Carla Del Ponte

Schweizer Juristin
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Carla del Ponte (* 9. Februar 1947 in Bignasco, Tessin) ist eine Schweizer Juristin. Seit September 1999 und noch bis September 2007 ist sie als Chefanklägerin am Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien in Den Haag tätig.

Carla del Ponte
während eines Vortrags an der Université de Lausanne im April 2005

Carla del Ponte spricht Italienisch, Deutsch, Französisch und Englisch.

Leben

Carla del Ponte studierte internationales Recht in Bern, an der Universität Genf und in Großbritannien. Ab 1972 arbeitete del Ponte in einer Rechtsanwaltspraxis in Lugano, 1975 gründete sie ihre eigene Kanzlei. 1981 wurde sie Staatsanwältin des Kantons Tessin. Ihr kompromissloses Vorgehen gegen Geldwäsche, organisierte Kriminalität, Waffenschmuggel und grenzüberschreitende Wirtschaftskriminalität trug ihr den Spitznamen Carlita la pesta (Carlita, die Pest) ein. 1994 wurde sie zur Bundesanwältin der Schweiz berufen. Ihre Arbeit als oberste Anklägerin der Schweizer Bundesbehörden wurde indes sehr unterschiedlich bewertet: Insbesondere von linker Seite wurde ihr - auch im Parlament - vorgeworfen, (zu) viel Publizität zu ihren Fällen zu entwickeln, von denen dann die meisten im Sand verlaufen seien. Ihr Wechsel zum Internationalen Strafgerichtshof wurde in den Medien auch als "Wegbeförderung" qualifiziert.

Die gebürtige Tessinerin arbeitete eng mit dem später ermordeten italienischen Richter Giovanni Falcone gegen die Mafia zusammen und entging 1989 im Ferienhaus Falcones bei Palermo nur knapp einem Sprengstoffanschlag. Sie ermittelte auch wegen Geldwäsche und Korruption im engeren Umkreis des früheren russischen Präsidenten Boris Jelzin und gegen den Bruder des mexikanischen Ex-Präsidenten Salinas.

Im Herbst 1999 wurde sie als Nachfolgerin von Louise Arbour Chefanklägerin sowohl des Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien, zuständig für die Verfolgung schwerer Verbrechen während des Balkankonflikts bzw. des Kosovo-Krieges als auch des Internationalen Strafgerichtshofs für Ruanda, zuständig für die Verfolgung des Völkermords in Ruanda. Im Rahmen einer Umstrukturierung im Jahr 2003 ging die Zuständigkeit für das Ruanda-Tribunal auf Hassan Bubacar Jallow über.

Anfang 2007 erklärte sie ihren Rücktritt zum September 2007. Eine Rückkehr zur Schweizerischen Bundesanwaltschaft lehnte sie ab.[1] Sie soll zukünftig die Schweiz als Botschafterin in Argentinien vertreten.[2]

Gerichtsverfahren gegen del Ponte

Im Dezember 2002 veröffentlichte die Zeitschrift Konkret ein von Jürgen Elsässer geführtes Interview mit Felipe Turover, dem Hauptbelastungszeugen im (in der Zwischenzeit eingestellten) Ermittlungsverfahren gegen Boris Jelzin.[3] Turover beschuldigt del Ponte, wissentlich seinen Namen und seine Funktion an die Presse geliefert zu haben, noch bevor er sich aus dem von ihm denunzierten Umfeld entfernt und in Sicherheit gebracht habe. Aus diesem Grunde habe er gegen sie ein Gerichtsverfahren angestrengt, das jedoch vom Schweizer Bundesanwalt Valentin Roschacher abgewiesen wurde. Nachdem Turover Rorschacher jedoch wegen Begünstigung zu Gunsten del Pontes verklagte, wurde im Mai 2002 der ehemalige Generalstaatsanwalt des Kantons Jura, Arthur Hublard, als Sonderermittler in der Sache Turover-del Ponte-Roschacher vom Schweizer Bundesrat eingesetzt.

Quellen

  1. NZZ Online vom 29. Juli 2007 [1]
  2. NZZ am Sonntag vom 15. Juli 2007 [2]
  3. „Carla del Ponte richtet weiter in Den Haag: UN-Mandat für Schutzpatronin der Mafia?“ junge Welt, 15. September 2003
    Interview mit Felipe Turover, der von 1992 bis 1999 für die Jelzin-Regierung im Schuldenmanagement mit westlichen Gläubigerbanken arbeitete (Originalartikel)

Ehrungen

Commons: Carla del Ponte – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien