Die Kapitalwertmethode (auch Net Present Value oder kurz NPV) ist ein Discounted Cash-Flow-Verfahren der dynamischen Investitionsrechnung. Durch Abzinsung auf den Beginn der Investition werden Zahlungen, die zu beliebigen Zeitpunkten anfallen, vergleichbar gemacht.
Der Kapitalwert einer Investition ist die Summe der Barwerte aller durch diese Investition verursachten Zahlungen (Ein- und Auszahlungen). Voraussetzung ist jedoch, dass zwischenzeitliche kumulierte Überschüsse sofort zum Kalkulationszinssatz angelegt werden (Wiederanlageprämisse).
Die Kapitalwertmethode erlaubt die Beurteilung einer Erweiterungsinvestition und die Bestimmung des Ersatzzeitpunktproblems.
Berechnung
Der Kapitalwert ist abhängig vom Kalkulationszinsfuß und basiert auf der Annahme des vollkommenen Kapitalmarktes.
Der Kapitalwert berechnet sich wie folgt:
: Kapitalwert
: Investition
: Betrachtungsdauer (in Perioden)
: Rückfluss (Cash-Flow) in Periode
: Liquidationserlös / Resterlös
: Kalkulationszinsfuß (KZF)
Fallen während der Nutzungsdauer pro Periode stetig gleiche Zahlungen an, kann der Kapitalwert auch einfach mithilfe der Rentenbarwertformel ermittelt werden:
: Rückfluss pro Periode
Anmerkung: Bei den Liquidationserlösen wird nicht der Buchwert (Abschreibungen) sondern der erwartete Verkaufserlös
zur Berechnung herangezogen.
Für unterschiedliche Zinsfaktoren in den verschiedenen Perioden errechnet sich der Kapitalwert wie folgt:
: Rückfluss in Periode
: Zinsfaktor der Periode mit
Interpretation
Eine Investition ist absolut vorteilhaft, wenn ihr Kapitalwert nicht negativ ist.
Kapitalwert = 0: Der Investor erhält sein eingesetztes Kapital zurück und eine Verzinsung der ausstehenden Beträge in Höhe des Kalkulationszinssatzes. Die Investition hat keinen Vorteil gegenüber der Anlage am Kapitalmarkt zum gleichen (risikoäquivalenten) Zinssatz. An dieser Stelle befindet sich der interne Zinsfuß.
Kapitalwert > 0: Der Investor erhält sein eingesetztes Kapital zurück und eine Verzinsung der ausstehenden Beträge, die den Kalkulationszinssatz übersteigen.
Kapitalwert < 0: Die Investition kann eine Verzinsung des eingesetzten Kapitals zum Kalkulationszinssatz nicht gewährleisten.
Werden mehrere sich gegenseitig ausschließende Investitionsalternativen verglichen, so ist die mit dem größten Kapitalwert die relativ vorteilhafteste. Weiterhin ist es möglich, die Kapitalwerte verschiedener sich nicht gegenseitig ausschließender Investitionen mit unterschiedlichen Kalkulationszinssätzen aufzusummieren, da es sich um ein additives Verfahren handelt.
Kritik
Der Kapitalwertmethode liegt die Idee zugrunde, dass der Sinn einer Kapitalausgabe darin besteht, das eingesetzte Kapital zu vermehren. Dieser Denkansatz verbleibt innerhalb des abstrakten Modells der Geldwirtschaft und berücksichtigt nicht den realen Nutzen oder Wert der zu tätigenden Investition. Desweiteren schließt die Orientierung am aktuellen Geldmarkt und seine Fortschreibung jegliche dynamische Entwicklungsperspektive aus.
Da ein positiver Cash-Flow für Kapitalgesellschaften unabdingbare Voraussetzung jeglicher Investition ist, unterbleiben Unternehmungen, deren Nutzen jenseits des Monetären liegt, bzw. deren monetärer Nutzen unter den derzeitigen Bedingungen nicht darstellbar ist.
Vorteile
Es handelt sich um ein rechnerisch einfaches Verfahren, das eine leichte Interpretierbarkeit ermöglicht, da der Kapitalwert in Geldeinheiten ausgedrückt wird (absolutes Ergebnis). Es ist weiterhin möglich zinsstrukturkonforme Berechnungen durchzuführen, da der Kalkulationszinssatz in jeder Periode angepasst werden kann.
Nachteile
Problematisch beim Einsatz der Kapitalwertmethode, wie auch allen anderen Discounted Cash-Flow Verfahren, sind die Annahme des vollkommenen Kapitalmarktes, insbesondere die Annahme der Gleichheit von Soll- und Habenzinssatz, der auf subjektiven Annahmen basierende Kalkulationszinssatz und die Höhe der zukünftigen Zahlungsströme. Aufgrund der einfachen Berechnung und Interpretierbarkeit besteht die Gefahr, die Ergebnisse unkommentiert zu verwenden. Es ist daher wichtig, dass die getroffenen Annahmen, vor allem über die Höhe der Risikoprämie des Kalkulationszinssatzes und der künftigen Cash Flows, genannt und begründet werden.
Wird die Möglichkeit, eine Investition mehrmals zu tätigen, übersehen, so kann dies zu Fehlentscheidungen führen. Abhilfe schafft hier die Annuitätenmethode. Hierbei wird von einer Wiederanlage der Erträge zum Kapitalmarktzins ausgegangen.
Literatur
- Perridon, Louis; Steiner, Manfred: Finanzwirtschaft der Unternehmung, Vahlen, 14. Aufl., 2007, ISBN 3-800-63359-0
- Thommen, Jean-Paul: "Managementorientierte Betriebswirtschaftslehre", Zürich, 7. Aufl., 2004, ISBN 3-03909-000-3