Ein Weltraumlift ist die Idee einer Art Aufzugsanlage, beginnend am Erdboden, der die Erdatmosphäre verlässt und in den Weltraum führt.

Geschichte
Die Idee des Weltraumlifts tauchte erstmals 1895 auf, als der russische Weltraumpionier Konstantin Ziolkowski, inspiriert durch den Eiffelturm, vorschlug, einen Turm zu errichten, der direkt in den Weltraum reicht. Er stellte sich vor, am Ende eines Kabels eine Art Aufhängung des Aufzugs direkt in den geostationären Orbit zu bringen.
Ein Turm oder Aufzug dieser Art wäre in der Lage, Objekte in den Orbit zu bringen, ohne auf Raketentechnologie angewiesen zu sein. Da ein Objekt beim Aufstieg gleichzeitig an tangentialer Geschwindigkeit gewinnen muss, hätte es bei Erreichen des Ziels gleichzeitig die nötige Energie und Geschwindigkeit, um im geostationären Orbit zu verbleiben.
Ein Gebäude dieser Art zu errichten war unmöglich, da kein Material mit der nötigen Zugfestigkeit bekannt war. 1957 schlug dann der sowjetische Wissenschaftler Juri N. Artsutanow eine alternative Variante dieser Idee vor. Ein Satellit solle in eine geostationäre Umlaufbahn gebracht werden und als Aufhängung des Aufzugs dienen. Von dort könnte man dann ein Kabel zur Erdoberfläche herunterlassen. Der Schwerpunkt der Konstruktion müsste auf dem geostationären Orbit liegen, so dass bei einer Winkelgeschwindigkeit, die der Erdrotation entspricht, die Fliehkraft die Erdanziehungskraft ausgleicht. Ein Kabel von 35.786 Kilometern Länge ist jedoch schwierig zu realisieren.
1966 untersuchten vier amerikanische Ingenieure, welches Material für die Schaffung eines solchen Kabels erforderlich wäre. Sie kamen zum Schluss, dass neue Materialien benötigt würden, die mindestens doppelt so zugstark wären wie alle damals bekannten Materialien. 1975 schlug der US-Amerikaner Jerome Pearson vor, eine kegelförmige Konstruktion zu benutzen. Das Kabel müsste im Bereich des Schwerpunktes am dicksten sein, da es dort die größte Spannung auszuhalten hat. Das Kabel könnte als Gegengewicht in den Weltraum hinaus verlängert werden, während die erdnahe Hälfte des Turms errichtet würde, so dass der Schwerpunkt des Systems ständig auf dem geostationären Orbit liegt. Bekannt wurden diese Ideen in der Öffentlichkeit, als Arthur C. Clarke sie 1978 zum zentralen Thema seines Romans The Fountains of Paradise (dt.: Fahrstuhl zu den Sternen) verarbeitete.
Aktuell
In jüngster Zeit werden verstärkt Anstrengungen unternommen, diesen Plan eines Tages in die Wirklichkeit umzusetzen. David Smitherman von der NASA veröffentlichte so zum Beispiel im Jahr 2000 , einen Bericht, der auf den Ergebnissen einer 1999 im Marshall Space Flight Center abgehaltenen Konferenz beruht.[1]
Seit Anfang des 21. Jahrhunderts ist ein Material bekannt, das die Anforderungen erfüllen könnte: Kohlenstoffnanoröhren. Anfang 2004 ist es einem Wissenschaftlerteam um Alan Windle an der University of Cambridge gelungen, auf der Grundlage dieser Technologie einen etwa 100 Meter langen Faden herzustellen. Kohlenstoffnanoröhren haben ein bis zu 100 mal besseres Verhältnis von Zugfestigkeit zu Gewicht als Stahl, deshalb ist dieser Werkstoff ein möglicher Kandidat für den Weltraumlift. Jedoch ist die Technologie noch längst nicht ausgereift: Kohlenstoffnanoröhren sind teuer, können bisher nur in sehr begrenzter Zahl hergestellt werden. Seile aus Nanoröhren müssen beschichtet werden, weil Kohlenstoff oxydiert und erodiert.
Ende Juni 2004 teilte der Leiter des Weltraumfahrstuhlprojekts Bradley Edwards in Fairmont, West Virginia mit, dass schon in 15 Jahren ein Prototyp fertig sein könnte. Für seine Idee hat Edwards die US-Weltraumbehörde NASA begeistert, die durch ihr NASA Institute for Advanced Concepts (NIAC) das Forschungsprojekt mit 500.000 Dollar unterstützt.
Ein Unternehmen namens LiftPort Group hat es sich zum Ziel gesetzt, einen solchen Weltraumlift zu bauen. Das selbstgesteckte Ziel der Fertigstellung wurde im Oktober 2006 vom 12. April 2018 auf den 27. Oktober 2031 korrigiert. [2]
Die Spaceward Foundation veranstaltet zusammen mit der NASA die Elevator:2010–Wettkämpfe.
Auswirkungen
Es ist denkbar, dass ein Weltraumlift die Transportkosten von derzeit 20.000 bis zu 80.000 US-Dollar pro kg nach seiner Armortisierungszeit auf bis zu 200 US-Dollar pro kg reduzieren könnte. Die wissenschaftliche Forschung würde davon durch den sehr viel billigeren Transport von Labors und Teleskopen in den Weltraum stark profitieren. Auch die industrielle Forschung kann durch Arbeiten in der Schwerelosigkeit neue Verfahren entwickeln und neue Fertigungstechnologien ermöglichen; nicht zuletzt wäre es möglich, diese Technik für den Weltraumtourismus zu erschließen.
Für den Personentransport in den Weltraum eignet sich der Lift aber aus zwei Gründen nur schlecht: Erstens wäre er bei einer Reisegeschwindigkeit von 200 km/h immer noch sieben Tage und zwölf Stunden unterwegs zum geostationären Orbit, und zweitens muss er den Van-Allen-Gürtel mit seinen gefährlich hohen Strahlungsdosisleistungen durchqueren.
Die Energie-Bilanz beim Transport mit dem Weltraumlift braucht nicht negativ zu sein. Um 1 kg Masse von der Erdoberfläche bis in eine Höhe von 35.800 km über der Erdoberfläche hochzuheben, benötigt man ungefähr 48.500 kJ. Wenn man das Seil bis in eine Höhe von 143.800 km über der Erdoberfläche verlängert, dann kann man diese Energiemenge wieder zurück gewinnen. Diese Rückgewinnung ist aber nur beim Transport eines Körpers von der geostationären Umlaufbahn zu einer noch größeren Höhe möglich, beispielsweise um eine interplanetare Sonde mittels Fliehkraft zu starten.
Technik
Ein reguläres Stahlseil würde bereits ab einer Länge von vier bis fünf km unter seinem eigenem Gewicht reißen, Hochleistungsstahlseile für Seilbahnen, deren Reißfestigkeit mit Kevlar vergleichbar ist, kämen immerhin auf rund 30 km. Neue Werkstoffe, deren Reißfestigkeit weit jenseits der von Kevlar liegen, sind deswegen ein kritischer Punkt für eine zukünftige Realisierung dieses Unternehmens. Vielversprechend ist eine UHMW-Polyethylen-Faser des DSM-Konzerns namens Dyneema, welche bei vertikaler Aufhängung eine Reißlänge von 400 km erreicht und somit alle konventionellen Werkstoffe um ein Vielfaches und sogar Spinnenseide um den Faktor zwei übertrifft.
Kohlenstoffnanoröhren scheinen diese Reißlänge noch einmal um einen Faktor fünf zu übertreffen, Berechnungen von Nicola Pugno des Polytechnikums in Turin ergaben jedoch, dass bei der Verwebung von Kohlenstoffnanoröhren zu längeren Kabeln die Reißfestigkeit des Kabels um ca. 70 % gegenüber der Reißfestigkeit einzelner Nanoröhren abnimmt.[3] Grund dafür ist ein unvermeidlicher Kristallbaufehler, welcher gemäß Pugnos Modells die Belastbarkeit des Kabels auf ca. 30 Gigapascal reduziert. Berechnungen der NASA zufolge wäre jedoch ein Material mit einer Belastbarkeit von etwa 62 Gigapascal notwendig, um den auftretenden Kräften zu widerstehen.
Um die erforderliche Länge von 36.000 km mit Materialien zu erreichen, deren Reißlänge bei vertikaler Aufhängung weit unter diesem Wert liegt, muss man die Kabeldicke entsprechend der Belastung zur Erde hin verringern. Die höchste Belastung für das Kabel tritt in Höhe des geostationären Orbits auf und verringert sich danach wieder. Das Kabelende an der Basisstation hätte dann nur die minimale Stärke, die notwendig ist, um den Fahrstuhl zu tragen. Bei der Berechnung der notwendigen Kabelstärke spielen vor allem die Zugfestigkeit und Dichte des Materials sowie die Höhe der Basisstation eine Rolle. Das Verhältnis zwischen stärkstem Kabelquerschnitt und Kabelquerschnitt auf der Erdoberfläche wäre für Polyethylenfasern etwa 1:8500, für die theoretisch errechneten Werte für Kohlenstoffnanoröhren nur etwa 1:38.
Die NASA hat die technologischen Anforderungen untersucht und in 5 Problembereiche unterteilt. Innerhalb dieser Gebiete werden zur Zeit unabhängige Projekte zur Grundlagenforschung ausgeschrieben.
- Material für Kabel und Turm
- Errichtung und Kontrolle des Kabels
- Errichtung des Turms als Basisstation
- Elektromagnetische Antriebe
- Ausbau der allgemeinen Weltrauminfrastruktur und Raumfahrtindustrie
Weltraumlift auf dem Mond
Technisch bereits im Bereich der Möglichkeiten ist der Vorschlag von Jerome Pearson: Er möchte einen Weltraumlift auf dem Mond installieren. Wegen der im Vergleich mit der Erde geringeren Schwerkraft wäre das benötigte Kabel niedrigeren Belastungen ausgesetzt. Aufgrund der langsamen Rotation des Mondes wäre ein Kabel bis zum Luna-stationären Orbit allerdings mit knapp 100.000 km wesentlich länger als bei einem Erd-Weltraumlift. Der Pearson-Weltraumlift würde jedoch am Lagrange-Punkt L1 oder L2 im Erde-Mond-System anknüpfen. L1 befindet sich in einem Abstand von ca. 58.000 km vom Mondmittelpunkt in Richtung Erde, der der Erde abgewandte Punkt L2 ist ca. 64.000 km vom Mondmittelpunkt entfernt. Mit heutzutage erhältlichen Kabelmaterialien reicht eine Verjüngung um den Faktor 2,66.[4]
Das nötige Kabel mit einer geschätzten Masse von sieben Tonnen könnte mit einer einzigen Rakete in den Weltraum befördert werden. Jerome Pearson ist Geschäftsführer der Firma Star Technology and Research die auf ihrer Homepage auch über den Mondlift informiert. Die Forschungen von Pearson an dem Projekt werden von der NASA derzeit mit 75.000 Dollar unterstützt.
Quellen
- ↑ NASA: Space Elevators: An Advanced Earth-Space Infrastructure for the New Millennium (englisch)
- ↑ Liftport Group:Homepage (englisch)
- ↑ Nicola M. Pugno: On the strength of the carbon nanotube-based space elevator cable: from nanomechanics to megamechanics, Journal of Physics: Condensed Matter, Volume 18, Issue 33, pp. S1971-S1990 (2006).
- ↑ Jerome Pearson, Eugene Levin, John Oldson, and Harry Wykes: The Lunar Space Elevator, STAR Inc., Mount Pleasant, SC USA, 55th International Astronautical Congress, Vancouver, Canada, 4-8 October 2004.
Weblinks
- Space Elevator Projekt der Wissenschaftliche Arbeitsgemeinschaft für Raketentechnik und Raumfahrt (WARR)
- Space Elevator Website von SpaceRef mit aktuellen News zum Projekt, Präsentationen, Fachvorträgen und Links
- Space Elevator Wettkampf der Entwicklungsteams 2006
- Space Elevator (Max-Born-Team 2006) Weltraumfahrstuhl-Konstruktion 2006 (Schüler/Jungstudierenden Projekt)
- Team „Turbo Crawler“ Deutschland Alternativ zu Max-Born Team
- Institute for Scientific Research Konzept des Space Elevator und FAQs
- The Space Elevator: 3rd Annual International Conference (2004)
- Space.com The Space Elevator Comes Closer to Reality
- ESA-Portal
- Grundlagen