Frauenquote
Als Frauenquote wird eine vereinbarte offizielle oder inoffizielle Quotenregelung für den gewünschten Anteil Frauen in Gremien oder Organisationen bezeichnet. Der angestrebte Zweck ist die Gleichstellung von Männern und Frauen bei politischen und wirtschaftlichen Entscheidungsfindungen. Frauenquoten tauchen im politischen Diskurs meist im Rahmen der Frauenförderung auf. Im Bereich des Gender Mainstreaming hingegen ist immer öfter von Geschlechterquoten die Rede.
Hintergrund
Hintergrund ist die Annahme, dass Frauen in der Gesellschaft bei politischen Entscheidungsprozessen und anderen Ereignissen (Einstellungsverfahren, beruflicher Aufstieg usw.) aufgrund ihrer Geschlechtszugehörigkeit und damit zusammenhängenden, gesellschaftsbedingten Faktoren in drei Punkten benachteiligt seien:
- Sie seien nicht entsprechend ihres Bevölkerungsanteils an Macht und Einkommen beteiligt (Frauen sind überproportional in niedrigeren Lohnklassen, aber um so seltener in Parlamenten und Führungsebenen zu finden). Dies wiederspricht einem demokratischen Grundverständnis und dem Ansatz des Diversity Management.
- Die Interessen der gesellschaftlichen Gruppe der Frauen seien aufgrund der geringen Anzahl von Frauen in höheren politischen und wirtschaftlichen Positionen schlecht vertreten. Daher müsse der Anteil von Frauen in Entscheidungsgremien erhöht werden. Diesem Argument liegt die Annahme zugrunde, dass Frauen die Interessen von Frauen besser vertreten können, als Männer.
- Außerdem habe es sich gezeigt, dass eine Erhöhung des Frauenanteils in Entscheidungsgremien kurzfristig nicht auf "natürliche" Weise möglich sei, da Frauen insbesondere in geschlechtsuntypischen Bereichen (wozu Führungspositionen in der westlichen Kultur traditionell gehören) geringere Chancen als Männer hätten, gewählt bzw. eingestellt zu werden. Diesem Argument liegt die Annahme zugrunde, dass Frauen in diesem Bereich tatsächlich diskriminiert werden.
Arten von Frauenquoten
Absolute Quotenregelung
Bei einer absoluten Quotenregelung werden Frauen solange prinzipiell bevorzugt behandelt, bis die angestrebte Frauenquote von X% im entsprechenden Gremium erreicht ist. Diese Art der Quotenregelung ist die am heftigsten Umstrittene, da viele männliche Kandidaten sich diskriminiert fühlen, wenn sie unabhängig von ihrer Qualifikation keinen Posten oder ein Amt erhalten.
Relative Quotenregelung
Diese Quotenregelung ist meist so formuliert, dass bei gleicher Qualifikation die Bewerberin dem Bewerber vorgezogen werden soll, bis ein Frauenanteil von X% im entsprechenden Gremium erreicht ist. Dies ist in den meisten Fällen die Regelung, die schlussendlich durchgesetzt wird. Einigen Feministinnen geht eine solche Regelung jedoch zu wenig weit, da ihrer Meinung nach die Bedingung "gleiche Qualifikation" zuviel Interpretationsspielraum lasse und in vielen Fällen dazu führe, dass die Kandidatin nur dann eingestellt werde, wenn sie besser qualifiziert sei als der Kandidat.
Umsetzung von Frauenquoten
Deutschland
Die Grünen beschlossen bei ihrer Parteigründung 1979 eine Frauenquote: mindestens die Hälfte aller Ämter sollen weiblich besetzt sein. Die SPD beschloss 1988 eine 40 %-Frauenquote für Ämter und Mandate. Die CDU plante im Dezember 1994 einen Anteil von 33 %, scheiterte damit aber 1995. Stattdessen führte sie 1996 ein sogenanntes Frauenquorum ein.
Schweiz
Die Schweizerische Bundesregierung und Bundesverwaltung kennt neben Geschlechterquoten auch Quoten für die Sprachgruppen der Schweiz. Stellenanzeigen der Bundesverwaltung tragen folgenden Zusatz:
- Bewerberinnen und Bewerber jeder Landessprache haben beim Bund die gleichen Chancen. In der Regel sind gute Kenntnisse mindestens einer zweiten Amtssprache erforderlich.
- Bewerbungen von Frauen sind beim Bund besonders erwünscht.
Bei gleichen Qualifikationen sollte dem Bewerber oder der Bewerberin den Vorrang gegeben werden, deren Zugehörigkeitsgruppe (Geschlecht, Landessprache) im Vergleich zum Anteil an der Gesamtbevölkerung im entsprechenden Bereich unterrepräsentiert ist.
Politische Parteien wie die SP und die GPS haben für ihre eigenen Entscheidungsgremien und Wahllisten - sofern genügend Kandidatinnen zur Verfügung stehen - absolute Geschlechterquoten von 50% eingeführt.
Andere Länder
In Norwegen hat die Regierung im Dezember 2003 eine Frauenquote von mindestens 40 % für Sitze in allen Verwaltungsräten der 600 börsennotierten Unternehmen beschlossen. Diese soll bis zum 1. September 2005 umgesetzt werden, sonst erfolgen Zwangsmittel. Der Anteil der Frauen betrug nur im Jahre 2003 nur 7 %, gegenüber 3 % in deutschen Unternehmen.
Kommentar und Kritik
Zur Einführung der Frauenquote kam mancherorts noch ein besonderes Quorum hinzu, das Frauen einen gleichen Anteil von Redebeiträgen bei Versammlungen sichern sollte. Ergänzend kamen Anstrengungen hinzu, Stellenausschreibungen oder politische Mandate geschlechtsneutral bzw. zweigeschlechtliche zu formulieren, um den Anteil an wahlfähigen Kandidatinnen zu erhöhen.
Die Einführung von Quoten und anderer Maßnahmen zur Frauenförderung war sicherlich ein Erfolg der Bewegung der Frauenbewegung.
Im Zusammenhang der Einführung der 40%-Quote bei der SPD kam die abschätzige Bezeichnung Quotenfrau auf für Frauen, die dank einer bestehenden Quotenregelung gewählt bzw. eingestellt werden. Der Vorwurf besteht darin, dass sie nur wegen ihres Geschlechtes und nicht wegen ihrer Qualifikation die Stelle bekommen hätten.
Desweiteren wird kritisiert dass die faktische Benachteiligung von Frauen durch eine gesetzliche Bevorzugung ausgeglichen werden soll. Eine gesetzliche Bevorzugung (positive Diskriminierung) von Frauen sei automatisch auch eine Beachteiligung von Männern. Die Quotenregelung widerspreche daher nach Meinung der Kritiker dem Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz ("Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich").
Siehe auch
Literatur
- Bernd Gräfrath: Wie gerecht ist die Frauenquote? Eine praktisch-philosophische Untersuchung. 1998. ISBN 3884797107
- Busanne Boshammer: "Halbe-Halbe" - Zur Gerechtigkeit der Frauenquote. ISBN 3825844919