Ein soziales Dilemma beschreibt einen Konflikt zwischen individuellen und kollektiven Interessen. Viele gesellschaftliche Konflikte lassen sich als ein Aufteilungsproblem von individuellen und sozialen Kosten und Nutzen konzeptualisieren, die ein soziales Dilemma darstellen. So besteht ein Konflikt zwischen den (kurzfristigen) Interessen des Individuums und den (langfristigen) Interessen der Gesellschaft. Soziale Dilemmata können durch zwei Charakteristika beschrieben werden
- jeder Beteiligte erhält durch eine nicht-kooperative Handlung einen höheren Gewinn als durch eine kooperative Handlung, und
- alle Beteiligten sind insgesamt besser gestellt, wenn sie kooperieren, als wenn jeder die egoistische Wahl trifft.
Als weiterer wichtiger Aspekt läßt sich differenzieren, ob sich das Dilemma auf die Nutzung einer gemeinsamen Ressource bezieht (Nutzungsdilemma) oder auf den Beitrag zur Schaffung oder Erhaltung eines Guts (Beitragsdilemma / Public goods dilemma). Diese unterscheiden sich v.a. in der gegensätzlichen Verteilung der positiven und negativen Konsequenzen aus bestimmten Verhaltensweisen auf den Einzelnen und die Gesellschaft. Während bei einem Nutzungsdilemma der Gewinn individualisiert ist, ist ein etwaiger Schaden am Gut sozialisiert. Zum Beispiel kommt die Nutzung einer Straße einem Autofahrer individuell zugute. Fährt aber im Verhältnis zur Kapazität der Straße eine zu große Anzahl Fahrzeuge, so stehen alle im Stau. Im Beitragsdilemma verhält es sich genau anders herum. In dieser Situation muß zu einem Gut beitragen werden (z.B. etwas leisten, Geld geben), damit es geschaffen wird oder existieren kann. D.h. in diesem Falle führt eine kleine negative individuelle Konsequenz (z.B. Steuerbeitrag) zu einer langfristigen positiven Konsequenz für die Gruppe (Bereitstellung des öffentlichen Gutes z.B. einer Straße).
Ein Beispiel für ein soziales Dilemma ist das Gefangenendilemma. Häufig fällt dem Staat die Aufgabe zu, die Auswirkungen sozialer Dilemmata sozialpolitisch zu mildern.
Klassische Arbeiten
- Hardin, G. (1968). The tragedy of the commons. Science, 162, 1243-1248.
- Platt, J. (1973). Social traps. American Psychologist, 28, 641-651.
- Dawes, R. M. (1980). Social dilemmas. Annual Review of Psychology, 31, 169-193