildhauer Brancusi kennen, dessen Skulpturen im Herbstsalon neben seinen Bildern ausgestellt worden waren. Erst nach dem Kontakt mit Brancusi wandte sich Modigliani der Skulptur zu und zog in ein für die Bildhauerei eingerichtetes Atelier am Montparnasse.

Die meisten Skulpturen Amedeo Modiglianis stellen Köpfe dar, die er als Säulen der Zärtlichkeit bezeichnete. Laut dem Kunsthistoriker Gerhard Kolberg schwanken diese Skulpturen „zwischen hohem ideellen und bildhauerischem Anspruch und primitiver bis archaischer skulpturaler Ausführung“.[21] Dabei ist besonders auffällig, dass Modigliani trotz seiner Unerfahrenheit als Bildhauer fähig war, seinen Kopf-Skulpturen ein einheitliches stilistisches Aussehen zu verleihen. Sie haben alle ein einheitliches Grundmaß und sind aus hochrechteckigen Steinblöcken gearbeitet. Die Köpfe sind idolhaft und ikonenartig ausgearbeitet und strahlen aufgrund ihrer Schlichtheit eine majestätische Würde aus. In den gemeinsamen Ausstellungen dieser Skulpturen im Jahre 1911 wurde deutlich, dass sie nur in der Gesamtheit, jedoch nicht im Einzelwerk ihre Bedeutung zeigen. Um die Wirkung der Präsentation noch zu steigern, entwickelte Modigliani ein eigenes Beleuchtungskonzept der Objekte. Mit dieser Art der Ausstellung inszenierte er seine Skulpturen so, dass ein mysteriöser und religiös anmutender Eindruck entstand. Ein Exemplar dieser Serie ist der 70,5x23,5x7,6 Zentimeter große Kopf einer Frau[22], der sich im Besitz des Philadelphia Museum of Art befindet. Er weist die typischen Merkmale der Kopfdarstellungen Modiglianis auf. Das Gesicht ist in die Länge gestreckt, so dass Nase und Ohren unnatürlich lang sind. Das Kinn ist spitz zulaufend, der Abstand zwischen den Augen gering. Der Gesichtsausdruck vermittelt keine Emotion, sondern strahlt allein Ruhe aus.

Neben den Kopfskulpturen schuf Amedeo Modigliani nur zwei weitere, die heute bekannt sind: eine stehende Figur und eine Karyatide. Diese weist einen deutlichen Rückbezug zur griechisch-römischen Antike auf. Karyatiden sind Gewandfiguren in menschlicher Gestalt, die als Stützen ganze Gesimse oder Geschosse tragen, und seit der Antike ein fester Bestandteil der Architektur waren. Die Skulptur Karyatide[23] aus dem Jahr 1914 weist nur noch durch ihre Haltung einen Bezug zu dieser Funktion auf. Die Figur kniet auf einem Bein, das andere ist angewinkelt an den Körper gezogen. Die kräftige weibliche Gestalt hält beide Arme über den Kopf erhoben. Die Last, die sie tragen müsste, deutet Modigliani nur durch eine Platte an. Das Gewicht der Skulptur konzentriert sich allein auf die Zentralachse der Figur, was ihr Standfestigkeit verleiht. Der verwendete Kalksandstein wurde von Modigliani nur grob bearbeitet, was eine raue Oberfläche erzeugte im Gegensatz zu den glatten Oberflächen der Kopfskulpturen. Es ist kein Gesicht herausgearbeitet, so dass die Figur eine besondere Anonymität aufweist.

Während seiner bildhauerischen Schaffensphase malte Modigliani nur wenige Bilder. Diese hatten meist ebenfalls einen Bezug zur Skulptur, waren von Statuen inspiriert oder griffen das Motiv der Karyatide auf. Ein Beispiel für diese Bildergruppe ist das 72,5×50 Zentimeter große Ölgemälde Karyatide, das etwa 1911/1912 entstand. Von der Haltung her weist die Figur eine große Ähnlichkeit mit der 1914 entstandenen Skulptur auf. Der Körper ist auf eine geometrische Weise aus einzelnen Elementen zusammengesetzt worden. Der gesamte Körper ist in die Länge gestreckt und weist verlängerte, kraftvolle Arme auf. Das Bild zeigt somit keine sinnliche Darstellung einer Frau, sondern die von Kraft und Ruhe. Das Gesicht der Frau ähnelt denen altägyptischer und mykenischer Statuen, was ebenfalls eine Rezeption der von ihm studierten Werke darstellt. Die Beugung der Figur ist bildhauerisch nicht realisierbar, da die Verteilung des Gewichts an der Basis die Figur umstürzen lassen würde. So stellt das Bild für Modigliani eine Möglichkeit dar, in der Behandlung des Themas nicht an die Beschränkungen der Erschaffung einer Skulptur gebunden zu sein.

Zeichnungen

 
Bleistiftzeichnung eines Aktes, 1918. In dieser 44,1×27,9 Zentimeter großen Zeichnung studierte Modigliani eine Komposition, die er so ähnlich auch in einigen Gemälden anwandte.

Von Amedeo Modigliani sind viele Zeichnungen erhalten geblieben. Ihre hohe Zahl kann in der Studienzeit des Künstlers begründet liegen. In der Académie Colarossi lernte er im 15-Minuten-Akt das schnelle skizzenhafte Erfassen einer Figur, da das Model nach 15 Minuten jeweils eine andere Position einnahm. Auch später entstanden seine Zeichnungen in sehr kurzer Zeit und ohne viele Korrekturen. Er legte die Zeichnungen in großen Zügen an, wobei offensichtliche Ungenauigkeiten, die in einigen Ausnahmefällen existieren, einen vom Künstler gewollten Effekt darstellen. Während seiner gesamten künstlerischen Laufbahn brachte er die Zeichnungen erst auf das Papier, nachdem sie vorher in seinem Kopf bereits Gestalt angenommen hatten. Dabei gab es keine technische Entwicklung in seinem Schaffen. Er nutzte meist Blätter, die er an der Perforierung aus seinen Skizzenblöcken heraustrennte und auf denen er mit Tusche und schwarzer Ölkreide skizzierte. Seltener nutzte er Aquarell, Graphit, Rötel, Kohlestift und blaue bis violette Kreide.[24]

Die meisten Zeichnungen Modiglianis stellen Studien dar, in denen er Motive und Kompositionen testete, und aus dem Moment entstandene Wiedergaben einer Situation beziehungsweise einer Figur. Dabei ragen die Zeichnungen, die vom Theater und Zirkus inspiriert wurden und 1908 entstanden, aus dem übrigen Werk Modiglianis heraus, da sie ein komplett anderes Sujet darstellen. Sie sind nicht allein auf die Figur konzentriert, sondern stellen diese in einem weitergehenden erzählerischen Zusammenhang dar. Zwei der Skizzen zeigen einen Saal des Gaîté-Rochechouart am Montmartre, in dem Modigliani eine Aufführung gesehen hat. Die eine zeigt eine Gruppe von Schauspielern auf der Bühne, die andere eine leere Bühne. In beiden Bildern sind dieselben Zuschauer zu sehen, so dass nachgewiesen ist, dass beide Zeichnungen in derselben Vorstellung vor Ort ausgeführt wurden. Mit den Zeichnungen von Tänzerinnen, Artisten und einer Marionette machen die aus dem Theater die einzigen Werke Modiglianis aus, in denen sein Vergnügen am und seine Neigung zu Theater und Zirkus deutlich werden.

Bei der großen Anzahl von Zeichnungen in den Jahren als Bildhauer wird vermutet, dass es sich größtenteils nicht um Vorlagen für konkrete Einzelstücke handelt, sondern Modigliani Ideen für nicht realisierte Skulpturen festhielt.[25] Dabei ist keine Zeichnung die Kopie einer anderen, aber aufgrund ihrer stilistischen Ähnlichkeit weisen sie laut Claude Roy eine „wunderbare Monotonie der Besessenheit“ auf.[24] Weiterhin existieren viele Porträt- und Aktzeichnungen.

Bedeutung, Beurteilung und Erfolg

Den Großteil seines Lebens hatte Amedeo Modigliani mit seiner Kunst nur wenig Erfolg. Seine Werke waren wenig gefragt, da sie nicht den großen neuen Strömungen in der Kunst angehörten, sondern er seinen eigenen Stil entwickelte. Ab 1914, nach dem Ende der Phase als Bildhauer, entwickelte Modigliani einen neuen dekorativeren Stil, der mit seinen langen Hälsen und mandelförmigen Augen allmählich steigenden Erfolg brachte. Zu dieser Zeit kam die Bewegung der Neuen Sachlichkeit auf, in der die Darstellung eines intakten Menschenbildes gefragt war. Daneben ging Modigliani stärker Kompromisse ein infolge der Beziehung zu Jeanne Hébuterne und der Geburt seiner Tochter. So wurden seine Bilder gefälliger und damit verkaufsträchtiger.[26] Erst nach seinem Tod wurde ihm die erste Einzelausstellung gewidmet. Die Preise für seine Bilder stiegen in der Folge rasch an.

Modigliani selbst hat sich nur selten zu seiner Kunst geäußert. Laut Berichten seiner Zeitgenossen pflegte er das Bild eines jüdischen Außenseiters und Ausländers. Dabei war er nach seinem Selbstverständnis als Künstler ein „superuomo“ (deutsch: Superman) und Auserwählter der Gesellschaft. Auffällig ist die strikte Trennung des Privatlebens von der Kunst. Er malte nur ein Selbstbildnis, der Rest der Kunstwerke Modiglianis hatte keinerlei Bezug zu ihm oder seinem Leben und zeigt auch stilistisch keine Rezeption seines unsteten Lebensstils. Seine Bilder verbinden die Tradition mit der Moderne. Dabei war Modigliani kein Wegbereiter oder Vorreiter einer künstlerischen Entwicklung. Vielmehr blieb er ein stilistischer Außenseiter und Einzelgänger. Er erschuf kein neues Weltbild und versuchte mit seiner Kunst auch nicht die Welt zu verbessern. Mit dem Brückenschlag zwischen moderner Kunst und vergangenen Kunstepochen leistete Modigliani einen herausragenden individuellen Beitrag in der Kunst des 20. Jahrhunderts.[27]

In der Rezeptionsgeschichte stellen die Aktgemälde Modiglianis den am meisten besprochenen und gerühmten Teil seines Gesamtwerkes dar, obwohl sie nur etwa ein Zehntel an diesem ausmachen. Die Stellung dieser Bilder wurde durch die Zensur, die noch nach Modiglianis Tod bestehen blieb, und die Wirkung auf den Betrachter begründet. Noch nach dem Zweiten Weltkrieg lösten die Akte Diskussionen über ihren pornographischen Gehalt aus. So musste sich das Solomon R. Guggenheim Museum in New York rechtfertigen, als es Reproduktionen des in seinem Besitz befindlichen Gemäldes Akt mit Halskette drucken lassen wollte. Die Akte Modiglianis wurden mit verschiedenen, widersprüchlichen Urteilen belegt. Auf der einen Seite wurden sie positiv als „faszinierend-sinnlich“ bezeichnet, während andere Kritiker sie als „kalt-abstoßend“ empfanden.[28] Amedeo Modigliani entwickelte in den Akten einen eigenen Stil. Andere Maler dieser Zeit wie Picasso, Matisse, Tsogouharu Fujita oder Kees van Dongen stellten den nackten weiblichen Körper in einem weitergehenden Sujet dar. Modigliani konzentrierte sich allein auf die Darstellung des weiblichen Körpers, wobei die Dargestellte vollkommen in der Anonymität verbleibt.

Fälschungen und Feststellung der Echtheit

Als nach dem Tod Modiglianis dessen Kunstwerke im Preis stiegen, wurden zu Beginn authentische Bilder Modiglianis nachträglich mit dessen Signatur versehen. Damit konnten Geschäftsleute den Wert der Bilder noch erheblich steigern. Daneben wurden komplett neue Bilder produziert, die als Werke Modiglianis ausgegeben wurden und ebenfalls gute Preise erzielen konnten. Die Fälschungen wurden von der schweren Feststellbarkeit der Echtheit begünstigt. Eine Aussage über diese ließ sich oft nur über vergleichendes Sehen treffen. Dabei werden durch Studium möglichst vieler Originale die Maltechnik eines Künstlers, Signatur, Farbwahl, Komposition und weitere Merkmale analysiert, so dass andere Gemälde dahingehend verglichen werden können. Aufschluss über Malweise und verwendetes Material konnten auch Röntgenuntersuchungen geben. Auf dem Gebiet der Feststellung der Echtheit von Werken Modiglianis leistete die Pariser Retrospektive aus dem Jahr 1981 Maßgebliches. Während der Vorbereitungen wurden Kriterien zur Beurteilung der Vorgehensweise Modiglianis und der Signatur festgelegt.

Daneben wurde die Echtheit von Werken Modiglianis über die Provenienz nachgewiesen. So beispielsweise für das Porträt Bildnis Jaques Lipchitz und seine Frau. Es wurde von den privaten Sammlern Frederic Clay und Helen Birch Bartlett aus einer zuverlässigen Quelle erworben und die Entstehung von Lipchitz persönlich bestätigt. Danach wurde es direkt dem Art Institute of Chicago übergeben. Die Echtheit von Werken mit dieser Geschichte kann als sicher angenommen werden.

1984 kam es zu einigen Aufregungen, als eine Gruppe von Studenten in Livorno angab, verschollene Sandsteinskulpturen Modiglianis in einem Stadtgraben gefunden zu haben. Diese Arbeiten hätte er während seines letzten Aufenthaltes in seiner Heimatstadt in einem Wutausbruch in das Gewässer geworfen. Die Echtheit war unter Kunsthistorikern umstritten und wurde ernsthaft diskutiert. Nach einiger Zeit gaben die Studenten jedoch bekannt, dass sie selbst diese Skulpturen anlässlich des 100. Geburtstags Amedeo Modiglianis geschaffen hatten.[29]

Rezeption

Literatur

Modiglianis Leben in Armut, sein Konsum von Drogen und seine Aktgemälde waren beliebte Themen der literarischen Rezeption. Ein besonders häufig verarbeitetes Motiv stellt die Phantasie dar, Modigliani habe seine Modelle nicht nur gemalt, sondern auch sexuelle Kontakte zu ihnen unterhalten. Ein Beispiel dafür ist ein Roman André Salmons, der Amedeo Modigliani zum Thema hat. Dieses teilweise ermüdende Buch enthält einige pikante Szenen, in denen der Witz des Autors zum Ausdruck kommt. In einer Szene entkleidet sich gerade ein Model und mit jeder neuen Pose erinnert sie Modigliani an ein kunsthistorisches Vorbild. Diese Vorbilder beeindrucken ihn ebenso wie der Anblick des nackten Mädchens, so dass er nicht gleich mit dem Malen beginnt, sondern erst mit ihr Sex hat. In der Darstellung dieser Begebenheit setzt Salmon den Blick des Menschen mit dem Blick des Künstlers Modiglianis auf eine raffinierte Art gleich.[30]

Ken Folletts Roman Der Modigliani Skandal aus dem Jahr 1976 beschäftigt sich ebenfalls mit Amedeo Modigliani. Die Kunststudentin Dee Sleign lernt auf der Suche nach einem Thema für ihre Dissertation einen alten Mann kennen, der ihr den Hinweis gibt, sich mit unter Drogen gemalten Werken zu beschäftigen. Dabei verweist er sie direkt auf Modigliani, der oft im Rausch gemalt haben soll und seine Bilder wegen Erfolglosigkeit dann verbrannte, Ein Bild soll er aber einem Priester geschenkt haben. Die Studentin macht sich auf die Suche nach diesem noch unbekannten Bild Modiglianis. Da ihr Onkel, ein Galerist, dem sie von ihrer Entdeckung berichtet hat, einen Privatdetektiv ebenfalls auf dieses Bild ansetzt, kommt es zu einem Wettlauf um die Entdeckung. Im zweiten Handlungsstrang des Buches planen zwei von der Kunstwelt enttäuschte Kunststudenten die Londoner Galerien zu berauben, indem sie Bilder aus ihnen stehlen und dann vorher angefertigte Fälschungen zurückkaufen lassen. Unter den von ihnen gefälschten Bildern befindet sich auch ein Modigliani.

Film

Neben der literarischen Rezeption wurde Amedeo Modigliani auch in drei Filmen aufgegriffen. 1958 entstand unter der Regie Jacques Becker der Film Les Amants de Montparnasse. Er behandelt die letzten Lebensjahre Modiglianis, der von Gérard Philipe verkörpert wurde, im Pariser Stadtviertel Montparnasse. Dabei legt der Film einen besonderen Fokus auf dessen Armut und Drogensucht. Aus dem Jahr 1990 stammt der Film Modi, in dem Richard Berry den Künstler darstellte. Der Film behandelt das Leben Modiglianis ab seinem Umzug von Livorno nach Paris und folgt ihm weiter durch die Zeit des Ersten Weltkrieges und der Nachkriegszeit.

2004 entstand der Film Modigliani, bei dem Michael Davis Regie führte. Der Schauspieler Andy Garcia stellt Modigliani dar, dessen Beziehung zu Jeanne Hébuterne und die angebliche Rivalität zu Picasso in dem Film dargestellt werden. Diese kommt 1919 in der Konkurrenz während eines Wettbewerbes zum Ausdruck, der dem Sieger Erfolg und ein hohes Preisgeld verspricht. Modigliani möchte ein Meisterwerk abliefern, um das finanzielle Auskommen seiner jungen Familie zu sichern. Der Film wurde von in der New York Times stark kritisiert. So schrieb Stephen Holden: „The best and maybe the only use to be made of the catastrophic screen biography „Modigliani“ is to serve as a textbook outline of how not to film the life of a legendary artist.“[31] (deutsch: „Der beste und möglicherweise einzige Nutzen dieser katastrophalen Film-Biographie Modigliani dient als Lehrbeispiel, wie das Leben eines legendären Künstlers nicht verfilmt werden sollte.“).

Werksliste (Auswahl)

Diese Auswahl umfasst 25 der rund 400 Gemälde Modiglianis. Sie orientiert sich an den ganzseitigen Farbtafeln des unter Literatur aufgeführten Werkes Amedeo Modigliani von Jane Rogoyska und Frances Alexander.

Bild Titel Entstanden Größe, Material Ausstellung/Sammlung/Besitzer
  Akt (Die kleine Jeanne) etwa 1908 61 × 38 cm, Öl auf Leinwand Perls Gallery in New York
  Die Jüdin 1908 55 × 46 cm, Öl auf Leinwand Privatsammlung
  Leidender Akt - Nudo Dolente 1908 81 × 54 cm, Öl auf Leinwand Richerad Nathanson in London
  Der Cellist 1909 130 × 80 cm, Öl auf Leinwand Privatsammlung
  Karyatide 1911/1912 72,5 × 50 cm, Öl auf Leinwand Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf
  Karyatide in Rosa 1913/1914 54,6 × 43 cm, Aquarell Sammlung Evelyn Sharp
  Karyatide 1913 81 × 46 cm, Öl auf Leinwand Sammlung Samir Traboulsi
  Bildnis Diego Rivera 1914 100 x 79 cm, Öl auf Karton Meseu de Arte in São Paulo
  Porträt des Moise Kiesling 1915 37 × 29 cm, Öl auf Leinwand Pinacoteca di Brera in Mailand
  Braut und Bräutigam 1915 55,2 × 46,3 cm, Öl auf Leinwand Museum of Modern Art in New York
  Porträt der Beatrice Hastings vor einer Tür 1915 81 × 54 cm, Öl auf Leinwand Sammlung Ritter in New York
  Sitzender Akt 1916 92 × 60 cm, Öl auf Leinwand The Courtauld Institute of Art Galleries in London
  Porträt des Jacques Lipchitz mit seiner Frau 1916 81 × 54 cm, Öl auf Leinwand Art Institute of Chicago in Chicago
  Portrait des Chaim Soutine 1916 100 × 65 cm, Öl auf Leinwand Privatsammlung
  Schlafender Akt mit geöffneten Armen (Akt in Rot) etwa 1917 60 × 92 cm, Öl auf Leinwand Sammlung Gianni Mattioli
  Sitzender Akt 1917 73 × 116 cm, Öl auf Leinwand Königliches Museum der Schönen Künste in Antwerpen
  Portrait der Jeanne Hébuterne mit großem Hut 1917 55 × 38 cm, Öl auf Leinwand Privatsammlung
  Liegender Akt mit hinter dem Kopf verschränkten Armen 1917 60 × 92 cm, Öl auf Leinwand Privatsammlung
  Porträt der Jeanne Hébuterne 1918 116 × 73 cm, Öl auf Leinwand Privatsammlung
  Stehender Akt (Elvira) 1918 100 × 65 cm, Öl auf Leinwand Sammlung Walter Hadorn in Bern
  Mädchen in Blau 1918 92 × 60 cm, Öl auf Leinwand Privatsammlung
  Bildnis Jeanne Hébuterne 1919 55 × 38 cm, Öl auf Leinwand Privatsammlung
  Landschaft 1919 60 × 45 cm, Öl auf Leinwand Privatsammlung
  Baum und Häuser 1919 57 × 45 cm, Öl auf Leinwand Privatsammlung
  Selbstbildnis 1919 100 × 65 cm, Öl auf Leinwand Museu de Arte Contemporanea da Universidade de São Paulo

Einzelnachweise

  1. Innere Krisen in Italien 1870-1914
  2. Anette Kruszynski: Amedeo Modigliani - Akte und Porträts. Prestel, München 1996. Seite 14
  3. Doris Krystof: Amedeo Modigliani. Taschen, Köln 2006. Seite 8
  4. Doris Krystof: Amedeo Modigliani. Taschen, Köln 2006. Seite 10
  5. Doris Krystof: Amedeo Modigliani. Taschen, Köln 2006. Seite 94
  6. Doris Krystof: Amedeo Modigliani. Taschen, Köln 2006. Seite 16
  7. Doris Krystof: Amedeo Modigliani. Taschen, Köln 2006. Seite 25
  8. Doris Krystof: Amedeo Modigliani. Taschen, Köln 2006. Seite 37
  9. Anette Kruszynski: Amedeo Modigliani - Akte und Porträts. Prestel, München 1996. Seite 22
  10. Doris Krystof: Amedeo Modigliani. Taschen, Köln 2006. Seite 52
  11. Doris Krystof: Amedeo Modigliani. Taschen, Köln 2006. Seite 47
  12. Doris Krystof: Amedeo Modigliani. Taschen, Köln 2006. Seite 85
  13. Doris Krystof: Amedeo Modigliani. Taschen, Köln 2006. Seite 82
  14. Angela Scheider, Anke Daemgen, Gary Tinterow (Hrsg.): Die schönsten Franzosen kommen aus New York. Nicolaische Verlagsbuchhandlung GmbH, Berlin 2007. Seite 260
  15. Anette Kruszynski: Amedeo Modigliani - Akte und Porträts. Prestel, München 1996. Seite 20
  16. Anette Kruszynski: Amedeo Modigliani - Akte und Porträts. Prestel, München 1996. Seite 8
  17. Doris Krystof: Amedeo Modigliani. Taschen, Köln 2006. Seite 19
  18. Bild: Madonna von Edvard Munch
  19. Angela Scheider, Anke Daemgen, Gary Tinterow (Hrsg.): Die schönsten Franzosen kommen aus New York. Nicolaische Verlagsbuchhandlung GmbH, Berlin 2007. Seite 258
  20. Jane Rogoyska, Frances Alexander: Amedeo Modigliani. Sirocco, London 2005. Seite 140
  21. Doris Krystof: Amedeo Modigliani. Taschen, Köln 2006. Seite 28
  22. Skulptur: Kopf einer Frau, um 1912, Philadephia Museum of Art
  23. Skulptur: Karyatide, um 1914, Moma
  24. a b Noël Alexandre: Der unbekannte Modigliani - Zeichnungen aus der Sammlung Paul Alexandre. Mercatorfonds, Antwerpen 1993. Seite 115
  25. Jane Rogoyska, Frances Alexander: Amedeo Modigliani. Sirocco, London 2005. Seite 66
  26. Anette Kruszynski: Amedeo Modigliani - Akte und Porträts. Prestel, München 1996. Seite 75
  27. Anette Kruszynski: Amedeo Modigliani - Akte und Porträts. Prestel, München 1996. Seite 111
  28. Anette Kruszynski: Amedeo Modigliani - Akte und Porträts. Prestel, München 1996. Seite 83
  29. Anette Kruszynski: Amedeo Modigliani - Akte und Porträts. Prestel, München 1996. Seite 109 und 110
  30. Doris Krystof: Amedeo Modigliani. Taschen, Köln 2006. Seite 60 und 61
  31. Kritik in der New York Times

Literatur

  • Noël Alexandre: Der unbekannte Modigliani – Zeichnungen aus der Sammlung Paul Alexandre. Mercatorfonds, Antwerpen 1993, ISBN 3-927789-56-9
  • Anette Kruszynski: Amedeo Modigliani – Akte und Porträts. Prestel, München 1996, ISBN 3-7913-2893-X
  • Doris Krystof: Amedeo Modigliani. Taschen, Köln 2006, ISBN 3-8228-0926-8
  • Jacques Lassaigne: Amedeo Modigliani – Werkverzeichnis. Ullstein, Frankfurt am Main 1981, ISBN 3-548-36042-4
  • Jane Rogoyska, Frances Alexander: Amedeo Modigliani. Sirocco, London 2005, ISBN 1-84484-342-4
  • June Rose: Amedeo Modigliani: sein Leben, sein Werk, seine Zeit. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 1994, ISBN 3-596-11780-1
  • Werner Schmalenbach: Amedeo Modigliani, Malerei – Skulpturen – Zeichnungen. Prestel, München 1990, ISBN 3-7913-1077-1
  • Alfred Werner: Amedeo Modigliani. DuMont, Köln 1991, ISBN 3-7701-2702-1