Henry Timrod (* 8. Dezember 1828 in Charleston, South Carolina; † 7. Oktober 1867 in Columbia, South Carolina) war ein amerikanischer Journalist und Dichter. Er ist insbesondere für seine während des amerikanischen Bürgerkriegs geschriebenen Gedichte bekannt, in denen er Schicksal und Zukunft der abtrünnigen Südstaaten glorifizierte.

Leben
Kindheit und Jugend
Henry Timrod wurde 1828 als drittes von vier Kindern des deutschstämmigen Buchbinders William Henry Timrod, eines Veteranen der Seminolenkriege, und seiner Frau Thyrza Prince geboren. Schon sein Vater William war ein Gelegenheitsdichter und veröffentlichte 1814 einen Lyrikband. Seine Werkstatt war in den 1820er und 1830er Jahren ein bevorzugter Treffpunkt der Literaten der Charlestons[1]. Diese Stadt, in der Timrod aufwuchs und in der er den Großteil seines Lebens verbringen sollte, war vor allem im 19. Jahrhundert eines der kulturellen Zentren der Südstaaten und eine der wenigen, in denen sich überhaupt eine erwähnenswerte literarische Kultur entwickelte.[2] William Henry Timrod starb schon 1838, doch öffnete sein hohes Ansehen in Charlestons seinem Sohn Henry auch in späteren Jahren viele Türen, die ihm sonst angesichts der recht begrenzten finanziellen Mittel seiner Familie wohl verschlossen geblieben wären.
So besuchte Henry ab 1840 dann die Classical School des englischen Einwanderers Christopher Cotes, die zu dieser Zeit die bevorzugte Privatschule für den Nachwuchs der Oberschicht Charlestons war.[3] Hier erhielt Timrod eine umfassende klassische Bildung und wurde so mit der lateinischen und griechischen Dichtung vertraut. In seiner Schulzeit begann auch Timrods Freundschaft mit Paul Hamilton Hayne, der ihn zu Lebzeiten stets in seinen dichterischen Ambitionen unterstützen sollte und der nach Timrods Tod maßgeblich dazu beitrug, dass sein Werk einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde. Ein weiterer Schulkamerad war Basil Lanneau Gildersleeve, der später der bedeutendste amerikanischer Altphilologe seiner Zeit werden sollte.
1845 begann Timrod er ein Studium an der University of Georgia in Athens, brach es aber nach kaum einem Jahr aus unbekannten Gründen[4] ab und kehrte 1847 nach Charleston zurück. Dort begann er in der Kanzlei des renommierten Anwalts James L. Petigru eine juristische Ausbildung; da der Bundesstaat South Carolina zu dieser Zeit über keine Rechtshochschule verfügte, studierten angehende Juristen bei einem approbierten Anwalt.
Die 1850er Jahre: Leben als Landschullehrer
Auch die Ausbildung zum Anwalt brach Timrod schließlich 1849 ab, da er zu der Erkenntnis gelangt war, dass die Juristerei eine „geschmacklose Beschäftigung“ sei.[5] Trotzdem er keinen Universitätsabschluss vorzuweisen, spielte er mit dem Gedanken, eine akademische Laufbahn, vorzugsweise als klassischer Philologe einzuschlagen, und arbeitete offenbar an einer Neuübersetzung der Gedichte Catulls.
Stattdessen zwang ihn die Mittellosigkeit zu bescheideneren Laufbahn als Lehrer. In den 1850er Jahren verdingte er sich er so als Lehrer an verschiedenen Landschulen, aber auch als Privatlehrer für die Kinder von Plantagenbesitzern in North und South Carolina, kehrte aber nach Charleston zurück, wann immer es ihm möglich war. Hier wurde er ein führendes Mitglied des Literaten- und Akademikerzirkels, der sich um den Buchladen John Russells scharte und zu dem neben Timrod, Hayne unter anderem William Gilmore Simms zählte. Mit der von dieser Gruppe ins Leben gerufenen der Literaturzeitschrift Russell's Magazine 1857 wurde Timrod zu einem ihrer produktivsten Beiträger, daneben veröffentlichte er vor allem im The Southern Literary Messenger. 1859 ging sein erster und einziger Gedichtband beim Bostoner Verlagshaus Ticknor and Fields Druck.[6] In den 1850er Jahren, die von der Zuspitzung des Konflikts zwischen Nord- und Südstaaten geprägt waren, zeigte sich Timrod zunächst kaum am politischen Zeitgeschehen interessiert und interessierte sich weiterhin eher für das Dichten, die Natur und schöne Frauen, als für die Sklaverei- und Sezessionsdebatte.[7]
Bürgerkrieg und Tod
Dies änderte sich, als der Konflikt zum Jahresende 1860 eskalierte. Timrods Heimatstaat South Carolina erklärte seinen Austritt aus der Union, ein Schritt, dem sich 1861 die weitaus meisten Südstaaten anschlossen. Anlässlich der Gründung der Gründung der Konföderierten Staaten von Amerika am 4. Februar 1861 in Montgomery schrieb Timrod, beeindruckt vom patriotischen Überschwang dieser Tage, eine Ode auf die strahlende Zukunft der neuen Nation. Dieses Gedicht wurde unter dem Titel Ethnogenesis („Ethnogenese“) in vielen Südstaatenzeitungen nachgedruckt und vielerorts als Flugblatt verbreitet. Neben James Ryder Randalls Maryland, My Maryland wurde Ethnogenesis eines der populärsten der zahlreichen patriotischen Gedichte, die in dieser Zeit entstanden und erwies sich so als wirkungsvolle Propaganda. Mit weiteren Gedichten, insbesondere The Cotton Boll („Die Baumwollkapsel“, September 1861) und Carolina (März 1862), in denen er die Sezession der Südstaaten rechtfertigte und ihre moralische Überlegenheit unterstrich, etablierte sich Timrod als Lobredner der Sache des Südens und wurde landesweit bekannt.
Am 12. April begann mit der Beschießung von Fort Sumter vor der Hafeneinfahrt von Timrods Heimatstadt Charleston der amerikanische Bürgerkrieg. Im Zuge der allgemeinen Mobilmachung schloss sich Timrod zunächst im April 1861 der Miliz von Hardeeville an, wohin es ihn eine Anstellung als Lehrer verschlagen hatte; im Dezember des Jahres trat er als Gefreiter des 20. South Carolina Infanterieregiments in die Konföderiertenarmee ein. Da Timrod jedoch gesundheitlich geschwächt war - wohl schon um 1858 wurde bei ihm Tuberkulose diagnostiziert - wurde er vom Regimentskommendeur, Timrods Freund Lawrence M. Keitt, zunächst mit einer Stabsstelle bedacht, schließlich aber freigestellt.
Im Frühjahr 1862 nahm Timrod so eine Anstellung als Kriegsberichterstatter für die Charlestoner Zeitung Mercury an und machte sich auf den Weg auf die Schlachtfelder des Westens. Im April 1862 des Jahres erreichte er Corinth, Mississippi, wohin sich nach der Niederlage in der Schlacht von Shiloh die Truppen General Beauregards zurückgezogen hatte. Unter dem Decknamen Kappa berichtete er in seinen Depeschen nach Charleston von den katastrophalen Zuständen im Lager, doch war sein zartes Gemüt für die die Aufgaben eines Kriegskorrespondenten nicht geschaffen. Mit dem Rückzug der Truppen Beauregards in der Schlacht um Corinth floh auch Timrod vor dem Vormarsch der Unionstruppen und kehrte über Mobile, Alabama nach Charleston zurück.
Die letzten Kriegsjahre brachten Timrod erst persönliches Glück und beruflichen Erfolg, doch trafen ihn der Krieg und seine Folgen schließlich auch selbst. Im Januar 1864 wurde Timrod Herausgeber der neu gegründeten Zeitung The South Carolinian in Columbia, doch blieben die Gehaltszahlungen aus, und als die Truppen Shermans im Februar 1865 die Stadt besetzten, musste Timrod fliehen; die Redaktionsräume wurden zerstört. Im Februar 1864 heiratete Timrod seine ehemalige Schülerin und langjährige Verlobte Katie Godwin. Am Weihnachtstag kam sein Sohn Willie zur Welt, doch schon im Oktober 1865, einige Monate nach der Kapitulation der Südstaaten, starb der Säugling; Timrod hielt seine Trauer im Gedicht Our Willie fest. Ihm selbst setzte zunehmend die Tuberkulose zu. Am 7. Oktober 1867 starb er verarmt in Columbia.
Werk
Liebes- und Naturgedichte
Timrods Anfänge als Dichter fallen in seine Schul- und Studienzeit. Aus diesem Frühwerk sind rund 60 Gedichte im Manuskript erhalten, zumeist recht hölzerne Imitationen gediegen-höflicher Liebesdichtung, wie sie in der englischen Dichtung seit der Zeit der cavalier poets verbreitet war, deren Motive und Konventionen aber schon bald zum Klischee erstarrt waren. Gerade in den amerikanischen Südstaaten, die sich in ihrem Selbstverständnis als Ständegesellschaft nach europäischem Muster gefiel und entsprechend eine gewisse aristokratische Kultiviertheit gerade in Liebesdingen als erstrebenswert erachtete, war diese Art von Poetasterei ein gesellschaftlich sanktionierter Zeitvertreib für den angehenden Südstaaten-Gentleman. Manche der Gedichte sind neoklassizistisch getönte Oden an die Liebe (oder an Cupido, den Liebesgott), die weitaus meisten sind jedoch an junge Damen gerichtet und belobigen deren Schönheit, Reinheit und Raffinesse. An den Namen, die sich sich durch die Widmungen und Gedichte ziehen - Marie, Rose, Isabel, Anne, Genevieve, usw. - lässt sich ablesen, dass Timrods Liebeleien ebenso zahlreich wie flüchtig waren. Viele dieser Gedichte waren offenbar für die Poesiealben junger Damen in Athens und Charleston bestimmt, und nur für wenige dieser Fingerübungen bemühte sich Timrod später um eine Publikation. Das erste veröffentlichte Gedicht Timrods, ein Sonett, signiert mit T. H. (also seinen umgekehrten Initialen) erschien am 8. September 1846 in der Charlestoner Tageszeitung Evening News. Ab 1849 erschienen Timrods Gedichte regelmäßig unter dem Pseudonym Aglaus (der Name eines kaum bekannten altgriechischen Dichters) im Southern Literary Messenger; erst 1856 gab sich Timrod als der Autor hinter dem Pseudonym zu erkennen und veröffentlichte fortan unter seinem Klarnamen.
Poetologische Gedichte und Essays
Unter dem Einfluss britischer Dichter, insbesondere William Wordsworth, Robert Browning und Tennyson, wandte er sich zunehmend einer romantischen Weltsicht und einem dementsprechenden Dichtungsbegriff zu. Viele seiner frühen Gedichte haben so die Einsamkeit des Dichter-Genies zum Thema, der sich in die Natur begibt, um dort den Kuss der Muse zu erwarten. Diese Entwicklung gipfelt in A Vision of Poesy, einem widersprüchlichen wie finsteren Gedicht, in der der Dichter, mitgenommen von den jahrelangen Zweifeln an seiner Berufung, im Sterbebett liegt, kurz vor dem Dahinscheiden aber tatsächlich von Poesy, der personifizierten Dichtkunst, erhört wird.
Kriegsgedichte
In Ethnogenesis („Ethnogenese“) beschrieb er in apokalyptisch anmutender Bildsprache die „Geburt“ einer eigenen Nation der amerikanischen Südstaaten, die auch zweifelsohne den Konflikt für sich entscheiden würde, weil sie mit sich, ihrer Scholle und Gott im reinen ist, wohingegen der Norden mit dem Teufel im Bunde sei. The Cotton Boll („Die Baumwollkapsel“) erhebt die blütenweiße Baumwolle zum Sinnbild für die unbefleckte Kultur der Südstaaten. Die Sklaverei wird im gesamten Werk Timrods niemals explizit angesprochen; der einzige Verweis auf die Sklaven der Baumwollfelder ist beziechnenderweise eine synekdochische Reduktion auf die „dunklen Hände“, die die Baumwollkapseln pflücken:
- Small sphere!
- By dusky fingers brought this morning here
- And shown with boasful smiles
Pikant ist in diesem Zusammenhang, dass in den 1930er Jahren eine Recherche der Genealogie seiner Familie zu dem Ergebnis kam, dass Timrod wohl selbst mindestens zu einem Sechzehntel afrikanischer Abstammung war; ein Gerichtsdokument aus dem 18. Jahrhundert sprach seiner Urgroßmutter als Schwarzer das Recht ab, vor Gericht auszusagen, und ihre Tochter Sarah Faesch, Timrods Großmutter mütterlicherseits, wird im 1790 durchgeführten Zensus als als freie Schwarze geführt.[8]
In Ethnogenesis („Ethnogenese“) beschrieb er in apokalyptisch anmutender Bildsprache die „Geburt“ einer eigenen Nation der amerikanischen Südstaaten, die auch zweifelsohne den Konflikt für sich entscheiden würde, weil sie mit sich, ihrer Scholle und Gott im reinen ist, wohingegen der Norden mit dem Teufel im Bunde sei. The Cotton Boll („Die Baumwollkapsel“) erhebt die blütenweiße Baumwolle zum Sinnbild für die unbefleckte Kultur der Südstaaten. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass die Sklaverei in keinem der Gedichte aus Timrods Œuvre explizit angesprochen wird. Diese und die folgenden Gedichte brachten Timrod zwar Ruhm, aber kaum Geld ein, zumal die Wirtschaft der Südstaaten mit der Dauer des Krieges dem Zusammenbruch entgegensteuerte. Timrod arbeitete in dieser Zeit als Journalist beim Charleston Mercury, zwischenzeitlich auch wieder als Frontberichterstatter. Mit der zunehmenden Dauer und Härte des Krieges gesellte in Timrods Gedichten sich zum Hurrapatrotismus auch ein besinnlicherer Ton; so ist etwa in Charleston (1863) die Friedenssehnsucht der ausgezehrten Stadt das zentrale Motiv.
Editionsgeschichte
Zu Timrods Lebzeiten erschienen seine Gedichte zumeist in verschiedenen Zeitungen und Zeitschriften, deren Verbreitung sich meist auf den Verlagsort beschränkten. 1859 ging sein erster und einziger Gedichtband, schlicht Poems betitelt, beim Bostoner Verlagshaus Ticknor and Fields in Druck. Zwar trägt das Titelblatt dieser Ausgabe die Jahreszahl 1860, der Copyrightvermerk jedoch aus dem Jahr 1859. Es ist gesichert, dass der Band spätestens zu Weihnachten 1859 erhältlich war.[9] Offenbar wurde der Band ausschließlich im Abonnement erhältlich und wurde daher nicht im regulären Buchhandel vertrieben; so blieb die verkaufte Auflage gering. Zwar waren die wenigen Rezensionen durchaus positiv, doch letztlich blieb Timrod von der breiteren Öffentlichkeit unbeachtet. Nach 1861, als Timrod mit seiner überaus öffentlickeitswirksamen Kriegsdichtung berühmt geworden war, verunmöglichte die desolate wirtschaftliche Situation, die das Verlagswesen und den Buchhandel der Südstaaten empfindlich traf, weitere Veröffentlichungen in Buchform. Pläne zu einer englischen Ausgabe von Timrods Gedichten - gegen Ende 1863 hatte Timrod die Reinschriften vollendet, als Illustrator war der als Kriegsberichterstatter in den Südstaaten weilende Frank Vizetelli vorgesehen - machte die Realität des Krieges zunichte.[10]
Nach Timrods Tod kam es zu einem regelrechten Zwist zwischen zwei Freunden Timrods um die Ehre, seine gesammelten Werke herausgeben zu dürfen. Während William A. Courtenay sich auf ein persönliches Versprechen berief, dass er Timrod gegeben habe, berief sich Paul Hamilton Hayne, der schon zu dessen Lebzeiten eine kaum zu unterschätzende Rolle in Timrods Laufbahn gespielt hatte, auf die Unterstützung der Familie Timrods, insbesondere seiner Witwe Katie und seiner Schwester Emily Timrod Goodwin. Schließlich war es Hayne, der gegen Ende des Jahres 1872 als Herausgeber der gesammelten Werke unter dem Titel The Poems of Henry Timrod firmierte und mit einem sehr persönlich gehaltenen biografischen Essay einleitete. Diese Ausgabe erwise sich als ausnehmend erfolgreich. Die Rezensionen waren auch in den Nordstaaten durchweg positiv, und die erste Auflage verkaufte sich innert weniger Monate, so dass der Verlag, das in New York ansässige Haus E. J. Hale & Son, noch 1873 eine zweite, um einige Gedichte erweiterte Auflage auflegte.[11]
Nachwirkung
Timrod wurde − wegen seiner Gedichte, aber wohl auch angesichts seiner persönlichen Tragödie − zum Dichter des Lost Cause schlechthin verklärt und in den Südstaaten weithin verehrt. 1901 errichtete man ihm zu Ehren ein Denkmal in Charleston. 1911 beschloss die Generalversammlung von South Carolina auf Vorschlag der Daughters of the American Revolution, Timrods Carolina zum offiziellen Staatslied (state song) zu erheben.[12]
Allen Tate, eine der führenden Gestalten der Renaissance der Südstaatenliteratur der 1920er und 1930er Jahre, erwies Timrod die Ehre, indem er seine berühmte Ode an die Gefallenen der Konföderation (Ode to the Confederate Dead, 1928) an Timrods Ode Sung on the Occasion of Decorating the Graves of the Confederate Dead at Magnolia Cemetery, Charleston, South Carolina 1866 anlehnte.
In jüngster Zeit lehnte sich Bob Dylan bei einigen Texten seines im Herbst 2006 erschienenes Album Modern Times an Verse Timrods, allerdings ohne darauf explizit hinzuweisen. Vor allem auf den Seiten der New York Times entsponn sich daraufhin ein Kontroverse, ob sich Dylan des Plagiats schuldig gemacht habe oder sich nur habe „inspirieren“ lassen[13] . Hier im Vergleich eine der inkriminierten Passagen im Vergleich zu Timrods Versen:
– Timrod: Rhapsody of a Southern Winter Night |
– Dylan: When the Deal Goes Down |
Auch wurde darauf hingewiesen, dass der Titel des Dylan-Albums sämtliche Buchstaben von Timrods Nachnamen enthält und so eine chiffrierte Referenz darstellen könnte.[14]
Im Kanon der amerikanischen Literatur kommt Timrod nur eine nachrangige Stellung zu. Der Literaturgeschichtsschreibung, die sich gerade in der Amerikanistik zumeist als die Geschichte ästhetischer Innovationen hin zur Moderne darstellt,[15] erscheinen Timrods Gedichte allzu konventionell; sein Festhalten am Kunstverständnis der englischen Romantiker wie Wordsworth lässt seine Dichtung besonders im internationalen Vergleich nicht nur wenig originell, sondern auch unzeitgemäß erscheinen[16] Aber auch im Vergleich zu Timrods New Yorker und neuenglischen Zeitgenossen wie Herman Melville, Walt Whitman und Emily Dickinson, deren Konventionsbrüche als wegweisend für die Dichtung des 20. Jahrhunderts erachtet werden, erscheint Timrods dichterisches Werk allzusehr Ort und Zeit seiner Entstehung verhaftet. Allenfalls in der häufig gesondert behandelten Literaturgeschichte des amerikanischen Südens wird er neben Poe und Lanier als einer bedeutenderen Lyriker des 19. Jahrhunderts geführt, ein Umstand, der wiederum häufig weniger auf Timrods literarische Qualitäten, sondern auf die „rechte Gesinnung“ seiner frühen Kriegsgedichten und ihrer Verwertbarkeit für Mythos von der „guten alten Zeit“ vor dem Krieg und der Ehrbarkeit der Südstaatenkonföderation zurückzuführen ist. Kaum eine Literaturgeschichte kommt umhin, ihn nach dem Titel einer Timrod-Biografie aus dem Jahr 1928 als „Poet Laureate der Konföderation“ zu titulieren.[17] Noch der 2004 erschienenen Timrod-Biografie von Brian Walter Cisco ist der Südstaatenbias deutlich anzumerken.
Eine ebenso unparteiisches wie wohlwollendes Urteil sprach Daniel Aaron, Autor eines Standardwerks zur Literatur während des amerikanischen Bürgerkriegs, 1973 aus: Timrod, sei unter den Südstaatendichtern das „einzige authentische Talent“ gewesen: „Man wendet sich mit Erleichterung von den pathetischen, groben und diffusen Versen der Überpatrioten ab und zu Timrods gedankenvollen und düsteren Gedichten.“[18]
Literatur
- Daniel Aaron: The Unwritten War. American Writers and the Civil War. Alfred A. Knopf, New York 1973.
- Brian Walter Cisco: Henry Timrod: A Biography. Fairleigh Dickinson University Press 2004. ISBN 0838640419
- Jack De Bellis: Sidney Lanier, Henry Timrod and Paul Hamilton Hayne: A Reference Guide. G. K. Hall, Boston 1978. (Bibliografie)
- Jay B. Hubbell: The Last Days of Henry Timrod, 1864-1867. Duke University Press, Durham 1941.
- Edd Winfield Parks: Henry Timrod. Twayne Publishers, New York 1964.
- Louis Decimus Rubin, Jr.: The Edge of the Swamp: A Study of the Literature and Society of the Old South. Louisiana State UP, Baton Rouge 1989.
Weblinks
Wikisource: Henry Timrod - Gedichte
Einzelnachweise
- ↑ J. A. Leo Lemay: The Origins of the Humour of the Old South. In: M. Thomas Inge und Edward J. Piacentino (Hg.): The Humor of the Old South. University Press of Kentucky, Lexington 2001. S.15-16
- ↑ Cisco, S. 39
- ↑ Parks (S. 20) gibt an, Timrod habe zuvor ab 1836 die Schule der German Friendly Society in Charleston besucht; Cisco (S. 31) hat hierfür hingegen keine Anhaltspunkte finden können.
- ↑ Cisco, S. 38
- ↑ Cisco S. 40
- ↑ Das Titelblatt trägt die Jahreszahl 1860, der Copyrightvermerk jedoch aus dem Jahr 1859. Es ist gesichert, dass der Band spätestens zu Weihnachten 1859 erhältlich war. (Cisco S. 55)
- ↑ Aaron, S. 236
- ↑ PBS Frontline: Mario de Valdes y Cocom: The Blurred Racial Lines of Famous Families
- ↑ Cisco S. 55
- ↑ Cisco, S 86. und 91.
- ↑ Parks, S. 108-8 sowie bibliografische Angaben auf S. 146.
- ↑ South Carolina Legislature Online: The State Songs
- ↑ Suzanne Vega: The Ballad of Henry Timrod. New York Times vom 17. September 2006; Zugriff am 13. März 2007.
- ↑ Motoko Rich: Who’s This Guy Dylan Who’s Borrowing Lines From Henry Timrod? New York Times vom 14. September 2006; Zugriff am 13. März 2007.
- ↑ Winfried Fluck: Das kulturelle Imaginäre. Eine Funktionsgeschichte des amerikanischen Romans 1790 bis 1900. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1997. S. 7ff
- ↑ Parks, S. 113
- ↑ Parks, S. 115
- ↑ One turns with relief from the declamatory, truculent and diffuse verses of the superpatriots to Timrod's thoughtful and somber poems. Aaron, S. 235
Personendaten | |
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NAME | Timrod, Henry |
KURZBESCHREIBUNG | amerikanischer Dichter |
GEBURTSDATUM | 8. Dezember 1828 |
GEBURTSORT | Charleston |
STERBEDATUM | 7. Oktober 1867 |
STERBEORT | Columbia (South Carolina) |