Nibelungensage

deutsch-skandinavische Heldengeschichte
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 22. September 2007 um 18:40 Uhr durch Hermann Reichert (Diskussion | Beiträge). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Die Nibelungensage ist ein im deutschen und skandinavischen Mittelalter weitverbreiteter heldenepischer Stoff, der über Jahrhunderte in zahlreichen voneinander abweichenden Fassungen überliefert ist. Seine bekannteste schriftliche Fixierung ist das mittelhochdeutsche Nibelungenlied (um 1200, wahrscheinlich aus dem Raum Passau).

Die Ursprünge der Sage reichen bis in das heroische Zeitalter der germanischen Völkerwanderung zurück. Ein historischer Kern der Sage ist die Zerschlagung des Burgundenreiches im Raum von Worms in der Spätantike (um 436) durch den römischen Magister militum Aetius mit Hilfe hunnischer Hilfstruppen.

Die Sage schlägt sich außer dem Nibelungenlied in den folgenden Dichtungen in und außerhalb des deutschen Sprachraums nieder: Zahlreiche Lieder der Liederedda, darunter mehrere Sigurdlieder und das Ältere Atlilied (altnordisch, aufgezeichnet im 13. Jahrhundert nach teilweise viel älteren Quellen oder Vorstufen); eine Prosa-Nacherzählung der Eddalieder in der Edda des Snorri Sturluson (altnordisch, ca. 1220), Völsunga-Saga, (altnordisch, ca. 1250); Saga von Dietrich von Bern (Thidrekssaga, altnordisch mit niederdeutschen Quellen, ca. 1250), Lied vom Hürnen Seyfried (frühneuhochdeutsch).

Unter den meisten Fachgermanisten wird die These des Privatgelehrten Heinz Ritter-Schaumburg abgelehnt, das Nibelungenlied beruhe auf einer Frühform der Thidrekssaga, die als Vorlage gedient habe. Vielmehr sind sowohl das Nibelungenlied wie die Thidrekssaga schriftepische Bearbeitungen von schriftlichen und mündlichen Sagenfassungen, die im 12. Jahrhundert im ober- und niederdeutschen Sprachraum kursierten. Inhalt, poetische Form und Verwandtschaft dieser Fassungen werden sich nie genau bestimmen lassen. Jedoch ist eindeutig, dass die Thidreks saga niederdeutsche, großteils schriftliche Quellen benutzt, die ihrerseits zu einem guten Teil Bearbeitungen schriftlicher oberdeutscher (bairischer) Vorlagen sind. Vor allem die Verlegung des Unterganges der Nibelungen nach Westfalen ist sekundär.

Einige Hinweise zur Rezeptionsgeschichte in der Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts finden sich im Artikel Nibelungenlied.

Inhalt des Nibelungenliedes

Den Inhalt des Nibelungenliedes als Ganzes siehe Nibelungenlied. In diesem ist die Hauptfigur Kriemhild und die Hauptproblematik die der höfischen Kultur; es macht aus dem alten Sagenstoff beinahe einen Roman, der im Kleid einer Sage Probleme der Gegenwart von Autor und Publikum behandelt. Hier werden nur die Elemente herausgegriffen, die für die Sagengeschichte relevant sind.

Siegfried ist Sohn des Königs Siegmund von Niederland (Hauptstadt: Xanten am Niederrhein), der stärkste aller Helden, hat außerdem einen märchenhaften Schatz, den Hort des verstorbenen Königs Nibelung von Nibelungenland (das in Norwegen gedacht wird), erworben und ist unverwundbar, weil er im Blut eines Drachen badete, den er erschlug, und dadurch eine Hornhaut bekam. Zugleich mit dem Hort erwarb er die Tarnkappe, einen unsichtbar machenden Tarnmantel ('kappe' heißt hier 'Mantel'), die er dem Zwergen Alberich abnahm, der den Hort bewachte. Siegfried zieht nach Worms, um um die schöne Kriemhild zu werben. Dort bringt er nicht gleich seine Werbung vor, sondern bleibt zunächst ein Jahr an ihrem Hof, um sich ihren Brüdern unentbehrlich zu machen. Das gelingt ihm auch. Gunther, der älteste Bruder Kriemhilds, verspricht, der Heirat zwischen seiner Schwester und Siegfried zuzustimmen, wenn Siegfried ihn nach Isenstein (auf Island) begleitet, denn Gunther möchte die dortige Königin Brunhild zur Frau nehmen. Brunhild besitzt, so lange sie Jungfrau bleibt, übernatürliche, magische Kräfte und ist nicht bereit, sich einem Mann hinzugeben, der sie nicht in drei Kampfspielen besiegen kann: Steinwurf, Weitsprung und Speerwurf. Misslingt es ihm, ist sein Leben verwirkt. Gunther könnte das nie leisten. Siegfried ist sowohl ortskundig, denn er war schon an Brunhilds Hof und kennt sie persönlich, als auch kräftig genug, die Spiele zu bestehen, hat allerdings trotzdem nicht um sie geworben. Siegfried ist bereit, durch die Tarnkappe unsichtbar, Gunther zu helfen. Brunhild nimmt zunächst an, Siegfried wolle um sie werben. Siegfried muss eine Lüge erdenken, damit Brunhild nicht Verdacht schöpft, wieso er, ein selbständiger König, zusammen mit Gunther nach Island kommt, wenn er bei der Werbung keine Funktion hat. Siegfried erklärt ihr daher, er sei Gefolgsmann Gunthers und komme nicht freiwillig mit. Daraufhin akzeptiert Brunhild, dass Gunther werben will, und wird zu ihrer Überraschung von ihm, den sie für schwach einschätzte, besiegt (dass Gunther nur die Gebärden macht und Siegfried, unsichtbar, schießt und Gunther im Sprunge trägt, merkt sie nicht). In Worms angelangt, ist alles plötzlich anders: Siegfried leistet keine Dienste, sondern wird als mit Gunther gleichrangig behandelt; außerdem findet gleichzeitig mit der Heirat Gunthers und Brunhilds die Heirat Siegfrieds mit Kriemhild statt, als Doppelhochzeit, ohne Rangunterschiede. Kriemhild ist offensichtlich glücklich, obwohl doch eine Heirat mit einem Gefolgsmann des Bruders eine Mesalliance wäre. Brunhild weint an der Hochzeitstafel. Gunther ist aber nicht bereit, ihre Fragen zu beantworten. Da beschließt sie, den Vollzug der Ehe zu verweigern, bis er ihr die Wahrheit gesteht. Da Gunther das nicht tun kann, fesselt ihn Brunhild in der Hochzeitsnacht mit ihrem Gürtel und hängt ihn an einen Nagel an der Wand. Erst am Morgen nimmt sie ihn ab. Wieder muss Siegfried helfen: In der nächsten Nacht schleicht er, durch die Tarnkappe unsichtbar, in Gunthers Schlafzimmer und ringt Brunhild im Ehebett nieder, bis Brunhild sich freiwillig ergibt. Nun kann Gunther sie entjungfern. Erst daraufhin verliert sie ihre magischen Kräfte und ist so schwach wie eine normale Frau. Während des Kampfes nimmt Siegfried heimlich ihren Ring und ihren Gürtel mit und schenkt sie später seiner Frau Kriemhild als Beweisstücke, weil sie wissen will, wo er in der Nacht nach der Hochzeitsnacht war.

Brunhild erhält weiterhin keine Antwort, und kann sich auch nicht mehr wehren. Die Zeit lindert das nicht, und wenn sie hört, dass Kriemhild mit Siegfried in dessen Land glücklich ist, kann sie es sich nicht erklären. Auch verlangt Gunther nie von irgendjemandem aus Siegfrieds Land irgendwelche Dienste oder Zinszahlungen. Noch nach über neun Jahren bohren die Fragen in ihr. Falls Siegfried wirklich je Gunther untertan gewesen wäre, wäre das durch eine so lange Zeit der Nichtleistung von Diensten längst verjährt. Trotzdem verlangt Brunhild nun von Gunther, er solle Siegfried zum Hofdienst befehlen. Das kann Gunther natürlich nicht tun. Als Kompromiss lädt er Siegfried und dessen Frau Kriemhild zu einem Fest nach Worms ein. Auf diesem Fest geraten die beiden Königinnen in Streit: die Damen sehen bei einem Turnier zu, auf dem Siegfried sich so hervortut, dass Kriemhild schwärmt, er sei würdig, auch in Worms zu herrschen. Das ist Brunhild zu viel. Sie besteht darauf, dass Kriemhild ihr untergeordnet ist, weil Siegfried nur Gunthers Gefolgsmann ist. Der Streit wird öffentlich, als die beiden zanken, wer beim Kirchgang als erste das Münster betreten darf. Brunhild beschimpft Kriemhild, sie sei eine unfreie Dienstmagd und Frau eines Leibeigenen; Kriemhild kontert, ihr Mann Siegfried habe als erster mit Brunhild geschlafen. Als Beweis dafür präsentiert sie Ring und Gürtel. Hagen von Tronje, Gunthers Verwandter und wichtigster Ratgeber, will seine gedemütigte Herrin rächen, beziehungsweise nimmt das zum Vorwand; sein Interesse gilt nur dem Nibelungenhort, den er nur in seine Gewalt bekommen kann, wenn Siegfried tot ist. Er entlockt Kriemhild hinterlistig das Geheimnis der verwundbaren Stelle Siegfrieds, die beim Bad im Blut des erschlagenen Drachen durch ein Lindenblatt frei geblieben war. Auf einem Jagdausflug in die Vogesen ermordet Hagen mit Gunthers Zustimmung Siegfried, indem er ihm dessen Speer zwischen die Schulterblätter stößt, als er aus einer Quelle trinkt. Kriemhild ahnt, wer ihren Mann getötet hat, und bleibt als trauernde Witwe in Worms.

Mit Hilfe des Nibelungenschatzes, den Siegfried ihr geschenkt hatte, lockt Kriemhild fremde Helden nach Worms, um ihre Position am Hofe zu stärken – eine Gefahr, die Hagen erkennt: Er entwendet Kriemhild den Schatz und versenkt ihn im Rhein. Die Gelegenheit zur Rache für Kriemhild bietet sich erst dreizehn Jahre später. Sie heiratet den mächtigen Hunnenkönig Etzel, der in Ungarn residiert, und bringt ihn dazu, ihre Brüder Gunther, Gernot und Giselher nach Ungarn einzuladen. Hagen und andere warnen vor der Rachsucht Kriemhilds – aber die Brüder nehmen an und ziehen mit großem Gefolge ins Hunnenland. Es gelingt Kriemhild, einen Kampf zwischen Nibelungen und Hunnen zu entfesseln. Einer nach dem anderen fällt – zuletzt sind nur noch Gunther und Hagen am Leben. Kriemhild verlangt von Hagen den Schatz. Er erklärt ihr, das Versteck nicht preiszugeben, solange einer seiner Herren noch lebt. Darauf lässt Kriemhild Gunther den Kopf abschlagen. Aber Hagen triumphiert: Jetzt kennt nur noch er das Versteck, das er niemals verraten würde. Kriemhild enthauptet den Gefesselten mit Siegfrieds Schwert. Dieses hatte Hagen durch Leichenraub an sich genommen und, um Kriemhild zu reizen, gleich nach der Ankunft in Ungarn ihr unter die Augen gehalten. Kriemhild wird daraufhin vom alten Waffenmeister Hildebrand erschlagen, weil sie als Frau wagte, einen Helden zu töten. Am Ende der Sage bleiben in Trauer König Etzel, Dietrich von Bern Hildebrand und namenlose Umstehende übrig, die den Tod ihrer Angehörigen beweinen.

Wichtige Personen im Nibelungenlied und anderen Werken der Nibelungensage

Die folgenden Personen finden sich zum Teil auch in anderen Werken wie der Edda und Richard Wagners Opernzyklus Der Ring des Nibelungen (in alphabetischer Ordnung).

  • Alberich, Zwerg, im Nibelungenlied: von den ursprünglichen Besitzern, den Nibelungen, und dann auch vom nächsten Besitzer, Siegfried, zum Hüter des Nibelungenhortes eingesetzt. Bei Richard Wagner: Alberich ist einer der Nibelungen und der ursprüngliche Besitzer des Hortes.
  • Brunhild, Gattin Gunthers. Im Nibelungenlied ist Brunhild Königin von Island und wird unter dem Schutz der Tarnkappe von Siegfried für Gunther geworben. Dabei braucht es einen zweifachen Betrug: Brunhild muss von Siegfried überwunden werden; zuerst bei den Kampfspielen, dann im Ehebett. Der Streit zwischen ihr und Kriemhild bricht beim Zusehen bei einem Turnier aus und erreicht beim darauf folgenden Kirchgang vor der Türe des Münsters seinen Höhepunkt. Brunhild erfährt viel Leid, überlebt aber alle Katastrophen. In der Liederedda ist Brynhild eine verzauberte Walküre, die von Sigurd erweckt wird; Sigurd und Brynhild verloben sich (Zusatz in der Edda von Snorri Sturluson: und zeugen eine Tochter, Aslaug). Sigurd heiratet aber Gudrun, die Schwester Gunnars. Daraus entstehen Verwicklungen, die zur Ermordung Sigurds und zum Selbstmord Brynhilds führen. Die Volsunga saga erzählt ähnlich wie die Snorra Edda, doch ist in ihr Brynhild Schwester Atlis, die übernatürliche Fähigkeiten besitzt und sich in eine Walküre verwandeln kann. Später wirbt Sigurd die verlassene Braut für seinen Schwager Gunnar. Der Werbungstrug erfolgt durch Gestaltentausch, nicht durch Unsichtbarmachen. Das Hindernis sind nicht Kampfspiele, sondern ein Flammenwall, vafrlogi (Richard Wagner: 'Waberlohe'). Auch die 'Bettszene' ist anders: Sigurd muss noch unter Gunnars Gestalt das Beilager mit Brynhild halten, aber, um dem Freund die Treue zu wahren, legt er sein Schwert zwischen sich und Brynhild. Dadurch hat Sigurd keine Eide gegenüber Gunnar gebrochen, wohl aber gegen Brynhild, mit der er ja schon eine Tochter, Aslaug, hat. Der Streit zwischen Brynhild und Gudrun bricht im Bad aus, welche der beiden im Fluss weiter in das sauberere Wasser hinauswaten darf. Auch hier begeht Brynhild nach Sigurds Tod Selbstmord. In der Thidreks saga ist Brynhild Herrin einer Burg in Schwaben; sie besitzt übernatürliches Wissen über Siegfried/Sigurd; er erhält von ihr einen besonderen Hengst. Bei diesem Anlass, berichtet die Saga später, verlobten sich die beiden. Doch bricht er die Verlobung und heiratet Grimhild, die Schwester Gunnars. Dafür vermittelt er die Ehe zwischen Gunnar und Brynhild, aber ohne Betrug: Brynhild ist Siegfried/Sigurd wegen des Bruches der Verlobung böse, doch ein Betrug ist erst nötig, als sie Gunnar in der Hochzeitsnacht an einen Nagel an der Wand hängt. Siegfried/Sigurd muss sie für Gunnar deflorieren - ohne magische Mittel; die Finsternis im Schlafraum genügt für den Betrug. Daraus resultieren die Verwicklungen, die zu Siegfried/Sigurds Tod und zu Grimhilds Rache führen; Brynhild überlebt den Untergang, wie im Nibelungenlied. Richard Wagner nennt sie Brünnhilde und folgt teils der Liederedda, teils der Völsunga saga; dem Nibelungenlied entnimmt er fast nichts. Es wurde manchmal vermutet, die Sagenfigur Brunhild könne einen historischen Kern haben, und zwar die westgotische Königstochter Brunichild, die u. a. in den zehn Büchern fränkischer Geschichte des Gregor von Tours erwähnt wird.
  • Dankwart ist im Nibelungenlied der Bruder Hagens und Gunters Marschall. In anderen mittelalterlichen Nibelungendichtungen kommt er nicht vor.
  • Dietrich von Bern ist der deutsche Name für den Ostgotenkönig Theoderich der Große; altnordisch: Thidrek. Lautlich entspricht deutsch 'Dietrich' gotischem 'Thiudariks', und deutsch 'Bern' ist der alte Name der italienischen Stadt Verona, die zum Herrschaftsbereich Theoderichs gehörte. Die Sage hält sich jedoch nicht an historische Fakten. Insbesondere wurde Theoderich erst geboren, als Attila starb, während er in der Sage an Attilas Hof im Exil weilt. In der Thidreks saga ist er es, der Grimhild erschlägt, nicht Hildebrand. Das ist sicher die ältere Version, die vom Nibelungenlied abgeändert wird. Im Nibelungenlied versucht er, Blutvergießen zu vermeiden, und betrauert den Tod seiner Gefolgsleute, die (vor allem Wolfhart) sich um der Ehre willen in den tödlichen Kampf stürzten.
  • Etzel ist der deutsche Name für Attila, den Hunnenkönig. Wenn man die lautliche Entwicklung des Deutschen berücksichtigt, entsprechen 'Attila' und 'Etzel' einander genau ('i-Umlaut' von a zu e und 'Zweite Lautverschiebung' von tt zu tz). Attilas Hauptstadt war aber weder dort, wo das Nibelungenlied sie lokalisiert, noch wirkte er an der Zerstörung des Burgunderreiches mit. Im Nibelungenlied ist er ein toleranter Heide, der auch Christen an seinem Hof duldet, und respektiert die Gastfreundschaft. In mehreren Eddaliedern ist er goldgierig und lädt die Brüder seiner Frau ein, um sie zu ermorden und ihren Schatz an sich zu reißen; er wird von seiner eigenen Frau zur Rache für den Tod ihrer Brüder ermordet. Die Thidrekssaga mischt deutsche Berichte, in denen Attila gut, sogar vorbildlich handelt, und solche, in denen er schatzgierig ist und schließlich von einem Sohn Hagens zur Rache in Siegfrieds Schatzkeller eigesperrt wird, wo er bei den Schätzen verhungern muss.
  • Fafnir ist in den Edden und in der Volsunga saga der Name des von Sigurd getöteten Drachen. Die Hypothese, dass die Tötung des Drachen eine Metapher für die Vernichtung eines römischen Heeres in der Varusschlacht durch den Cherusker Arminius sei, kann nicht aufrecht erhalten werden.
  • Gernot ist im Nibelungenlied einer der Brüder (mit Gunther und Giselher), die gemeinsam über das Burgundenreich herrschen. Auch in der Thidreks saga erscheint er (dort: Gernoz). In den anderen nordischen Versionen der Nibelungensage heißen die Brüder anders; dort ist Högni (Hagen) meist Bruder Gunnars, oder zumindest Halbbruder, und als weiterer Bruder bzw. Halbbruder tritt dort Gottorm auf (der Name ist dem burgundischen Godomarus nachgebildet), der in einer Version der Eddalieder der Mörder Sigurds ist. König Gundobad († 516) ließ die Gesetze der Burgunder aufzeichnen und nennt sich im Prolog als Nachkommen der Burgunderkönige Gibica, Godomar (einige Handschriften bieten statt dessen Gundomar), Gislaharius und Gundaharius.
  • Giselher trägt den Namen eines der oben genannten Burgunderkönige. Er kommt in mittelalterlichen Nibelungendichtungen nur im Nibelungenlied und in der Thidreks saga (dort: Gilser) vor.
  • Gunther trägt ebenfalls den Namen eines Burgunderkönigs (König Gundahar). Im Altnordischen lautet der Name Gunnar. Im Nibelungenlied stützt er sich meist auf die Ratschläge Hagens und zeigt erst im Endkampf seine Tapferkeit; Gunther wird nur durch Dietrich von Bern überwunden. In den meisten nordischen Quellen sind die Erzählungen von seinem Tod nur lose mit dem ersten Teil, in dem er Schwager Sigurds ist, verbunden: Der Hunnenkönig Atli (entspricht: Attila) ist gierig nach den Schätzen seines Schwagers Gunnar und lädt ihn und seinen Bruder Hogni ins Hunnenland ein. Trotz heldenhafter Gegenwehr werden die beiden von einer Übermacht überwunden; Atli lässt Gunnar in eine Schlangengrube werfen. Atlis Gattin Gudrun, Gunnars und Hognis Schwester, hilft zu den Brüdern und tötet Atli zur Rache für deren Ermordung. Dass diese Gudrun die Witwe Sigurds und erst in zweiter Ehe mit Atli verheiratet ist, wird nicht erwähnt oder spielt keine wesentliche Rolle: Da sie nicht gegen, sondern mit ihren Brüdern kämpft, braucht es nicht die Motivierung durch Sigurds Tod.
  • Hagen von Tronje (altnordisch: Hogni) ist im Nibelungenlied entfernter Verwandter und treuer Gefolgsmann und wichtigster Ratgeber Gunthers. In den nordischen Versionen der Nibelungensage ist er Bruder oder Halbbruder Gunnars. Im Nibelungenlied und in der Thidreks saga ist er der Mörder Siegfrieds.
  • Hildebrand ist Waffenmeister Dietrichs von Bern. In der Nibelungensage tritt er nur im Nibelungenlied und in der Thidreks saga auf.
  • Kriemhild basiert wohl auf Ildikó (= Hildchen), der letzten Nebenfrau Attilas. So heißt sie im Nibelungenlied und in der Thidreks saga (dort: Grimilda). In den anderen nordischen Quellen heißt die Schwester Gunnars und Hognis Gudrun. Richard Wagner nennt sie Gutrune.
  • Nibelunge heißen im Nibelungenlied die Söhne des verstorbenen Königs Nibelung, dessen Schatz erst Siegfried gewinnt, nach dessen Tod Kriemhild, der er von Hagen mit Zustimmung Gunthers geraubt wird; von da an bezeichnen sich die Burgunden auch als Nibelunge. In allen anderen Dichtungen ist Nibelunge (altnordisch: Niflunge) der Name der Familie Gunnars und Hognis von Anfang an uns hat mit Sigfried/Sigurds Schatz nichts zu tun. Sie heißen schon Niflunge, bevor sie Sigurds Schatz an sich nehmen; in einem Eddalied bekommen sie Sigurds Schatz schon anlässlich der Brautwerbung Sigurds um Gudrun (Sigurd 'kauft' seine Braut mit dem Schatz).
  • Ortwin von Metz, Truchsess Gunthers im Nibelungenlied, Verwandter Hagens von Tronje. In anderen mittelalterlichen Nibelungendichtungen kommt er nicht vor.
  • Rüdiger (auch Rüdeger) von 'Bechelaren, wirbt 13 Jahre nach Siegfrieds Tod bei Gunther um die Hand Kriemhilds für Attila, den Hunnenkönig. Leistet Kriemhild einen Treueeid, der ihn später dazu zwingt, gegen die Burgunder (u.a. den mit seiner Tochter verlobten Giselher) zu kämpfen. Rüdiger und Gernot töten in diesem Kampf einander. Bechelaren ist Pöchlarn in Niederösterreich, an der Mündung der Erlauf in die Donau.
  • Rumold ist im Nibelungenlied Küchenmeister Gunthers. Scherzhaft wird er einerseits als Koch, anderseits als hoher Träger eines Ehrenamtes, der den König in dessen Abwesenheit vertritt, gezeichnet. In anderen Nibelungendichtungen tritt kein Koch auf.
  • Siegfried der Drachentöter bzw. Siegfried von Xanten; im Nibelungenlied; Sigurd in den nordischen Texten, außer in der Thidreks saga, in der er manchmal Siegfried, manchmal Sigurd heißt. Eine historische Person, deren Taten Ausgangspunkt oder Kristallisationskern für die Sagenfigur 'Siegfried' abgegeben hätten, konnte nicht nachgewiesen werden. Die seit 1830 immer wieder behauptete Identität von Siegfried und Arminius lässt sich nicht aufrecht erhalten; siehe Varusschlacht. Auch eine entfernte Ähnlichkeit mit der historischen Person des Frankenkönigs Sigibert I. (u.a. über Austrasien, zuerst ansässig in Reims später in Metz) ist nicht so groß, dass es wahrscheinlich wäre, dass Siegfried auf ihn zurückgeht.
  • Ute heißt die Mutter Kriemhilds im Nibelungenlied, auch in der Thidreks saga (dort: Oda). In der Volsunga saga heißt sie dagegen Grimhild (weil man diesen Namen der deutschen Sage irgendwie unterbringen wollte, aber der Name von Gunnars Schwester im Norden fest mit Gudrun besetzt war).
  • Volker von Alzey ist im Nibelungenlied ein Spielmann und Ritter König Gunthers. Im ersten Teil wird er von Siegfried im Krieg gegen die Sachsen zum Fahnenträger gewählt; im zweiten Teil sticht er hervor, sowohl durch seine große musikalisch-künstlerische Begabung (Fiedelspiel: die Fiedel ist ein Saiteninstrument unterschiedlicher Größe, meist etwa wie eine Bratsche) als auch durch seine Tapferkeit und unbedingte Kriegerfreundschaft mit Hagen und die ironisch-bissigen Sprüche gegen die Feinde, in denen sich die beiden überbieten. In der Thidreks saga (dort: Folker) ist er ein tapferer adliger Kämpfer, ohne Verbindung zur Kunst oder zu Spielmännischem.
  • Wolfhart ist Neffe Hildebrands und einer der jungen Heißsporne in Dietrichs Gefolgschaft. Durch seinen übersteigerten Ehrbegriff, der es ihm nicht erlaubt, die Schmähungen Volkers ungerächt zu lassen, werden Dietrichs Versuche, wenigstens die letzten Überlebenden zu retten, vereitelt. Wolfhart fällt im Zweikampf gegen Giselher, stolz, durch einen König den Tod zu finden und sich noch dafür rächen zu können, indem er sterbend Giselher erschlägt.

Literatur

  • Hermann Reichert: Die Nibelungensage im mittelalterlichen Skandinavien. In: Joachim Heinzle, Klaus Klein, Ute Obhof (Hrsg.): Die Nibelungen. Sage - Epos - Mythos. Wiesbaden 2003. ISBN 3-89500-347-6.

Siehe auch