Möbiusband

geometrisches Objekt, berandete Fläche mit nur einer Seite
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Ein Möbiusband, auch Möbiusschleife genannt, ist eine zweidimensionale Struktur in der Topologie, die nur eine Kante und eine Fläche hat.

Möbiusband aus Papier

Beschreibung

Das Objekt geht derart in sich selbst über, dass man, wenn man auf einer der scheinbar zwei Seiten beginnt, die Fläche einzufärben, zum Schluss das ganze Objekt gefärbt hat. Es wurde im Jahr 1858 unabhängig voneinander von dem Göttinger Mathematiker und Physiker Johann Benedikt Listing und dem Leipziger Mathematiker und Astronomen August Ferdinand Möbius entdeckt.[1]

Ein anschauliches Möbiusband ist leicht herzustellen, indem man einen längeren Streifen Papier mit beiden Enden ringförmig zusammenklebt, ein Ende aber vor dem Zusammenkleben um 180° verdreht.

Eine Veranschaulichung zum Tausch der Seiten gibt es unter: Media:Moebiusband_wikipedia_animation.ogg

Andere interessante Effekte entstehen, wenn man auf dem Band eine Mittellinie oder zwei zur Mittellinie parallele Linien einzeichnet und das Band längs dieser Linie(n) aufschneidet, also es scheinbar halbiert bzw. drittelt. Im ersten Fall, also beim Durchschneiden entlang der Mittellinie, entsteht ein zweifach verdrillter (um 720° in sich verdrehter) Ring mit zwei Seiten und zwei Rändern. Im zweiten Fall entstehen zwei Objekte: Ein Möbiusband und ein zweifach verdrillter Ring, die ineinander hängen. Dieses Spiel kann man mit beliebig kleiner Einteilung fortsetzen: "viertelt" man das Band, entstehen zwei doppelt verdrillte Bänder, die nicht nur ineinander hängen, sondern auch noch einmal mehr umeinander geschlungen sind; "fünftelt" man es, entsteht dieselbe Figur mit einem zusätzlichen Möbiusband, das in den beiden Ringen hängt; "sechstelt" man das Band, erhält man zwei Ringe, die sich doppelt umschlingen und von einem weiteren Ring doppelt umschlungen werden, wobei der äußere und die beiden inneren Ringe beliebig untereinander austauschbar sind; „siebtelt“ man es wiederum, kommt wieder ein Möbiusband hinzu, das in den drei Ringen hängt usw. Ist n der Nenner des Bruchteils, in den man das Band scheinbar einteilt, so erhält man mit r ε IN, r = n : 2 die Anzahl der Ringe; bleibt ein Rest von 1, ist zusätzlich ein Möbiusband durch die Ringe geschlungen.

Berühmte Darstellungen des Möbiusbandes in der Kunst gibt es z. B. von M. C. Escher (Möbiusband I und II, 1963) und Max Bill (Koloß von Frankfurt, 1986). Auch der argentinische Spielfilm „Moebius“ (1995) setzt sich mit dem Thema auseinander. In der Literatur wird das Möbiusband ebenfalls thematisiert: Die Struktur von John Barths Kurzgeschichtenserie "Lost In The Funhouse" (dt. "Ambrose im Juxhaus") basiert auf dem Unendlichkeits- bzw. Wiederholungsprinzip (z. B. fehlende Mitte) des Möbiusbandes. Auch wird dem Buch ein Möbiusband mitgeliefert ("Frame-Tale") beschriftet mit: "Once upon a time there was a story that began once upon a time etc.....". Damit bildet es einen Aspekt der postmodernen Literaturauffassung nach.

Eine weitere Fläche mit nur einer Seite, allerdings ohne Ränder, ist die Kleinsche Flasche.

Das Möbiusband ist, ebenso wie die Kleinsche Flasche, eine nicht-orientierbare Mannigfaltigkeit. Man kann eine Kleinsche Flasche so in zwei Teile zerlegen, dass zwei Möbiusbänder entstehen.

Das mathematische Symbol für die Unendlichkeit wird manchmal fälschlicherweise als Möbiusband interpretiert.

Praktische Anwendungen

  • Bei Riemengetrieben, wo es für gleichmäßige Abnutzung sorgt.
  • In der Mode als Möbiusschal
  • In der Physik/Elektrotechnik:
    • als kompakter Resonator mit der Resonanzfrequenz bei der Hälfte baugleicher linearer Spulen (IEEE Trans. Microwave Theory and Tech., vol. 48, no. 12, pp. 2465-2471, Dec. 2000).
    • als induktionsloser Widerstand (US Patent 3,267,406).
    • als Supraleiter mit hoher Sprungtemperatur (Raul Perez-Enriquez A Structural Parameter for High Tc Superconductivity from an Octahedral Moebius Strip in RBaCuO:123 type Perovskites Rev Mex Fis v.48 supplement 1, 2002, p.262)
  • In der Chemie/Nanotechnologie:
    • als "Knotenmoleküle" mit besonderen Eigenschaften (Knotane [2], Chiralität)
    • als molekulare Motoren (Angew Chem Int Ed Engl. 2005 Feb 25;44(10):1456-77).
    • als Graphene-Band (Nano-Graphit) mit neuartigen elektronischen Eigenschaften, wie helikalem Magnetismus (arXiv:cond-mat/0309636 v1 Physica E 26 February 2006)

Möbiusband in der Natur

  • Geladene Teilchen, die im Magnetfeld der Erde eingefangen wurden, können sich auf einem Möbiusband bewegen (IEEE Transactions on Plasma Science, Vol. 30, No. 1, Feb 2002) [3]
  • Das zyklische Protein Kalata B1, Wirkstoff der Pflanze Oldenlandia. O. affinis, als Naturheilmittel z. B. für die Geburtseinleitung, hat eine Möbius-Topologie [4]

Mathematische Darstellung

 
Plot eines Möbiusbandes

Das Möbiusband kann als Teilmenge des   mittels der folgenden Parameterdarstellung gezeichnet werden:

 
 
 

wobei   und  . Damit wird in der X-Y-Ebene ein Möbiusband mit einer Breite von 1 und einem Innenradius von 1 um das Zentrum   erstellt. Der Winkel   bewegt sich um das Band, während   sich von der einen zu anderen Kante bewegt.

Mit Hilfe von Zylinderkoordinaten   wird durch die folgende Gleichung eine unbeschränkte Version des Möbiusbandes definiert:

 .
 
Möbiusband als Quotientenraum

Die Topologie bietet einen mathematischen Weg, ein Möbiusband durch das gegensinnige Zusammenkleben der Enden eines Papierstreifens herzustellen. Dort wird ein Möbiusband als Quotientenraum des Quadrats   definiert, wobei zwei gegenüberliegende Seiten durch die Äquivalenzrelation   für   miteinander identifiziert werden. Das nebenstehende Diagramm verdeutlicht dies.

Spinoren

Man kann den Rand des Möbiusbandes auch als Spinor auffassen: Die Gruppe   sei durch   parametrisiert. Den Spinor   kann man als Teilmenge

 

auffassen; dies ist genau der Rand des Möbiusbandes

 

Neue Erkenntnisse zur mathematischen Beschreibung eines Möbiusbands wurden im Jahr 2007 durch die Wissenschaftler E.L. Starostin und G.H.M. van der Heijden publiziert. [5] [6]

Literatur

Quellen

  1. http://www-groups.dcs.st-and.ac.uk/~history/Biographies/Listing.html
  2. http://en.wikipedia.org/wiki/Knotane
  3. http://www.pparc.ac.uk/frontiers/latest/update.asp?article=2U2&style=update
  4. http://www.expasy.org/spotlight/back_issues/sptlt020.shtml
  5. http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,495189,00.html
  6. http://www.nature.com/nmat/journal/v6/n8/abs/nmat1929.html