Diskussion:Autechre

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Letzter Kommentar: vor 17 Jahren von NiTenIchiRyu in Abschnitt Änderungen

äußerst dürftig dieser eintrag, es nimmt leider die mode zu, eine zeile als artiklel in dei wikipedia reinzuschreiben, den stubbaustein reinzusetzen und sich dann wieder in den sessel zurückzulehnen in der hoffnung, dass da einer/eine was daran tut. laßt so was doch bleiben---217.82.226.63 22:17, 24. Sep 2004 (CEST)

Artikel jetzt etwas ausgebaut und kein Stub mehr, weitere Ergänzungen folgen! Gruß --NiTenIchiRyu 20:02, 28. Dez 2004 (CET)

Habe übrigens mal in einer älteren Zeitschrift gelesen, dass das erste Autechre-Album so experimentell war, dass es WARP nicht veröffentlichen wollten. Das Release wurde verworfen und man hat „Incunabula“ aufgenommen. --n•e•r•g•a•l 13:17, 29. Aug 2006 (CEST)

Aussprache von Autechre

Wie spricht man eigentlich Autechre aus? Ich spreche es so aus wie es geschrieben wird (au-tech-re), habe aber auch gelesen das es aw-tek-er oder so ausgesprochen wird. Wie heißt es offiziell? PSYCloned Area 23:35, 9. Okt. 2006 (CEST)Beantworten

Ich hatte das immer französisch ausgesprochen, also [oˈtɛkrə], da ich nicht wusste und auch heute nicht weiß, was das Wort bedeuten soll und es mir nach Entdeckung des Tracks „Autriche“ auf dem Incunabula-Album recht frankophil erschien. Eine Eigenkreation, nehme ich an. --n•ë•r•g•a•l 00:09, 10. Okt. 2006 (CEST)Beantworten
According to an interview, Autechre themselves say awe-tek-er. --n•ë•r•g•a•l 00:18, 10. Okt. 2006 (CEST)Beantworten
Die Lautschrift (Aussprache) sollte man vieleicht in den Artikel mit einfügen. PSYCloned Area 18:13, 12. Okt. 2006 (CEST)Beantworten
Hab noch etwas nach Autechre rumgesucht und gefunden das es angeblich die Abkürzung für "AUdio TECHnology REsearch" ist. Can anyone confirm? PSYCloned Area 14:52, 15. Okt. 2006 (CEST)Beantworten
Das halte ich für ein Gerücht. Wenn ich mich recht entsinne, haben Autechre mal in einem Interview erwähnt, der Name würde einfach gut klingen, hätte aber keine besondere Bedeutung. Ich recherchier mal ein bissel. Grüße, --NiTen (Discworld) 15:43, 15. Okt. 2006 (CEST)Beantworten

Sean im Usenet

Hallo,

wir waren uns in alt.music.autechre damals sehr sicher, dass es sich unter dem Pseudonym "peggy babcock" tatsächlich um Sean gehandelt hat. Daher habe ich den Google Groups-Link hinzugefügt. Ich möchte nicht, dass das Wissen verloren geht. [ms]

Höhepunkt des Schaffens

Also da würde ich aber auf jeden Fall Chiastic Slide hineinnehmen. EP7 auch. Ae waren da noch absolut produktiv, erst danach wurde es weniger.

Confield, Draft 7.30 und Untilted ein einem Atemzug als "experimentell" zu betiteln ist nicht korrekt. Ae sind ja nach Confield sozusagen zurückgerudert. Draft 7.30 kann man schon fast in der Chiastic Slide- bzw. LP5-Ära einordnen.


"Als Höhepunkt ihres Schaffens gelten die beiden Alben Amber und Tri Repetae, welche eine nahezu perfekte Kombination aus Zugänglichkeit und Komplexität darstellen.

Untilted (2005) glänzt mit einer Greifbarkeit dieser Zeit (Tri Repetae) und kombiniert diese mit einem Sound der so plastisch wie noch nie erneut das aufgreift, was autechre immer waren und auch heute noch sind: Pure Innovation eingebettet in die Harmonien elektronischer Klangkunst, stetig am Puls der Zeit."

NPOV????

Jo, da muss man mal stutzen, wobei selbst ich denke, dass „Amber“ und „Tri Repetae“ Meisterwerke sind. Alles das, was nach 1995 auf den Markt kam, lässt sich nur schwer konsumieren. Geht mir bei Aphex Twin übrigens genauso. Da ist man manchmal schon froh über Epigonen wie Beefcake und Arovane. Vielleicht gab es mal einen Poll zum besten Autechre-Werk? Dann wäre dieser POV zumindest abgehakt. --n•ë•r•g•a•l 14:33, 6. Jan. 2007 (CET)Beantworten

Anvil Vapre

Hat Second Bad Vilbel etwas mit der Stadt Bad Vilbel zu tun?

Ja, hat es. Booth und Brown, stammen aus Rochdale in der Nähe von Manchester. Auf dem Weg zu Warp Records in Sheffield fuhren sie oft durch Glossop (siehe auch en:Glossop), der Partnerstadt von Bad Vilbel. Glossop lag für beide sinngemäß auf halber Strecke zwischen Herkunft und Zukunft. Weil sie den Titel Glossop aber zu plakativ fanden, entschieden sie sich eben für Zweites Bad Vilbel. Ich kann die genaue Quelle leider nicht finden, erinnere mich aber, dass beide dies auf Nachfrage eines Journalisten in einem Interview als Begründung für den ungewöhnlichen Titel des Stücks nannten. --NiTen (Discworld) 17:04, 13. Dez. 2006 (CET)Beantworten

Änderungen

Ich habe einige Veränderungen vorgenommen und freue mich auf böse wie gute Kritik. Welche legalen Fotos (screenshots) darf man hier anlegen und wann kommen mal interessante Vorlagen vom englischsprachigen wikipedia.org? (nicht signierter Beitrag von Flaovia (Diskussion | Beiträge) NiTen (Discworld))

Werde deine Fragen, die eher allgemeiner Natur sind, auf deiner Disk beantworten. Gruß, NiTen (Discworld) 20:56, 20. Aug. 2007 (CEST)Beantworten

Intro Artikel zur Band

hier sind deutschsprachige links zu Artikeln über Autechre


[25.10.95]

[22.02.97]

[28.08.98]

[21.03.03]

da die Ladezeit wirklich lange beträgt sind hier die Texte kopiert (wichtige Dokumente):



aus intro Ausgabe 29:


Ihre Klang-Labyrinthe nachzuvollziehen, ist nach eigener Aussage völlig unmöglich. "Unsere Musik", sagt Rob, "ist in unseren Köpfen entstanden. Stück für Stück. Wir haben uns nie etwas dabei gedacht, nie irgendwelche Maßstäbe angelegt, noch haben wir eine Interpretation versucht. Es sind einfach Zeitdokumente, wobei wir selbst nicht sagen können, was für eine Zeit sie eigentlich dokumentieren sollen." Analoge und digitale Welten verschwimmen bei AUTECHRE zu einer Art virtuellem Haus, durch das man spazieren kann. Dabei entwickeln die Stücke eine eigene Sprache, nicht in Form einer universellen Kommunikation, eher eine Sprache, die auf einem hexadezimalen System beruht.

Klänge, einzelne Töne werden zu Farben, die Komposition zu einem Wechselspiel im unteren Wellenspektrum. Wie konponiert man derartige Musik? "Wir arbeiten völlig abgeschottet", erklärt Sean, "so daß wir keinen äußeren Einflüssen unterliegen. Natürlich gibt es musikalische Einflüsse wie KRAFTWERK und andere, aber sobald wir im Studio sind, gelten diese nicht mehr. Wir sind allein und versuchen, unsere Phantasien in Klänge umzugestalten." Indem AUTECHRE eine Art Symbiose mit den Maschinen eingehen, indem sie für einen Moment bindende Regelmechanismen aufstellen, schaffen sie ein kybernetisches Netzwerk. Mit autistischer Akribie betreiben sie ihr Werk, wobei sie in fast meditativer Abgeschiedenheit die Chance nutzen, ihr Innerstes nach außen zu kehren. Die große Überraschung ist, daß die Musik jeglichen sakralen Charakter vermissen läßt. AUTECHRE suchen die Schönheit eines einzelnen Klanges, die Klarheit im Kleinen, anstatt mit pompösen und verschwenderischen Arrangements die gefundene Stille zu zerstören. Ihr außergewöhnlicher Kompositionsprozeß hält sie zumeist das ganze Jahr über im Studio gefangen. "Aber es ist kein religiöser Zwang, der uns da festhält. Wir wollen einfach nichts anderes machen. Wir arbeiten die ganze Zeit auf den Punkt, an dem wir genügend Material für ein Album haben. Damit beginnt der schwierige Teil der Arbeit", erzählt Sean. Und Rob führt weiter aus: "Wir können uns nie entscheiden, in welcher Reihenfolge wir die Stücke auf das Album nehmen sollen. Jedes Stück ist ein kristallisierter Moment unserer Phantasie, repräsentiert einen Augenblick in unserem Leben, mit dem wir ganz bestimmte Emotionen verbinden. Ein Album ist ein Ablauf dieser Emotionen, und es ist höllisch schwer zu entscheiden, welche Emotionen in welchen Ablaufplan gehören." AUTECHRE verstehen sich als experimentelle Band, die auch Live-Auftritte demgemäß gestaltet. Anstatt stupide DAT-Bänder unters Volk zu jubeln, schaffen die Engländer aus jedem Auftritt eine Performance, die immer anders abläuft. Und sollte das Publikum mal den Faden verlieren, dann "... ist das sehr schade. Aber das ist der Moment, in dem wir uns wieder auf uns selbst konzentrieren, in dem wir unsere eigene Welt nicht mehr verlassen. Wir haben noch keinen Auftritt abgebrochen, weil uns die Leute weggelaufen sind." Vermutlich kann jeder im kommenden Jahr selbst entscheiden, ob er weglaufen möchte oder sich den Träumen zweier elektronischer Genies hingeben will, denn AUTECHRE werden durch die deutsche Clublandschaft touren.


aus intro Ausgabe 42:


Das Modernes in Bremen, Juli ’96. Nach dem Auftritt ihrer Labelmates FREEFORM und B12 eröffnen AUTECHRE ihr Set, die Bühne in völlige Dunkelheit gehüllt. Nur langsam schichten sich die Beats über den anfänglichen, fast sakralen Grundton, der scheinbar kein Ende nehmen will. Die beiden Akteure ziehen derweil das Versteckspiel vor und sind während der folgenden Stunde nur als kleine Taschenlampenpunkte hinter den leuchtenden Bildschirmen auszumachen. Das paßt schon wieder so gut in das ansatzweise mystische Image der Band, daß Sean Booth jetzt lachend widersprechen muß: „Wir sind wirklich keine mystischen Spinner, auch wenn z. B. Albumtitel wie ‘Tri Repetae’ oder die Titel der Tracks in so eine Richtung gehen. Wir wollen den Leuten einfach keine Anhaltspunkte geben, an denen sie unsere Musik festmachen können. Dein Auge kann dich täuschen, deswegen ziehen wir die Dunkelheit auf der Bühne vor. Wir wollen die Köpfe der Leute durch unsere Musik völlig neu programmieren - von Grund auf, wie auf einer leeren Leinwand.“ Dieses Großreinemachen im Großhirn setzt die „Tabula Rasa“ nicht nur beim Hörer, sondern auch bei den beiden Musikern voraus. Um wirklich authentische neue Hörerlebnisse zu erzeugen, versuchen daher auch AUTECHRE, ihren musikalischen Background so weit wie möglich abzublenden. Trotzdem werden sie und ihre Plattenfirma nicht müde, neben dem Einfluß der frühen Detroiter House-Szene ihre musikalische Sozialisation durch HipHop zu betonen - durch Veteranen wie MANTRONIX oder AFRIKA BAMBAATAA: „Wir sind beide mit HipHop groß geworden. Zu dieser Zeit wurde in diesem Bereich noch so viel Neues ausprobiert, alles war erlaubt. Dann fing das mit dem Sampling der ganzen alten Soul-Sachen an, was HipHop ja bis heute prägt. Wir haben aber immer schon gerne mit neuartigen, nicht zuzuordnenden Samples gearbeitet.“ Dabei ist „Chiastic Slide“ gegenüber seinen Vorgängern noch wesentlich radikaler ausgefallen. Fast jeder Track reduziert sich auf einerseits recht strenge, im Gesamtgefüge aber zunächst chaotisch klingende Rhythmuspattern, die mit wenigen melodieähnlichen Fragmenten angereichert werden. Doch zwischen Experiment und kühler Berechnung treffen AUTECHRE immer genau den Punkt, an dem das ganze System ins Schwingen gerät. Intuition und kontrollierter Zufall - doch dafür muß man die Funktionsweise seiner Maschinen bis in Detail kennen, um sie dann komplett gegen den Strich zu bürsten. Die beiden benutzen daher seit Jahren das gleiche minimale Equipment, dessen Möglichkeiten sie inzwischen so gut beherrschen wie eine Fremdsprache: „Rhythmus kann viel mehr ausdrücken als jede Sprache. Unsere Musik soll so neu klingen, daß man noch keine Worte dafür hat. Nur so kannst du die Leute direkt erreichen, ohne daß ihre Wahrnehmung schon vorstrukturiert ist. Unlearn! Reset people! Jeder von uns hat ein riesiges Vorwissen, das ohne Worte funktioniert. Und das kann man durch Musik besonders gut aktivieren.“


aus intro Ausgabe 57:


Und schon ist das Gespräch wieder bei Unangenehmem: Das Zugunglück von Eschede, in jenen Tagen Hauptgesprächsthema, beschäftigt die beiden ziemlich: 'Das war sogar in den englischen Nachrichten Top-Thema', erzählt Rob. Sean schaltet sich ein: 'Das ist das erste große Unglück mit einem High-Tech - Transportmittel in Deutschland. Fast jedes Land hat mittlerweile eine Phobie vor High-Tech, bis auf Japan, glaube ich. Aber irgendwann wird auch dort mal etwas passieren, dann werden selbst die Japaner Angst davor haben.' Gedanken eines echten High-Tech - Musikers: 'Die Technologie selbst ist gar nicht gefährlich', meint Rob. 'Gefährlich sind die Menschen, die sie bedienen.

Diese ganzen Sachen werden von Technikern entwickelt, aber die Menschen, die das Ganze dann bedienen müssen, verstehen nicht, was da passiert. Und was man nicht richtig versteht, kann man auch nicht richtig bedienen.' Ihre Soundmaschinen kennen AUTECHRE bis ins kleinste Detail. 'Wir müssen unsere Maschinen verstehen, um mit ihnen kommunizieren zu können. Dann kann man Anweisungen geben und wenn man dann die Maschine fragt, ob sie begriffen hat, was man von ihr will, gibt sie einem auch eine Antwort', erklärt Rob die Arbeitsweise von AUTECHRE. 'Wir sind aber keine Kontrollfreaks. Wir wollen die Maschinen nicht dominieren, sondern gestehen ihnen ein Eigenleben zu.'Auf dem neuen Album, schlicht 'LP5' betitelt, geht alles einen sehr geradlinigen Weg. AUTECHRE sind kontrollierter geworden, maschineller und - ein Wort, das in Zusammenhang mit elektronischer Musik schon lange nicht mehr benutzt wurde - kälter. Fast so, als hätten ihre Geräte es letztendlich geschafft, alles Menschliche in ihnen zu überschreiben. Selbst die Fehler, die sich in die Tracks immer wieder einschleichen, die kleinen Ungereimtheiten und rhythmischen Ausrutscher, wirken kontrolliert - und zwar seitens der Maschinen; so, als wüßten sie, selbst wenn sie ins Schleudern geraten, sehr genau, was sie da tun. Die warmen, harmonischen Analogsequenzen, die auf 'Amber' noch sehr präsent waren, sind auf 'LP5' fast völlig wegrationalisiert. 'Ich finde nicht, daß die melodischen Elemente aus unserer Musik verschwunden sind', widerspricht Rob. 'Die Melodien sind nur komplexer geworden, so daß man sie beim ersten Hören nicht sofort erkennt. Wir arbeiten viel mit verschiedenen Schichten. Beim ersten Hören nimmt man nur die Oberfläche wahr. Je öfter man sich 'LP5' anhört, desto mehr Schichten entdeckt man. Manchmal verstecken sich die Melodien irgendwo in der zehnten Schicht, und man muß sich erst zu ihr durchwühlen. Früher war schon ein einzelner Layer so komplex, daß man ihn kaum richtig begreifen konnte. Heute vereinfachen wir mehr, arbeiten stärker mit Rhythmus und kurz auftauchenden Geräuschen, nicht mehr so viel mit flächigen Sounds.' Und so spielen Rhythmen und Beats auf 'LP5' die tragende Rolle. Sean Booth und Rob Brown überlagern verschiedene Rhythmusspuren, verlangsamen willkürlich das Tempo, um es im nächsten Moment wieder anzuheben. Sie arbeiten gegen die Synchronizität und bringen einen so beim Hören immer wieder aus dem Takt. 'Rhythmus war schon immer sehr wichtig für uns', erzählt Sean. 'Wir kommen ja eigentlich vom HipHop, aus der Zeit, als es noch richtig gute Freestyle-battles gab. Dabei ging es darum, das, was gerade getan worden war, ungetan zu machen. Und genau das wollen wir: 'undoing what has just been done.'

aus intro Ausgabe 104:

Sean Booth und Rob Brown wollten der Stadt entfliehen, also haben sie sich eine Woche in einem schnuckeligen Cottage in Sonning-on-Thames einquartiert. Außerdem ist das viel näher zu ihrer kleinen Farm, auf der sie seit einigen Jahren leben. Sonning-on-Thames sieht aus wie ein Reiseprospekt-Motiv zum Thema "schönes Great Britain": ein Bach mit Flussamibitionen, eine alte Steinbrücke, grünstes Gras, gegenüber der Cottage-Anlage ein edles französisches Restaurant mit selbst für England exorbitanten Preisen. Ein kleine Gruppe von Journalisten wartet in einem Hinterzimmer des Restaurants, der Kaffee wird in Silberkannen serviert, schmeckt aber trotzdem eher dünn. Ein Pariser Fotograf von Les Inrockuptibles lästert über die eigentlich sehr schöne heimelig-englische Landhauseinrichtung: "Provinzielle Scheiße, grauenvoll ..." Ich nippe noch mal an meinem Kaffee und werde dann von James Burton von Warp rübergeführt ins Autechre-Cottage.

Sean Booth sitzt im Schneidersitz auf dem Fußboden und dreht eine ziemlich große Zigarette. Die Powerbook-Familie liegt ebenfalls auf dem Boden. Beim letzten Interview in Köln haben Autechre mir an einem ihrer Laptops vorgeführt, wie sie arbeiten: ein Programm, das verdächtig nach einer Anwendung für Fraktalgeometrie aussieht, auf dem Desktop eine vernetzte Anordnung verschiedener Plug-ins, jeweils einzeln ansteuerbar und für meine Laienaugen vollkommen nicht nachvollziehbar. Sean Booth: "Auf dem neuen Album geht es nicht so sehr um Software wie bei 'LP5' oder 'Confield'. Das waren eher Software-Testergebnisse. Wir haben immer die allerneuesten Plug-ins verwendet, waren täglich im Netz auf der Suche nach neuen Programmen. Das hörte man der Musik an, es war eher eine Art Versuchsanordnung. Auf 'Draft 7:30' haben wir fast ausschließlich mit Programmen gearbeitet, die wir beherrschen. Wir wollten die Musik wieder stärker in den Vordergrund rücken."

Es ist mein drittes Treffen mit Sean Booth und Rob Brown. Unser erstes Interview war furchtbar. Beide waren extrem bekifft, launisch, gelangweilt und nicht besonders auskunftswillig. Das zweite hingegen war fantastisch, eine Diskussion über die Grundbedingungen von Musik überhaupt: Mathematik, Physik, die Voraussetzungen der Tonerzeugung. Booth und Brown sind Theoretiker, die genau diese Grundbedingungen von Musik in Frage stellen und die Ergebnisse dieser Dekonstruktion für ihre Musik nutzen. Genau das ist es, was mich auch diesmal interessiert: die Dekonstruktion von Musik, die seit "LP5" bei Autechre im Vordergrund steht. Sean Booth erzählte mir mal, dass er in der Schule einen fantastischen Mathe- und Physiklehrer gehabt habe, der ihm die Schönheit von Geometrie nahe brachte - was für die Musik von Autechre später eine große Rolle spielen sollte.

Sean Booth: "Jede Musik basiert auf Mathematik. Hör dir Acid House an. Wenn man das hedonistische Moment rausdividiert und die Nebenbedingungen weglässt, dann ist Acid House eine sehr geometrische Musik, sehr funktional. Nimm zum Beispiel 808 State. Das ist pure Mathematik, Musik wie nach Gleichungen gebaut. Unsere Musik funktioniert nach Formeln. Wir bauen Stücke, die die physikalischen Formeln von Gas oder Wasser simulieren. Du hast z. B. ein Geräusch von tropfendem Wasser. Dieses Geräusch kann man mit Hilfe von Daten simulieren. Und dann kannst du es manipulieren. Wir sind von solchen Simulationen vollkommen besessen."

Es ist die alte Diskussion um musikalische Formen, wie sie von Pierre Henry, John Cage, den New Blockaders oder eben Autechre aufgeworfen wurde. Wo beginnt Musik, wo hört sie auf? In einem Interview kam Jan Werner von Mouse On Mars einmal an den Punkt, wo der Boden unter allen Diskussionen aufbricht, weil man Musik überhaupt in Frage stellt: "Was ist überhaupt Musik? Wir machen da den ganzen Tag an irgendwas rum, ohne zu verstehen, was wir da eigentlich tun ..." Was passiert, wenn John Cage bei dem Stück "4.33" einen Pianisten 4 Minuten und 33 Sekunden vor ein Klavier setzt, ohne dass dieser auch nur eine Note spielt? Wie klingt so ein Stück auf Platte? Ist die Stille etwas anderes, wenn sie von Platte kommt, wo ein Tonabnehmer normalerweise von der Rille in Schwingungen versetzt wird und so die gespeicherten Töne reproduziert? Löst die Erwartung von Tönen ein anderes Empfinden beim Hören von Stille aus? So ähnlich, wie Milch furchtbar schmeckt, wenn man mit dem Geschmack von Orangensaft rechnet? Und wie ist es bei Popmusik, die nach bestimmten Schemata funktioniert? Bei der Wiederholung von bestimmten, nach jeweils regional unterschiedlichem Musikempfinden harmonischen Intervallen?

Sean Booth: "Es gibt eine traditionelle Trennung zwischen Melodie und Rhythmus. Für uns gibt es diese Trennung nicht. Alles basiert auf Schwingungen und Wiederholungen dieser Schwingungen. Darauf basiert die kleinste musikalische Einheit: ein Ton. Mit Rhythmus und Harmonie ist es nicht anders. Rhythmus ist die Wiederholung eines Patterns, Harmonie die Wiederholung von Tonfolgen. Es beruht alles auf dem gleichen Prinzip. Und wenn man dieses Prinzip einmal erkannt hat, dann kann man innerhalb dieses Systems alles machen. Weil es ohnehin alles das Gleiche ist."

Ich frage Booth, inwieweit dieses dekonstruktivistische Prinzip bei ihm in andere Lebensbereiche hereinreicht. Schließlich lässt sich alles auf kleinste Bestandteile runterdividieren. Wir kommen zwangsläufig auf Politik zu sprechen, auf die englische Position im Irakkonflikt. "Politik, oder allgemeiner: gesellschaftliche bzw. politische Systeme gehen auf sehr einfache Prinzipien zurück. Alle Grenzen basieren auf Konflikten. Und alle Staaten basieren auf Grenzen. Also gehen alle Staaten auf einen Krieg zurück. Genauso, wie Unterhaltungselektronik immer das Resultat von militärischer Entwicklungsarbeit ist. So funktioniert die Welt. Seit ich auf der Grundschule war, denke ich über solche Strukturen nach, aber ich will mich da nicht zu sehr äußern, das ist nicht meine Rolle. Aber es gibt einfach so viele Lügen: Woher weiß Amerika, dass der Irak Nuklearwaffen hat? Vielleicht haben sie dem Irak ja selber welche verkauft. Vielleicht ist auch deswegen ein großer Teil des Waffenreports plötzlich verschwunden. Es fühlt sich momentan komisch an, britisch zu sein. Ihr habt immerhin eine rot-grüne Koalition, ihr fuckin' lucky bastards."

Vielleicht sind wir das. Während der Taxifahrer mir auf dem Rückweg von Michael Jackson und George Michael erzählt, denke ich über Autechre nach. Ich komme zu keinen Ergebnissen, nur zu Fragen, die man an ihre Musik stellen kann. Und die ihre Musik in Bezug auf andere Musiken aufwirft. Oder auch hinsichtlich ganz anderer Bereiche, denen man sich auf eine abstrakte Art anhand von Autechres Musik nähern kann. Booth und Brown begreifen Musik als offene Struktur. Und das kann - gerade bei instrumentaler elektronischer Musik - für Gedankenspiele weitaus stimulierender sein als Festlegungen.