Münchner Abkommen

völkerrechtlicher Vertrag zwischen Deutschland, dem Vereinigten Königreich, Frankreich und Italien (1938)
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Das Münchner Abkommen wurde in der Nacht zum 30. September 1938 von den Regierungschefs Großbritanniens, Frankreichs, Italiens und des Deutschen Reiches unterzeichnet, die zur Lösung der Sudetenkrise zur Münchner Konferenz im Münchner Führerbau am Königsplatz zusammengekommen waren.

Unter Vermittlung des italienischen Diktators Mussolini (auf Initiative Görings) gaben der britische Premierminister (Chamberlain) und der französische Ministerpräsident (Daladier) mit dem Abkommen dem Diktator Hitler ihre Zustimmung zum Anschluss des Sudetenlandes, dessen Bevölkerung überwiegend deutschsprachig war und den staatlichen Anschluss an den übrigen deutschen Sprachraum – wie vor dem Ersten Weltkrieg – mehrheitlich wünschte. Ein Vertreter der Tschechoslowakei war nicht eingeladen. Faktisch bedeutete das Abkommen den Ausverkauf der ganzen Tschechoslowakei an Hitler, obwohl das im Abkommen nicht vereinbart wurde. Großbritannien und Frankreich zeigten Verständnis für den Wunsch der sudetendeutschen Bevölkerung und sahen diesen Beschluss daher auch als Teilrevision des Versailler Vertrages an, insbesondere allerdings wollten sie damit einen weiteren Krieg verhindern (Appeasement-Politik). So hofften sie, den Fortbestand des tschechoslowakischen Staates endgültig zu gewähren und erfüllten so das Beistandsabkommen.

Aufteilung der Tschechoslowakei:
1. Deutschland besetzt das Sudetenland (Herbst 1938)
2. Ungarn besetzt Grenzgebiete teils ungarischer Ethnie sowie auch
3. die ruthenischsprachige Karpatoukraine (Herbst 1938).
4. Polen besetzt Gebiete in Teschen (Herbst 1938).
5. Im März 1939 wird das restliche Tschechien von Deutschland annektiert und wird zum sogenannten Reichsprotektorat Böhmen und Mähren.
6. Aus der Resttschechoslowakei bleibt nur der faschistische Satellitenstaat Slowakei.

Invasion der Tschechoslowakei

Hitler hatte versprochen, nur die Sudetengebiete zu annektieren, hielt sein Versprechen jedoch nicht. Eine ausgedehnte Kontrolle über die Tschechoslowakei war ihm aus strategischen Gründen wichtig, zumal dieser lange Landstreifen bis fast in die Mitte Deutschlands hineinreichte (siehe Karte). Hitlers relativ leichter Erfolg und die eher abwartende Haltung der westlichen Demokratien motivierten auch Hitlers Nachbarn, selbst aggressiv zu werden. Ungarn besetzte Grenzgebiete teils ungarischer Ethnie und die Karpatoukraine, Polen okkupierte Gebiete in Teschen.

Die Rolle der Sowjetunion

Die Sowjetunion lehnte das Münchner Abkommen und seine Folgen ab, weil sie nicht an den Verhandlungen beteiligt worden war. Dafür hatte sie der Tschechoslowakei und Frankreich militärische Hilfe bei der Durchsetzung des bestehenden Beistandsabkommens angeboten, die abgelehnt wurde. Ob dieses Beistandsangebot wirklich ernst gemeint war, ist in der Forschung umstritten, allerdings konnte Richard Overy nachweisen, dass die Rote Armee teilmobilisiert wurde, was jedoch eher in Zusammenhang mit der allgemeinen Kriegsgefahr gesehen werden kann.

In der Sowjetpropaganda bzw. in der apologetischen Geschichtsschreibung wird das Münchner Abkommen als Komplott des Westens mit den Nationalsozialisten dargestellt, das als Ziel die Isolierung der Sowjetunion hatte. Da dies weitere Verhandlungen mit den Westmächten sinnlos gemacht habe, wurde die Annäherung an Deutschland gesucht. Damit gehört das Münchner Abkommen zur Vorgeschichte des Deutsch-sowjetischen Nichtangriffspaktes.

Tschechoslowakei

Die Vertreter der Tschechoslowakei, die nicht an der Konferenz teilnehmen durften – allen voran der damalige Staatspräsident Edvard Beneš – fühlten sich verraten. Deswegen wird es von der tschechischen Bevölkerung als Münchner Verrat bezeichnet oder pointiert „Über uns, ohne uns“. Das Münchner Abkommen ist bis heute im Bewusstsein der Tschechen als schwarzes Datum in der Geschichte lebendig geblieben.

Hitlers Kriegspläne und das Münchner Abkommen

In der Geschichtswissenschaft hielt sich lange der Irrtum, Hitler habe München als Niederlage begriffen. Zu seinen Generälen soll er vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges gesagt haben:

„Die Gegner haben nicht mit meiner großen Entschlußkraft gerechnet. Unsere Gegner sind kleine Würstchen, ich sah sie in München. Nun ist Polen in der Lage, in der ich es haben wollte. Ich habe nur Angst, daß mir im letzten Moment ein Schweinehund mit einem Vermittlungsplan vorkommt.“

Dieser Passus wurde allerdings nachträglich für den Nürnberger Prozess in das Protokoll dieser Rede eingefügt und ist somit eine Fälschung.

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