Über die historische Vorlage des Grafen Dracula Vlad Draculea III. gibt es viele Geschichten, Märchen und Halbwahrheiten. Zumeist heißt er in Historien Vlad "Tepes" Dracul und wird als grausamer Graf und Tyrann Transsylvaniens beschrieben, der aus sadistischer Freude Tausende foltern und pfählen ließ. Das historische Interesse an der legendären Figur basiert auf dem Buch von Bram Stokers oder auf den zahlreichen Dracula Filmen. So verwundert es nicht, dass viele "Dracula Biographien" historische Fehler enthalten, weil die Vorgaben Stokers ungeprüft übernommen wurden. Ziel dieser Biographie ist es den historischen Lebensweg der Legende Dracula so aufzuzeigen, wie er als realistisch erscheint und tatsächlich gewesen sein könnte.
Biographie des historischen Dracula
- Vlad, ein rumänischer Vasall des deutschen Kaisers, wird auf dem Reichstag zu Nürnberg zum Fürsten der Walachei erhoben und zum Ritter des Drachenordens (Societas Draconis[1]) geschlagen. Sigismund von Luxemburg, der Kaiser des heiligen römischen Reiches deutscher Nation, verleiht ihm den Beinamen "Dracul"[2].
- 1435 Schäßburg
- Da die tatsächlichen, bestehenden Machtverhältnisse in der Walachei die Besteigung des Fürstenthrones unmöglich machen, verbleibt Vlad Dracul mit den seinen, während der Rückreise vom Reichstag, in Schäßburg[3]. In dieser Zeit wird ihm ein Sohn geboren den er Vlad Draculea[4] nennt.
- 1436 Thronbesteigung
- Die Rückkehr nach Tîrgoviste, die Hauptstadt der Walachei. Vlad besteigt als Woiwode[5] Vlad II Dracul den Fürstenthron Südrumäniens.
- 1442 Türkische Gefangenschaft
- Vlad II. Dracul gerät mit seinen drei Söhnen in die Gefangenschaft des türkischen Sultans Mehmets II.[6].
- 1444 Geiselhaft
- Vlad II. Dracul lässt seine beiden jüngeren Söhne, Vlad Draculea und Radu den Schönen an der türkischen Pforte als Geiseln zurück. Er selbst und sein ältester Sohn Mircea kommen frei.
- 1447 Tod Vlad II. Draculs
- Vlad II. Dracul wird wegen Verrates von Johann Hunyadi, dem ungarischen König geköpft. Mircea wird lebendig eingemauert
- 1448 Erste Thronbesteigung Vlad "Tepes" Draculeas
- Die Brüder Vlad Draculea und Radu werden von den Türken freigelassen und Draculea besteigt mit türkischer Unterstützung den Fürstenthron der Walachei als Woiwode Vlad III Draculea. Bereits kurze Zeit später kommt es zur Auseinandersetzung zwischen den Brüdern. Draculea, der in späteren Jahren den Beinamen "Tepes"[7] erhält flieht zu seinem Cousin dem moldavischen Prinzen Stefan Lazarevic
- 1451 Flucht
- Aufgrund von Kriegswirren und Türkeneinfällen im Balkan fliehen Vlad Draculea und [[Stefan Lazarevic] nach Transylvanien. Sie verbünden sich gegen die Türken mit König Johann Hunyadi von Ungarn, dem Mörder von Vlads Vater.
- 1453 Konstantinopel fällt an die Türken
- 1456 Zweite Thronbesteigung Vlad "Tepes" Draculeas
- Mit Hilfe des ungarischen Königs kann sich Vlad "Tepes" Draculea gegen den Polen Vladislav II durchsetzen und wird erneut Woiwode der Walachei. Um Unabhängigkeit zu erlangen, lässt er einen Großteil des Adels hinrichten, erhebt walachische Bauern zu Wehrbauern und beginnt einen Handelskrieg mit reichen Sachsenstädten Siebenbürgens.
- 1458 Tod Johann Hunyadis
- Matthias Hunyadi (genannt Corvinus) wird König von Ungarn.
- 1458 Sieg über die Türken
- Nahezu ohne Unterstützung schlägt Vlad "Tepes" Draculea ein türkisches Heer.
- 1459 Ostermassaker
- Vlad "Tepes" Draculea nimmt Rache an allen die mit dem Tod seines Vaters in Verbindung standen. Vlad baut die Feste seines Vaters neu auf und macht Bucharest zu seiner Haupstadt.
- Vlad "Tepes" Draculea läßt Gesandte Sultan Suleimans hinrichten (pfählen), die Tribut von ihm forderten.
- 1460 Türkischer Angriff
- Vlad "Tepes" Draculea versucht dem türkischen Aufmarsch durch einen Präventivschlag auf das Leben des Sultans zuvorzukommen. Suleiman II wird nur verletzt.
- 1461 Rückzug
- Vlad "Tepes" Draculea und seine Truppen können den vielfach überlegenen Türken nichts entgegensetzten und müssen sich nach Tîrgoviste zurückziehen.
- 1462 Flucht
- Draculea muß endgültig aus der Walachei fliehen. Matthias Hunyadi und Stefan Lazarevic lassen ihn fallen. Ihm wird Paktierung mit den Türken vorgeworfen. Die Beweisbriefe[8] werden sogar dem Papst vorgelegt. Vlad "Tepes" Draculea bleibt für die nächsten 13 Jahre in Buda[9] eingekerkert. Sein Bruder Radu wird Woiwode der Wallachei.
- 1475 Ende der Gefangenschaft
- Matthias Hunyadis Schwester, Ilona, verliebt sich in Vlad, heiratet ihn und bekommt einen Sohn. Auf Grund ihrer Bemühungen endet seine Gefangenschaft.
- 1476 Dritte Thronbesteigung Vlad "Tepes" Draculeas
- Basarab, seit Radus Tod Woiwode der Walachei, flieht vor Draculea und dieser wird somit kampflos erneut Herrscher der Walachei.
- Ob auf dem Schlachtfeld gegen die Türken oder in Snagov ermordet bleibt unklar, fest steht, dass Draculea eines gewaltsamen Todes stirbt und sein Kopf dem türkischen Sultan überbracht und in Konstantinopel aufgespießt wird. Sein Körper wird in Snagov auf einer Halbinsel bestattet.
Bewertung der Historie
Vlad "Tepes" Draculeas Biographie war bereits zu seinen eigenen Lebzeiten Legende. Der Balkan, der Übergang von Okzident zu Orient, war schon damals ein überregionaler (internationaler) Konfliktherd. Die Mächtigen versuchten ihren Einfluss auf die Region auszuüben ohne selbst zwischen die Fronten zu geraten. Der Balkan selbst war sowohl für die Herrscher in Europa als auch für die Osmanen Bollwerk.
Ein Fürst der Walachei musste sich in alle Richtungen behaupten und mehr noch als andere Herrscher seiner Zeit gefürchtet sein, um überhaupt herrschen zu können. Ob Vlad "Tepes" Draculea, während seiner Kindheit in türkischer Gefangenschaft gefoltert wurde oder nicht, ob er tatsächlich Zehntausende pfählen ließ und Menschfleisch verspeiste oder nicht, ist völlig irrelevant, da man davon ausgehen kann, dass er diese Erzählungen bewusst selbst zu Lebzeiten unterstützte. So obige Biographie stimmt, war er nur elf Jahre Woiwode der Walachei, aber 18 Jahre seines kurzen Lebens verbrachte er in Gefangenschaft. Er hat seinen Thron drei Mal erobern müssen und musste ihn stets gegen Ost und West verteidigen. Ein grausamer Ruf war also notwendig, um das überhaupt bewerkstelligen zu können. Nur so ist auch zu erklären, dass Basarab vor Draculea flieht, als dessen ungarische Gefangenschaft endet. Aber nicht nur er selbst hatte Gründe dafür als grausam und teuflisch gelten zu wollen. Es sind die Mächtigen in Österreich-Ungarn, die einen unbeugsamen und unkontrollierbaren Herrscher im Bollwerk gegen die Türken zu Friedens-Zeiten nicht gebrauchen können. Einen der seinen Machtbereich ausdehnen könnte, und die Vormachtstellung Österreich-Ungarns nicht anerkennt. Ihm also Paktierung mit den Muslimen vorzuwerfen, um ihm noch vor einer möglichen Auseinandersetzung kaiserliche Unterstützung zu entziehen, ist gar nicht so abwegig. Die Walachei war im 15. Jhd. eine politisch und wirtschaftlich abhängige Region mit abhängigen Herrschern. Dem scheint sich der Woiwode Vlad III "Tepes" Draculea stets widersetzt zu haben.
Es sind aber vor allem die Kaufleute Siebenbürgens[10], die für seinen Ruf verantwortlich waren. Sie waren sein wirtschaftlicher Hauptfeind, um sich der Unterstützung der walachischen Kleinbauern, welche sein Heer stellten, sicher zu sein, bekämpfte er die reichen Sachsen Siebenbürgens. Diese schrieben und verbreiteten die Horrorgeschichten über den Fürsten der Walachei, die auch teilweise heute noch erhalten sind.[11] In ihnen speist er Menschenfleisch und zwingt Gesandte dies ebenfalls zu tun.
Die Sachsen Siebenbürgens hatten natürlich ein persönliches und politisches Interesse, den Fürsten Vlad am deutschen Kaiserhof in Misskredit zu bringen. Wer weiß, in wieweit er Raubzüge nach Siebenbürgen unternahm, um Händler, die auf seinem Grund vermeintlich Unrecht begangen, auf fremdem zu richten?
Fakt ist, dass er vor allem in der deutschen Literatur seit seinen Lebzeiten als unbarmherziger Teufel dargestellt wird, der Freunde verrät und mit den Türken paktiert. In der russischen und rumänischen Geschichte gilt er bis heute hin als Nationalheld und Befreier, der das christliche Abendland gegen die Türken verteidigte.
Anekdote
1931 wurde das Grab Vlad "Tepes" Draculeas in Snagov geöffnet. Die Hälfte der Quellen berichtet das Grab sei bei der Öffnung leer gewesen, die andere Hälfte behauptet das Gegenteil. Für die rumänischen Nationalisten hat der Bezwinger der Türken, Vlad "Tepes", eine ähnliche Bedeutung, wie das Amselfeld für die christlichen Serben. Es verwundert nicht das Ceaucescu sich gerne in eine Reihe, als strenger aber gerechter Herrscher, mit Draculea stellte.
Anmerkungen
[1]Der Drachenorden war ein christlicher Ritterbund gegen die Türken.
[2]Angelehnt an das lateinische draco (Drache), vermutlich unwissend, dass dracu im rumänischen Teufel bedeutet.
[3](Sighisoara) in Transsylvanien Siebenbürgen.
[4]Draculea ist der Diminutiv von Dracul und bedeutet folglich kleiner Drache oder auch kleiner Teufel (Teufelchen).
[5]Woiwode ist ein rumänischer Adelstitel, der soviel bedeutet wie Fürst, Prinz aber auch Kriegsherr.
[6]Mehmet der Eroberer, er eroberte 1453 Konstantinopel.
[7]Rumänisch: der Pfähler. Die Türken nannten ihn "Kaziklu Bey", was ebenfalls der Pfähler bedeutet.
[8]Die Beweise sind vermutlich von den Sachsenstädten Siebenbürgens in Deutschland gefälscht worden.
[9]Teil der heutigen ungarischen Hauptstadt Budapest.
[10]Siebenbürgen ist erst seit 1919 rumänisch. Im 15. Jhd. war es vorwiegend von deutschen Händlern besiedelt.
[11]Epos über den Blutfürsten Vlad (ab 1500 gedruckt) und Die histori von dem posen Dracol (ab 1488 gedruckt).