Ölpreiskrise

Phase starken Ölpreisanstieges mit gravierenden wirtschaftlichen Auswirkungen
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Als Ölkrise bezeichnet man im Allgemeinen Phasen starker Ölpreisanstiege, die gravierende gesamtwirtschaftliche Auswirkungen haben. Im engeren Sinne werden die beiden Erhöhungen des Rohölpreises 1973 und 1979/80 als Ölkrise bezeichnet, da beide in den Industrieländern starke Rezessionen auslösten. Für die Zukunft wird - insbesondere nach einer Warnung der IEA vom Juli 2007 vor einer Ölkrise ab 2012 - aufgrund der steigenden Nachfrage nach Öl und des sinkenden Angebots durch das erreichte Ölfördermaximum eine weitere Krise mit ungewissem Ausgang erwartet.

Nominaler Erdölpreis 1985-2006

Voraussetzung für eine Ölkrise ist es, dass mehr Öl gebraucht wird, als zur Verfügung steht. Der Grund dafür kann auf der Angebots- (logistische oder politische Probleme) oder der Nachfrageseite (starker Anstieg des weltweiten Rohölbedarfs) liegen. Bei der Beurteilung der Ölpreise ist zu berücksichtigen, welche Preise gemeint sind. Die Preise sind abhängig von der Qualität und der Art des Vertrages. Angegeben werden oft die Preise beim Rotterdamer Spotmarkt, über den nur sehr wenig Öl gehandelt wird. Hauptsächlich wird Öl über langfristige Lieferverträge gehandelt.

Die erste Ölkrise 1973

Beschreibung

Die erste und bisher folgenreichste Ölkrise begann im Herbst 1973, als die Organisation der erdölexportierenden Länder bewusst die Fördermengen drosselte (um ca. fünf Prozent), um den Preis für Erdöl zu erhöhen.

Am 17. Oktober 1973 stieg der Ölpreis von rund drei Dollar pro Barrel (159 Liter) auf über fünf Dollar. Dies entspricht einem Anstieg um ca. 70 Prozent. Im Verlauf des nächsten Jahres stieg der Weltölpreis auf über zwölf Dollar.

Dieses Ereignis ging auch unter dem Namen "Ölembargo" in die Geschichte ein. Die angesprochene Drosselung der Fördermengen war Kalkül und politisches Druckmittel der OPEC-Staaten, die mit der Politik einiger erdölimportierender Staaten betreffend den Yom-Kippur-Krieg nicht einverstanden waren. Am Ölembargo nahmen Algerien, Irak, Katar, Kuwait, Libyen, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate teil.

Auswirkungen

Die Ölkrise von 1973 demonstrierte die Störanfälligkeit moderner Industriestaaten gegenüber einer Vielzahl von Einflussfaktoren sowie deren Abhängigkeit von fossiler Energie.

In der Bundesrepublik Deutschland wurde als direkte Reaktion auf die Krise viermal ein Sonntagsfahrverbot im November und Dezember 1973 verhängt sowie neue Geschwindigkeitsbegrenzungen eingeführt. Diese Politik hatte zwar kaum einen wirtschaftlichen Effekt, gab der Bevölkerung aber das Gefühl, aktiv etwas zur Bewältigung der Krise beitragen zu können. 1974 musste die Bundesrepublik für ihre Ölimporte rund 17 Milliarden DM mehr bezahlen als im Jahr zuvor (Ölpreisschock), was eine Konjunkturkrise einleitete. Die Ölkrise markiert damit das Ende des Wirtschaftswunders. In der Folge traten bisher weitgehend unbekannte Erscheinungen auf, etwa Kurzarbeit, Arbeitslosigkeit, steigende Sozialausgaben, verstärkte Inflation bzw. Stagflation, steigende Staatsverschuldung, Rationalisierung, Streiks und Unternehmenspleiten. In Österreich wurde unmittelbar als Sparmaßnahme ein autofreier Tag pro Woche verordnet. Dazu wurden die Fahrzeuge mit einem Kleber für den jeweiligen Wochentag auf der Windschutzscheibe gekennzeichnet. In den Schulen wurden Sonderferien im Februar für eine Woche eingeführt, die im Anschluss als Semesterferien weitergeführt wurden. Den umgangssprachlichen Namen Energieferien führen sie heute noch.

Die Ölkrise gebar Initiativen, die eine größere Unabhängigkeit vom Öl zum Ziel hatten. So rückten etwa alternative Treibstoffe wie Pflanzenöl und Biodiesel in das öffentliche Interesse. Es wurde vermehrt in Kernenergie, regenerative Energiequellen, die Wärmedämmung von Gebäuden und in die Effizienzsteigerung von Motoren und Heizgeräten investiert. Auch mit dem Abklingen der Ölkrise blieb ein gestiegenes Bewusstsein zum energiesparenden Verhalten in der Bevölkerung erhalten. Zudem wurde der Anteil des aus OPEC-Staaten bezogenen Öls durch Erschließung unterseeischer Ölfelder in der Nordsee sowie eine Diversifikation der Handelspartner gesenkt. Diese Entwicklung ist inzwischen zugunsten der OPEC rückläufig.

Während einige Länder sofort von der Normalzeit auf die Sommerzeit umstiegen, dauerte die Wiedereinführung der Zeitumstellung von der Normalzeit auf die Sommerzeit in der Bundesrepublik Deutschland sowie in Österreich im Jahr 1980 etwas länger.[1] Sie gilt aber ebenfalls als Nachwirkung der Ölkrise 1973. Die Entscheidung beruhte auf der Überzeugung, mit der Regelung durch eine bessere Nutzung des Tageslichts Energie sparen zu können.

In einigen westlichen Staaten wurden in der Folge der Krise militärische Optionen erwogen. Einem über 30 Jahre geheim gehaltenen gemeinsamen Plan der britischen und amerikanischen Regierungen zufolge war eine Invasion von Saudi-Arabien und Kuwait Gegenstand der Planung."It was thought that US airborne troops would seize the oil installations in Saudi Arabia and Kuwait and might even ask the British to do the same in Abu Dhabi."[2]

Zum Ausgleich der Preissteigerungen wurde in einigen Industrieländern durch die Zentralbanken vermehrt Geld in Umlauf gebracht. Dieses führte jedoch, wie nach der Quantitätstheorie zu erwarten, zu einer erhöhten Inflationsrate in den folgenden Jahren, die erst durch eine rigidere Finanz- und Geldpolitik während der 1980er beendet werden konnte.

Zur Reduzierung der politischen Erpressbarkeit wurden in allen Staaten Strategische Ölreserven angelegt oder massiv verstärkt.

Der allgemeine Ölboom weltweit mit Wachstumsraten der Förderung über 7% wurde durch die Ölkrise abrupt beendet. Einer der wenigen Sektoren, die von der Krise profitierten war die Offshore-Förderung von Öl, die aufgrund der gestiegenen Preise profitabel wurde. Dies zog eine rasante Entwicklung der damit verbundenen Technologien nach sich, vom Bau von Bohrinseln bis zur Pipelineverlegung und dem Einsatz von Tauchrobotern (Remotely Operated Vehicle) für Prospektierung, Anlagenbau und Wartung in größeren Wassertiefen.

Die zweite Ölkrise 1979

Eine weitere drastische Preissteigerung fand während der zweiten Ölkrise 1979/80 statt. Ausgelöst wurde sie im Wesentlichen durch Förderungsausfälle und Verunsicherung nach der Revolution in Iran und dem folgenden Angriff Iraks auf Iran (Erster Golfkrieg). Der damalige Preisanstieg fand bei ca. 38 US-Dollar für einen Barrel (159 Liter) sein vorläufiges Ende.

Weitere Phasen starken Ölpreisanstiegs

Zweiter Golfkrieg 1990

1990 und 1991, als der Irak Kuwait annektierte und den Zweiten Golfkrieg verlor, sprach man wieder von einer bevorstehenden Ölkrise, denn beide Länder gehörten zu diesem Zeitpunkt zu den größten Erdölproduzenten. Es kam aber nur zu einem kurzzeitigen Hochschnellen des Preises.

Weltwirtschaftliche Erholung nach der Asienkrise 2000

Nach Überwindung der Asienkrise wuchs die Weltwirtschaft und damit auch der Ölbedarf schnell an. Die Witterungsbedingungen im strengen Winter 2001/02 führten ebenfalls zu einem erhöhten Ölbedarf. Die Auswirkungen waren geringer als in den 70er Jahren. Aufstockungen der Erdölfördermenge verhinderten eine ernsthafte Ölkrise, und logistische Probleme (etwa eine mangelnde Zahl von Öltankern) wogen schwerer als eine tatsächliche Knappheit der Ölmenge.

Ölpreisspitzen der näheren Vergangenheit

Nach einer längeren Phase niedrigerer Preise erreichte im Laufe des Jahres 2004 der Ölpreis zeitweilig einen Stand von 53 Dollar in einem Umfeld politischer, wirtschaftlicher und spekulativer Belastungen. 2005 stiegen die Rohölpreise auf Grund des verheerenden Hurrikans Katrina, der die Ölförderung im Golf von Mexico und die Raffination in den USA beeinträchtigte, auf 70 USD pro Barrel (159 Liter). Seine bisherige Rekordmarke erreichte der Ölpreise pro Barrel am 1. August 2007 mit 78,78 Dollar.

Die finale Ölkrise

Hauptartikel: Ölfördermaximum

Da die Ölvorkommen der Erde endlich sind, besteht die Idee , dass es in Zukunft zu einer finalen Ölkrise kommen kann. Es wird spekuliert, dass, wenn der Höhepunkt der jährlichen Fördermenge für Erdöl (Peak-Oil) erreicht wird, es im Zuge der dann fallenden Fördermengen bei unverändert bestehender Nachfrage zu massiven Preiserhöhungen kommt. Anders als die bisherigen, im Wesentlichen politisch motivierten Produktionsdrosselungen würde diese finale Ölkrise durch den realen Rückgang der Förderung ausgelöst. Die Folge sei ein erzwungener Paradigmenwechsel in der bisherigen, auf Öl basierenden Weltwirtschaft. Ein Vorschlag zur Vermeidung eines denkbaren plötzlichen und radikalen Preisanstieges kommt von dem Geologen Colin J. Campbell in Form des Rimini-Protokolls.

Das Erreichen der maximalen Erdölfördermenge wird teils für 2010 prognostiziert; teils wird auch unterstellt, sie sei heute bereits erreicht. Dem entgegen arbeiten technologische Fortschritte, durch die man Öl günstiger fördern oder transportieren kann oder die aus bisher nicht förderbaren Ressourcen förderbare Reserven machen. Dadurch haben sich historische Prognosen über das frühere Eintreten einer finalen Erdölkrise noch nicht bewahrheitet (Stichwort Erdölkonstante).

Ein überproportional steigender Ölpreis führt zu vielfältigen Einflüssen auf die Weltwirtschaft. Da der Rohstoff Erdöl in der Industrie Grundlage vieler Werkstoffe und unverzichtbarer Energieträger ist, ist ein Anstieg des allgemeinen Preisniveaus zu erwarten (Inflation). Dadurch werden die globale Zins- und Fiskalpolitik, der Aktienmarkt und indirekt Staatshaushalte, die Zahl der Arbeitslosen, die sozialen Sicherungssysteme und viel mehr beeinflusst. Es lässt sich spekulieren, dass es durch stetig steigende Preise zu einer anhaltenden weltweiten Wirtschaftskrise kommt.

Direkte Auswirkungen sind zu erwarten bei:

Über die weiteren Auswirkungen einer finalen Ölkrise existiert eine große Anzahl von Thesen und Spekulationen.

Z.B. ist in der Regel eine Preiserhöhung bei Rohstoffen letztendlich beschäftigungssichernd, wenn nicht durch Arbeitszeitsverkürzung die ständige Produktivitätssteigerung kompensiert wird. [3]

Siehe auch

Wiktionary: Ölkrise – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Quellen

  1. ORF: Relikt der Ölkrise
  2. BBC News: US ready to seize Gulf oil in 1973, 2. Januar 2004
  3. Norbert Walter: Teures Öl schadet erst und nützt uns dann (PDF)