Mit den Sinnen bezeichnet man üblicherweise die schon von Aristoteles erkannten fünf Sinneskanäle des Menschen, also Gehörsinn, Geruchssinn, Geschmackssinn, Gesichtssinn, und Tastsinn. Die moderne Physiologie kennt für den Menschen noch vier weitere Sinne, die Thermozeption (Temperatursinn), Nozizeption (Schmerzempfindung), den Gleichgewichtssinn und die Propriozeption (Körperempfindung oder Tiefensensibiliät). Bei Tieren kommen weitere Sinne (beispielsweise für die Polarisierung von Licht oder das Magnetfeld der Erde) hinzu.

Die Sinne haben unterschiedliche Aufnahmekapazitäten. So werden über den Gesichtssinn pro Sekunde etwa 10 Millionen Bit aufgenommen, über den Tastsinn etwa 1 Million Bit, über den Gehörsinn etwa 100 000 Bit, über den Geruchssinn etwa 100 000 Bit und über den Geschmackssinn etwa 1000 Bit.
Bei „Synästhetikern“ gibt es ein „Übersprechen“ zwischen Sinneskanälen oder deren Verarbeitungszentren, so dass z. B. Klänge als farbige Muster wahrgenommen werden.
Unterteilung in Nah- und Fernsinne
Die Sinneskanäle des Menschen können in Fernsinne (Hörsinn und Sehsinn) und Nahsinne (alle übrigen Sinne) unterschieden werden. Bei einer Schädigung der Fernsinne spricht man von Sinnesbehinderung, da diese Sinne die wichtigsten Informationsträger des Menschen sind. Deshalb gibt es für diese Personengruppe spezielle Sonderschulen.
Die 6 Sinne
Der Mensch nimmt die Umwelt mit seinen 6 Sinnen wahr.
- visuell (mit dem Sehsinn)
- akustisch (mit dem Hörsinn)
- haptisch (kinästhetisch Tiefensensibilität) / taktil (mit dem Tastsinn)
- olfaktorisch (mit dem Geruchssinn)
- gustatorisch (mit dem Geschmackssinn)
- vestibulär (mit dem Gleichgewichtssinn)
Der „7. Sinn“
Mit „7. Sinn“ wurde vielfach die Fähigkeit bezeichnet, Dinge wahrzunehmen, die anscheinend nicht mit den Sinnesorganen aufgenommen wurden, vor allem die so genannten Psi-Fähigkeiten (Telepathie, Hellsehen, Präkognition). Biologen benutzen diesen Begriff allerdings zunehmend, um damit elektrische und magnetische Sinne von Tieren zu beschreiben: Zitteraale erkennen im Dunkeln ihre Gegner durch die Wahrnehmung von Änderungen elektrischer Felder, die sie selbst aussenden; Zitterrochen nehmen die Körperelektrizität ihrer Beute wahr; Klapperschlangen haben einen Wärmesinn; Webspinnen erkennen durch einen Schwingungssinn die kleinsten Bewegungen in ihren Netzen; an Rotkehlchen, Tauben und diversen anderen Vögeln wurde ein Magnetsinn experimentell nachgewiesen (erstmals 1967 von Wolfgang Wiltschko in Frankfurt am Main). Alle diese Sinne, die inzwischen genauer erforscht werden, haben eine Verankerung im Biologischen und sind nichts Übernatürliches (mehr). So konnten Wissenschaftler von der Washington Universität in St. Louis (USA) mittels kernspintomographischen Untersuchungen nachweisen, dass eine bestimmte Hirnregion, der Anterior Cingulate Cortex (ACC), ein Frühwarnsystem darstellt, das bei drohender Gefahr einer Fehlentscheidung aktiv wird. Offensichtlich empfängt diese in der Nähe der vorderen Stirnhirnlappen liegende Hirnregion Umgebungssignale, die dann unverzüglich auf potentielle Gefahren hin analysiert werden. Sollte eine Situation als „gefährlich“ interpretiert werden, schlägt es sofort Alarm, so dass das Individuum die Möglichkeit hat, eine Änderung seines momentanen Verhaltens einzuleiten. Menschen, die auf diese Weise rechtzeitig einer Gefahrensituation entronnen sind, führen dies dann gerne auf ihren „7. Sinn“ zurück. Ursprünglich wird dem Anterior Cingulate Cortex auch eine wichtige Funktion bei der Verarbeitung von Konflikten zugeschrieben.
Zunehmend verweisen Untersuchungen jedoch auch auf die Existenz eines anatomisch nachweisbaren, weiteren Sinnesorganes beim Menschen: dem Vomeronasalorgan. Ein winziger, mit Rezeptoren gespickter Gang, der in die Nasenschleimhaut mündet, ermöglicht die Aufnahme von Pheromonen. Die Andockung der Botenstoffe haben höchstwahrscheinlich direkte emotionale Reaktionen (Geborgenheit, Abwehr, sexuelle Anregung) beim Empfänger zur Folge.
Die Fünf geistigen Sinne
Von den Anfängen der christlichen Tradition bis ins hohe Mittelalter und auch bis heute sind die fünf geistigen Sinne bekannt. Das biblische Gleichnis von den fünf törichten und den fünf klugen Jungfrauen wurde als Allegorie für die fünf nach außen und die fünf nach innen gerichteten Sinne verstanden. Über die fünf nach innen gerichteten Sinne lernt der Mensch innere / seelische Erfahrungen zu machen, wie sie in tiefer Meditation zu erleben sind. Diese "Methode" ist u.a. auch in der jesuitischen / ignatianischen Gebetstradition bekannt und wird auch heute von Prem Rawat weltweit gelehrt, (mehr dazu unter "Schlüssel"). Literatur:
- Prof. Dr. Hugo Rahner S.J., "Die Anwendung der Sinne in der Betrachtungsmethode des hl. Ignatius von Loyola, in: "Meditation in Religion und Psychotherapie", Hrsg. Dr. med. Dr. phil. Wilhelm Bitter, ISBN 3-12-900950-7, S. 45-71.
- Cagan, Andrea, Peace Is Possible: The Life and Message of Prem Rawat. Mighty River Press (2007), ISBN 978-09788694-9-6.
- Geaves, Ron, Globalization, charisma, innovation, and tradition: An exploration of the transformations in the organisational vehicles for the transmission of the teachings of Prem Rawat, 2006, Journal of Alternative Spiritualities and New Age Studies, S. 44-62.
- Dr. Hummel, Reinhart, Indische Mission und neue Frömmigkeit im Westen. Religiöse Bewegungen in westlichen Kulturen, Stuttgart 1980, ISBN 3170056093.
Siehe auch
Weblinks
- Artikel der Washington University St. Louis zum erbrachten Beweis des 6. Sinns (englisch)
- Originalartikel „Learned Predictions of Error Likelihood in the Anterior Cingulate Cortex“
- wissenschaft.de: „Wo der sechste sinn wohnt“
- nachrichten.at: „Sechster Sinn“ gilt jetzt als erwiesen
- 3sat-online: „Die fast unzählbar vielen Sinne des Menschen — Der Mensch hat – je nachdem, wie man sie zählt – acht bis 13 Sinne zur Verfügung“
- „Porträt: Vomeronasalorgan“
- „Das vomeronasale Organ des Menschen“
- „Sinne des Menschen“