Karlsbader Programm

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Mit dem Begriff Karlsbader Programm werden die 1938 durch die Sudetendeutsche Partei aufgestellten Forderungen an die erste Tschechoslowakischen Republik im Rahmen der durch das nationalsozialistische Deutschland provozierten Sudetenkrise bezeichnet.

Hintergrund

Nach dem Ersten Weltkrieg bzw. dem Ende der Österreichisch-Ungarischen Monarchie entstand auf dem Gebiet der heutigen Staaten Tschechien und Slowakei der demokratisch verfasste Staat Tschechoslowakische Republik. Zum Staatsgebiet gehörte das Sudetenland mit überwiegend deutschsprachiger Bevölkerung, die innerhalb des Gesamtstaats jedoch eine Minderheit darstellte. Diese deutschsprachige Minderheit wurde innerhalb der Republik durch Parteien fast des gesamten politischen Spektrums vertreten, wenige (z. B. die DSAP oder die SdP) vertraten die Minderheit auch parlamentarisch. Die Sudetendeutsche Partei (entstanden 1918 als Deutsche Nationalsozialistische Arbeiterpartei dann ab 1933 auch „Sudetendeutsche Heimatfront“ und erst 1935 unter diesem Namen) vertrat dabei deutschnationale Positionen, die sich immer mehr an die des nationalsozialistische Deutschland annäherten.

Adolf Hitlers Expansionspolitik sah eine Ausweitung des deutschen Territoriums auch auf das Gebiet der Tschechoslowakischen Republik vor; im Rahmen dieser Zielsetzung hatte er Interesse an der Destabilisierung der Tschechoslowakischen Republik. Weit über Traditionelle Revisionsforderungen hinausgehend, strebte Hitler, wie es in der Hoßbach-Niederschrift von einem Treffen Hitlers mit Werner von Fritsch, Konstantin von Neurath und Werner von Blomberg am 5. November 1937 heißt, „die Zerschlagung der Tschechoslowakei «zur Lösung der Raumnot» an“.[1]

Das Programm

Am 28. März 1938 beauftragte Hitler den Vorsitzenden der NSDAP-nahen SdP, Konrad Henlein, in Berlin mit der Ausarbeitung von Forderungen an die zu diesem Zeitpunkt noch staatlich selbstständige Tschechoslowakischen Republik. Henlein erarbeitete daraufhin ein Acht-Punkte-Programm, das er am 24. April 1938 in Karlsbad vorstellte.

Henlein forderte im Namen der Sudetendeutschen Partei u. a. die volle Gleichberechtigung der deutschen Minderheit als Volksgruppe, die Feststellung und Anerkennung eines deutschen Siedlungsgebiets innerhalb der Tschechoslowakei, den Aufbau einer deutschen Selbstverwaltung mit ausschließlich deutschen Beamten, die Wiedergutmachung der ab 1918 erlittenen wirtschaftlichen Schäden der deutschsprachigen Bewohner und endlich die „volle Freiheit des Bekenntnisses zum deutschen Volkstum und zur deutschen Weltanschauung“[2]. Das Programm wurde von der tschechoslowakischen Regierung abgelehnt.

Die Folgen

Im Anschluß an die Ablehnung des Programmes, das langfirtig die Zerschlagung der ČSR zum Ziel hatte, beschlossen die „westlichen Garantiemächte“ auf der Münchener Konferenz am 29. September 1938 ohne Rücksicht auf die Tschechische Republik die sofortige Abtretung Sudetendeutschlands an Deutschland. Die Regierung der Tschechoslowakischen Republik lehnte auch diese Forderungen ab. Eine Woche nach der Konferenz begann der Einmarsch in das Sudetenland. Am 15. März 1939, dem Tag der Gründung des Satellitenstaates der Ersten Slowakischen Republik unter dem Hitlerverbündeten Jozef Tiso, fielen deutsche Truppen in die „Rest-Tschechei“ (das spätere „Protektorat Böhmen und Mähren“) ein und besiegelten damit das Schicksal der Tschechoslowakei.[1]

Quellen

Programm ist gedruckt in: Akten zur deutschen auswärtigen Politik, Band: Serie D (1937-1945), Das Verhältnis zur 
Tschechoslowakei, S.192

Einzelnachweise

  1. a b Helmut Altrichter, Walter L. Bernecker, 2004: Geschichte Europas im 20. Jahrhundert. Kohlhammer, Stuttgart.
  2. zitiert nach: Michael Behnen in Gerhard Taddey (Hrsg.): Lexikon der deutschen Geschichte bis 1945. Stuttgart 1998, S. 652