Caro-Kann-Verteidigung

zu den Halboffenen Spielen zählende Eröffnung im Schach
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Bei der Caro-Kann-Verteidigung oder kurz Caro-Kann handelt es sich um eine Eröffnung des Schachspiels. Sie zählt zu den Halboffenen Spielen und ist in den ECO-Codes unter den Schlüsseln B10 bis B19 klassifiziert.

Der Name geht auf eine 1886 in der Wiener Zeitung Brüderschaft veröffentlichte Analyse durch Horatio Caro und Marcus Kann zurück, obwohl die erste bekannte Partie mit dieser Eröffnung bereits 1847 gespielt wurde. Populär wurde die Eröffnung allerdings erst, als Aaron Nimzowitsch sie in sein Repertoire aufnahm. Bei einem Weltmeisterschaftskampf wurde die Caro-Kann-Verteidigung erstmals 1958 von Michail Moissejewitsch Botwinnik angewandt.

Die Grundstellung der Caro-Kann-Verteidigung entsteht nach den Zügen (siehe auch: Schachnotation):

1. e2-e4 c7-c6

Eröffnungsideen

Mit seinem Eröffnungszug plant Schwarz die nachfolgende Expansion im Zentrum mit 2. ... d7-d5. Im Gegensatz zur Skandinavischen Verteidigung, bei der direkt im ersten Zug d5 gespielt wird, kann Schwarz nach etwaigem Schlagen des Bauerns (e4xd5) nun seinerseits mit einem Bauern zurückschlagen und somit seine Zentralstellung behaupten. Caro-Kann verfolgt damit die gleiche Idee wie die Französischen Verteidigung, 1. ... e7-e6. Ein wesentlicher Unterschied besteht unter anderem darin, dass der weißfeldrige Läufer c8 auf der Diagonalen c8-h3 entwickelt werden kann und nicht durch den Bauern e6 blockiert ist. Ein weiterer, sehr bedeutender Unterschied zur französischen Verteidiung besteht auch darin, dass Schwarz in den meisten Fällen bereits im dritten Zug das Zentrum aufgeben muss (de4:) (Wohingegen der Weißspieler gegen die französische Verteidigung z.B. keine Möglichkeiten besitzt, diesen für Schwarz nachteiligen Bauerntausch (Aufgabe des Zentrums) de4: zu erzwingen).

Varianten

Die Hauptvarianten von Caro-Kann ergeben sich nach den weiteren Zügen:

2. d2-d4 d7-d5

Weiß muss sich nun entscheiden, ob er die Spannung im Zentrum aufrecht erhält und den bedrohten Bauern auf e4 deckt, ihn nach e5 vorbeizieht, ihn auf d5 abtauscht oder ein Gambit spielt, ihn also opfert. Der übliche Deckungszug erfolgt durch den Damenspringer auf b1 von c3 oder d2 aus. Die Varianten nach 3. Sb1-c3 oder 3. Sb1-d2 gehen nach dem Schlagzug d5xe4 ineinander über. Der ehemalige Schachweltmeister Karpow präferierte in seiner aktiven Zeit die Entwicklung nach d2, um im Modernen System – 3. ... g7-g6 und folgendem Läuferfianchetto nach g7 – seinen Bauern auf d4 mittels c2-c3 stützen zu können.

Überdecken des Bauerns e4

  • Klassisches System: 3. Sb1-c3 d5xe4 4. Sc3xe4 Lc8-f5 5. Se4-g3 Lf5-g6

Der Ausflug des weißfeldrigen Läufers lädt Weiß zu dem sehr aggressiven, nichtsdestotrotz meistgespielten, Zug (in dieser Stellung), ein: 6. h2-h4. Es droht h4-h5 mit Läufergewinn. Schwarz sieht sich deshalb dazu genötigt, ein Fluchtfeld für seinen Läufer freizuschaufeln (z.B. 6. ... h7-h6). Weiß wird in dieser Variante meistens lang rochieren, um beim Angriff auf den schwarzen Königsflügel nicht die eigene Königsstellung schwächen zu müssen. Auch Schwarz tut gut daran, die lange Rochade anzusteuern, weil er sich andernfalls einem sehr gefährlichen Angriff aussetzen würde.

  • Bronstein-Larsen Variante: 3. Sb1-c3 d5xe4 4. Sc3xe4 Sg8-f6 5. Se4xf6+ g7xf6

In dieser Stellung sieht die kurze Rochade für Schwarz nicht besonders einladend aus, weil einige Felder in der Nähe des Königs geschwächt wären (auf h6 könnte z.B. ein so genannter 'Alptraumläufer' (Kurt Richter) erscheinen). Der isolierte h-Bauer stellt einen potentiellen Verlustfaktor im Endspiel dar. Als Gegengewicht sind die schwarzen Bauern besser als die weißen zentralisiert, d.h. die schwarze Stellung ist trotz der oft nicht zustande kommenden schwarzen Rochade sehr widerstandsfähig.

bzw. die Tartakower-Nimzowitsch-Variante mit 5. ... e7xf6

Diese Variante führte gegen sehr starke Spieler (z.B. Bobby Fischer) selbst für erfahrene Großmeister öftere Male zum Verlust. Weiß verfügt über eine Bauernmehrheit auf dem Damenflügel (4 weiße gegen 3 schwarze Bauern), weshalb ein Bauern- oder Leichtfigurenendspiel für Schwarz meistens verloren ist. Zwar verfügt auch Schwarz über eine Bauernmehrheit auf dem Königsflügel, diese führt wegen des Doppelbauern aber zu keinem Freibauern. Diese Form des Doppelbauern ist in den meisten Fällen nachteilig, wenn man dafür keine Kompensation bekommt (z.B. erhält in der Abtauschvariante der Spanischen Partie der Schwarze immerhin das Läuferpaar als Kompensation für diese besonders nachteilige Doppelbauer-Variante), hier allerdings ist von Kompensation nicht viel zu sehen. Weiß ist in der Entwicklung voraus und hat nach wie vor die Oberhand im Zentrum. Und zusätzlich den potentiellen Freibauern auf dem Damenflügel.

  • Flohr-System/Petrosjan-Smyslow-System: 3. Sb1-c3 d5xe4 4. Sc3xe4 Sb8-d7

Führt mitunter zu gefährlichen Springeropfern durch den Weißen auf e6, ist aber dennoch solide.

  • Gurgenidze-Gegenangriff: 3. Sb1-c3 b7-b5
  • Modernes oder Gurgenidze-System:3. Sb1-c3 g7-g6

Die Vorstoßvariante

In der sogenannten Vorstoßvariante nach 3. e4-e5 entwickelt Schwarz zumeist seinen Läufer mit 3. ... Lc8-f5, um im nächsten Zug mit e7-e6 den Punkt d5 zu festigen und den Bauernhebel c6-c5 vorzubereiten. Weiß hat zahlreiche Möglichkeiten im vierten Zug: Lf1-d3, Lc1-e3, Sb1-d2, c2-c3, h2-h4, f2-f4 sowie

  • Das positionelle Short-System: 4. Sg1-f3 und
  • Das scharfe Van der Wiel-System: 4. Sb1-c3 e7-e6 5.g2-g4 Lf5-g6 6. Sg1-e2

Die Varianten mit f2-f4, c2-c3 und Lc1-e3 können auch durch Zugumstellung ineinander übergehen.

Abtausch des Bauerns e4

Mit dem Tausch seines Bauerns auf d5 geht das Spiel häufig in ruhige, positionelle Stellungen über:

Gambitvarianten

  • 3. f2-f3, mit f3 wird zwar der Bauer e4 gedeckt, nach 3. ... d5xe4 kann man allerdings kaum mit 4. f3xe4 zurücknehmen, da Schwarz mit e7-e5 (drohendes Damenschach auf h4) die Situation im Zentrum klärt und freies Figurenspiel erhält. Analog zum Blackmar-Diemer-Gambit wird deswegen der Bauer zum Beispiel mit 4. Sb1-c3 geopfert. Weitere Gambitvarianten:
  • Von Hennig-Gambit: 3. Sb1-c3 d5xe4 4. Lf1-c4 Sg8-f6 5. f2-f3 e4xf3 6. Sg1xf3 (Variante des Blackmar-Diemer-Gambits)
  • 3. Lc1-e3

Varianten ohne 2. d2-d4

Verzichtet Weiß auf sein Bauernpaar im Zentrum, können folgende Abspiele entstehen:

  • Zweispringer-System: 2. Sg1-f3/Sb1-c3 d7-d5 3. Sb1-c3/Sg1-f3
  • Apocalypse Attack: 2. Sg1-f3 d7-d5 3. e4xd5 c6xd5 4. Sf3-e5
  • Breyer-Variante: 2. d2-d3
  • Anti-Caro-Kann: 2. c2-c4

Literatur

  • Anatoli Karpow: Caro-Kann-Verteidigung – richtig gespielt. Beyer, Hollfeld 2005, ISBN 3-88805-482-6