Kreationismus

religiöse Auffassung, dass das Universum, das Leben und der Mensch buchstäblich so entstanden sind, wie es in den Heiligen Schriften der abrahamitischen Religionen geschildert wird
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Kreationismus (v. lat. creare, erschaffen), auch Schöpfungsglaube, bezeichnet die These, dass das Universum von einer Instanz, die außerhalb des Universums steht (einem Schöpfer) erschaffen wurde. Auch die weitere Entwicklung des Universums verlangt nach der Auffassung vieler Ausrichtungen des Kreationismus den fortgesetzen Eingriff dieser höheren Instanz. Damit stellt der Kreationismus sich gegen das wissenschaftliche Weltbild, nach dem allein naturwissenschaftliche Vorgänge zur Erklärung der Welt und des Weltalls ausreichen.

Weltanschaulich gesehen handelt es sich bei den Kreationisten im Normalfall um Theisten. Kreationisten innerhalb des Christentums sind innerhalb des letzten Jahrhunderts vielfach in Auseinandersetzungen mit naturwissenschaftlich geprägten Ansichten bekannt geworden. Aber auch innerhalb des Judentums, insbesondere des orthodoxen, ist der Kreationismus eine akzeptierte Anschauung. In vielen Ländern des Islam ist der Kreationismus die unbestrittene Auffassung; naturwissenschaftliche Lehrmeinungen, wie sie in Europa durch die Aufklärung weiten Bevölkerungsschichten bekannt wurden, sind dort oft nur einer Minderheit bekannt.

Während wissenschaftlich tätige Vertreter des Kreationismus naturwissenschaftlichen Methoden akzeptieren und anwenden, stehen sie einem absolut gesetzten wissenschaftlichen Naturalismus als Weltanschauung und insbesondere als einzig akzeptable Prämisse wissenschaftlicher Thesen kritisch gegenüber. Sie sehen das als eine unzulässige Vermischung von Naturwissenschaft und Weltanschauung, die die wissenschaftliche Objektivität einschränkt.

Neben Darwinismus, Evolutionstheorie und Urknalltheorie gehören auch Abiogenese, Makroevolution, und Mikroevolution zu den Thesen, die von manchen Vertretern des Kreationismus in Frage gestellt werden.

Im wissenschaftlichen Diskurs wird unter einem kreationistischen Ansatz insbesondere eine Theorie verstanden, die die Evolutionstheorie oder Teile davon in Frage stellt. Diese Bezeichnung wird oft als disqualifizierendes Attribut verwendet.

Richtungen des Kreationismus

Es gibt innerhalb des Kreationismus ein weites Spektrum von Ansichten.

Theistische Evolution

Die theistische Evolution sieht Gott als Schöpfer, der das Leben mittels Evolution erschuf, wobei es unterschiedliche Auffassungen darüber gibt, wie stark er in diesen Prozess eingreift und eingegriffen hat. Vertreter dieser Richtung akzeptieren die meisten Ergebnisse der modernen Naturwissenschaft. Diese Position wird von der offiziellen katholischen Kirche vertreten und ist allgemein unter gebildeten Christen weit verbreitet.

Intelligent Design

Vertreter dieser Richtung finden sich in wissenschaftlichen Berufen. Sie akzeptieren die wissenschaftliche Methodik, stellen aber die allgemein akzeptierte Thesen wie Evolutionstheorie oder Abiogenese in Frage, weil sie diese nicht als befriedigende Erklärungen für gewisse wissenschaftliche Beobachtungen sehen. Ihre alternative These ist, dass die Schöpfung nur durch einen intelligenten Designer geschaffen werden konnte. Argumente dafür kommen z.B. aus der Mikrobiologie, mathematischen Logik oder Linguistik. Die wissenschaftlichen Vertreter des intelligent Designs sind ein Anziehungspunkt für andere Kreationisten und werden von diesen oft für eine religiöse Agenda missbraucht, die sie selbst nicht vertreten. Auf der andern Seite werden sie von Seiten der etablierten Wissenschaft oft pauschal als fundamentalistische Kreationisten abgestempelt. Einer der bekanntesten Vertreter des Intelligent Design ist der Biochemiker Michael J. Behe, Autor von Darwin's Black Box.

Junge-Erde-Kreationisten

Eine dritte Gruppe sind die Kurzzeitkreationisten. Unter ihnen finden sich in erster Linie (aber nicht nur) evangelikale und fundamentalistische christliche Wissenschaftler. Sie nehmen den Schöpfungsbericht in der Bibel ernst und formulieren daraus ein Gegenmodell zu Evolutionstheorie, Urknalltheorie, etc. für das sie wissenschaftliche Bestätigungen erarbeiten.

Dabei werden Fakten wie Fossilienfunde und biologische oder morphologische Verwandtschaften nicht bestritten, aber in andere Zusammenhänge gebracht und anders interpretiert, als das in der Schulwissenschaft üblich ist. Diese Gruppe stellt viele gängige Thesen in Biologie und Geologie in Frage, und weist auf einige Schwachstellen der heutigen wissenschaftlichen Modelle hin (die in vielen Fällen auch von ihren Anhängern nicht bestritten werden). Es liegt in der Natur der Sache, dass es massive Kontroversen zwischen diese Gruppe und Vertretern der Evolutionstheorie gibt, zumal es sich nicht nur um die unterschiedliche Interpretation von Fakten geht, sondern auch um darunterliegende entgegengesetzte philosophische Weltanschauungen.

In Deutschland gehört die Studiengemeinschaft Wort und Wissen zu den bekanntesten Vertretern dieser Gruppe.

Bibelgläubige

Eine weitere Gruppe nimmt den biblischen Schöpfungsbericht als Tatsachenbericht (Erschaffung der Welt in 6 mal 24 Stunden), ohne ihn wissenschaftlich erklären oder belegen zu wollen. In dieser Gruppe finden sich viele christliche Fundamentalisten, die eine solche wörtliche Bibelauslegung als heilsnotwendig ansehen, aber nicht nur.

Fossile und Macroevolution

Kreationisten meinen, dass es trotz der großem Variationen von verschiedener Gruppen keinen Fund gibt, der die Überbrückung zwischen ihnen füllt. Dabei werden Funde teilweise so eingeordnet, dass sie keine Übergangsformen mehr darstellen können (Archäopteryx), teilweise auch einfach ignoriert (Rahonavis). Eine Theorie zu dem Umstand, dass gewisse Übergangsformen fehlen bietet das punctuated equilibrium-Modell, das die Evolution nicht als graduell, sondern als sprunghaft, mit Phasen der Stasis beschreibt.

Kontroversen

Der Kreationismus hat sich insbesondere in den USA politisch engagiert. Die christliche Schöpfungslehre soll dort nach Ansicht von Kreationisten äquivalent zu naturwissenschaftlichen Lehren wie Urknalltheorie und Evolutionstheorie im Schulunterricht behandelt werden.

Literatur