Tenzin Gyatso

14. Dalai Lama und Friedensnobelpreisträger
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Tenzin Gyatso (tibetisch: བསྟན་འཛིན་རྒྱ་མཚོ་, gebürtig Lhamo Dhondrub; * 6. Juli 1935 in Taktser, Provinz Amdo, Tibet) ist ein bedeutender Linienhalter der Gelug-Schule des tibetischen Buddhismus, buddhistischer Mönch, Befürworter der Rime-Bewegung und seit 1940 der 14. Dalai Lama. Die formelle europäische Anrede ist „Seine Heiligkeit“ (in Anlehnung an die Anrede vergleichbarer religiöser Würdenträger). Die Tibeter selbst nennen ihn zumeist Kundün, Yeshe Norbu oder Gyalwa Rinpoche.

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Tenzin Gyatso, der 14. Dalai Lama

Leben

Tibetische Bezeichnung
Tibetische Schrift:
བསྟན་འཛིན་རྒྱ་མཚོ་
Wylie-Transliteration:
bstan ’dzin rgya mtsho
Aussprache in IPA:
[tɛ̃tsĩ catsʰo]
Offizielle Transkription der VRCh:
Dainzin Gyaco
THDL-Transkription:
Tenzin Gyatsho
Andere Schreibweisen:
Tenzin Gyatso,
Tänzin Gyatso
Chinesische Bezeichnung
Traditionell:
丹增嘉措
Vereinfacht:
丹增嘉措
Pinyin:
Dānzēng Jiācuò

Tenzin Gyatso ist der Mönchsname des jetzigen Dalai Lamas. Er wurde am 6. Juli 1935 in Taktser, einem Dorf in der tibetischen Provinz Amdo im Nordosten Tibets mit dem Namen Lhamo Dhondrub als Sohn eines Bauern geboren. Im Alter von fast zwei Jahren wurde er durch zwei Mönche, denen er zuvor in einer Vision erschienen sein soll, als Wiedergeburt seines 1933 verstorbenen Vorgängers Thub-Idan-rgya-mtsho (Thubten Gyatso) entdeckt. Es wird berichtet, dass er spontan eine Mala (buddhistischer Rosenkranz), welche dem 13. Dalai Lama gehörte, als die seine erkannte und auch weitere Tests bestand. Unter anderem konnte er einen anderen prominenten Mönch benennen und weitere Gegenstände, die ebenfalls dem Vorgänger gehörten, aus einer mitgebrachten Menge heraussuchen.

Lhamo Dhondrub gelangte mit 4 Jahren in den Potala-Palast in Lhasa. Am 22. Februar 1940 wird er im Alter von 4½ Jahren als 14. Dalai Lama durch die Sitringasol Zeremonie inthronisiert. Sein neuer Name lautete damit Jetsun Jamphel Ngawang Lobsang Yeshe Tenzin Gyatso - „Heiliger Herr, gütiger Herr, mitfühlender Verteidiger des Glaubens, Ozean der Weisheit“. Tibeter sprechen vom Dalai Lama normalerweise als Yeshe Norbu („den Erfüllenden“) oder einfach als Kundün („Gegenwart“).

 
Tenzin Gyatso im Alter von 5 Jahren

Am 17. November 1950 wird dem damals 15-jährigen Dalai Lama nach der Okkupation Tibets durch die Volksrepublik China die Staatsgewalt über das Land übertragen (von China nicht anerkannt). In den Jahren 1954/55 traf der Dalai mehrmals Mao Tse-Tung, um mit ihm über eine friedliche Beilegung des Tibet-Konflikts zu beraten. Die Gespräche endeten ohne Ergebnisse. Die Okkupation Tibets wird auch im Film Sieben Jahre in Tibet nach dem Buch von Heinrich Harrer behandelt, wo die Figur des Tenzin Gyatso eine tragende Rolle spielt.

Flucht und Exil

Kurz bevor er flüchtete, hatte er die Geshe, die Doktorwürde der buddhistischen Theologie (vgl. Indische Philosophie), am Jokhang-Tempel erlangt. Ebenfalls studierte er in China den Marxismus.[1] Nach einem gescheiterten Aufstand der Tibeter wider die chinesische Okkupation im Jahre 1959 flüchtete der gegenwärtige Dalai Lama am 17. März nach Indien ins Exil nach Dharamsala (Himachal Pradesh), wo er sich seitdem aufhält. Vor der Flucht hatte er das Nechung Orakel befragt, das ihm geraten hatte, Tibet zu verlassen.

Er setzt sich weiterhin für mehr Autonomie Tibets innerhalb der Volksrepublik China ein, welches seine Bestrebungen jedoch als Separatismus ansieht. Am 10. März 1963 verkündete der Dalai Lama eine demokratische Verfassung für Tibet, die ihm selbst – sollte sie jemals in Kraft treten – hauptsächlich repräsentative Pflichten übertragen würde.

Politisch ist der jetzige Dalai Lama Teil der tibetischen Exilregierung, die jedoch weder von der Volksrepublik China noch von der internationalen Staatengemeinschaft anerkannt wird.

Beziehungen zum Westen

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Der Dalai Lama auf dem Ökumenischen Kirchentag 2003 in Berlin

Neben diesen politischen Aktivitäten setzt sich der 14. Dalai Lama intensiv für einen friedfertigen, konstruktiven und mitfühlenden Dialog der Menschen ein – sowohl in religiöser als auch in allgemeiner Hinsicht. Dazu hat er eine große Zahl von Vortragsreisen rund um den Globus durchgeführt und auch viele Schriften herausgegeben, in denen die im Gegensatz zur einfachen Lebensweise unerwartet differenzierten Vorstellungen der tibeto-buddhistischen Religion zu Fragen der Lebenspraxis, zur Natur des menschlichen Bewusstseins und weiteren existenziellen Fragen erläutert werden. Er bezeichnete sich 2007 selbst als halben Marxisten und halben Buddhisten, bzw. als liberalen Sozialisten.[2]

Aufgrund seines regen Interesses an wissenschaftlichen Themen und der Zusammenarbeit mit dem nordamerikanischen Rechtsanwalt Adam Engle und dem chilenischen Neurobiologen und Philosophen Francisco Varela entstand 1990 das in den USA ansässige Mind and Life Institute.

Der gegenwärtige Dalai Lama gibt auch im Westen in regelmäßigen Abständen Einweihungen in das buddhistische Kalachakra-Tantra. Kalachakra ist, neben den Praktiken auf Yamataka und Guhyasamaja (Yidams), eine der Hauptübertragungen. Die mit dieser Einweihung verbundene Praxis wird auch als Kalachakra für den Weltfrieden bezeichnet.

Demgegenüber hat die Person des vierzehnten Dalai Lamas im Westen neben seiner moralischen Autorität vor allem den Status eines Botschafters des Friedens. Ihm wurde im Jahre 1989 für seine Bemühungen, mit allen friedlichen Mitteln auf die Lage in seinem Heimatland Tibet aufmerksam zu machen, der Friedensnobelpreis verliehen.

Aktuelle Beziehungen zum deutschsprachigen Raum

Ende Juli 2005 war Tenzin Gyatso für drei Tage zu Gast in Wiesbaden. Dabei wurde ihm der Hessische Friedenspreis verliehen und sein 70. Geburtstag nachgefeiert. Zum Schluss seines Besuchs erlebten ungefähr 20.000 Menschen seine öffentliche Rede im Wiesbadener Kurpark.

Am 14. Mai 2006 besuchte Tenzin Gyatso das Kärntner Hüttenberg, um den Grundstein für ein dort geplantes Tibet-Zentrum zu legen und das Grab seines ehemaligen Lehrers und Freundes Heinrich Harrer zu besuchen. Das Tibet-Zentrum soll ein Ort des kulturellen Austauschs mit tibetischer Medizin und Meditation werden. An der Grundsteinlegung nahmen ca. 5.000 Personen teil.

Vom 19. bis 29. Juli 2007 weilte der Dalai Lama für neun Tage in Deutschland (Hamburg), wo er unter anderem im Rothenbaumstadion Vorträge hielt. Zum Schluss einer seiner längsten Auslandsreisen war er in Freiburg im Breisgau zu Gast, um im dortigen Tibet Kailash Haus (einem tibetischen Gesundheitszentrum) eine Stupa einzuweihen und in der Rothaus-Arena einen Vortrag zu halten.

Vom 20. bis 21. September 2007 besucht der Dalai Lama zum zweiten Mal nach 1998 Münster, wo er von der Westfälischen Wilhelms-Universität als erster deutschen Universität die Ehrendoktorwürde überreicht bekommt. Zudem diskutiert er im Schloss mit Vertretern der Graduate Schools und hält in der Halle Münsterland einen Vortrag zum Thema „Globale Verantwortung in Wissenschaft und Gesellschaft“.

Auszeichnungen

Tenzin Gyatso erhielt eine Reihe von Auszeichnungen, darunter auch

Eine ausführlichere Liste findet sich unter http://www.tibet.com/DL/awards.html.

Werke

Einführungen und Grundlagen

  • Dalai Lama: Die Lehren des tibetischen Buddhismus. Goldmann, München 1998, ISBN 3-442-21539-0
  • Dalai Lama: Die Vier Edlen Wahrheiten - Die Grundlage buddhistischer Praxis. Fischer, Frankfurt am Main 2000, ISBN 3-596-14973-8
  • Dalai Lama: Einführung in den Buddhismus - Die Harvard-Vorlesungen. Herder, Freiburg 2000, ISBN 3-451-04946-5
  • Dalai Lama: Mitgefühl und Weisheit - Ein Gespräch mit Felizitas von Schönborn, mit einem Vorwort des chinesischen Dissidenten und Bürgerrechtlers Wei Jingsheng; Ersterscheinung Herder Verlag, Freiburg i. Br. 1994; 2. erweiterte Neuausgabe (Aufnahme zusätzlicher Gespräche und Textaktualisierung) bei edition q in der Quintessenz Verlags-GmbH, Berlin 2002; hier vorliegende Lizenzausgabe: Diogenes Verlag, Zürich 2004, ISBN 3-257-06397-0, 241 S. Der Band enthält drei Hauptabschnitte: (1) eine biographische und charakterisierende Einführung (S. 13-36); (2) grundlegende Gespräche[3] (S. 37-172); (3) Analyse, gegenwärtiger Einfluss und Rezeption des Buddhismus (S. 173-241)

Einzelaspekte

  • Dalai Lama: Das Buch der Menschlichkeit - Eine neue Ethik für unsere Zeit. Bastei Lübbe, Bergisch Gladbach 2002, ISBN 3-404-60514-4
  • Dalai Lama: Der Weg zum Glück. 4. Auflage. Herder, Freiburg 2004, ISBN 3-451-05490-6
  • Dalai Lama: Die Weisheit des Verzeihens. 3. Auflage. Geb. Ausgabe - Lübbe, Juli 2005, ISBN 3785720513
  • Dalai Lama: Dzogchen - Die Herz-Essenz der Großen Vollkommenheit. Theseus, Berlin 2001, ISBN 3-896-20171-9
  • Dalai Lama: Gesang der inneren Erfahrung - Die Stufen auf dem Pfad zur Erleuchtung. Dharma Edition, Hamburg 1998, ISBN 3-927-86228-2
  • Dalai Lama: Kalachakra-Tantra. Theseus, Berlin 2002, ISBN 3-896-20182-4
  • Dalai Lama: Logik der Liebe. Goldmann, München 1991, ISBN 3-442-13266-5
  • Dalai Lama: Mögen alle Wesen glücklich sein. Diamant Verlag, München ISBN 3-9807572-3-4
  • Dalai Lama: Ratschläge des Herzens. Diogenes-Verlag, Zürich 2003, ISBN 3-257-06338-5

Verbindung zur westlichen Wissenschaft

  • Dalai Lama: Die Welt in einem einzigen Atom - Meine Reise durch Wissenschaft und Buddhismus. Theseus Verlag, 2005, ISBN 3-89620-270-7
  • Dalai Lama: Traum, Schlaf und Tod - Der Dalai Lama im Gespräch mit westlichen Wissenschaftlern. Piper, Zürich 2001, ISBN 3-492-23014-8

Autobiographische Schriften

  • Dalai Lama: Das Buch der Freiheit. Die Autobiographie des Friedensnobelpreisträgers. 14. Auflage, Bastei Lübbe, Bergisch Gladbach 2004, ISBN 3-404-61239-6

Literatur

  • Bauer, Manuel/ Ricard, Matthieu/ Schmidt, Christian: Unterwegs für den Frieden. Dva 2005, ISBN 3421058733.
  • Cutler, Howard C./ Dalai Lama: Glücksregeln für den Alltag. Herder Freiburg im Breisgau 2004, ISBN 978-3-451-05843-1
  • Goldner, Colin: Dalai Lama - Fall eines Gottkönigs. Aschaffenburg 1999, ISBN 3-932710-21-5.
  • Grasdorff, Gilles van~: Der Dalai Lama - Die Biographie . 2. Auflage. S. Fischer Verlag GmbH, 2004, ISBN 3-502-61133-5.
  • Levenson, Claude B.: Dalai-Lama. Die autorisierte Biographie des Nobelpreisträgers. Patmos Verlag, 2004, ISBN 3-491-69415-9.
  • Schönborn, Felizitas von~: Mitgefühl und Weisheit, (Gespräche und Interviews) sh. o.: Werke: Einführungen und Grundlagen
  • Siren, Gewang: The 14th Dalai Lama. Beijing, Intercontinental Press 1997, ISBN 7-80113-299-8.
  • Trimondi, Victoria und Victor: Der Schatten des Dalai Lama. Patmos Verlag, Düsseldorf 1999.
  • Tsering, Diki: Mein Sohn, der Dalai Lama. Ullstein Verlag, München 2001, ISBN 3-548-36278-8

Quellen und Anmerkungen

  1. Interview mit der Bild (Zeitung)
  2. Pressekonferenz beim Waldzell Meeting im Stift Melk, Mittwoch, 19. September 2007; Die Presse
  3. Gesprächsrubriken: Zur Person/ Zum Tibetischen Buddhismus/ Aufgabe der Religionen/ Die eine Menschheit/ Dialog mit der modernen Welt/ Geistige Krise im Wohlstand/ Lebenshilfe/ Unterschiedliche Glücksvorstellungen/ Friede und Umwelt/ Über die religiöse Freiheit in Tibet/ Politik und Religion
Commons: Tenzin Gyatso – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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