Hilde Benjamin (geb. Lange, * 5. Februar 1902 in Bernburg, † 18. April 1989 in Berlin) war Vorsitzende Richterin in einer Reihe von politischen Schauprozessen in den 1950er Jahren und Justizministerin der DDR. Gegner gaben ihr den Schimpfnamen Blutige Hilde.
Hilde Benjamin studierte nach dem Abitur von 1921-1924 Rechtswissenschaften in Berlin, Heidelberg und Hamburg. Nach Referendars- und Assessorexamen war sie 1928-1933 Rechtsanwältin in Berlin/Wedding bei der "Roten Hilfe" (u.a. vertrat sie eine Beklagte im Mordfall Horst Wessel.
1926 heiratete sie Georg Benjamin, den Bruder des Schriftstellers und Philosophen Walter Benjamin. Ihr Schwager tötete sich 1940 auf der Flucht aus dem besetzten Frankreich an der französisch-spanischen Grenze selbst. Ihr Mann starb 1942 im KZ Mauthausen. 1927 trat sie der KPD bei. Nach Berufsverbot 1933 arbeitete Benjamin als juristische Beraterin der sowjetischen Handelsgesellschaft in Berlin und war ab 1939 bis 1945 als Angestellte in der Konfektionsindustrie dienstverpflichtet.
Nach dem 2. Weltkrieg war sie in der Deutschen Zentralverwaltung für Justiz tätig und 1949-1953 Vizepräsidentin des Obersten Gerichts der DDR. 1946 trat sie der SED bei.
Benjamin war Vorsitzende in einer Reihe von Schauprozessen (z.B. 1950 gegen die Zeugen Jehovas und 1952 gegen die Burianek-Gruppe) und mitverantwortlich für schwere Urteile.
1949 bis 1967 war sie Abgeordnete der Volkskammer und 1954 bis 1989 Mitglied des Zentralkomitees der SED. 1953 bis 1967 war sie in Nachfolge von Max Fechner Ministerin der Justiz.
Benjamin schrieb als Leiterin der Gesetzgebungskommission, die Gerichtsverfassungsgesetz, Jugendgerichtsgesetz und Strafprozessordnung von 1952 und 1963 als Vorsitzende der Kommission zur Ausarbeitung des neuen Strafgesetzbuches Rechtsgeschichte in der DDR. Ab 1967 bis zu ihrem Tod war sie Professorin und Leiterin des Lehrstuhls "Geschichte der Rechtspflege" an der Deutschen Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft in Potsdam-Babelsberg.
Benjamin wurde vielfach ausgezeichnet: 1962 mit dem Vaterländischen Verdienstorden, 1972 mit der Ehrenspange zum VVO, 1977 und 1987 mit dem Karl-Marx-Orden, 1979 als Verdiente Juristin der DDR und 1982 mit dem Stern der Völkerfreundschaft.
Schriften
- "Georg Benjamin", Berlin 1978 ISBN 3-74010-105-9
- "Geschichte der Rechtspflege" (als Leiterin des Autorenkollektivs), Berlin 1976-86
- "Reden und Aufsätze", Berlin 1982
Literatur
- Andrea Feth Hilde Benjamin - Eine Biographie, Berlin 1995 ISBN 3-87061-609-1
- Marianne Brentzel Die Machtfrau Hilde Benjamin 1902-1989, Berlin 1997 ISBN 3-86153-139-9
- Heike Wagner Hilde Benjamin und die Stalinisierung der DDR-Justiz, Aachen 1999 ISBN 3-82655-855-3
- Walter Janka: Schwierigkeiten mit der Wahrheit, Essay, Rowohlt Taschenbuch Verlag, 1989, darin wird der Auftritt Benjamins bei einem Schauprozess beschrieben