Hausmeerschweinchen

Art der Gattung Echte Meerschweinchen (Cavia)
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Gemeines Meerschweinchen
Meerschweinchen
Meerschweinchen (gemein) (Caviidae)
Systematik
Unterordnung: Stachelschweinverwandte (Hystricognatha)
Überfamilie: Meerschweinchenartige (Cavioidea)
Familie: Meerschweinchen (Caviidae)
Unterfamilie: Eigentliche Meerschweinchen (Caviinae)
Gattung: Cavia
Art: Gemeines Meerschweinchen (C. porcellus)


Das Gemeine Meerschweinchen (Cavia porcellus) ist die in Mitteleuropa wohl bekannteste Art der Meerschweinchen (Caviidae), die zu den Nagetieren (Rodentia) gezählt werden. Es wird heute vielfach als Haustier gehalten.

Wildform

Die Wildform des uns bekannten Hausmeerschweinchens ist bräunlich oder gräulich gefärbt (agouti) und etwas kleiner als die hier gehaltenen Haustiere. Das Gemeine Meerschweinchen wurde erstmals in der Gegend des heutigen Peru (Südamerika) von den Inka domestiziert, wo sie auch heute noch ein bedeutendes Nahrungsmittel darstellen. Meerschweinchenfleisch gehört zum traditionellen peruanischen Hochzeitsmahl und hat seine Bedeutung in den überlieferten Heilungsritualen.

Das Gemeine Meerschweinchen wird ca. 20 cm lang (ausgestreckt), und kann 1000 bis 1500 g wiegen. Es wird 5 bis 8 Jahre alt. Da Meerschweinchen nicht sehr gut sehen können, sind Gehör und Geruchssinn extrem gut ausgebildet um vor Fressfeinden geschützt zu sein. Von Peru aus fand das Meerschweinchen als exotisches Haustier seinen Weg nach Europa.

Hausmeerschweinchen

Im Gegensatz zu den grau- bis rotbraunen eher kurzhaarigen Wildrassen sind Hausmeerschweinchen (auch liebevoll Me(e)ris genannt) in den verschiedensten Farben, Felllängen und -strukturen zu finden. Generell gibt es nahezu beliebige Kombinationen aus Farben, Felllänge und Wirbeln. Dazu kommt noch eine unterschiedliche Haarstruktur (drahtig bis samtweich, sowie lockig).

Verhalten/ Charakter

Meerschweinchen sind als Beutetiere immer fluchtbereit. Daher erschrecken sie leicht bei lauten Geräuschen (besonders plötzlichen Geräusche wie Türenknallen usw.) und Bewegungen in ihrer Nähe. Besonders Annährungen von oben führen zu einer sofortigen Flucht, in Anlehnung an die von oben drohende Gefahr durch Raubvögel. Werden sie von oben gegriffen (beim Herausheben z.B.), verfallen sie oft in eine Schreckensstarre, die vom Besitzer irrtümlich als: „Es mag mich doch, es verhält sich ganz lieb und still, wenn ich es herausnehme.“ gedeutet wird. Diese vom Meerschweinchen ungewollten, vom Besitzer gut gemeinten Zuwendungen bedeuten für das Tierchen oft eine extreme Stresssituation.

Wenn sie sich wohlfühlen, liegen die Tiere lang ausgestreckt herum, den Kopf auf dem Boden und dösen vor sich hin. Luftsprünge von 10cm und mehr mit allen Vieren gleichzeitig zeigen Übermut und drücken Freude aus. Bei älteren Tieren werden diese (wohl auch durch das Gewicht) weniger. Trotzdem wird es in einer zufriedenen Gruppe öfters relativ laut und munter hergehen. Entgegen ihres eher plumpen Aussehens im Ruhezustand sind Meerschweinchen alles andere als träge.

Meerschweinchen unterscheiden sich untereinander teilweise sehr. Sowohl beim Fressen, als auch beim Verhalten variiert das Spektrum von scheuer Zurückhaltung bis frechem Anknabbern (nicht Beißen). Gemeinsam haben gesunde Tiere eine gewisse Neugier ihrer Umgebung gegenüber, wobei insbesondere Veränderungen, die sich nicht bewegen, ausgiebig, wenn auch vorsichtig, begutachtet werden.

Ein großer Unterschied zu Kaninchen und Hamstern ist, dass Meerschweinchen mit Lauten kommunizieren. Sie haben ein weites Spektrum von Lautäußerungen, die sie auch oft und gerne einsetzen.

Haltung

Meerschweinchen können problemlos in den üblichen Käfigen mit Kunststoffschale und Drahtgitter gehalten werden. Für zwei Tiere sollte der Käfig mindestens 120*60cm (Grundfäche) sein, für drei sind 140*70cm dringend angebracht (alles für erwachsene Tiere, Jungtiere können auch zunächst je eine Nummer kleiner haben). Generell gilt natürlich: je größer, desto besser.

Meerschweinchen dürfen nie nur im Käfig gehalten werden, sondern brauchen täglich mindestens 1-2 Stunden Auslauf, wobei man bedenken sollte, dass sie nicht stubenrein werden.

Ist ein wetterfester Unterschlupf vorhanden, können Meerschweinchen auch ganzjährig draußen gehalten werden, sie brauchen aber dringend eine gut isolierte, zugfreie und trockene Rückzugsmöglichkeit.

Der Boden des Käfigs sollte mit einem nicht staubendem Streu bedeckt sein, zum Beispiel Holzstreu oder Holz- bzw. Strohpellets oder Hanfstreu. Zur weiteren Einrichtung des Käfigs gehören ein Trinknapf oder eine Nippeltränke (Wasser muss immer zur Verfügung stehen), Futternäpfe und Versteckmöglichkeiten. Das müssen keine Häuser sein (die oftmals nur zu Streit führen), ein Brett, das Schutz nach oben bietet und zugleich als zweite Etage genutzt werden kann, erfüllt diesen Zweck auch. Weitere mögliche Einrichtungsgegenstände sind Heuraufe, Foodball (ein Gitterball zum Aufhängen, kann mit Futter oder Heu befüllt werden), Steine, Korkröhren, Stofftunnel, Hängematte.

Einzeltierhaltung

Dass keine Käfigempfehlung für ein einzelnes Tier hier auftaucht, hat den einfachen Grund, dass Hausmeerschweinchen niemals längere Zeit einzeln gehalten werden sollten (Ausnahmen sind z.B. Erkrankungen). Sie sind Rudeltiere und dementsprechend wie der Mensch auf Gesellschaft der gleichen Art dringend angewiesen. Alleine gehalten entwickeln sie Verhaltensstörungen und werden schnell langweilig für ihren Halter. Entgegen weit verbreiteten Meinungen ist das Meerschweinchen denkbar ungeeignet als Kuschel- und Schmusetier für Kinder, vor allem kleinere Kinder können dem filigranen Knochenbau des Tieres ernsten Schaden zufügen. Besser ist es die putzigen, lebenslustigen Tiere in einem, schon oben beschriebenen, abwechslungsreich gestalteten Lebensraum zu beobachten. Menschen können keinen artgleichen Partner ersetzen. Ebenso ungeeignet sind Kaninchen; diese gehören einer völlig anderen Gattung an und besitzen ein abweichendes Sozialverhalten und eine andere Kommunikation.

Ernährung

Meerschweinchen sind Pflanzenfresser, die tierisches Eiweiß nur in sehr geringer Menge benötigen. Sie benötigen in erster Linie Heu, es ist die Basis ihrer Ernährung. Zusätzlich brauchen sie ein- bis zweimal täglich Frischfutter (viel Gemüse, weniger Obst) wie Möhre, Salat, Paprika, Fenchel, Salatgurke, Löwenzahn, Äpfel, Birne usw. Frisches Gras als Alternative bzw. Ergänzung zum Heu ist natürlich ebenfalls willkommen. Zum Abnutzen der Zähne sollten Zweige gereicht werden. Geeignet sind Kernobstsorten, Hasel, Birke, Weide (in kleinen Mengen), Tanne, Kiefer. Das handelsübliche Trockenfutter, egal ob Pellets oder Körnermischungen, enthält Getreide, welches nicht zum natürlichen Nahrungsspektrum der Tiere gehört, und deshalb nur in sehr geringem Maße oder gar nicht gefüttert werden sollte. Dasselbe gilt für trockenes Brot, das außer Getreide auch noch Hefe und andere Stoffe enthält, die der Verdauung der Tiere schaden kann. Ebenso ungeeignet sind Milchprodukte, die Meerschweinchen als reine Pflanzenfresser nicht verdauen können.

Zu achten ist auf einen ausreichenden Vitamin C-Gehalt (ein ausgewachsenes Tier benötigt 10-20 mg/Tag) der Nahrung, der durch Frischfutter oder getrocknete Kräuter erreicht werden kann.

Teilweise gehört der eigene Kot auch hierher, da z. B. Jungtiere ein bestimmtes Vitamin B nicht selbst bilden können und dieses über den Blinddarmkot (heller als der normale) älterer Tiere wieder aufnehmen.

Erkrankungen

Viele Probleme der Tiere hängen mit der Nahrungsverwertung zusammen. Meerschweinchen haben ein relativ komplexes Verdauungssystem mit recht langer Verweildauer der Nahrung im Darm. Da sie keine Wiederkäuer sind, aber in freier Wildbahn hauptsächlich auf das relativ nährstoffarme Gras angewiesen sind, haben sie im Darm eine empfindliche Bakterienflora, die schon bei Nahrungsumstellungen Probleme machen kann. Meerschweinchen haben einen Stopfmagen und kaum Darmperestaltik, nur, wenn Futter (das aus diesem Grunde auch sehr faserreich sein muß) aufgenommen wird, wird der Nahrungsbrei im Verdauungstrakt weitergeschoben. Diese anatomische Eigenschaft führt dazu, dass sich das Krankheitsbild eines Meerschweinchens, das nicht frisst, mitunter drastisch verschlimmert.

Blähungen sind sehr ernst zu nehmen, da sie innerhalb von Stunden zum Tode führen können. Der Tierarzt ist in diesem Falle der passende Ansprechpartner.

Ein anderer wichtiger Punkt sind Parasiten. Es ist kaum möglich, ein Meerschweinchen über seine gesamte Lebensdauer frei von Haarlingen zu halten. Das sind kleine Tiere, die sich im Fell bewegen und sich von den Haarschuppen ernähren. Meist hilft ein Puder oder Spray (beides beim Tierarzt). Schlimmer als Haarlinge, aber auch mit dem Spray bekämpfbar, sind Milben, die sich in der Haut festsetzen und dort Blut saugen. Erkennbar sind sie als kleine weiße Punkte, besonders hinter/an den Ohrmuscheln, am Bauch oder dem After.

Durch die relativ weit hervorstehenden Augäpfel sind Meerschweine auch anfällig für Bindehautentzündung. Diese sollten nicht mit Kamille behandelt werden, da diese die Bindehaut noch weiter reizt. Zm Reinigen der Augen kann bei Bedarf Wasser oder physiologische Kochsalzlösung benutzt werden.

Oft treten auch Zahnfehlstellungen auf, so dass die Zähne regelmäßig gekürzt werden müssen, da das Tier schlimmstenfalls nicht mehr fressen kann. (Die Zähne wachsen bei Nagern permanent nach und werden normaler Weise durch die Benutzung auf Länge gehalten, da sie sehr viel weicher sind, als die von Raubtieren und Menschen.)

Ähnlich verbreitet sind Krallenfehlstellungen, die man auch selbst schneiden kann. Dabei muss man aber aufpassen, dass man nicht in die Blutgefäße schneidet, die die Krallen versorgen. Besonders bei dunklen Krallen wird man ggf. nur nach der Erfahrung urteilen können.

Zucht

Da sich Meerschweinchen sehr schnell vermehren, sollte man, wenn man keine Junge haben will, Männchen und Weibchen getrennt halten. Das Weibchen muss zum Decken folgende Kriterien erfüllen: Es muss mindestens 6 Monate alt sein, darf aber bei der ersten Deckung nicht älter als 9 bis 10 Monate sein, es sollte mindestens 650g, aber nicht mehr als 1100g wiegen und muss gesund sein. Das Böckchen muss mindestens 6 Monate alt und natürlich ebenfalls gesund sein.

Das Weibchen ist ca. alle 16 Tage 24 Stunden lang brünstig. Wenn der Deckakt mit dem Männchen erfolgreich war, putzen sich beide Tiere ausgiebig. Nachdem die Jungen sich in durchscnittlich 68 Tagen vollentwickelt haben (Tragdauer kann zwischen 58 und 72 Tage schwanken),, bringt sie das Muttertier innerhalb einer viertel bis halben Stunde zur Welt. Die Jungen wiegen zwischen 60-120g, haben bereits ein Fell (bei langhaarigen Rassen ist es noch kürzer), offene Augen, können laufen und knabbern bereits wenige Stunden nach der Geburt am Heu, an Obst und Gemüse. Direkt nach der Geburt der Jungen ist die Meerschweinchendame wieder empfangsbereit, weshalb unkastrierte Männchen dann nicht im Käfig sein sollten, um ein sofortiges Nachdecken zu vermeiden. Beim ersten Wurf sind es selten mehr als 1 bis 2 Junge. Bei den weiteren Würfen sind es meist 3 oder 4 Junge, es können aber auch bis zu 7 möglich sein. Diese werden dann 3 Wochen von der Mutter gesäugt, bis sie zum Abgeben sind. Weibchen werden mit durchschnittlich 6 Wochen geschlechtsreif, Männchen mit durchschnittlich 8 Wochen, in seltenen Fällen ist eine Geschlechtsreife bei beiden Geschlechtern ab 3 Wochen möglich.