Ashtanga (Vinyasa) Yoga

Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 14. August 2007 um 23:31 Uhr durch Ashtanga Yoga München (Diskussion | Beiträge). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Ashtanga Yoga ist ein klassisches indisches Yoga-System, das heute hauptsächlich von Shri K. Pattabhi Jois, seiner Tochter Saraswathi und seinem Enkel Sharath Rangaswamy im Ashtanga Yoga Research Institute (AYRI) in Mysore, Indien gelehrt wird. Es könnte Jahrtausende alt sein. Heute zählt es zu den wichtigsten und ausgefeiltesten, aber auch schwierigsten Systemen des Hatha Yoga. Der erste "Westler", der Ashtanga Yoga gelernt hat (die Erste und die Zweite Serie) war 1964 der Belgier André van Lysebeth, der erste "Westler", der das ganze Ashtanga Yoga-System (also alle Serien) gelernt hat, war ab 1972 der US-Amerikaner David Williams.

Diese Schule des Hatha-Yoga ist nicht zu verwechseln mit dem eher philosophischen System des Raja Yoga, das hauptsächlich auf den "Yoga Sutras" von Patanjali aufbaut und für das auch der Ausdruck "Ashtanga Yoga" verwendet wird.

Ashtanga Yoga mag auf einen Beobachter sehr athletisch und körperbetont wirken. Aber im Zentrum von Ashtanga Yoga stehen gar nicht die Yogastellungen (Asanas), sondern die Atmung. Diese Methode des Yoga bedeutet u. a., den Atem zu synchronisieren mit festgelegten Serien von Yogastellungen (Erste Serie, Zweite Serie, Weiterführende Serien oder Roga Chikitsa, Nadi Shodana und Sthira Bhaga, wie sie in Sanskrit, der alten indischen Gelehrtensprache, heißen).

Shri K.P. Jois, heute neben Shri B.K.S. Iyengar wohl der renommierteste lebende Vertreter des Hatha Yoga, hat das Ashtanga Yoga nicht erfunden, sondern selbst von Shri Tirumalai Krishnamacharya gelernt, zuerst in Kowshika, dann in dessen Yoga-Schule in Mysore. Krishnamacharyas Lehrer wiederum war Shri Rama Mohan Brahmachari, der in einer Höhle am Berg Kailash in Tibet lebte. Die Urquelle für das Ashtanga Yoga-System ist schließlich (nach Krishnamacharya) "Yoga Korunta" ("Yoga-Gruppen") von Vamana Rishi, der es vor Jahrhunderten auf Palmblättern beschrieben habe. Dieses Manuskript ist heute nicht mehr erhalten - "Die Ameisen haben es gefressen!" (K.P. Jois). Krishnamacharya (der auch der Lehrer der berühmten Yogis B.K.S. Iyengar, T.K.V. Desikachar und Indra Devi war) hat nicht nur K.P. Jois dieses Yoga-System gelehrt, sondern auch Andere in Mysore, beispielweise B.N.S. Iyengar.

Der Respekt vor einer alten Tradition, die über Jahrhunderte überliefert worden ist, und der Respekt vor Lehrern wie Krishnamacharya sind die Gründe, warum Ashtanga Yoga Lehrer den Ablauf der Serien nicht ändern. Nur sehr kleine Modifikationen sind akzeptabel, sonst ist es kein Ashtanga Yoga mehr. Viele moderne Yogastile (alle "dynamischen", "Power", "Vinyasa", "Flow" etc. Stile) leiten sich aus dem Ashtanga Yoga ab. Diese Stile sind aber nicht identisch mit Ashtanga Yoga.

Ashtanga Yoga verlangt von den Übenden mehr Entschlossenheit (Selbstdisziplin) und Eigeninitiative als andere Yoga-Stile. Von den Übenden wird erwartet, daß sie nach einer gewissen Zeit den Ablauf der Serie, die sie üben (meistens die Erste Serie, die ca. 68 Asanas umfaßt und ca. 80 Minuten dauert), auswendig können und sie vom Lehrer nur noch Korrekturen, nicht aber Anleitung brauchen ("Mysore-Style"). Auch muß mit Regelmäßigkeit geübt werden, damit Fortschritte möglich sind. Ashtanga Yoga ist darum auch nicht der richtige Stil für Jeden an Yoga Interessierten. Da es aber im Hatha-Yoga zahllose Stile gibt, ist das kein Problem.


Die Verbreitung des Ashtanga Yoga im Westen

Der Belgier André van Lysebeth, einer der Wegbereiter des Yoga im Westen, war 1964 der erste "Westler", der bei Shri K.P. Jois in Mysore die Erste und die Zweite Serie des Ashtanga Yoga lernte (die damals noch parallel zueinander, also nicht in der heute gängigen streng hierarchischen Form gelehrt wurden). Es war wohl 1972 im Ashram von Swami Gitananda in Pondicherry (Indien), als der US-Amerikaner David Williams, der in Indien war, um Yoga zu lernen, eine Vorführung des Ashtanga Yoga durch Manju Jois, einen Sohn von K.P. Jois, sah. Er reiste nach Mysore, um es bei K.P. Jois zu lernen, der ihn auch in allen Serien (damals noch vier, heute sechs) unterrichtete. Auf Einladung von David Williams reiste K.P. Jois 1975 erstmals in die USA. Unter seinen ersten Schülern dort waren u. a. auch Nancy Gilgoff und David Swenson, die heute sehr bekannte Namen im Ashtanga Yoga sind. Die ersten westlichen Lehrer für Ashtanga Yoga gab es in Kalifornien und Hawaii, von wo sich der Stil allmählich über die USA verbreitete. Bekannter wurde er ab den 1980er Jahren, weil bekannte Künstler wie Madonna, Sting oder Gwyneth Paltrow dieses Yoga übten. Eine vereinfachte und für Fitness-Studios geeignete Form des Ashtanga Yoga, nämlich "Power Yoga" nach Beryl Bender Birch, verhalf schließlich auch dem Original zu größerer Bekanntheit. In Europa ist Ashtanga Yoga im Moment noch längst nicht so bekannt wie in den USA. In Großbritannien, Frankreich, Italien und Finnland ist es bereits etablierter. In Deutschland beginnt sich seit wenigen Jahren eine entsprechende "Szene" zu entwickeln. In den meisten Großstädten Deutschlands gibt es heute gut ausgebildete Ashtanga Yoga-Lehrer.


Der Aufbau des Ashtanga Yoga-Systems

"Haupt-Serie - sehr wichtig! Mittlere Serie - etwas wichtig! Weiterführende Serien - nur zur Vorführung!"

Shri K. Pattabhi Jois, zitiert nach David Swenson


Das Ashtanga Yoga ist eingeteilt in sechs Serien von Asanas (Yoga-Stellungen) in aufsteigendem Schwierigkeitsgrad: Roga Chikitsa (Erste oder Hauptserie), Nadi Shodana (Zweite oder Mittlere Serie) und Sthira Bhaga (Weiterführende Serien A, B, C, D).

Die Asanas sind weitgehend identisch mit denen des Iyengar Yoga (weil beide Stile zurückgehen auf Tirumalai Krishnamacharya), auch wenn ihre Namen nicht immer genau gleich gebraucht werden. Der Hauptunterschied ist die "dynamische" Art, sie zu üben, in einem konstanten Fluss, dessen Rhythmus sich an den Atemzügen der Übenden orientiert.

Für eine lange Zeit gab es nur die Erste, Zweite und Weiterführende Serien A und B. Die Erste und Zweite Serie werden seit Jahrzehnten ohne grosse Veränderungen gelehrt, nur die Weiterführenden Serien wurde grösseren Änderungen unterzogen - die früheren Weiterführenden Serien A und B wurden vor wenigen Jahren anders aufgeteilt und bilden nun die Weiterführenden Serien A, B, C, D. Die veränderte Einteilung hat nichts Neues hinzugefügt.


Ashtanga Yoga Erste (Haupt-) Serie (Roga Chikitsa)

Die Erste Serie im Ashtanga Yoga heißt ursprünglich "Roga Chikitsa", also "Krankheits-Therapie" (der Name hat sich wohl später entwickelt in "Yoga Chikitsa", also "Yoga-Therapie"). Diesen Namen hat sie, weil sie u. a. den Körper wieder gerade ausrichtet, von Verspannungen befreit und ihm hilft, aufgenommene Schadstoffe wieder auszuscheiden. Das hat auch eine Wirkung auf den Geist. Sie bereitet auch auf die Reinigung der Nerven durch die Zweite Serie (Nadi Shodana) vor.

Der Name "Primary Series" ist doppeldeutig: Meist übersetzt man ihn ins Deutsche mit "Erste Serie". "Primary" bedeutet aber auch "hauptsächlich". Gemeint ist: Die Erste Serie ist auch die wichtigste Serie, gefolgt von der Zweiten (Mittleren) Serie, und die Weiterführenden Serien spielen fast keine Rolle mehr. Es ist völlig in Ordnung, sein Leben lang nur die Erste Serie zu üben, dies aber mit Entschlossenheit zu tun.

Unterrichtet wird meist nur diese Erste Serie oder sogar nur ein Teil davon. Geübte Yogi(ni)s brauchen für die Erste Serie bei normaler Geschwindigkeit ca. 80 Minuten. Sie zu lernen dürfte in der Regel drei Jahre oder auch länger dauern, je nach den Vorkenntnissen.


Ashtanga Yoga Zweite (Mittlere) Serie (Nadi Shodana)

Die Zweite Serie im Ashtanga Yoga heisst "Nadi Shodana", also "Nervenreinigung". Diesen Namen hat sie wegen der vielen Asanas, die das Rückgrat, den grössten Nervenkanal im Körper, beugen und drehen. Tatsächlich berichten viele Yogi(ni)s, die beginnen, die Zweite Serie zu üben, von erhöhter Empfindlichkeit, intensiven Träumen und Gefühlen, wiederkommenden alten Erinnerungen etc. - als würden die Nerven eben gereinigt.

Diese Wirkung der Zweiten Serie kann sehr stark sein. Man sollte nicht zu früh beginnen, sie zu üben. Sie sollten auf alle Fälle die Erste Serie ohne Unterstützung und ohne Unterbrechung üben können. Es muss aber nicht perfekt sein ....

Geübte Yogi(ni)s brauchen für die Zweite Serie bei normaler Geschwindigkeit ca. 100 Minuten. Sie zu lernen dürfte in der Regel weitere drei Jahre oder auch länger dauern.


Quellen und Literatur

K. Pattabhi Jois, Yoga Mala, New York (North Point Press) 1999

David Swenson, Ashtanga Yoga, The Practice Manual, Houston (Ashtanga Yoga Productions) 1999

Lino Miele, Astanga Yoga, Under the Guidance of Sri K. Pattabhi Jois, Roma (Angelo Miele) 1994


International:

[1] - Ashtanga Yoga Research Institute, Mysore (Indien)

[2] - Ashtanga Yoga (USA)

[3] - Ashtanga Yoga Productions

[4] - Slade´s Ashtanga Yoga Links

Deutschland:

[5] - Ashtanga Yoga München (the humble author)

Andere Ashtanga Yogis in Deutschland: Bitte Links hinzufügen!

--Ashtanga Yoga München 23:08, 14. Aug. 2007 (CEST)