Kreationismus

religiöse Auffassung, dass das Universum, das Leben und der Mensch buchstäblich so entstanden sind, wie es in den Heiligen Schriften der abrahamitischen Religionen geschildert wird
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 4. November 2003 um 12:11 Uhr durch Thomas Waschke (Diskussion | Beiträge). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.


Kreationismus (v. lat. creare, erschaffen), auch Schöpfungsglaube, bezeichnet die These, dass das Universum von einer Instanz, die außerhalb des Universums steht (einem Schöpfer) erschaffen wurde. Auch die weitere Entwicklung des Universums verlangt nach der Auffassung vieler Ausrichtungen des Kreationismus den fortgesetzen Eingriff dieser höheren Instanz. Damit stellt der Kreationismus sich gegen das wissenschaftliche Weltbild, nach dem allein naturwissenschaftliche Vorgänge zur Erklärung der Welt und des Weltalls ausreichen.

Weltanschaulich gesehen handelt es sich bei den Kreationisten im Normalfall um Theisten. Kreationisten innerhalb des Christentums sind innerhalb des letzten Jahrhunderts vielfach in Auseinandersetzungen mit naturwissenschaftlich geprägten Ansichten bekannt geworden. Aber auch innerhalb des Judentums, insbesondere des orthodoxen, ist der Kreationismus eine akzeptierte Anschauung. In vielen Ländern des Islam ist der Kreationismus die unbestrittene Auffassung; naturwissenschaftliche Tatsachen, wie sie in Europa durch die Aufklärung weiten Bevölkerungsschichten bekannt wurden, sind dort oft nur einer Minderheit bekannt.

Während die wenigen wissenschaftlich tätigen Vertreter des Kreationismus im allgemeinen im deutschsprachigen Raum naturwissenschaftlichen Methoden akzeptieren und anwenden, lehnen sie die grundlegende Prämisse der modernen Wissenschaft absolut ab. Sie stellen die Wissenschaft, in der die Theorie den Fakten folgt auf den Kopf und behaupten am Anfang die absolute Richtigkeit der Prämisse, dass eine bestimmte Weltsicht richtig sei und versuchen, alle Fakten so zu interpretieren, dass diese zu der (absolut festen und auf keinen Fall änderbaren) Weltanschauung pasen.

Neben Darwinismus, Evolutionstheorie und Urknalltheorie gehört auch Abiogenese, zu den Thesen, die von manchen Vertretern des Kreationismus in Frage gestellt werden.

Im wissenschaftlichen Diskurs wird unter einem kreationistischen Ansatz insbesondere eine Theorie verstanden, die die Evolutionstheorie oder Teile davon in Frage stellt. Diese Bezeichnung wird oft als disqualifizierendes Attribut verwendet.

Richtungen des Kreationismus

Es gibt innerhalb des Kreationismus ein weites Spektrum von Ansichten.

Intelligent Design

Vertreter dieser Richtung finden sich in wissenschaftlichen Berufen. Sie akzeptieren die wissenschaftliche Methodik, stellen aber die allgemein akzeptierte Thesen wie Evolutionstheorie oder Abiogenese in Frage, weil sie diese nicht als befriedigende Erklärungen für gewisse wissenschaftliche Beobachtungen sehen. Ihre alternative These ist, dass die Schöpfung nur durch einen intelligenten Designer geschaffen werden konnte.

Argumente dafür nehmen diese z.B. aus der Mikrobiologie, mathematischen Logik oder Linguistik. Allerdings gibt es bisher nicht einen Fall, in dem eine prinzipielle Unmöglichkeit einer naturalistischen Erklärung gefunden wurde. Die Idee ist wissenschaftlich auch in keinem Fall fruchtbar, da sie einem Forschungsverbot gleichkommt, denn nur davon, dass Grenzen in Frage gestellt werden, lebt Wissenschaft.

Die wissenschaftlichen Vertreter des intelligent Designs sind ein Anziehungspunkt für andere Kreationisten und werden von diesen oft für eine religiöse Agenda missbraucht, die sie selbst nicht vertreten. Auf der andern Seite werden sie von Seiten der etablierten Wissenschaft oft pauschal als fundamentalistische Kreationisten abgestempelt.

Einer der bekanntesten Vertreter des Intelligent Design ist der Biochemiker Michael J. Behe, Autor von Darwin's Black Box.

Junge-Erde-Kreationisten

Eine zweite Gruppe sind die Kurzzeitkreationisten. Unter ihnen finden sich in erster Linie (aber nicht nur) evangelikale und fundamentalistische christliche Wissenschaftler. Sie nehmen den Schöpfungsbericht in der Bibel ernst und behaupten daraus ein Gegenmodell zu Evolutionstheorie, Urknalltheorie, etc.

Dabei werden Fakten wie Fossilienfunde und biologische oder morphologische Verwandtschaften nicht bestritten, nur selektiv wahrgenommen. Es wird die Tatsache außer acht gelassen, dass es zur Erklärung der Fakten ein konsistentes Erklärungsmodell gibt. Die Kreationisten sind nicht in der Lage auch nur die grundlegendsten Funde der Geologie zu erklären. Deswegen ist der Kurzzeitkreationismus auch seit mehr als 100 Jahren nicht mehr in der Wissenschaft vertreten.

In Deutschland gehört die Studiengemeinschaft Wort und Wissen zu den bekanntesten Vertretern dieser Gruppe. Hier ist der Versuch einer intellektuellen Ehrlichkeit festzustellen. Bei vielen anderen Kreationisten (vor allem im englischsprachigen Raum) ist dringend anzuraten, alle gebrachten Zitate zu überprüfen.

Der Kurzzeitkreationismus ist wissenschaftlich gesehen kein Diskussionsthema mehr, da seine Annahmen seit ca. 100 Jahren fundiert widerlegt worden sind.

Bibelgläubige

Eine weitere Gruppe nimmt den biblischen Schöpfungsbericht als Tatsachenbericht (Erschaffung der Welt in 6 mal 24 Stunden), ohne ihn wissenschaftlich erklären oder belegen zu wollen. In dieser Gruppe finden sich viele christliche Fundamentalisten, die eine solche wörtliche Bibelauslegung als heilsnotwendig ansehen, aber nicht nur.


Kontroversen

Der Kreationismus hat sich insbesondere in den USA politisch engagiert. Die christliche Schöpfungslehre soll dort nach Ansicht von Kreationisten äquivalent zu naturwissenschaftlichen Lehren wie Urknalltheorie und Evolutionstheorie im Schulunterricht behandelt werden.

http://www.talkorigins.org/


Literatur