Die Wasserprobe gehörte im frühen Mittelalter zu den Gottesurteilen.
Wasserprobe als Gottesurteil
Es gab zwei „juristische“ Wasserproben, die mit heißem und die mit kaltem Wasser.
Die juristische Wasserprobe mit heißem Wasser (judicium aquae ferventis, Kesselprobe) ist vermutlich die älteste Form des Gottesurteils in Europa, die auch in den ältesten Gesetzestexten (beispielsweise bei Hinkmar von Reims) erwähnt wird.[1] Der Angeklagte musste dabei mit nacktem Arm einen Ring oder einen kleinen Stein aus einem Kessel mit kochendem Wasser holen. Hand und verbrühter Arm wurden anschließend verbunden und versiegelt. Nach einigen Tagen wurde der Verband entfernt. Wenn die Wunde nicht eiterte, war die Probe bestanden. In einer anderen als Kesselfang bezeichneten Variante musste der Angeklagte einen Kessel mit siedendem Wasser auffangen. Letztere Form wurde insbesondere als Keuschheitsprobe angewendet.
Die Wasserprobe mit kaltem Wasser (judicium aquae frigidae) wurde vermutlich von Papst Eugen II. (824-827) eingeführt. Der Angeklagte wurde gefesselt und mit einem Seil in einen Teich heruntergelassen, mit der Gebetsformel: „Lass das Wasser nicht empfangen den Körper dessen der, vom Gewicht des Guten befreit durch den Wind der Ungerechtigkeit emporgetragen wird.“ Im Gegensatz zur Wasserprobe mit heißem Wasser brauchte es in diesem Fall ein „Wunder“, um den Angeklagten zu überführen, durch den natürlichen Verlauf der Dinge wurde er freigesprochen. Wenn der oder die Angeklagte nicht schwamm, man also von Unschuld ausging, wurde er oder sie wieder aus dem Wasser gezogen – wobei es hier auch zu ungewollten Todesfällen kommen konnte. Zeitweise war es allerdings auch gebräuchlich, dass das Untergehen im Wasser als Zeichen der Schuld gedeutet wurde.
In einem Missal im Britischen Museum wird von Seiten der kaiserlichen Partei von einer Wasserprobe berichtet, die 1083 auf dem Höhepunkt des Investiturstreits durch einige führende Prälaten des päpstlichen Hofs die Rechtmäßigkeit der päpstlichen Sache hätte beweisen sollen. Nach dreitägigem Fasten wurde das Wasser gesegnet und ein Knabe, der den Kaiser Heinrich IV. repräsentieren sollte, ins Wasser hinabgelassen. Zum Schrecken der Prälaten sank er wie ein Stein. Als dem Papst Gregor VIII. davon berichtet wurde, ordnete dieser eine Wiederholung des Versuchs an, der das gleiche Ergebnis hatte. Dann wurde der Knabe als Vertreter des Papstes hineingeworfen und blieb während zweier Versuche an der Oberfläche, trotz aller Versuche, ihn ins Wasser zu tauchen. Allen Beteiligten sei ein Eid abgenommen worden, das unerwartete Ergebnis der Wasserprobe geheimzuhalten.
Die Wasserprobe mit kaltem Wasser wurde auch nach dem Mittelalter noch als Hexenbad angewandt.
Wasserprobe bei Währungen
Weiterhin gab es auch eine „Wasserprobe“ in der Währungsgeschichte, die bis etwa 1871 angewandt wurde, um den Feingehalt von Gold- und Silbermünzen anhand der durch Eintauchen in Wasser verdrängten Wassermenge und dem Raugewicht der Münze anhand der spezifischen Gewichte von reinen Gold, Silber und Kupfer mathematisch relativ genau bestimmen zu können, da die Legierungsmetalle der zu prüfenden Münze bekannt waren. Siehe Ephraimiten.
Fußnoten
- ↑ Sie ist in der Lex Salica erwähnt und im Kapitular Ludwig des Frommen von 819/819. Das alte norwegische Frostathingslov ordnet sie für Frauen an, die sich vom begründeten Vorwurf heidnischer Opfer reinigen wollen.
Literatur
A. Erler: Kesselfang. In: Handbuch der Deutschen Rechtsgeschichte Bd. 2. Sp. 707 f. Berlin 1978.
Letzte Version des eingearbeiteten Artikels Hexenbad
Bei dem so genannten Hexenbad handelt es sich um die Durchführung einer Wasserprobe an einer vermeintlichen Hexe. Das Hexenbad geht somit auf eine ältere Gottesurteilsvorstellung zurück. Üblicherweise wurden die Angeklagten hierbei überkreuz gebunden in ein Gewässer (See oder auch Fluss) geworfen oder gesetzt. Gingen sie anschließend unter, so galten sie als unschuldig, schwammen sie oben, so galt dies als starker Hinweis auf ihre Schuld.
Obwohl die Mitwirkung von Geistlichen bei der Durchführung von Gottesurteilen von der katholischen Kirche bereits auf dem IV. Lateran-Konzil im Jahre 1215 untersagt worden war und auch die Durchführung von weltlichen Gesetzen seit dem Spätmittelalter immer mehr verboten wurde, sodass vermehrt seit dem 13. Jahrhundert die Folter als Hilfsmittel zur Erlangung eines Geständnisses zum Einsatz kam, tauchte das Gottesurteil der Kalt-Wasser-Probe in der Frühen Neuzeit im Zusammenhang mit der Hexenverfolgung als so genanntes Hexenbad wieder auf. Allerdings wurde das Hexenbad weiterhin von den meisten Juristen als Indiz für den Vorwurf der Hexerei abgelehnt. Dennoch führte gerade der Volksglaube häufig dazu, dass vermeintliche Angeklagte darum baten, sich der Wasserprobe unterwerfen zu dürfen, da sie darin eine gute Chance sahen, ihre Unschuld zu beweisen, ohne dass sie der Folter unterworfen wurden.
Das Hexenbad ist eine von mehreren Hexenproben, die - obwohl offiziell nicht anerkannt - immer wieder Anwendung bei Hexenprozessen fand.
Einer der bekanntesten Hexentheoretiker, der die Durchführung des Hexenbades mehrfach durch gelehrte Schriften rechtfertigte, war Wilhelm Adolf Scribonius. Von ihm ist auch folgende Durchführungsvariante des Hexenbades überliefert:
"[...]/ Als ich den fünff und zwanzigsten tag deß Herbstmonats / bey euch zu Lemgow ankame / sind zwen tag hernach / [...] / auff erkandtnuß des Raths / drey Zäuberinnen wegen ihre vielfaltigen unnd greuwlichen mißhandlung mit Feuwer von leben zum todte gebracht. Desselbigen abends auch sind wiederumb drey / so von den obgemelten als jr mitgenossen und rottgesellen angegeben / von den Stadtdienern aufgegriffen / und ins Gefengniß gelegt / folgendes tages aber / fast umb zwey uhr nach mittag / sind sie vor dem Stadtthor / zu mehrer erforschung der warheit / auff das Wasser gebunden / die kleider abgezogen / auff folgende weise aber war das binden also angeschlagen: Die rechte handt war an den lincken grossen Zehen / und wiederumb die lincke hand an den rechten grossen zehen verknüpffet / daß sie sich mit dem gantzen leibe gar nicht regen kondten / Darauff in beywesen etlicher tausend Menschen / sind sie in das Wasser geworffen / und ein jede zu drey malen / aber gleich wie ein holtz oder block oben geschümmet / unnd keine undergegangen. [...]"
(aus: Sendbrieff / Wilhelm Adoph Scribonij von Marpurg / Von erkundigung und Prob der Zauberinnen durchs kalte Wasser (1583).)