Mühle ist ein einfaches Brettspiel für zwei Spieler, bei dem der Zufall keine Rolle spielt. Das Grundprinzip ist es, drei Spielsteine in eine Reihe zu bekommen. Mühle wird auf einem Spielbrett gespielt, mit drei ineinander liegenden Quadraten mit Verbindungslinien in den Seitenmitten.
Als Spielfiguren werden gewöhnlich neun schwarze und neun weiße runde, flache Spielsteine verwendet, die meist aus Holz oder Kunststoff sind. Andere Farben sind auch möglich.

Allgemeines
Mühle ist ein Spiel mit vollständiger Information. Zudem ist es ein gerechtes Spiel: Es konnte nachgewiesen werden, dass weder der An- noch der Nachziehende zwingend gewinnen kann. Bei gleichstarken erfahrenen Gegnern endet das Spiel deshalb oft unentschieden, wobei der nachziehende Spieler im Gegensatz zum Schach im Vorteil ist, weil er den letzten Stein auf das Brett setzen darf. Der nachziehende Spieler kann beim Setzen des letzten Steins einen möglichen Zugzwang berechnen.
Bereits 1993 wurde das Spiel von Ralph Gasser an der ETH Zürich erstmals vollständig gelöst. Der Informatiker Peter Stahlhacke berechnete das Spiel auf seinem Heimrechner neu. Die 17 GB große Datenbank mit allen Stellungen wurde auf der Spieleseite Inetplay als das perfekt Mühle-spielende Programm Mr. Data veröffentlicht: Link zur inetplay-Seite. Das spielstärkste Programm heißt Mühle24 (zu beziehen über den Mühlespielverein Bern) und spielt offensiver als Mr. Data. Es ist nicht unfehlbar und leidet unter veraltetem Grafikdesign, verblüfft aber mit unerwarteten Spielzügen und bringt auch erfahrene Spieler in Schwierigkeiten.
Im Vergleich zum Schachspiel ist Mühle deutlich variantenärmer. Während bei Schach die Zahl der theoretisch möglichen Stellungen auf 2,28 * 1046 geschätzt wird, gibt es bei Mühle lediglich rund 1,8 * 1010 unterschiedliche (nicht durch Drehungen und Spiegelungen ineinander überführbare) Stellungen. Die Zahl der Mühlestellungen entspricht der Größe der Mühledatenbank, in der für jede Stellung ein Byte verwendet wird um die Anzahl der Züge zum Gewinn zu speichern. Dennoch ist Mühle kein triviales Spiel: Die nebenstehende Stellung entspricht der Stellung mit der längsten Gewinndistanz. Rot am Zug gewinnt in 165 Vollzügen bei perfektem Spiel beider Farben.
Geschichte
In Europa ist das Mühlespiel seit der Bronzezeit bekannt (Grabbeigabe in Cr Bri Chualann in Wicklow/Irland). In Deutschland wurden verschiedene Variationen der Mühle, wie etwa die Neunermühle, die Rad- oder Rundmühle, sowie die Dreiermühle bei Ausgrabungen römischer Grenzbefestigungen (Siehe auch: Limes) entdeckt. Aber auch in China ist das Spiel seit etwa 2000 Jahren bekannt. Vermutlich gehört dieses Taktikspiel zu den ältesten Brettspielen überhaupt.
Vom 12. bis zum 18. Jahrhundert gehörte das Mühlespiel zu den beliebtesten Brettspielen in Europa. Erst ab Anfang des 19. Jahrhunderts wurde die Mühle vom Schachspiel nach und nach verdrängt.
Spielablauf
Das Spiel läuft ab in drei Phasen:
- Setzphase – die Spieler setzen abwechselnd je einen Stein, insgesamt je neun, auf Kreuzungs- oder Eckpunkte des Brettes
- Zugphase – die Spielsteine werden gezogen: pro Runde darf jeder Spieler einen Stein auf einen angrenzenden, freien Knotenpunkt bewegen.
- Endphase – sobald ein Spieler nur noch drei Steine hat, darf er mit seinen Steinen springen: Der Spieler darf nun pro Runde mit einem Stein an beliebige freie Knotenpunkte auf dem Brett springen. Sobald ihm ein weiterer Stein abgenommen wird, hat er das Spiel verloren.
Sobald ein Spieler keinen gültigen Zug mehr ausführen kann, hat er ebenfalls verloren.
Drei Steine einer Farbe, die in einer Gerade auf Feldern nebeneinander liegen, nennt man eine „Mühle“. Wenn ein Spieler eine Mühle schließt, darf er einen beliebigen Stein des Gegners aus dem Spiel nehmen, sofern dieser Stein nicht ebenfalls Bestandteil einer Mühle ist. Die offiziellen Turnierregeln erlauben es auch in der Endphase nicht, Steine aus einer geschlossenen Mühle zu schlagen. Diese Regel ist allerdings regional verschieden und wird teilweise auch in kommerziell vermarkteten Produkten anders gehandhabt.
Strategie
Insbesondere während der Anfangsphase des Spieles ist es weniger wichtig, frühzeitig Mühlen zu bilden, als vielmehr, eine große Beweglichkeit seiner Steine sicherzustellen. So sind die vier Kreuzungspunkte des Mühlebrettes bevorzugt zu besetzen, während die Eckpunkte zu meiden sind. Außerdem ist es beim Schlagen eines Steines meistens besser, eine zusätzliche eigene Mühle zu öffnen, als eine gegnerische Mühle zu verhindern.
Datei:Mühle2.png
Besonders erstrebenswert sind folgende Situationen: Die roten Steine bilden eine so genannte „Zwickmühle“, dies bedeutet, dass der rote Spieler bei jeder Runde eine Mühle schließen kann. Dies erlaubt ihm, die Steine des Gegners schnell zu dezimieren, ohne dass dieser eine wirksame Gegenmaßnahme ergreifen kann.
Turnierwesen
Welt-Mühlespiel-Dachverband (WMD)
Das Turnierwesen wird durch den Welt-Mühlespiel-Dachverband, kurz WMD, geregelt. Er setzt nicht nur die genauen Spielregeln fest, sondern regelt auch den genauen Turnierablauf. Wie im Schach wird bei großer Teilnehmerzahl nach Schweizer System gespielt und bei kleiner Teilnehmerzahl vollrundig (Jeder gegen Jeden). Um die Zahl der unentschiedenen Spiele auf einem Minimum zu halten, wird grundsätzlich mit Zeitvorgaben gespielt. Je nach Rundenzahl wird mit 5, 7 oder 10 Minuten Bedenkzeit pro Spieler und Runde gespielt, wobei zur Kontrolle Schachuhren verwendet werden. Ziel des WMD ist es, das Mühlespiel weltweit zu fördern. Aktive Zentren bestehen in der Schweiz, Deutschland, Österreich, Großbritannien, der Tschechischen Republik, Italien und Polen (Stand: Oktober 2006).
Meisterschaften
Der WMD veranstaltet seit 1996 eine Europameisterschaft. Bis 2004 fand diese jeweils an der Lenk in der Schweiz statt, seit 2005 in Passau (Deutschland). Mit acht Titeln ist GM Alain Flury (CH) die dominierende Figur. Weitere Europameister sind GM Adrian Wenger (CH, 2 Titel), GM Markus Schaub (CH, 1 Titel) und Jakub Borlik (PL, 1 Titel).
Von 1987 bis 1997 fand im englischen Hutton-Le-Hole eine Weltmeisterschaft statt. Mit vier Titeln führend ist MM Andy Fawbert (GB). Je einen Titel weisen auf: MM Mike Sunley (GB), MM Anthony Eddon (GB), MM Raymond Thompson (GB), MM Eric Weldon (GB), GM Markus Schaub (CH), GM Adrian Wenger (CH) und MM Franz Beyeler (CH).
Titel
Der WMD vergibt ähnlich wie im Schach zwei verschiedene Titel: Den Großmeister-Titel und den Meister-Titel. Für den Großmeister-Titel sind 20 Turniersiege erforderlich, wovon mindestens 10 ohne eine einzige Niederlage gewonnen werden müssen. Für den Meister-Titel sind 15 Podestplätze nötig. Turniere werden nur gezählt, wenn sie vorgängig dem WMD bekannt gegeben werden und gewisse Auflagen an Teilnehmerzahl und Anzahl Runden erfüllen. Per Ende Oktober 2006 gibt es 4 Großmeister und 20 Meister.
Internet-Plattformen
Das Mühlespiel hat vom Internet-Boom der letzten Jahre zweifellos profitiert. Davon zeugen die zahllosen Internet-Plattformen, auf denen Mühle gespielt werden kann. Die besten Spieler findet man per Oktober 2006 auf der polnischen Website Kurnik.org, auf der mehrmals pro Woche Turniere angeboten werden.
Varianten
- Die Lasker-Mühle mit zwei Regeländerungen: (1) Die beiden Phasen werden nicht voneinander getrennt, d. h. es steht den Spielern frei, einen Stein zu ziehen oder einen Stein zu setzen. (2) Es wird mit je zehn Steinen gespielt.
- Es gibt auch Spielvarianten, bei denen die drei Quadrate des Spielbrettes durch regelmäßige Fünf- oder Sechsecke ersetzt sind. Die Anzahl der Spielsteine je Spieler steigt dann auf 11 oder 13 an, die Regeln bleiben sonst gleich.
- Auch gibt es zwei Varianten, das Mühle-Spiel in die dritte Dimension zu verlagern. Bei der Variante Raummühle versucht man, auf 4x4 Stäben eine Reihe von vier Kugeln zu bekommen. Die Regeln sind ähnlich dem Vier gewinnt. Bei der Variante „Kubusmühle“ handelt es sich um drei ineinander geschachtelte Würfel, die so mit Stäben verbunden sind, dass jede Seite des größten Würfels ein Mühlebrett bildet. Nun wird quasi auf sechs Mühlebrettern gleichzeitig gespielt. Die Regeln gleichen denen des klassischen Mühlespiels. Die Anzahl der Spielsteine ist jedoch auf 18 erhöht und gesprungen werden darf ab sieben verbliebenen Spielsteine.
- Bei der oben abgebildeten Radmühle (auch Rundmühle) handelt es sich um eine römische Variante, die mit lediglich drei Steinen pro Spieler gespielt wurde. Wer zuerst eine Mühle besaß, hatte gewonnen.
- Die erwähnte Dreiermühle besaß wie die Neunermühle ebenfalls neun Spielpunkte, jedoch fehlten die beiden Diagonalen. Sie wurde mit nur drei Steinen je Spieler gespielt.
Literatur
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Weblinks
Westliches Mühlespiel
- Welt-Mühlespiel-Dachverband
- Seite des Schweizer Mühle-Großmeisters Manfred Nüscheler
- Römisches Mühlespiel online