Deutschösterreich

Staat in Mitteleuropa (1918–1919)
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Deutschösterreich (auch Deutsch-Österreich) hat zwei Bedeutungen:

  • Als Deutschösterreich bezeichnete man bis 1918 die von Menschen deutscher Muttersprache bewohnten Reichsteile der damaligen k.u.k. Monarchie. Es war allerdings eine nichtamtliche Bezeichnung. Andere Namen lauteten: Deutsche Kronländer oder auch Deutsche Erblande.
  • Deutsch-Österreich war von 1918-1919 die Bezeichnung der späteren Republik Österreich. Damit sollte zum Ausdruck gebracht werden, dass es sich hierbei um die deutschsprachigen Gebietsteile der auseinander gebrochenen Donau-Monarchie handelt. Die Bezeichnung wurde aber von den Siegermächten des Ersten Weltkrieges nicht gebilligt.

Teilstaaten Deutschösterreichs

Österreich-Ungarn umfasste 1910 folgende überwiegend deutschsprachigen Kronländer:

(Deutsch-Westungarn - das spätere Burgenland - gehörte der ungarischen Reichshälfte an.)

Bei der Volkszählung 1910 umfassten diese Länder 79.866 km² und zählten 6,358 Millionen Einwohner. In vielen Gebieten wohnte die deutschsprachige Bevölkerung jedoch eng vermischt mit anderssprachigen Bevölkerungsgruppen.

Republik Deutschösterreich

Proklamation

Mit dem Zusammenbruch Österreich-Ungarns wählten am 21. Oktober 1918 die deutschsprachigen Abgeordneten der Monarchie (also auch die Sudetendeutschen, Deutschsüdtiroler und Deutsch-Untersteirer) den Vertreter der stärksten Fraktion des österreichischen Parlamentes zum ersten Präsidenten der Provisorischen Nationalversammlung. Dies war der Deutschnationale Franz Dinghofer. Landeshauptstadt wurde die Stadt Wien. Staatskanzler war der Sozialdemokrat Karl Renner.

Nachdem am 11. November 1918 der letzte Kaiser Österreich-Ungarns, Karl I., auf jeden Anteil an den Staatsgeschäften verzichtet hatte, beschloss am folgenden Tag die provisorische Nationalversammlung, auch unter Berufung auf das Selbstbestimmungsrecht der Völker und damit auf das 14-Punkte-Programm des amerikanischen Präsidenten Woodrow Wilson, das "Gesetz über die Staats- und Regierungsform von Deutschösterreich". Die beiden ersten Artikel lauteten:

Artikel 1
Deutschösterreich ist eine demokratische Republik. Alle öffentlichen Gewalten werden vom Volke eingesetzt.
Artikel 2
Deutschösterreich ist ein Bestandteil der Deutschen Republik. Besondere Gesetze regeln die Teilnahme Deutschösterreichs an der Gesetzgebung und Verwaltung der Deutschen Republik sowie die Ausdehnung des Geltungsbereiches von Gesetzen und Einrichtungen der Deutschen Republik auf Deutschösterreich.

Die proklamierte Republik umfasste 118.311 km² und 10,37 Mio. Einwohner.

Mit dem Gesetz vom 22. November 1918 legte die deutschösterreichische Nationalversammlung das Staatsgebiet wie folgt fest:

Die Republik Deutschösterreich übt die Gebietshoheit über das geschlossene Siedlungsgebiet der Deutschen innerhalb der im Reichsrat vertretenen Königreiche und Länder aus.

Geschichte

Das politische Selbstverständnis der Republik Deutschösterreich war, nicht zuletzt da mit dem Krieg auch wirtschaftlich bedeutende Regionen in Ungarn und der Tschechoslowakei verloren gegangen waren und das Land von vielen als ökonomisch nicht lebensfähig angesehen wurde, mehrheitlich großdeutsch ausgerichtet. Am 4. Februar 1919 (zwei Tage vor der ersten Wahl der neu entstandenen Republik) übermittelte die provisorische Nationalversammlung dem Deutschen Reichstag einstimmig folgende Grußworte: "Wir hoffen, daß es der deutschen Nationalversammlung im Vereine mit der deutschösterreichischen Volksvertretung gelingen wird, das Band, das die Gewalt im Jahre 1866 zerrissen hat, wieder zu knüpfen, die Einheit und Freiheit des Deutschen Volkes zu verwirklichen und Deutschösterreich mit dem deutschen Mutterlande für alle Zeiten zu vereinen."

Im Frühjahr 1919 begannen Gespräche zwischen dem Deutschen Reich und Deutschösterreich, deren Ziel die Vereinigung der beiden Staaten war. Die Regierungsvertreter versuchten damit den Verhandlungen zu den Friedensverträgen in St. Germain zuvorzukommen, da absehbar war, dass die Alliierten einem Zusammenschluss (Deutsch-)Österreichs und des Deutschen Reiches nicht zustimmen würden. Der deutsche Reichsaußenminister Graf Brockdorff-Rantzau und der deutschösterreichische Staatssekretär für auswärtige Angelegenheiten, der Sozialdemokrat Otto Bauer, verhandelten in Berlin ein Geheimabkommen zur Regelung des Beitritts, das folgende Punkte enthielt:

  • § 1. Die deutsche Reichsregierung und die deutschösterreichische Regierung sind überein gekommen, mit tunlichster Beschleunigung über den Zusammenschluß des Deutschen Reiches und Deutsch-Österreich einen Staatsvertrag abzuschließen, der den beiderseitigen Parlamenten zur Genehmigung vorgelegt und sodann ratifiziert werden soll.
  • §2. Nach Ratifizierung des Vertrages soll die Durchführung des Zusammenschlusses durch Reichsgesetze erfolgen, bei deren Beratung und Verabschiedung deutsch-österreichische Vertreter in den gesetzgebenden Körperschaften des Deutschen Reiches bereits mitwirken werden.
  • "§3. Der Zusammenschluß soll auf der Grundlage erfolgen, daß Deutsch-Österreich als selbständiger Gliedstaat in das Reich eintritt. Die Beziehungen Deutsch-Österreichs zu den anderen Gliedstaaten und zum Reich regeln sich nach den Bestimmungen der Reichsverfassung, soweit nicht der Vertrag Sonderbestimmungen vorsieht.

In den Verhandlungen kam man überein, dass Wien zur zweiten Reichshauptstadt ernannt würde, in der der Deutsche Reichstag alljährlich eine Sitzung abhalten müsse.

Am 25. Oktober 1919 unterzeichnte Staatskanzler Karl Renner in St. Germain die Friedensverträge. Diese enthielten, neben der Verpflichtung zu Reparationszahlungen (auf die später wegen der wirtschaftlichen Situation Österreichs verzichtet wurde), auch die Festlegung der Staatsgrenzen, ein Verbot des Zusammenschlusses mit dem Deutschen Reich und untersagten die Verwendung des Namens "Deutsch-Österreich".

Der Vertrag wurde am 21. Oktober von der Nationalversammlung in Wien ratifiziert und die Staatsbezeichnung von "Republik Deutschösterreich" in "Republik Österreich" umgewandelt.

siehe auch Geschichte Österreichs

Zitate - 1901-1933

  • "Ich erkläre Ihnen, jeder Deutsche, der sich die Nationalität stehlen lassen wird, ist in meinen Augen ein Feigling, der nicht verdient auf der Welt zu sein!"
(Der Wiener Bürgermeister Karl Lueger im österreichischen Abgeordnetenhaus, 13. 02.1901)
  • "...so erklären wir, daß sich das deutsche Volk in Österreich mit allen Mitteln dagegen wehren wird, daß seine staatsrechtliche Stellung oder die staatsrechtliche Stellung eines seiner Teile über seine Köpfe hinweg durch die Staatsgewalt eines fremden Eroberers bestimmt wird. Jedem solchen Versuch wird das deutsche Volk in Österreich sein unbeschränktes Selbstbestimmungsrecht mit allen Mitteln verteidigen!"
(Entschließungsantrag der Sozialdemokraten im Reichsrat, 03.10.1918)
  • "...aufgrund dieser Tatsachen erklärt die Provisorische Landesversammlung für Oberösterreich kraft des Selbstbestimmungsrechtes des reindeutschen Volkes in diesem Lande mit gleichen Rechten den Ländern Niederösterreich, Steiermark, Tirol, Vorarlberg, Deutschböhmen und Sudetenland als Glied des Staates Deutschösterreich zur Seite zu treten..."
("Beitrittserklärung" Oberösterreichs zur Republik Deutschösterreich, 18.11.1918)
  • "Die deutsche Nation, deren integrierter Bestandteil wir Deutschösterreicher sind, zimmert sich heute in Not und Drang ein neues Haus … Wir haben das Interesse, unsere künftige Stellung in der Gemeinschaft aller deutschen Stämme zu wahren und zu bekunden, daß die Gemeinschaft der Sprache, des Blutes und der Kultur stärker ist als der vorübergehende Zufallwellenschlag der Tagesereignisse."
(Staatskanzler Karl Renner in der deutschösterreichischen Nationalversammlung, 24.04.1919)
  • "Diese brutale Gewalt, welche man an uns ausübt, wird sich rächen. Das Wort, daß jede Politik der Gewalt sich am Ende rächt, wird Wahrheit werden, Wahrheit in vielleicht nicht allzu ferner Zeit!"
(Präsident der Nationalversammlung Franz Dinghofer zum Anschlussverbot, 6. Dezember 1919)
  • "Laßt die Bürger Österreichs frei abstimmen – und von 100 werden 98 für die Vereinigung mit Deutschland stimmen!"
(Dr. Karl Renner, 1928)
  • "Die Österreicher freuen sich und sind stolz darauf, der deutschen Nation, dabei auch gerade dem Zweig der Nation anzugehören, der in Österreich eine so ausgeprägte und hochwertige Kultur, natürlich im Rahmen der großen deutschen Gesamtkultur, zur Entwicklung gebracht hat."
(Bundeskanzler Ignaz Seipel im Finanzausschuss, 02.09.1926)
  • "Wir Österreicher sind uns unserer Schicksalsverbundenheit mit dem gesamten deutschen Volk voll und ganz bewußt."
(Engelbert Dollfuß, 20.04.1933)