Ulrich Mühe

deutscher Schauspieler und Theaterregisseur
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Ulrich Mühe (* 20. Juni 1953 in Grimma als Friedrich Hans Ulrich Mühe; † 22. Juli 2007 in Walbeck, Magdeburger Börde) war ein deutscher Film- und Theater-Schauspieler. Sein größter Erfolg war die Hauptrolle im Kinofilm Das Leben der Anderen, der 2007 den Oscar erhielt.

Ausbildung

Nach der Berufsausbildung mit Abitur als Baufacharbeiter und dem anschließenden Wehrdienst bei den Grenztruppen der DDR an der Berliner Mauer, den er wegen eines Magengeschwürs vorzeitig beenden musste, absolvierte der Sohn eines Kürschnermeisters ab 1975 ein Schauspielstudium an der Theaterhochschule Leipzig.

Theater

Heiner Müller holte ihn vom Städtischen Theater Karl-Marx-Stadt an die Berliner Volksbühne; 1983 wurde Mühe Ensemblemitglied am Deutschen Theater, wo er in Rollen wie dem Egmont (1986) oder Lessings Philotas und des Patriarchen im Nathan (1988) überzeugte. Ganz besonders hervorzuheben ist Mühes Arbeit an Hamlet (in der Titelrolle) und „Hamletmaschine“ in einer Inszenierung von Heiner Müller aus dem Jahre 1989.

Nach der Wende hatte er wechselnde Theaterengagements, unter anderem 1990 bei den Salzburger Festspielen als König Alphons in Die Jüdin von Toledo. Seit Ende der 1990er Jahre widmete er sich wieder verstärkt der Bühne und spielte z. B. an der Wiener Burg den Henri in Yasmina Rezas Drei Mal Leben. Außer in weiteren außergewöhnlichen Bühnenproduktionen wie beispielsweise Wittgenstein Incorporated (Wiener Festwochen, 2003) oder Sarah Kanes Gesäubert (Hamburg, 1999) und Zerbombt (Berlin, 2005) konnte man Mühe auf vielen Literaturlesungen und -veranstaltungen sehen.

Film und Fernsehen

Von 1983 an wirkte Mühe in verschiedenen Kino- und Fernsehfilmen mit. Als Leutnant Lohse, der Hauptrolle in Das Spinnennetz von Bernhard Wicki von 1989, brillierte er neben Klaus Maria Brandauer und erlangte damit erstmals auch im Westen größere Bekanntheit, ebenso wie 1992 mit der Satire Schtonk über die gefälschten Hitlertagebücher. Neben seiner Ehefrau Susanne Lothar spielte Mühe auch in den Filmen des österreichischen Regisseurs Michael Haneke Das Schloss (1996 – Verfilmung des gleichnamigen Franz-Kafka-Romans) und Funny Games (1997). 2000 spielte er in der TV-Verwechslungskomödie Goebbels und Geduldig in einer Doppelrolle die wohl anatomisch authentischste Verkörperung des Propagandaministers in der Filmgeschichte. 2002 verkörperte er in dem mehrfach ausgezeichneten Drama Der Stellvertreter nach dem gleichnamigen Drama von Rolf Hochhuth einen hochrangigen SS-Mann, der mit Begeisterung seine Aufgabe der Judenvernichtung erfüllt. 2004 spielte Mühe den Stasihauptmann Gerd Wiesler in Florian Henckel von Donnersmarcks Kinofilm Das Leben der Anderen, der im März 2006 in die deutschen Kinos kam und 2007 den Oscar als bester fremdsprachiger Film erhielt. Ulrich Mühe wurde für diese Rolle mit dem Deutschen Filmpreis 2006 als bester Hauptdarsteller und dem Europäischen Filmpreis 2006 als bester Darsteller sowie mit der Goldenen Henne ausgezeichnet.

Sonstiges

Politisches Engagement

In der Wendezeit engagierte sich Mühe bei öffentlichen Diskussionen in der DDR und war einer der Initiatoren der Demonstration vom 4. November 1989 auf dem Berliner Alexanderplatz. Er las öffentlich in Dieter Manns Deutschem Theater in Ostberlin aus Walter Jankas Buch "Schwierigkeiten mit der Wahrheit" noch bevor dieses in der DDR erscheinen durfte.

Auseinandersetzungen um angebliche Stasiverstrickungen von Mühes zweiter Frau

Im Jahr 2006 äußerte sich Ulrich Mühe in einem Interview mit Florian Henckel von Donnersmarck für das Buch zum Film „Das Leben der Anderen“ über vermeintliche informelle Kontakte seiner zweiten Ehefrau Jenny Gröllmann mit der HA II/13 des MfS. Gröllmann erwirkte daraufhin vor dem Landgericht Berlin einstweilige Verfügungen gegen den Verlag des Buches und gegen Mühe selbst. Sie erklärte eidesstattlich, sie habe nie wissentlich mit dem Ministerium für Staatssicherheit zusammengearbeitet. Das Gericht gab dem Antrag Gröllmanns statt und untersagte die weitere Verbreitung des Buches.[1] Den Widerspruch Mühes wies das Gericht ab und untersagte ihm, Jenny Gröllmann weiterhin als IM zu bezeichnen, da die Unterlagen des MfS zwar „Verdachtsmomente“, jedoch keine Tatsachen lieferten.[2] [3] Im Audiokommentar von Florian Henckel von Donnersmarck zum Film „Das Leben der Anderen“ weist der Regisseur darauf hin, dass die Birthler-Behörde Ulrich Mühe die IM-Tätigkeit von Jenny Gröllmann bestätigt habe, er Frau Gröllmann aber nicht als solche bezeichnen dürfe, ebenso wie die Birthler-Behörde eine solche Tätigkeit des Politikers Gregor Gysi auf Anfrage wohl bestätige, aber eine Bezeichnung des Gregor Gysi als „IM-Notar“ unter Strafe verboten sei. Tatsächlich hat die Birthler-Behörde weder gegenüber Herrn Mühe eine IM-Tätigkeit seiner Ex-Frau bestätigt, noch gab es derartige Auskünfte über den Politiker. Die verantwortliche Vertriebsfirma der DVD hat sich im Dezember 2006 schriftlich von den Äußerungen von Donnersmarcks distanziert und sich verpflichtet, diese Passagen nicht mehr zu verbreiten.[4]

Privatleben

Mühe hat aus erster Ehe mit einer Dramaturgin zwei Kinder, sein ältester Sohn Andreas ist Fotograf und lebt in Berlin. In zweiter Ehe war Mühe von 1984 bis 1990 mit der im Jahre 2006 verstorbenen Schauspielerin Jenny Gröllmann verheiratet, der er 2006 vorwarf, mit der Stasi zusammengearbeitet zu haben.[5] Aus dieser Ehe ging eine Tochter, Anna Maria Mühe, hervor. Bis zu seinem Tod war Ulrich Mühe mit der Schauspielerin Susanne Lothar verheiratet. Er lebte mit ihr und den beiden gemeinsamen Kindern Sophie Marie und Jacob in Berlin.

Kurz nach der Oscar-Verleihung im März 2007 musste sich Mühe einer schweren Magenoperation unterziehen. Ursache waren Langzeitkomplikationen als Folge einer Operation während Mühes Armeezeit. Der Berliner Illustrirten Zeitung (Sonntagsmagazin der Berliner Morgenpost) gegenüber gab Ulrich Mühe am 20. Juli 2007 bekannt, dass er an Magenkrebs erkrankt sei und deswegen berufliche Projekte absage.[6] Am 22. Juli 2007 starb er in Walbeck in der Magdeburger Börde. Dort wurde er am 25. Juli 2007 auch beigesetzt.

Ulrich Mühe war eng befreundet mit dem Journalisten Franz Josef Wagner. <ref>Bild Online: „Lieber Ulrich Mühe“, Post von Wagner, 26. Juli 2007<

Filmografie

Theaterengagements

Wichtige Theaterrollen

  • „Gespenster“ von Henrik IbsenOsvald Alving
  • „Das Leben ein Traum“ – Sigismundis
  • „Egmont“ von Johann Wolfgang von GoetheTitelrolle
  • „Philotas“ – Titelrolle
  • „Jüdin von Toledo“ – König Alphons
  • „Hamlet“ von William ShakespeareTitelrolle
  • „Hamletmaschine" von Heiner Müller – Titelrolle
  • „Peer Gynt“ von Henrik Ibsen – Titelrolle
  • „Clavigo“ von Johann Wolfgang von Goethe – Titelrolle
  • „Zerbombt“ von Sarah Kane - Ian (Regie: Thomas Ostermeier)
  • „Gesäubert“ von Sarah Kane - der Arzt (Regie: Peter Zadek)

Fernsehserien

Seit 1997 spielte Mühe den Gerichtsmediziner Dr. Robert Kolmaar in der ZDF-Krimiserie „Der letzte Zeuge“.

Hörbücher

  • „Der kleine Prinz“ von Antoine de Saint-Exupéry
  • „Adler und Engel“ von Juli Zeh
  • „Einen Dichter denken – Laut“
  • „Ich bin eine Welt" (Georg Trakl)
  • „Ein Monat in Dachau"
  • „Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke“
  • „Von allem Anfang an" (Christoph Hein)
  • „Reise gegen den Wind“
  • „Liebesbriefe“
  • „Die Katze, die immer nur ihre eigenen Wege ging“
  • „Der Südkurier“ von Antoine de Saint-Exupéry
  • „Helden wie wir“ von Thomas Brussig
  • „Das kalte Herz“ von Wilhelm Hauff

Auszeichnungen / Ehrungen

Quellen

  1. SPIEGEL ONLINE: „Das Leben der Anderen“: Gericht stoppt Suhrkamp-Buch. 13. April 2006
  2. SPIEGEL ONLINE: Mühe-Prozess: Gröllmann darf nicht IM genannt werden. 4. Juli 2006
  3. Dieter Krause, Werner Mathes: „Viel Zeit bleibt mir nicht mehr“: Jenny Gröllmann im Stern-Interview. Stern 30/2006 vom 19. Juli 2006, S. 120–124
  4. Schriftliche Unterlassungserklärungen der Rechtsvertreter der Buena Vista Home Entertainment gegenüber den Rechtsvertretern der betroffenen Personen vom Dezember 2006
  5. vgl. http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,,OID7170058_,00.html abgegriffen am 25. Juli 2007
  6. Welt Online: „Ja, ich habe Krebs“. 21. Juli 2007