Barrierefreies Bauen
Barrierefreies Bauen bedeutet, dass Wohnungen, Gebäude sowie öffentliche Orte von allen Menschen ohne fremde Hilfe und ohne jegliche Einschränkung genutzt werden können.
Begriffsklärung
Oft wird noch der Begriff „Behindertengerechtheit“ anstatt „Barrierefreiheit“ gebraucht. Da aber Barrierefreiheit die Zugänglichkeit und Benutzbarkeit für alle Menschen beinhaltet und nicht nur für Menschen mit Behinderung, wird in letzter Zeit von dem Terminus „Behindertengerechtheit“ Abstand genommen.
Definition von Integration Österreich (recht allgemein gehalten):
„Barrierefreiheit bedeutet Zugänglichkeit und Benutzbarkeit von Gebäuden und Informationen für alle Menschen, egal ob sie im Rollstuhl sitzen, ob es sich um Mütter mit Kleinkindern oder Personen nicht deutscher Muttersprache handelt, ob es blinde, gehörlose, psychisch behinderte oder alte Menschen sind ...“
Der Paragraph 4 des Deutschen Behindertengleichstellungsgesetz (wird schon etwas konkreter) definiert „Barrierefreiheit“ bzw. „barrierefrei“ wie folgt:
„Barrierefrei sind bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für behinderte Menschen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind.“
Ein weiterer Begriff, der oft als Synonym für „Barrierefreiheit“ steht ist „Zugänglichkeit“. Im Bericht der Bundesregierung über die Lage der behinderten Menschen in Österreich wird Zugänglichkeit als „eine wesentliche Voraussetzung für ihre [behinderte Menschen Anm.] [[Gesellschaft|gesellschaftliche Teilhabe in allen Lebensbereichen“ erklärt. Hier wird also die zuvor schon erwähnte Selbstständigkeit und Teilhabe auf alle Lebensbereiche ausgeweitet, was bedeutet, dass es Menschen mit Behinderung durch Anpassungen in ihrer Umwelt möglich sein soll, so zu leben wie nicht behinderte Menschen. Das beinhaltet Zugang zu Wohnungen, Gebäuden, Verkehrsmitteln, Ausbildung, Beschäftigung, Gütern, Dienstleistungen und Informationen.
Der Begriff der „Mobilität“ wird im Zusammenhang mit „Zugänglichkeit“ verwendet. „Mobilität“ bezeichnet Bewegungsvorgänge von Menschen in räumlichen und sozialen Bereichen. Eine Mobilitätsbehinderung bedeutet also Nachteile im beruflichen und privaten Fortkommen zu haben, sofern nicht die nötigen Voraussetzungen getroffen wurden um dies zu verhindern („Barrierefreiheit“).
Barrierefreies Bauen
Barrierefreies Bauen meint die rechtzeitige Planung und Ausführung von baulichen Maßnahmen, die die Nutzung eines Gebäudes, einer Einrichtung, eines öffetnlichen Ortes etc. durch alle Menschen ermöglicht. Statt dem Begriff „barrierefreies Bauen“ werden auch oft die Termini „behindertengerechtes Bauen“, „Bauen für Alle“, „menschengerechtes Bauen“ oder „Design für Alle“(Produkte, Systeme und Dienstleistungen sollen für eine möglichst große BenutzerInnengruppe in einer möglichst breiten Umgebung benutzbar sein) gebraucht. Die Grundlage dafür sind div. Normen und/oder gesetzliche Regelungen.
Umsetzung
- Barrierefreiheit eine Utopie?
Die soziale Reife der Gesellschaft zeigt sich in der Integration aller Menschen mit ihren verschiedenen Bedürfnissen. Der Wunsch nach möglichst umfassender, selbstständiger und selbstbestimmter Existenz stellt an eine sich rasch verändernde Gesellschaft neue Anforderungen. Dies beginnt mit der Integration von Kleinstkindern bis zu Jugendlichen in das öffentliche Leben und reicht bis zur stark wachsenden Gruppe alter, alleinstehender Menschen.1 Dazu kommen noch Menschen mit Behinderungen in allen diesen Gruppen. Die Gesellschaft des 21. Jahrhunderts muß ihre soziale Reife durch emanzipatorischen Fortschritt zeigen und somit für die Verbesserung der Lebensverhältnisse aller Menschen sorgen.
Es gibt verschiedene Ansätze und Ideen wie man eine Sensibilisierung der Bevölkerung in puncto Gleichberechtigung hier aber im speziellen Barrierefreiheit umsetzen könnte. Um eine nachhaltige Veränderung der derzeitigen Verhältnisse zu erreichen wird wohl eine sinnvolle Kombination von mehreren Ideen nötig sein, und eine lange Vorbereitungszeit von Nöten sein. Grob könnte man zwei Blöcke unterscheiden, die Ansätze die sich durch positive Einflußnahme auszeichnen und diejenigen die teilweise durch Zwangsmassnahmen versuchen Barrierefreiheit durchzusetzen.
Positive Einflußnahme
Dazu zählt die Bewusstseinsbildung über verschiedene Kanäle um Menschen aufzuzeigen, dass Barrierefreiheit für alle Bevölkerungsgruppen Vorteile bringt, wenn sie flächendeckend umgesetzt wird. Dies kann in Form einer Infokampagne passieren, sinnvoller aber parallel mit gesetzlichen Maßnahmen.
Wichtig ist dabei möglichst früh anzusetzen (am besten bereits in der Grundschule). Um diese Maßnahmen unterstützend durch Beispiele zu illustrieren, und so dem Menschen aufzuzeigen, welche Nachteile kleine Barrieren für manche Menschen schon verursachen, können Diskriminierungstägebücher geführt und begleitend eine Fotodokumentation über Barrieren angefertigt werden, um die Probleme zu visualisieren.
Ein weiterer Themenkomplex betrifft die Vermittlung der Prinzipien des "barrierefreien Bauens" um sie für alle Bauprojekten verwirklichen zu können. Hier geht es um die Sensibilisierung der zuständigen TechnikerInnen, ArchitektInnen, der Baukommissionen, des Baugewerbes, des Handwerk, Gewerbetreibender sowie der Nahverkehrsbetriebe.
Damit die Infokampagne effektiv umgesetzt werden kann, sollten verbindliche Überprüfungen aller Neu- und Umbauten, hinsichtlich Barrierefreiheit, gesetzlich verankert werden. Sinnvollerweise sollten dafür einheitliche gesetzliche Regelungen auf Bundesebene getroffen werden um landesweit gleiche Grundlagen und Verbindlichkeiten zu schaffen.
Bereits berufstätigen HandwerkerInnen, PlanerInnen sowie ArchitektInnen könnte man versuchen durch Nachschulungen dieses Themengebiet näherzubringen. Was hier sowohl die Sache - also Barrierefreiheit - als auch die ausführenden und planenden Menschen unterstützen könnte sind sogenannte projektbegleitende "Accessibility Consultants", die die barrierefreie Planung und Umsetzung begleiten und sicherstellen.
Gesetzliche Einflußnahme
Die positive Einflußnahme sollte fast zwangsläufig durch gesetzliche Regelungen unterstützt und durchgesetzt werden. Wie Erfahrungen anderer Länder zeigen (zB American with disabilities Act (AdA) und dessen Umsetzung) kann eine effektive und für alle Beteiligten sinnvolle Lösung nur durch klare Richtlinien und verbindliche Vorschriften geschaffen werden. Was für die Menschen mit Behinderungen, Sicherheit durch ausformulierte und einklagbare gesetzliche Regelungen bedeutet und für Betriebe und öffentliche Einrichtungen, Unterstützung bei der Beseitigung der Barrieren, Steuererleichterungen für Umsetzung der Vorgaben.
Diese Eingriffe in die Umsetzung der Barrierefreiheit könnten noch sinnvoll ergänzt werden durch Anreize und Unterstützungen bei der Mängelbeseitigung in Form von Beratung, finanzieller Unterstützung oder Steuererleichterungen. Ein zusätzliches Druckmittel kann die Förderungsvergabe sein, die von Barrierefreiheit abhängig gemacht werden sollte.
Die brutal anmutenden gesetzlichen Eingriffe könnten durch Sammlung positiver Beispiele, wie Auszeichnungen für Barrierefreiheit oder einem Label "barrierefrei" (zB für Kinos, Geschäfte, Arztpraxen) an Attraktivität gewinnen. Wenn die Maßnahmenpakete Wirkung zeigen könnt eine Auszeichnung wie "barrierefreie Stadt" angedacht/aufgebaut werden.
Alle Maßnahmen könnten durch die Gesetzgebung in einem umfangreichen und genau durchdachten "Behindertengleichstellungsgesetz" (wie in Deutschland/Amerika geschehen) rechtlich durchsetzbar verankert werden und somit hoffentlich die Botschaft transportieren, dass Barrierefreiheit allen Menschen Vorteile bringt (Kindern, älteren Menschen, Frauen mit Kinderwägen u. s. w.).
Literatur
Österreich
- Die Grünen: Leben ohne Barrieren – Gleichstellung als Menschenrecht! Dokumentation einer Enquete am 1.7.2003 in Wien, Parlament.
- Tagungsmappe der Enquete: Wien auf dem Weg zur barrierefreien Stadt - Lebensqualität für alle. Wien: 2004
- Caritas: Barrieren behindern Leben. Tagungsbericht: Internationale Enquete auf dem Weg zum Behindertengleichstellungsgesetz. Wien 26. November 2003. Erscheinungdatum : Februar 2004
- Stadtentwicklung Wien, MA 18: Barriere frei! Stadt ohne Hindernisse?. – Wien: Eigenverlag, 2004.
Rechtliches
- GEUDER, Heinrich / HAUER, Wolfgang (Hrsg.): Wiener Bauvorschriften. – 3. Aufl. – Wien: Linde, 1997.
- GEUDER, Henrietta: Österreichisches öffentliches Baurecht und Raumordnungsrecht: eine Übersicht. Wien: Linde, 1996.
- KRZIZEK, Friedrich: System des Österreichischen Baurechts. Wien: Verl. d. Österr. Staatsdr. [Baupolizeirecht], 1976.
- Ö-Norm B 1600: Barrierefreies Bauen: Planungsgrundsätze. Fachnormenausschuß 011 Hochbau-Allgemeines. Wien: Österreichisches Normungsinstitut. 1994.
- Ö-Norm B 1601: Spezielle Baulichkeiten für behinderte und alte Menschen: Planungsgrundsätze. Fachnormenausschuss 011 für Hochbau-Allgemeines. Wien: Österreichisches Normungsinstitut. 1994.
siehe auch
Weblinks
- ww.polio-frankfurt-am-main.de Behindertengleichstellungsgesetz - Online
- www.tu-harburg.de Internet Ressourcen zum Thema: Planen Bauen Wohnen für Behinderte und alte Menschen
Österreich
- www.oear.or.at Umfangreiche Abteilung bei der Österreichische Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation
- info.tuwien.ac.at Uniability Projekt zur Verbesserung der Studienbedingungen von Menschen mit Behinderung(en)
- www.graz.at Barrierefreies Bauen für alle Menschen Infoseite der Stadt Graz
- www.help.gv.atÖ-Normen Online
- www.on-norm.at Österreichisches Normungsinstitut