Fieseler Fi 103

erster militärisch eingesetzter Marschflugkörper
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 29. November 2004 um 00:04 Uhr durch 131.130.122.139 (Diskussion) (Einsatz). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Die V1 (Vergeltungswaffe 1); auch Fliegende Bombe, Fieseler Fi-103, Kirschkern oder unter dem Tarnnamen FZG-76 (Flak Ziel Gerät) bekannt, war der erste Marschflugkörper, der im Krieg eingesetzt wurde.

V1 - Fliegende Bombe)

Sie wurde von Deutschland entwickelt und im Zweiten Weltkrieg von Juni 1944 bis März 1945 eingesetzt. Sie startete von einer Startrampe aus und wurde hauptsächlich gegen Antwerpen und London eingesetzt. Später wurde sie durch die V2-Rakete ergänzt.

Entwicklung

 
V1 im Deutschen Museum

Entwickelt wurde die V1 von Robert Lusser von der Firma Fieseler und von Fritz Gosslau von der Firma Argus, die das Triebwerk herstellte. Der erste Test der V1 fand am 24. Dezember 1942 in Peenemünde statt. Hierfür wurden am nordöstlichsten Ende der Insel Usedom drei verschiedene Startrampen errichtet. Weitere Startstellen für die Erprobung der V1 befanden sich in Zempin auf der Insel Usedom und bei Leba im heutigen Polen. Die anfänglichen Probleme mit der Stabilisierung wurden durch die Testpilotin Hanna Reitsch in einer modifizierten V1 beseitigt. Der erste offizielle Start fand am 12. Juni 1944 statt - in den frühen Morgenstunden des 13. Juni schlug die erste V-1 in London ein.

So war das fertige Flugzeug ein - für die damalige Zeit - durchaus komplexes Gerät mit einer automatischen Kreisel-Kurssteuerung; ein kleiner Propeller an der Spitze trieb ein Zählwerk zur Reichweitenkontrolle an.

Das Triebwerk war ein so genanntes Verpuffungstriebwerk (keine Rakete, sondern ein intermittierendes Pulso-Schubrohr - erfunden von Paul Schmidt). Damit es ansprang, wurde eine Startmenge Kraftstoff eingespritzt und elektrisch per Zündkerze gezündet. Aufgrund der Gasdynamischen Vorgänge lief das Triebwerk nach kurzer Zeit alleine weiter, es war in Resonanz geraten. Sobald der Unterdruck im Triebwerk einen bestimmten Wert erreicht hatte, öffnete er ein federbelastetes Ventil; die angesaugte Luft wurde mit Kraftstoff versetzt und dort von den teilreflektierten Restgasen des letzten Zyklus gezündet: daher auch das typische Geräusch, das die Londoner bald fürchten lernten. Fast schlimmer aber war es, wenn das Geräusch aufhörte; d. h. dass der Reichweitenmesser das Triebwerk abgestellt hat, und dass die Bombe gleich irgendwo einschlagen würde.

Der Marschflugkörper mit weniger als 600 km/h Marschgeschwindigkeit war nicht unerreichbar für die schnellsten alliierten Jäger; neben dem »simplen« Abschießen (das für den Jäger gar nicht so ungefährlich war – ein 850-kg-Sprengkopf hat einen recht großen Explosionsradius) haben einige Piloten eine andere Methode benutzt, eine V-1 zum Absturz zu bringen: wenn sie es schafften, den Flügel der V-1 mit dem eigenen Flügel weit genug anzuheben, wurde der querruderlose Flugkörper instabil, die Kreiselsteuerung versagte und die Bombe stürzte ab.

Die Version Fieseler Fi 103R Reichenberg war bemannt; sie sollte gegen die alliierten Bomberströme eingesetzt werden. Der Pilot sollte das Flugzeug auf das Ziel ausrichten und dann mit dem Fallschirm aussteigen. Obwohl 175 Exemplare gebaut wurden, wurde das Vorhaben 1944 aufgegeben.

Es gab ernste Anstrengungen, die V1 als Kamikaze-Waffe zu benutzen. Dazu wurde die Militäroperation Selbstopfer ins Leben gerufen. Die Selbstaufopferungspiloten wurden dem KG 200 unterstellt. Diese Organisation wurde jedoch durch einen Befehl Hitlers wieder aufgelöst.

Einsatz

Datei:V1 London.jpg
V1-Rakete im Flug
  • Vom Boden gestartet: 8.892 (davon erfolgreich : 7.488)
  • Aus der Luft gestartet: 1.600 (Flugzeug He 111 H-22, Verlust: 80 von 100 Maschinen)
  • Ziel London: 2.419
  • Ziel Antwerpen/Brüssel (1945) : 2.488

Die Herstellungskosten betrugen 3.500 Reichsmark (RM) und für den Bau waren ca. 280 Arbeitsstunden nötig.

Im Siebengebirge gibt es noch Reste von zwei Abschussrampen zu sehen, ebenso in Peenemünde und bei Zempin auf der Insel Usedom.

Technische Daten

Fieseler FZG-76:
Kenngröße Daten
Flügelspannweite    5,30 m
Länge    7,742 m
Antrieb    Ein Argus As 014 Pulso-Schubrohr mit 335 kp Maximalschub
Marschgeschwindigkeit    576 km/h in 760 m Höhe
Reichweite    257 bis 286 km
Besatzung    keine
Fluggewicht    2.160 kg
Bewaffnung    847,11 kg Sprengkopf

In den USA wurde unter der Bezeichnung JB-2 (Republic Aviation Corporation / Ford Motor Company) bereits 1944 eine Kopie entwickelt (Testflüge in Eglin Field - Florida im Oktober 1944) und ab 1945 gebaut. Insgesamt 1.000 Stück, die aber nie zum Einsatz kamen. Ihr Einsatz war bei der Invasion Japans geplant.

Siehe auch: Liste von Flugzeugtypen, A4 (Rakete)