Landfrieden
Ein Landfrieden (oder: Landfriede; lat. constitutio pacis, pax instituta auch pax jurata) war im mittelalterlichen Recht der vertragsmäßige Verzicht der Machtträger bestimmter Landschaften auf die Anwendung von (eigentlich legitimer) Gewalt zur Durchsetzung eigener Rechtsansprüche. Dies betraf vor allem das Recht der Fehdeführung.
Landfriedenseinigungen bildeten die politische Grundlage für die Verwirklichung des Rechts ohne den privaten Rückgriff auf Gewalt. Sie regelten oft auch die Gerichtshoheit und ermöglichen damit die Beilegung von Streitigkeiten durch an allgemeinen Regeln ausgerichtete Beschlüsse. Verstöße oder Gefährdungen des öffentlichen Friedens wurden mit peinlicher Strafe bedroht. So konnten Gegenstände oder Gebäude z. B. Kirchen, Wohnhäuser, Mühlen, Ackergeräte, Brücken aber vor allem die Reichsstraßen und Personen (Geistliche, Pilger, Kaufleute, Frauen, auch Bauern, Jäger und Fischer in Ausübung ihres Berufes) unter Schutz gestellt werden. Die Landfrieden schufen eine Art Standrecht und Sondergerichte, die Landfriedensgerichte.
Die Landfriedensbewegung erstrebte seit dem 11. Jahrhundert die Fortsetzung der Gottesfrieden. Geschaffen wurde der erste Reichslandfriede von Heinrich IV. als sogenannter Erster Mainzer Reichslandfriede im Jahre 1103, nachdem er bereits 1085 den Mainzer Gottesfrieden der Kirche verkündet hatte. 1152 verkündete Friedrich I. (Barbarossa) den Großen Reichslandfrieden, der auf das ganze Reich ausgedehnt wurde. Es handelte sich dabei um einen Akt der Satzung und stellte ein zeitlich begrenztes Herrschaftsbündnis dar. Die beiden bedeutendsten Reichslandfrieden (1235 und 1495) waren bereits gesetzesähnliche Erlasse und hatten weniger Bündnischarakter. Den Reichslandfrieden im Jahre 1235 verkündete Friedrich II. (Mainzer Landfrieden). Erstmals wurde ein Reichslandfrieden zweisprachig, also sowohl in lateinischer als auch in deutscher Sprache abgefasst. Es handelte sich um einen Verfassungsakt, der Geltung im ganzen Reich erhielt. Ihren Abschluss fand der Reichslandfriede im Ewigen Landfrieden von 1495, mit dem für das Heilige Römische Reich ein unbefristeter Landfriede konstituiert wurde.
Negativer Aspekt: Die Kreuzzugsideologie
Jedoch darf sowohl an dieser Stelle als auch beim Gottesfrieden der instrumentalisierte Missbrauch des Landfriedens seitens der Kirche und die damit entstandene Kreuzzugsideologie nicht vernachlässigt werden! Die Geistlichkeit lenkte von den internen Fehden ab und rief die Christen zum Kampf gegen alle Andersgläubige (Heiden) auf. Allem voran dem Zug der Christen nach Palästina - in das gelobte Land, in dem Milch und Honig fließen -, um das dort ansässige Volk Palästinas zu plündern und schlimmes mehr. Siehe dazu Bumke (2005), der viele Fakten wissenschaftlich auf den Tisch legt.
Bis heute ist Landfriedensbruch (§ 125 StGB bzw. Art. 260 CH-StGB) ein Straftatbestand. Die Wahrung des Landfriedens – das Verbot des Faustrechtes – ist Basis jeder modernen Rechtsordnung.
Siehe auch
Literatur
- Arno Buschmann, Elmar Wadle (Hrsg.): Landfrieden. Anspruch und Wirklichkeit. Paderborn 2002
- Bumke, Joachim: Höfische Kultur. Literatur und Gesellschaft im hohen Mittelalter. 11. Aufl., München 2005
- Joachim Gernhuber: Die Landfriedensbewegung in Deutschland bis zum Mainzer Reichslandfrieden von 1235. Bonn 1952
- Guido Komatsu: Landfriedensbünde im 16. Jahrhundert. Ein typologischer Vergleich. Dissertation, Universität Göttingen 2001 (Volltext)
- Elmar Wadle: Landfrieden, Strafe, Recht. Zwölf Studien zum Mittelalter. Berlin 2001