Berliner Hütte

Alpenvereinshütte; denkmalgeschütztes Objekt in Mayrhofen (67824)
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 30. Juli 2007 um 15:40 Uhr durch 84.191.225.51 (Diskussion) (Teures Denkmal: sprache). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Berliner Hütte
Berliner Hütte
Basisdaten
Sektion: Sektion Berlin, DAV
Alpenregion: Zillertaler Alpen
Höhe: 2042 m ü. A.
Anschrift: Ginzling, Breitlahner
Hüttenwirtin: Kerstin Schöneborn
Telefon (von Deutschland aus): +43 (5286) 5223
Zimmer: 76 Zimmerlager
Lager: 92 Matratzenlager, 17 Notlager
Winterraum: 14 Matratzenlager
Geografische Lage: UTM x 5211746.00
UTM y 713760.00
Bezugsmeridian 9°

Vorlage:Koordinate Text Artikel

Öffnungszeiten
Bewirtschaftet: 15. Juni bis 30. September

Die Berliner Hütte ist mit 76 Zimmer- und 92 Matratzenlagern, einem Not- und einem Winterlager eines der größten Schutzhäuser in den Österreichischen Alpen. Die Hütte wurde 1879 von der Berliner Sektion des Deutschen Alpenvereins erbaut und wandelte sich nach verschiedenen Erweiterungen in ein mehrstöckiges Haus mit Nebengebäuden. Das „Stück Berlin in den Alpen“[1] ist das erste und bisher einzige Schutzhaus in Österreich, das den Status eines Baudenkmals erhielt, denn „[d]ie Hütte ist einzigartig unter den Alpenvereinshütten – ein eindrucksvolles Zeugnis aus jener Zeit, als das deutsche Kaiserreich und dessen Hauptstadt sich mit Glanz und Gloria auch im Hochgebirge darstellen musste.“[2]

Die Berliner Hütte ist die älteste und bekannteste Schutzhütte der Zillertaler Alpen. Ihre Eröffnung läutete den zweiten Abschnitt der alpinen Erschließung ein.[3] In Verbindung mit der Anlage von Wegen schuf der Deutsche Alpenverein Ende des 19. Jahrhunderts eine Infrastruktur für Bergsteiger und legte den Grundstein für den Fremdenverkehr der Region.

Lage

„Waren die Berliner beim Hausbau großzügig, muß man sie in der Standortsuche fast genial nennen. Eingerahmt von einem Kranz eisstarrender Urgesteinsgipfel, die Hütte am Fuß des Hornkeeses an zentraler Stelle, ideal für Hochtouristen, Gletscherwanderer und Hüttenbummler ….“

Josef Ritz[4]

Die Berliner Hütte liegt auf einer Höhe von 2.042 m am Ende des Zemmgrunds im Naturpark Zillertaler Alpen. Der Aufstieg von der Busstation Breitlahner durch den Zemmgrund über die Grawandhütte dauert rund drei Stunden. Bei ihrer Einweihung befand sich die Berliner Hütte noch hart am Rande der Gletscher Hornkees und Waxeggkees. Mehrere Dreitausendergipfel liegen in der Umgebung und – auf einer Höhe von 2.472 m – nur eine Wanderstunde entfernt der Schwarzsee.

Übergänge

Die Berliner Hütte ist Kernpunkt des Berliner Höhenwegs. Dieser führt insgesamt über 70 km Länge durch die Zillertaler Alpen. Auf den nachfolgenden zwei Etappen ist die Berliner Hütte Teil des Höhenwegs – der sogenannte „Berliner Weg“:

 
Lage der Hütte im Berliner Höhenweg

Weitere interessante Übergänge:

  • über die Melkerscharte in die Gunggl Maxhütte nach Ginzling (Gehzeit ca. 6–7 Stunden)
  • Nevesjochhütte (Alte Chemnitzer Hütte) (Gehzeit ca. 5–6 Stunden)

Besteigungen und Tagestouren

Geschichte

Erste bescheidene Hütte

Bereits 1875 beriet sich die Sektion Berlin – damals nur 47 Mitglieder stark – über einen Hüttenbau. Gesucht wurde ein Platz, der als Rast- und Ausgangspunkt für ausgedehnte Wanderungen in den Tiroler Alpen dienen konnte. Sollte ursprünglich in Montafon, im Vermuntertal in der Silvretta[5], gebaut werden, einigte man sich nach einem Besuch des Zillertals auf die Schwarzensteinalpe. Allerdings durfte die Berliner Sektion das Grundstück nicht kaufen, da sie nicht rechtsfähig war. So erwarb 1877 Enno Schumann – ein Mitglied der dreiköpfigen Hüttenkommision – das Gelände.

 
Ursprüngliche Hütte im Jahr 1879

Von Februar bis September 1878 wurden die Baugenehmigung beschafft, Holzschlagrechte erworben und der Rohbau der Hütte realisiert. Bereits im Sommer konnten die Arbeiten unter der Leitung des Baumeisters Johann Hotter aus Mayrhofen abgeschlossen werden. Hotter errichtete ein zur damaligen Zeit typisch kompaktes und aus vor Ort gefundenen Steinen aufgemauertes Gebäude, das zur Selbstversorgung ausgelegt war. Diese erste Hütte hatte ein Grundfläche von lediglich 6 × 10 Metern und war mit Bretterwänden in einen Damen- und Herrenschlafraum sowie eine Wohnküche unterteilt.

Am 28. Juli 1879 wurde die Berliner Hütte als erste Schutzhütte der Zillertaler Alpen eingeweiht. Bereits nach zwei Jahren waren Grundstück und Gebäude schuldenfrei. Die Hütte wurde von sehr erfahrenen Bergsteigern wie den Brüdern Emil und Otto Zsigmondy besucht. Erst der 1882 erfolgte Ausbau des Almsteigs zu einem Saumpfad brachte mehr Besucher, da er den Aufstieg wesentlich erleichterte. Der Zuspruch war so rege, dass die Hütte ab 1883 bewirtschaftet wurde.

Luxuriöse Erweiterungen

Die Bewirtschaftung der Hütte verstärkte den Besucherzuspruch derart, dass eine Erweiterung der kleinen Hütte unvermeidlich war. Im Juli 1885 wurde der erste, 2.240 Gulden teure Erweiterungsbau unter dem Motto „Dem Sturme Trutz, dem Wanderer Schutz“ eingeweiht. Auch die neuen Kapazitäten waren jedoch schnell erschöpft und weitere Zubauten wurden notwendig. In den Jahren 1888 und 1889 entstand ein Anbau für die Bergführer, Küche und Speiseraum wurden erweitert und das Hüttendach mit Holzschindeln eingedeckt. Doch waren all diese kleineren Anbauten nicht ausreichend und nur Reaktionen auf den gerade vorhandenen Bedarf.

Der Vorstand der Berlin Sektion beschloss 1890, die Hütte massiv zu erweitern, und erwarb dazu zusätzlich 600 m² Baugrund. Die Ausführung der Bauarbeiten lag abermals bei Johann Hotter, die Planung und Leitung übernahm der Ratszimmerermeister Friedrich Schwager. Von 1891 bis 1892 entstand so das dreigeschossige Logierhaus – ein Schlafhaus, dessen Grundfläche beinahe so groß war wie die aller bisherigen Bauten. Das neue Gebäude sollte den Quartierbedarf ein für alle mal decken. Eine halboffene Veranda verband anschließend das Logierhaus mit den bestehenden Bauteilen und wurde im Folgenden gern als Kegelbahn genutzt. Für insgesamt 37.753,61 Mark wurden neben dem neuen Bau außerdem eine Stube über der Küche eingerichtet, das Speisezimmer vergrößert, eine Trockenkammer und ein Abortgebäude angelegt sowie eine Wasserleitung aus gebohrten Holzrohren verlegt. Danach kehrte eine sechsjährige Bauruhe ein.

Die Vermittlung von auf der Hütte residierenden Bergführern steigerte die Attraktivität zusätzlich und ließ die Besucherzahlen abermals ansteigen. Vom dem Besucherstrom wollte manch anderer profitieren und so wandten sich 1895 Investoren oder Spekulanten an den Eigentümer der Schwarzensteinalpe, um ein Hotel in der Umgebung der Hütte zu errichten. Dieser aber bot das Grundstück als Gegenwehr der Sektion Berlin an, welche noch im selben Jahr für 11.400 Mark die 491 Hektar Land erwarb. Das Grundstück, auf dem die Hütte gebaut worden war, hatte die Sektion Berlin bereits 1866 von Schumann erwerben dürfen. Der Landerwerb ermöglichte die nächste große Erweiterung der Berliner Hütte. Abermals nach Plänen von Friedrich Schwager wurde östlich der alten Gebäude 1897 der Damensalon, ein neues Speisehaus, eingeweiht. Dessen 5 Meter hohe Decken und stattlichen Fenster wichen erheblich von den üblichen Baukonventionen alpiner Schutzhütten ab. Für rund 17.000 Mark wurden zwei Speisesäle mit 82 Plätzen, eine Wohnung für die Wirtsleute, 27 Zimmer mit 81 Betten und ein größeres Matratzenlager errichtet.

 
Berliner Flagge in über 2000 m Höhe

1898 bekam die Hütte eine eigene Telefonanlage, 1900 eine Dunkelkammer für Fotografen, 1906 gar ein eigenes Postamt und 1908 eine Schuhmacherwerkstatt. Bald machte sich erneut ein Mangel an Schlaf- und Speiseplätzen bemerkbar. Von 1909 bis 1910 wurde daher unter Erich Köhn das Haupthaus als Verbindungsstück zwischen Logierhaus und Damensalon erbaut. Dazu mussten erstmals ältere Bauteile abgetragen werden, denn die Hüttenanlage sollte nicht weiter ausufern und der Platz besser genutzt werden. Die Bauausführung oblag wiederum der Familie Hotter, dieses Mal Ludwig Hotter aus Hochsteg und dessen Bruder Kajetan Hotter aus Mayrhofen. Nach Abschluss der Arbeiten, die 90.680,21 Mark verschlangen, bot die Berliner Hütte drei Speiseräume und über 63 Zimmer mit 100 Betten und 20 Matratzenlagern.

Im Zuge der Erweiterung von 1910 erhielt der Gebäudekomplex außerdem sein erstes Wasserkraftwerk zur Stromerzeugung. Zwei Jahre später konnte dadurch eine 15 bis 16 PS starke elektrische Beleuchtungsanlage mit 200 Glühbirnen in Betrieb genommen werden. Sie sorgte für eine ständige Nachtbeleuchtung der Hausgänge, Treppen und Sanitäranlagen. Die Gasolinbeleuchtung wurde aber als Notbedarf beibehalten. 1913 erfolgte die Beheizung der Speisesäle und von zehn Zimmern bereits über eine elektrische Heizung. All diese luxuriösen Erweiterungen ließen die Berliner Hütte bis zum Ersten Weltkrieg zum Flaggschiff aller deutschen und österreichischen Alpenvereinshütten[6] werden.

Kriegsgezeichnet

Die Berliner Hütte wurde in den beiden Weltkriegen immer wieder militärisch in Beschlag genommen und zeitweilig total gesperrt. So wurden beispielsweise 1915 600 Soldaten zur Skiausbildung auf der Berliner Hütte stationiert. Als Offiziersmesse diente die Hüttenküche, für die Mannschaftsküche hielt das Waschhaus her. Den Kriegsgefallenen zu Ehren wurde von 1921–1925 eine „Denksäule“ nach dem Entwurf des Bildhauers Ludwig Vordermayer errichtet. Den im Ersten Weltkrieg gefallenen Sektionsmitglieder wurde 1929 durch das „Eiserne Buch der Berliner Hütte“ gedacht. Julius Schramm hatte den eisernen Einband mit 79 Blättern zur 50-Jahrfeier gestiftet.

Die erste Erweiterung nach über 13 Jahren Bauruhe war 1926 der Ausbau des Dachraumes zum Matratzenlager. Für 4.500 Mark wurden 7 Frauen- und 7 Männerlager mit elektrischem Licht und eisernen Öfen eingerichtet. Drei Jahre später wurde ein großer Schuppen zum Trocknen der Tageswäsche neugebaut. Im Jahr 1932 war es außerdem nötig geworden das Kraftwerk unterhalb des Wasserfalls zu versetzen, da die Wassermenge an alter Stelle drastisch zurückgegangen war.

Im ersten Jahr nach dem Krieg wurden nur 394 Übernachtungen gezählt – rund 18 Prozent des Volumens von 1913. Danach stieg der Besucherstrom aber wieder kontinuierlich an, sodass die Berliner Hütte 1931 zum ersten Mal im Winter (Februar bis April) geöffnet wurde. Der Aufschwung währte jedoch nicht lange, denn 1934 war eine Reisesperre erlassen worden, welche die Besucherzahlen stark verringerte. Reparatur- und Erweiterungsarbeiten gab es an der Hütte dennoch: 1936 wurden im Mittelbau zwei neue Badezimmer eingebaut, 1937 Dach und Fenster umfassend repariert. Im selben Jahr erfuhr die Berliner Hütte einige Umgestaltungen. Allen Zimmer wurden mit Doppelfenstern versehen, die bisherige Schlaf- und Aufenthaltsräume der Bergführer wurden zu einem Skistall und die Schuhmacherwerkstatt – durch den Schuster in Ginzling überflüssig geworden – zu einem Aufenthalts- und Schlafraum für 10 Bergführer umgebaut. Die Holztäfelung im großen Speisesaal wurde restauriert und gleichzeitig windundurchlässig gemacht. Als letzte Baumaßnahme wurde die Veranda 1940 zu einer mehrfach abgestuften Terrasse umgestaltet.

Die Nationalsozialisten hinterließen ihre Spuren 1939 mit der Einweihung des „Ehrenhofes“ mit Hakenkreuz, der von den NS-Behörden unter Denkmalschutz gestellt wurde. Die Winterbewirtschaftung musste 1941 vorläufig eingestellt werden.

Nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurde die Hütten des deutschen Alpenvereins enteignet und unter österreichische Verwaltung gestellt. Bis die Berliner Hütte im Jahr 1958 wieder der Sektion zurück gegeben wurde, diente sie immer wieder als Stützpunkt für die alpine Kriegsausbildung beispielsweise der französischen Truppen.

In der Folgezeit wurden zwar keine luxuriösen Anbauten mehr realisiert, die Ausstattung jedoch dem jeweils aktuellen Stand angepasst. So wurde 1967 ein neues Wasserkraftwerk mir rund 40 Kilowatt Leitung errichtet, womit erstmals ein elektrischer Küchenherd betrieben werden konnte. 1983 wurde das Fußbodenniveau der Küche dem des Speisesaals angepasst, wozu im Inneren der Küche Sprengarbeiten durchgeführt werden mussten.

Teures Denkmal

 
Berliner Hütte im Hochsommer 2001

Am 10. April 1997 wurde die Berliner Hütte als erste und einzige Schutzhütte Österreichs unter Denkmalschutz gestellt. Sie ist damit die einzige denkmalgeschützte Berghütte in Europa[6]. Die Berliner Hütte ist „ein besonders qualitätsvolles Beispiel einer alpinen Schutzhütte“, begründete das Bundesdenkmalamt die Entscheidung. Für die Sektion Berlin ist die Hütte aber auch ein „teurer Sonderfall“. So wurde beispielsweise der Saumweg im Zemmgrund zwar mit dem einsetzenden Besucherandrang der 1960er und 70er Jahre sukzessive zu einem Fahrweg ausgebaut, die Belieferung hoch zur Hütte erfolgte jedoch weiterhin über Pferde. Erst 1998 wurde die Versorgung der Berliner Hütte nach über 115 Jahren auf eine Materialseilbahn umgestellt. Diese Änderung, die Erfüllung der Auflagen des Umwelt- und Denkmalschutz sowie die selbstgesteckten Umweltziele des Alpenvereins verursachen zusätzlich hohe Betriebskosten und fordern hohe Investitionen. „Von einem schlanken Wirtschaftsunternehmen ist die Berliner Hütte meilenweit entfernt“, urteilt die Sektion Berlin selbst. Rund 1,2 Millionen Euro werden derzeit allein für Renovierung benötigt.[7] Trotzdem ist die Unterhaltung der teuren Hütte „eine Sache der Ehre für den Berliner Verein“[6].

Belege und weiterführende Informationen

Hauptgrundlage des Artikels war die unter Hauptliteratur aufgeführte Festschrift des Deutschen Alpenvereins Sektion Berlin, die anlässlich des 125jährigen Jubiläums der Berliner Hütte veröffentlicht wurde. Alle Angaben und Zitate stammen aus diesem Buch – sofern diese nicht durch Fußnoten abweichend gekennzeichnet sind.

Hauptliteratur

Einzelnachweise

  1. 125 Jahre „Berliner Hütte“ in den Zillertaler Alpen. In: Die Welt, 24. Juli 2004 (Zugriff am 15. Juli 2007)
  2. Stefan Herbke: Die Berliner Hütte. Zwischen Gletscher und Wildwasser. (Zugriff am 15. Juli 2007)
  3. Georg Biebel: Die Zillertaler Alpen. 1999 (Zugriff am 15. Juli 2007)
  4. Josef Ritz: Das Jahr in den Bergen. Gletschertouren, Skipisten, Gipfelwanderungen, und Höhenwege. Feder Verlag, München 1963
  5. Jörg Robrecht: Berliner Hütte und Bau der Berliner Hütte. (Zugriff: 15. Juli 2007)
  6. a b c vgl. Niendorf
  7. Marcel Gäding: Das höchstgelegene Haus der Stadt. In: Berliner Zeitung, 24. Juli 2004 (Zugriff am 15. Juli 2007)
Commons: Berliner Hütte – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien