Georg Elser

deutscher Widerstandskämpfer und Hitler-Attentäter (1903-1945)
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Johann Georg Elser (* 4. Januar 1903 in Hermaringen, Württemberg; † 9. April 1945 im KZ Dachau) war ein deutscher Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus. Er verübte am 8. November 1939 im Münchener Bürgerbräukeller ein Bombenattentat auf die NS-Führung. Adolf Hitler, Joseph Goebbels, Hans Frank, Joachim von Ribbentrop, Philipp Bouhler und Andere, die er bei der jährlichen zentralen Feier, anlässlich des gescheiterten Hitler-Putsches (1923) töten wollte, hatten nur 13 Minuten vorher den Bürgerbräukeller verlassen.

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Sondermarke zum 100. Geburtstag von Georg Elser (2003)

Hitler wollte an diesem Abend wegen weiterer Kriegsplanungen so schnell wie möglich von München nach Berlin zurückkehren. Er hatte im Vorfeld sogar erwogen, den jährlichen Münchener Feierlichkeiten ganz fern zu bleiben. Sein Pilot weigerte sich aufgrund der Wetterverhältnisse, die Verantwortung für einen Rückflug nach Berlin zu übernehmen. Deshalb wurden einem Eisenbahnzug, dessen Fahrtroute den ganzen Tag über akribisch gesichert worden war, Waggons für Hitler und seinen Stab angehängt. Aufgrund der Abfahrtzeit des Zuges verkürzte Hitler seine Rede auf etwa die Hälfte der geplanten Dauer, was Georg Elsers sorgfältige Planung für sein Attentat zunichte machte.


Leben

Georg Elser wurde als Sohn eines Holzhändlers und Landwirts am 4. Januar 1903 in Hermaringen/Württemberg geboren. Nach dem Besuch der Volksschule in Königsbronn 1910 bis 1917 begann er eine Lehre als Dreher in einem Hüttenwerk, die er jedoch zwei Jahre später aus gesundheitlichen Gründen abbrechen musste. So begann er 1919 eine Lehre als Schreiner. Nach Bestehen der Gesellenprüfung als Jahrgangsbester 1922 arbeitete er bis 1925 in verschiedenen Schreinereien in Königsbronn, Aalen und Heidenheim als Bau- und Möbeltischler. Von 1925 bis 1929 war er in einer Konstanzer Uhrenfabrik angestellt, wo er auch Kenntnisse erwarb, die es ihm später möglich machten, den ausgeklügelten Zeitzünder für seine Bombe zu konstruieren. 1926 trat Georg Elser in den Trachtenverein „Oberrheintaler“ in Konstanz ein und kaufte sich eine Zither; er wurde Mitglied im Zitherclub Konstanz. Zudem war er Mitglied der Konstanzer Naturfreunde, an deren Veranstaltungen er häufig teilnahm. Obwohl eher ein Einzelgänger, war er doch wegen seiner überaus freundlichen Art sehr geschätzt und gern gesehen. In den Jahren 1928 und 1929 war er Mitglied im Roten Frontkämpferbund, der Kampforganisation der KPD, war politisch aber nicht engagiert. Von 1929 bis 1932 arbeitete er in der Schweiz als Schreiner. Nach seiner Rückkehr nach Konstanz war er im elterlichen Betrieb beschäftigt. Ab 1936 war er Hilfsarbeiter in einer Heidenheimer Armaturenfabrik. Durch seinen Arbeitsplatz erlangte er Kenntnis von den massiven Aufrüstungsanstrengungen der Nazis.

Anschlag

Seit jeher war Elser antinazistisch eingestellt. Dies äußerte sich in der Verweigerung des Hitlergrußes und der Nichtachtung von Hitlers Reden. Bereits ein Jahr vor Kriegsausbruch kam Johann Georg Elser zu der Erkenntnis, dass nur noch der Tod Hitlers größeres Unheil verhindern könne. Da bekannt war, dass Hitler am Vorabend jedes Jahrestags seines gescheiterten Putschversuchs vom 9. November 1923 im Münchner Bürgerbräukeller eine Rede zu halten pflegte, beschloss Elser, in die Säule hinter dem Rednerpult eine Zeitbombe einzubauen. Diesen Plan entwickelte er bereits über ein Jahr vor der Tat. Er heuerte zunächst als Arbeiter in einem Steinbruch an, um sich auf diese Weise Sprengstoff zu besorgen. Im Sommer 1939 zog er nach München und mietete sich dort eine kleine Werkstatt an. Den Nachbarn gegenüber gab er sich als Erfinder aus, so konnte er unauffällig einen raffinierten Zeitzünder konstruieren. In den Wochen vor dem Anschlag suchte er den Bürgerbräukeller jeden Abend auf, nahm dort zunächst eine einfache Arbeitermahlzeit für 60 Pfennig zu sich und wartete eine günstige Gelegenheit ab, um sich unbemerkt in der Besenkammer zu verstecken. Dort verharrte Elser noch mehrere Stunden, bis das Gasthaus abgeschlossen wurde. Insgesamt 30 Nächte lang höhlte er dann in mühevoller, riskanter Kleinarbeit eine Säule aus, um den Zeitzünder darin zu deponieren. Die anfallenden Späne versteckte er in einem zusammengerollten Teppich. Am 8. November 1939 explodierte die Bombe exakt zu der von Elser vorgesehenen Zeit um 21.20 Uhr. Das Attentat misslang jedoch, da Hitler aufgrund des schlechten Wetters nicht das Flugzeug nehmen konnte, sondern mit dem Zug fahren musste. Aus diesem Grund beendete er die Rede früher als geplant und verließ den Saal 13 Minuten bevor der Sprengsatz hochging. Es gab 8 Tote und 63 Verletzte, darunter 16 Schwerverletzte. Unter den Toten waren 7 Mitglieder der NSDAP, die an der Versammlung teilgenommen hatten.

Elser wurde zufälligerweise bereits gegen 20.45 Uhr bei dem Versuch, in die Schweiz zu fliehen, noch auf deutscher Seite vom Zollgrenzschutz in Konstanz festgenommen [5] und in München und Berlin von der Gestapo verhört. Das [6] Gestapo-Protokoll wurde Ende der 1960er Jahre entdeckt. Diese 203 Seiten bilden die wichtigste historische Quelle zu Georg Elser. Elser wurde im KZ Sachsenhausen und im KZ Dachau gefangen gehalten. Nach dem Endsieg sollte er dann in einem Schauprozess abgeurteilt werden.

Hinrichtung

Am 5. April 1945 erschien SS-Obergruppenführer Ernst Kaltenbrunner, Chef der Sicherheitspolizei und des SD im Führerbunker und berichtete Hitler über die polizeiliche Sicherheitslage. Hitler ordnete hierbei unmittelbar die Hinrichtung von Admiral Wilhelm Canaris wie auch des „besonderen Schutzhäftlings” Georg Elser an, der unter dem Decknamen Eller im KZ Dachau festgehalten wurde. Der Chef der Gestapo, SS-Gruppenführer Heinrich Müller übermittelte den Auftrag am selben Tag dem Kommandanten des KZ Dachau, Obersturmbannführer Eduard Weiter:

Folgende Weisung ist ergangen: Bei einem der nächsten Terrorangriffe auf München bzw. auf die Umgebung von Dachau ist angeblich „Eller” tödlich verunglückt. Ich bitte, zu diesem Zweck „Eller” in absolut unauffälliger Weise nach Eintritt einer solchen Situation zu liquidieren. Ich bitte besorgt zu sein, dass darüber nur ganz wenige Personen, die ganz besonders zu verpflichten sind, Kenntnis erhalten. Die Vollzugsanzeige hierüber würde dann etwa an mich lauten: „Am ... anlässlich des Terrorangriffs auf ... wurde u.a. der Schutzhäftling „Eller” tödlich verletzt.

Georg Elser wurde am 9. April 1945 gegen 23 Uhr, wenige Wochen vor Kriegsende, in Dachau durch einen Genickschuss ermordet.[1]

Theodor Heinrich Bongartz, der die Exekution vorgenommen hatte, und weitere mögliche Augenzeugen wie Friedrich Ruppert, Dr. Hans Eisele und Franz Böttger waren für die Aufarbeitung des Falles nicht verfügbar. Dennoch sah Untersuchungsrichter Dr. Michael Naaff vom Landgericht München II am 8. November 1954 als erwiesen an, dass Bongartz die Tat begangen hatte.[2]

Internationale Reaktionen auf das Attentat

Am 11. November 1939 drückt die Sowjetregierung dem deutschen Botschafter Friedrich-Werner v.d. Schulenburg „ihr Bedauern und ihre Entrüstung über den ruchlosen Anschlag von München (Attentat des Georg Elser vom 8.11. - G.K.), ihre Freude über die glückliche Errettung Adolf Hitlers aus der Lebensgefahr und ihr Beileid für die Opfer des Attentats” aus.[3]

Spekulationen um die Hintergründe des Attentats

Der notwendige logistische Aufwand für das Attentat, das für einen Einzelnen undurchführbar schien, ließ früh Spekulationen um eine mögliche Organisation im Hintergrund entstehen.

Joseph Goebbels sah in der Tat eine Aktion des britischen Geheimdienstes in Zusammenarbeit mit dem damals in der Schweiz lebenden Otto Strasser.

Walter Schellenberg berichtet in seinen Memoiren über die Haltung Hitlers folgendes:

„Hitler, erwiderte zunächst nichts. Dann wandte er sich an Heydrich: 'Ich möchte wissen, um was für einen Typ es sich bei diesem Elser handelt. Man muss den Mann doch irgendwie klassifizieren können. Berichten Sie mir darüber. Im übrigen wenden Sie alle Mittel an, um diesen Verbrecher zum Reden zu bringen. Lassen Sie ihn hypnotisieren, geben Sie ihm Drogen; machen Sie Gebrauch von allem, was unsere heutige Wissenschaft in dieser Richtung erprobt hat. Ich will wissen, wer die Anstifter sind, ich will wissen, wer dahintersteckt.'“

Schellenberg

Der damals bekannte Psychiater Oswald Bumke wurde zu Elser geschickt, um ihn und seine Motivation zu begutachten. [4]

Regimegegner im In- und Ausland hingegen waren der Überzeugung, die Nationalsozialisten selbst hätten das Attentat organisiert, um den Glauben an den von der Vorsehung beschützten Führer zu stärken. Nach dem Krieg kolportierten der Widerstandskämpfer Martin Niemöller und später auch der KZ-Aufseher Walter Usslepp das Gerücht, Elser sei SS-Mitglied gewesen. Der britische SIS-Agent Sigismund Payne Best gab vor, von Elser selbst erfahren zu haben, dieser sei vor dem Attentat im KZ Dachau eingesessen und dort für die Tat angeworben worden. Historiker weigerten sich lange Zeit beharrlich, sich mit Elser als Widerständler zu beschäftigen, weil sich das Gerücht hielt, er sei eine Marionette der Nationalsozialisten gewesen. Seine Familie wurde geschmäht und erhielt keine Haftentschädigung.

1959 stellte der Journalist und Historiker Günter Peis sich mit seiner 8-teiligen Reportage Zieh′dich aus, Georg Elser![5] gegen die damals herrschende Meinung der Geschichtsforschung. Mit systematischen Zeitzeugenbefragungen (oral history) kam er zum Ergebnis, dass Elser ein Einzeltäter war.

1964 entdeckte der Historiker Lothar Gruchmann Elsers Verhörprotokolle[6]. Auf dieser Grundlage konnten die Historiker Lothar Gruchmann und Anton Hoch die Alleintäterschaft Elsers endgültig nachweisen.

Sämtliche Gerüchte über Elsers angebliche Drahtzieher – seien es der britische SIS, Otto Strasser, die Nationalsozialisten selbst, der Schweizer Karl Kuch, eine kommunistische Troika oder der polnische Untergrund in Kooperation mit der Londoner Exil-SPD – sind inzwischen sorgfältig dokumentiert und widerlegt.[7]

Nachwirkung

 
Georg-Elser-Gedenkstein mit Bronzetafel in den Georg-Elser-Anlagen in Heidenheim-Schnaitheim
 
Gedenktafel für Georg Elser in Königsbronn
 
Straßenschild Georg-Elser-Platz in München

Georg Elsers entschlossene Tat wurde 1969 in dem Dokudrama Der Attentäter auf Basis der Verhörprotokolle, von Rainer Erler und Hans Gottschalk verfilmt. 1989 kam der Spielfilm Georg Elser – Einer aus Deutschland in die Kinos. Regie führte Klaus Maria Brandauer, der auch die Titelrolle übernahm. Der Film wurde der Realität bezüglich des exakten Ablaufs vor und nach der Tat, am 8. November 1939 nicht ganz gerecht. Brandauer entschied sich aus dramaturgischen Gründen dafür, einen fiktiven Gegenspieler auftreten zu lassen und Elser eine Beziehung mit einer Kellnerin des Bürgerbräukellers anzudichten.

Im Gegensatz zu den Verschwörern des 20. Juli 1944, die größtenteils den alten Eliten Deutschlands angehörten und lange Zeit dem Nazi-System dienten, und zum Teil entschiedene Antisemiten waren, wird Georg Elser in der offiziellen Gedenkkultur der BRD eher wenig Beachtung geschenkt (obwohl seine Tat das einzige ernstzunehmende Attentat auf Hitler vor 1943 blieb). Auch vom linken Spektrum wurden Georg Elser und einige andere Widerstandskämpfer wie die Edelweißpiraten erst in der jüngeren Zeit anerkannt, weil keinerlei Kollektiv oder politische Organisation hinter ihnen stand. Erst langsam erhält er die Würdigung, die er für seine ausgesprochen mutige Tat verdient. Lange Zeit jedoch stand er im Schatten vor allem der Verschwörer des 20. Juli 1944.

Seit 1988 beschäftigt sich der Georg-Elser-Arbeitskreis in Heidenheim an der Brenz mit der Lebensgeschichte und dem Andenken Elsers. In Königsbronn wurde Anfang der 90er-Jahre eine Erinnerungs- und Forschungsstätte eingerichtet. Außerdem wurde in München ein Platz neben der Türkenstrasse und ein Veranstaltungshallenkomplex nach Elser benannt, die Georg-Elser-Hallen. Der Arbeitskreis hat eine Georg-Elser-Landkarte erstellt mit Orten, in denen Georg Elser lebte, so wie heutige Gedenkorte, außerdem ein Verzeichnis der Straßen, Schulen und Wege, die nach ihm benannt worden sind. [8] [9] Seit 2001 wird alle zwei Jahre der Georg-Elser-Preis für Zivilcourage verliehen. Anlässlich seines 100. Geburtstages gab die Deutsche Post im Januar 2003 eine Sondermarke heraus. Auch eine Schule in Königsbronn wurde nach ihm benannt.

Literatur

Filme

  • Der Attentäter Doku Feature 90 min. von Rainer Erler (BRD 1969) Adolf Grimme Preis der DAG in Gold
  • Vorlage:IMDb Titel (D, 1989) Regie: Klaus Maria Brandauer, Darsteller: Klaus Maria Brandauer, Rebecca Miller, Brian Dennehy - ein Spielfilm, mit zusätzlichen, dramatisierenden, ahistorischen Elementen: eine erfundene Liebesbeziehung zur Kellnerin Annelise im Bürgerbräukeller, ein erfundener Gestapo Mann Wagner, der Georg Elser auf den Fersen ist.

Audio (zum Teil mit Downloadoption)

Quellen

  1. [1]
  2. http://www.georg-elser-arbeitskreis.de/texts/haasis1.htm
  3. Zeittafel im Buch von Gerd Kaiser: „Katyn, Das Staatsverbrechen - das Staatsgeheimnis.” Aufbau Taschenbuchverlag, Berlin 2002, ISBN 3746680786. - Fortführung der Arbeit Madajczyks unter Einbeziehung weiterer Quellen aus russischen Archiven.
  4. Johann Georg Elser – 8. November 1939 Rolf Hochhuth im FAZ Magazin vom 10. November 1989
  5. [2]
  6. [3]
  7. [4]
  8. Georg-Elser-Landkarte – Orte, wo Georg Elser lebte und heutige Gedenk-Orte, nach ihm benannte Straßen, Schulen ...
  9. Straßen, Schulen und Wege, die in Deutschland nach Georg Elser benannt worden sind
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