Weiche (Schienenverkehr)

bewegliche Gleiskonstruktion für Schienenfahrzeuge zum Übergang auf ein anderes Gleis
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 26. November 2004 um 16:38 Uhr durch Ska13351 (Diskussion | Beiträge) (Weichensteuerung: Wikilink). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Eisenbahnweichen sind Gleiskonstruktionen, die Schienenfahrzeugen den Übergang von einem Gleis auf ein anderes ohne Fahrtunterbrechung ermöglichen.

Einfache Weiche mit nachfolgender Kreuzung

Grundbegriffe

 
Eine Weiche mit Handhebel und Weichenlaterne

Technisch ist "Weiche" der Oberbegriff für zwei verschiedene Arten von Einbauten, nämlich für einfache Weichen und Kreuzungsweichen.

Sprachlich deutet "Weiche" auf eine Möglichkeit zum Ausweichen hin.

Einfache Weichen

 
Innenbogen-Weiche

In einer einfachen Weiche zweigt ein Zweiggleis von einem Stammgleis ab. Ist das Stammgleis gerade, spricht man von einer geraden Weiche, ansonsten von einer Bogenweiche. Ist das Stammgleis in die gleiche Richtung gebogen wie das Zweiggleis, handelt es sich um eine Innenbogen-Weiche. Ist das Stammgleis dem Zweiggleis entgegengesetzt gebogen, bezeichnet man die Weiche as Außenbogen-Weiche oder Y-Weiche. Gibt es mehrere Zweiggleise zu einer Seiten des Stammgleises, die einander durchdringen, so spricht man von einer Doppelweiche. Dieser platzsparende Weichentyp findet jedoch selten Verwendung. Die symmetrische Variante mit dem Namen Drei-Wege-Weiche gibt es nur bei Modellbahnen, eigentlich ein Widerspruch in sich, da hier ein Modell ohne Vorbild ist.

Bei den herkömmlichen Weichen wird das Rad am Herzstück kurzzeitig nicht oder nur sehr wenig seitlich geführt. Die Seitenführung wird durch Radlenker hergestellt, was zu starken Stößen führen kann. Für den Hochgeschwindigkeitsverkehr wurden daher spezielle Schnellfahrweichen entwickelt, die ein bewegliches Herzstück besitzen.

Kreuzungsweichen

 
Eine Doppelkreuzungsweiche

Eine einfache Kreuzungsweiche ist eine Kreuzung, die durch Weichen so ergänzt worden ist, dass zumindest in einer Fahrtrichtung der Übergang von einem Gleis aufs andere möglich ist. Eine Doppelkreuzungsweiche ermöglicht in beide Richtungen Übergänge. Diese Weichen werden bei Neubauten aufgrund des höheren Verschleißes nur noch in Ausnahmefällen zum Beispiel bei beengten Verhältnissen eingebaut. Bei beiden Typen wird zwischen den Kreuzungsweichen mit innenliegenden Zungen (meist vorkommende Bauart, auch Engländer genannt) und denen mit außenliegenden Zungen (System Baeseler, sehr selten) unterschieden. Die außenliegenden Zungen ermöglichen größere Kurvenradien und damit höhere Geschwindigkeiten, sind aber aufwändiger.

Spezielle Bauweisen

 
Eine mittels Gleisverschlingung verlegte Weiche einer Straßenbahn(eigentliche Weiche liegt weiter hinten auf Höhe des Fahrleitungsmastes)

Speziell bei Straßenbahnen können Weichen auch im Bereich von befahrenen Straßen oder engen Kurven liegen. Um die Störanfälligkeit zu minimieren, werden diese häufig mittels kurzer Gleisverschlingungen von solch einer ungünstigen Stelle einige Meter weiter weg gelegt.

Bei einer Vorsortierweiche wird die Gleisverschlingung soweit verlängert, dass sie beispielsweise über die komplette Länge einer Haltestelle reicht, und mehrere Züge in sie einfahren können. Dies ermöglicht es den Straßenbahnen langsam in die Haltestelle einzufahren, wobei die Weichenstellung genau kontrolliert werden kann. Das Ausfahren aus der Haltestelle kann nun schneller erfolgen, da auch beim dichten Aufeinanderfolgen von mehreren Zügen keine Weiche mehr gestellt werden muss.

Eine Kletterweiche wird behelfsmäßig meist wegen Bauarbeiten auf das bestehende Gleis gelegt, um Züge auf ein anderes Gleis umleiten zu können. Die Kletterweiche besteht hierzu aus fest miteinander verbundenen Schienenprofilen. Über abgeflachte Enden können die Züge auf die Behelfsweiche auffahren und umgeleitet werden.

Der Einsatz von Rückfallweichen wird fast immer an eingleisigen Strecken vorgesehen. Diese Weichen lassen ein Abzweigen nicht zu, sie sind nicht stellbar. Ein Einmünden ist aber durch das Auffahren der Weiche möglich. Die Weiche springt nach dem Überfahren des Zuges in die alte Lage zurück. Prädestiniert sind diese Weichen für Ausweichstellen und Bahnhöfe mit nur zwei Gleisen.

Bestandteile einer Weiche

Datei:Eisenbahnweiche detail.jpeg
Links das Herzstück, rechts ein Radlenker

Eine Weiche besteht aus mehreren Einzelteilen. Die wichtigsten sind: das Herzstück, die Weichenzunge, Radlenker, Zwischenschienen, Backenschienen, Flügelschienen und die Stellvorrichtung. Weichen können mit einem Weichensignal ausgestattet sein, dass die Stellung der Weiche erkennen lässt. Ein rot-weißer Pflock, Grenzzeichen genannt, zeigt sowohl auf dem Stamm- als auch auf dem Zweiggleis den Ort, an dem sich, ständen auf beiden Gleisen Fahrzeuge, diese berühren würden.

Regelweichen

Die Weichen der Deutschen Bahn AG sind normiert und werden als gerade Weichen mit den Zweiggleisradien 190 (40), 300 (50), 500 (60), 760 (80), 1200 (100) und 2500m (140) sowie als symmetrische Außenbogenweiche mit 215m (40) hergestellt. In der Klammer ist die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit auf dem abzweigenden Strang in km/h angegeben. Innenbogenweichen und andere Außenbogenweichen werden nicht als Regelweichen hergestellt, sondern durch Verbiegen aus diesen erzeugt.

Einbau einer Weiche

Alle heute eingebauten Weichen werden im Werk vorgefertigt, auf die Baustelle transportiert und dort auf einer freien Fläche zusammengebaut. Die so erstellte Weiche wird mit einem Kran in das Gleis gehoben und verschweißt.

Weichensteuerung

 
Zahnradbahnweiche der Wengernalpbahn im Bahnhof Lauterbrunnen
 
Pilatus-Bahn: rotierende Weiche in der Nähe der Bergstation

Die Steuerung der Weichen erfolgt bei Vollbahnen, aber auch bei U-Bahnen von zentralen Stellwerken entlang der Strecke. Früher wurden die Weichen dabei mit großen Stellhebeln, die über einen Seilzug die Weiche bewegen, bedient. Heute erfolgt dies über elektrische Signale, die einen Antrieb direkt bei der Weiche steuern.

Bei Neben- oder Anschlussbahnen erfolgt die Weichensteuerung häufig noch manuell mittels Handhebeln neben der Weiche oder auch durch Elektrisch ortsgestellte Weichen.

Steuerung bei Straßenbahnen

Straßenbahnen haben in der Regel eine vom Triebwagenfahrer kontrollierte Weichensteuerung. Normalerweise wird die Weiche dabei mittels einer im Führerstand angebrachten Fernsteuerung geschaltet, im Notfall oder bei Rangierfahrten können die Weichen von Hand mittels einer in der Straßenbahn mitgeführten Eisenstange umgestellt werden.

Bis Mitte der 1990er wurde häufig die Steuerung mittels Oberleitungskontakten für die Stromabnehmer gesteuert, wobei über die Stromaufnahme der Straßenbahn die Weichenstellung beeinflusst werden konnte. Je nachdem, ob die Straßenbahn mit Strom gefahren oder ohne Strom gerollt ist, konnte die Stellung der Weiche geändert werden (wie genau, unterschied sich zwischen den einzelnen Betrieben). Dies führte jedoch häufig zu fehlerhaften Weichenstellungen, weil beispielsweise die Heizung im Winter, die Klimaanlage im Sommer, oder auch die Fahrstromrückspeisung beim Bremsen die Steuerung falsch beeinflussen konnte. Auch kann dies problematisch sein, wenn eine Straßenbahn vor einer Weiche zum Stehen gekommen ist, wie dies an Haltestellen oder vor gesicherten Abschnitten (z. B. Straßenkreuzungen) vorkommt, da eine anfahrende Straßenbahn nur schwer "ohne Strom" fahren kann, um die Weiche zu schalten. Hier war dann der Einsatz von Vorsortierweichen nötig.

Seit 1996 darf in Deutschland die Weichensteuerung wegen der Fehleranfälligkeit daher nicht mehr von der Stromaufnahme des Wagens abhängen. Moderne Steuerungen arbeiten mit induktiver Meldeübertragung, Funk- oder Infrarotsteuerung.