Höhlentempel in Asien

unterirdische Sakralbauten
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Höhlen- und Felsentempel (auch Grottentempel, Felsen- und Höhlenheiligtum) sind in den Felsen gehauene unterirdische, frei stehende oder in einem Felsenhof liegende Tempelbauten und Sakralstätten. Höhlentempel und frei stehende Felsentempel sind eine Form der frühen Naturarchitektur und des Felsbaus, einer mit der Bildhauerei eng verbundenen Bautechnik in Festgesteinen.[1] Vereinzelte Höhlensiedlungen und Höhlentempel treten in unterschiedlichen Kulturen wie etwa Ägypten, in Assyrien, im Hethiterreich, in Lykien und bei den Nabatäern auf. Die umfangreichsten künstlich geschaffenen Höhlentempel-Komplexe (subterranea) entstanden jedoch in Indien, wo etwa 1.200 Anlagen belegt sind, und in den angrenzenden Regionen Asiens.

Ajanta in Maharashtra, Indien
Ellora, hinduistischer Felsentempel 16 (Kailasa), Indien

Die indischen Höhlentempel wurden im Wesentlichen zwischen dem zweiten Jahrhundert v. Chr. und dem achten Jahrhundert n. Chr. im westlichen Teil von Südasien aus der Vorform der Klausurstätten der Samana-Bewegung (Sanskrit, m., श्रमण, śramaṇa, Pali, m., samaṇa), einer freistehenden Hütte oder einer Höhle als Behausung des Asketen, entwickelt. Wesentliche Gestaltungsprinzipien sind vom Vorbild freistehender Holztempelanlagen abgeleitet. Anstelle künstlicher Höhlen wurden später im hinterindischen Südostasien auch natürliche Höhlen als unterirdische Heiligtümer genutzt.

Vorläufer und Felsbaukunst weltweit

 
Schatzhaus der nabatäischen Hauptstadt Petra, Jordanien
 
Ihlara-Tal bei Aksaray, Kappadokien, Türkei

Bereits in prähistorischer Zeit dienten Höhlen Menschen als Zufluchts-, Begräbnis- oder Kultstätte. Die Markierung der Höhle wandelte diese vom faszinierenden Ort zur heiligen Stätte. Zur kultischen Nutzung zählten während des Jungpaläolithikums und Mesolithikums die rituelle Einweihung, eine dauerhafte Kennzeichnung (z.B. in Form von Höhlenmalerei) und regelmäßig wiederholte Riten.[2] Prähistorische Felskunst ist an etwa 700.000 Orten in 120 Ländern zu finden und mit mehr als 20 Millionen figürlichen Darstellungen erfasst.[3]

Seit der Zeit der ersten Hochkulturen traten in Nordafrika, Klein-, Vorder-, Zentral-, Süd- und Ostasien künstliche Felsbauten als neue Bauweise in Erscheinung. Sie dienten als Wohnstätte (Kappadokien in der heutigen Türkei), Grabstätten (Petra in Jordanien) oder Tempel und Klöster (Indien). Zu den markantesten Komplexen zählen die monumentalen Felsentempel des ägyptischen Pharaonenreichs im nubischen Abu Simbel. Der Große Tempel von Ramses II. in Abu Simbel am westlichen Nilufer entstand bereits um 1280 v. Chr. Die Tempelanlage, die ein Sanktuarium und diverse Kammern umfasst, wurde komplett in das Felsmassiv eingeschnitten.

Weitere Felsbauten sind vor allem in Klein- und Vorderasien erhalten. Hethitische Schreine wurden im 15. bis 13. Jahrhundert v. Chr. in Yazılıkaya in der heutigen türkischen Provinz Çorum aus dem Fels geschlagen. Im 5. Jahrhundert v. Chr. bauten die Lykier im südlichen Anatolien (z.B. bei Dalyan, Provinz Muğla, Türkei) hunderte von Felsengräbern. Auch die Nabatäer schlugen in Petra (Jordanien) zwischen 100 v. Chr. und 150 n. Chr. Tempel und Gräber in den Fels. Christliche Höhlensiedlungen mit weitläufigen Wohnanlagen und Felsenkirchen wurden in Göreme im türkischen Kappadokien (seit dem 4. Jahrhundert n. Chr.), in Matera in Süditalien (frühmittelalterlich) sowie im 12.-13. Jahrhundert in Lalibela im Norden Äthiopiens erschaffen.

Höhlentempel in Indien

 
Vihara, das heißt Felsenkloster, in Ajanta (Höhle 1), Indien
 
Die buddhistischen Höhlen von Ellora, Indien
 
Wandgemälde in Ajanta (Höhle 1) zum Mahâjanaka-Jâtaka: ein Raja erklärt den Weltverzicht
 
Einzige Chaitya-Halle Elloras (Höhle 10) mit Portikus, Balkon und hufeisenförmigem Fenster
 
Kanheri bei Mumbai, Tempelanlage mit 109 Höhlen

Buddhistische Anlagen

Buddhistische Höhlentempel stellen eine unterirdische Variante der buddhistischen Tempelanlage dar, die auf die Behausung der asketischen Samana-Bewegung seit der Epoche der Upanishaden (8. bis 7. Jahrhundert v. Chr.) sowie auf urbuddhistische Meditationsstätten zurückgehen. Der historische Buddha Gautama hatte die Eignung natürlicher Höhlen (Pali, kandara) gemäß der Überlieferung des Pali-Kanons als geeignete Stätten ungestörter Meditation für die Mitglieder seines Ordens aufgezeigt (Majjhima-Nikaya, Kap. 27, 38, 39 und öfter) und damit die Entwicklung der frühen buddhistischen Höhlentempel vorgezeichnet. Diese sollten später besser als freistehende Holzbauten Schutz vor der regenreichen Monsunzeit bieten.[4]

Der eigentliche Bau künstlicher Höhlentempel aus „gewachsenem“ Felsen wurde jedoch erst in der Ära von Maurya-Kaiser Ashoka angestoßen, der im 3. Jahrhundert v. Chr. entsprechende, zunächst noch recht elementare Anlagen für die Gemeinschaft der Ajivika stiftete. Die Buddhisten entwickelten diese Vorformen zu immer aufwändigeren Zentren mönchischen Lebens weiter und schufen mit Unterstützung wohlhabender buddhistischer Laien während der Jahrhunderte vor und nach Christi Geburt die für das folgende Jahrtausend maßgebliche Grundform der indischen Felsarchitektur.[5] Eine Verbindung zwischen den älteren nubischen, hethitischen oder lykischen Höhlen- und Felsentempeln des Westens und den jüngeren, erheblich zahlreicheren indischen Felsbauten konnte bislang nicht eindeutig nachgewiesen werden.

Entstehungskontext und Versorgung

Die Entstehung der indischen Höhlentempelanlagen nahm nach verhaltenen Anfängen im 3. und 2. Jahrhundert v. Chr. erst mit dem wachsenden Wohlstand der Handwerksstände des westlichen Indien einen erheblichen Aufschwung. Eine wesentliche Ursache dafür bestand in dem gesteigerten Handelsverkehr mit dem römischen Weltreich seit dem ersten Jahrhundert n. Chr. Gerade auf die indischen Handwerker, die innerhalb der undurchlässigen brahmanischen Gesellschaft die niedrigen Kasten bildeten (Skt, shudra), übte der Buddhismus aufgrund seiner Ablehnung des Kastensystems (Skt, varnas) erhebliche Anziehungskraft aus.

Im Gegensatz zum Hinduismus stützte sich der Buddhismus mit seinen Mönchsgemeinschaften vorrangig auf die städtische Kultur.[6] Einflussreiche städtische Kaufmannsgilden stifteten das Geld für den Bau und die Ausstattung ganzer Klöster, wie Stiftungsinschriften belegen. Der Wettstreit unterschiedlicher Handwerksgilden um die Ausgestaltung ihrer Stiftungen führte insbesondere während der Periode der Gupta-Dynastie, die von 320-650 n. Chr. über Nord- und Zentralindien herrschte,[7] zu einem erheblichen Aufschwung der indischen Felsbau-, Bildhauer- und Malkunst, deren Werke in den später vielfach lange verwaisten Höhlentempeln die Zeit überdauerten.

Die Versorgung der Höhlenklöster erfolgte durch die buddhistischen Laienanhänger der umliegenden Dörfer und Siedlungen, die den bettelnden Mönchen Nahrung, Medizin und Kleidung anboten.[8] Der Tagesablauf in den buddhistischen Klöstern war streng durchstrukturiert. Nach dem Wecken vor Sonnenaufgang erhoben sich die Mönche mit einem Lied oder der Rezitation eines erbaulichen Verses, reinigten das Kloster und beschafften das notwendige Trinkwasser. Zum Tagesablauf zählten weiterhin Blumenspenden in gemeinsamer Versammlung, eine Bettelrunde zum Erwerb von Nahrungsmitteln, eine Mahlzeit, Meditationsübungen, das Textstudium sowie das Hören einer Lehrrede.[9]

Bauliche Struktur

Die buddhistischen Höhlentempel und -klöster Süd-, Zentral- und Ostasiens zeichnen sich durch zwei zentrale Bautypen aus: Gebäude, die buddhistische Kultobjekte beherbergen oder einfassen, und Gebäude des mönchischen Lebens.

  • Zum ersten Bautyp gehören die dreischiffige, einer Basilika ähnliche Gebetshalle (Chaitya-Halle), die der Umwandlung des glockenförmigen zentralen Heiligtums (Stupa) dient.
  • Zur zweiten Bauform zählen die Meditations- und Wohnhallen der buddhistischen Mönche (Vihara) und deren Nebenanlagen.[10]

Häufige bauliche Elemente im Außenbereich der buddhistischen Tempel- und Klosterhöhlen sind Portikus (Vorhalle), Seitenkapellen, Säulenveranden, Vorhöfe und Freitreppen.

Die Chaitya- bzw. Kulthalle (von Skt, caitya-grha; Pali, cetiya, Heiligtum) steht im Zentrum der buddhistischen Tempelanlage.[11] Die dreischiffige Chaitya-Halle wird durch zwei Säulenreihen in ein Mittelschiff, dessen Decke als Tonnengewölbe mit Holz- oder Steinrippendecke ausgestaltet ist, und zwei Seitenschiffe getrennt. Die Halle dient der Aufnahme eines meist reich verzierten Reliquienschreins (Skt, स्तूप, stūpa; Pali, thupa, Hügel, ursprünglich im Sinne von Grabhügel), der von einem Wandelgang für die rituelle Umgehung umgeben ist.[12] Vor die Chaitya-Hallen war ursprünglich eine aufwändige Holzfassade mit einem oder mehreren Toren gesetzt. Im Zusammenspiel mit einem hufeisenförmigen Fenster über dem Eingangstor der Halle bewirkte die Holzfassade, dass die Stupa-Nische in der halbrunden Apsis am Ende der Halle in atmosphärische Lichteffekte gehüllt wurde.

In der Umgebung der Chaitya-Halle befinden sich die Klosterräume. Die Wohnbereiche der Mönche (Skt/Pali, n., विहार, vihāra, Aufenthaltsort, Wohnsitz) umfassen neben Gemeinschaftsräumen eine Reihe von engen Wohnzellen (Skt, bhiksu-grha) für jeweils zwei Personen. Die Mönchszellen sind um einen Hof oder eine zentrale Säulenhalle (Skt, mandapa) herum angeordnet.[13] Weitere Elemente des Klosterbaus sind Zisternen, Magazine und andere Nebenräume für praktische Zwecke.[14] Die Höhlenklöster des Mahayana-Buddhismus, die zwischen dem 5. und dem 8. Jahrhundert n. Chr. entstanden, enthalten einen Kreuzgang aus reich verzierten Säulenreihen sowie Kultbildkapellen oder kleinere kugelförmige Stupas. Sie sind mit großflächigen Wandgemälden zum Leben und den Vorexistenzen des historischen Buddha ausgeschmückt. Vielfach wurden die Farbschichten, die die Tempelanlage großflächig verzierten, später durch Verwitterung abgetragen.[15]

Entwicklung zum Monumentalbau

 
Dreigeschossige Klosterschule Tin Thal in Ellora (Höhle 12)
 
Tempelhalle (Ellora, Höhle 10) mit glockenförmigem Stupa in der Apsis
 
Kloster mit Kultbildkapelle in Ellora (Höhle 3)
 
Kloster mit Kultbildkapelle in Ellora (Höhle 32)
 
Kailasa in Ellora (Felsentempel 16), größter felsgehauener Hindutempel

In mehreren indischen Höhlentempel-Anlagen treten Abweichungen von den vertrauten Grundformen auf. In Höhle 3 von Aurangabad sind die Mönchszellen des Vihara zu vier Seitenkapellen umfunktioniert worden. Die Chaitya-Halle hatte dort in ihrer Funktion als klassischer Gebetsraum ausgedient. Höhle 12 von Dhamnar stellt eine Klosterhöhle dar, die einen Tempel ummantelt. Die Umwandlung des Stupa fand dort nicht mehr in der engen Chaitya-Halle selbst, sondern im diese umschließenden Klosterraum statt.

Eine späte Weiterentwicklung führte angesichts der zunehmenden Stärke der vedisch-brahmanischen Religion zum Ausbau des Höhlentempels zur Klosterschule. Schon in Ajanta (Höhlen 6 und 27) war - wohl in Anlehnung an nicht erhaltene Klosterfreibauten aus Holz - eine mehrgeschossige Höhle aus dem Stein gemeißelt worden. Neben der Chaitya-Halle und dem Vihara tritt etwa in Ellora (dreigeschossige Höhle 12, Tin Thal, und Höhle 11, Do Thal), Bagh (Nr. 5), Dhamnar (Nr. 11) und Kholvi (Nr. 10) ein großer Kapitelsaal (Dharmashala, Skt, dharma, Lehre [Buddhas]; shala, Lehrstätte) auf.

Während die Chaitya- und Tempelhalle vor allem Zeremonien wie der Pradakshina (Skt), das heißt der rituellen Umwandlung des Stupa, und die Klosterräume der Viharas vorwiegend als Meditations- und Wohnstätten dienten, ist der Dharmashala mit langen Reihen von Steinbänken als ein großer Lehr- und Predigtsaal angelegt. In der Klosterschule von Ellora konnten bis zu jeweils 30 Zuhörer, die in Reihen zwischen den Säulen saßen, den Auslegungen eines buddhistischen Lehrers zuhören.[16]

Verbreitung auf dem Subkontinent

Bisher wurden ungefähr 1.200 Tempelhöhlen in Indien bekannt, von denen etwa 1.000 im Bundesstaat Maharashtra liegen, andere in Andhra Pradesh, südöstlich von Maharastra, sowie in den nordwestlichen Staaten Gujarat, Rajasthan und Madhya Pradesh.[17] Die ältesten bekannten Höhlentempel der vorbuddhistischen Zeit entstanden im Kontext der Samana-Bewegung etwa im 3. Jahrhundert v. Chr. im nordöstlichen Bundesstaat Bihar (acht Höhlen in Barabar, Nagarjuni und Sita Marhi bei Rajgir).[18]

Insgesamt drei archäologisch und touristisch intensiv erschlossene Höhlentempel-Komplexe unterschiedlicher religiöser Herkunft im indischen Bundesstaat Maharashtra zählen zur Liste des UNESCO-Welterbes:

  • Ajanta (buddhistisch, 2. Jh. v. Chr. bis 7. Jh. n. Chr., 29 Höhlen)
  • Ellora (buddhistisch, shivaitisch-hinduistisch, jainistisch, etwa 6.-12. Jh. n. Chr., 34 Höhlen)
  • Elephanta auf der Insel Gharapuri bei Mumbai (überwiegend hinduistisch, 9. bis 13. Jahrhundert, Datierung umstritten, vier Höhlen).

Weitere buddhistische Höhlentempel Indiens:

Bundesstaat Stadt Höhlentempel Entstehungszeit Anzahl
Andhra Pradesh Guntapalli
Gujarat Junagadh auf der Halbinsel Saurashtra, Talaja, Sana und Khambhalida
Madhya Pradesh Bagh 5.-7. Jh. n. Chr. 9 Höhlen mit ehemals Ajanta vergleichbaren Wandgemälden[19]
Dhamnar
Maharashtra Aurangabad
Bhomarwadi Pitalkhora-Höhlen
Junnar 1. Jh. v. Chr. bis 2. Jh. n. Chr. 150 Höhlen
Lonavla Bhaja seit 1. Jh. v. Chr. 18 Höhlen
Lonavla (Karli) Karla 2. Jh. n. Chr.
Mumbai (Borivali-Nationalpark) Kanheri-Höhlen 109 Höhlen
Mumbai (Salsette) Mahakali-Höhlen
Maval Bedsa-Höhlen
Nasik Pandu Lena 2. Jh. n. Chr. 33 Höhlen
Raigad Kondane-Höhlen
Konkan-Region Kuda, Karhad, Mahad, Sudhagarh, Shelarwadi, Shirwal, Wai, Kol
Rajasthan Kolvi und Binnayaga

Hinduistische und jainistische Anlagen

Hinduistische Höhlentempel-Komplexe wurden im Zusammenhang des Erstarkens des Hinduismus ab dem 4. Jahrhundert n. Chr. aus den Felsen Südasiens geschnitten. Unter dem Einfluss der Bhakti-Lehre (Skt, f., भक्ति, bhakti, Hingabe, Liebe)[20] hatten tantrische Elemente in die buddhistischen Höhlentempel Einzug gehalten (darunter die vierarmige Göttin Cunda in Ellora, Nr. 12; die buddhistische Tempelhalle in Aurangabad, Nr. 7, adaptiert die räumliche Enge des Hindutempels und zeigt eine mit erotischen Tanzszenen ausgestattete Kultbildkapelle). Dem zunehmenden Eindringen hinduistischer Einflüsse in die Gestaltung buddhistischer Tempelanlagen folgte im 7. und 8. Jahrhundert n. Chr. das weitgehende Erliegen der Bautätigkeit der buddhistischen Höhlentempel in deren Ursprungsland Indien.

Durch den wachsenden Zufluss von Geldern hinduistischer Stifter konnte die Bautätigkeit hinduistischer Tempelanlagen ab dem 7. Jahrhundert n. Chr. ausgeweitet werden. Hinduistische Höhlentempel wurden in mehreren indischen Bundesstaaten aus dem Fels herausmodelliert wie in Karnataka (Badami), Madhya Pradesh (Udaigiri), Maharashtra (Pataleshwar in Pune), Orissa (Gupetswar) und in Tamil Nadu (Kalugamalai, Mamallapuram bei Chennai, 17 monolithische Felsentempel, sowie Pillayarpatti bei Karaikkudi). Jaina-Tempel finden sich in Maharashtra (Ellora), Madhya Pradesh (Udaigiri und Gwalior) und Orissa (Udayagiri und Khandagiri, natürliche Höhlen).

Höhlentempel in anderen Regionen Asiens

Datei:20060424070105.jpg
Mogao-Grotten bei Dunhuang, Provinz Gansu, China
 
Yungang-Grotten bei Datong, China
 
Longmen-Grotten bei Luoyang, China, 2.345 Höhlen
 
Buddhastatuen der Yungang-Grotten bei Datong, China

Über die Seidenstraße nach Zentral- und Ostasien

Die weitläufigen buddhistischen und hinduistischen Höhlentempel-Anlagen des alten Indien sind seit dem zweiten Jahrhundert n. Chr. in weiten Teilen Asiens nachgeahmt worden. Der Buddhismus kam entlang der Fernhandelsrouten, über die nördliche Route der Seidenstraße von Indien nach China und Japan, am stärksten während der Nördlichen Wei-Dynastie im 4. und 5. Jahrhundert n. Chr. Im Zuge dieser Ausbreitung in nördlicher Richtung entstanden zwischen dem 4. und dem 9. Jahrhundert (Nördliche Wei-Dynastie, Sui-Dynastie und Tang-Dynastie) entlang der Seidenstraße und den Becken des Gelben Flusses und des Jangtse zahlreiche buddhistische Tempelanlagen (Bamiyan, Dunhuang, Kuqa, Turfan etc.), die sich von ihren indischen Vorbildern deutlich emanzipierten.[21]

 
Bingling, großer Maitreya-Buddha, China
 
Wandmalerei in den Mogao-Grotten, Dunhuang, China
 
Yungang-Grotten bei Datong (Höhle 11), China
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Wandgemälde mit tocharischen Stiftern, Kizil, China

Auch die entlang der Seidenstraße entstehenden Höhlentempel kennzeichnet ein im Mittelpunkt platzierter Stupa, der häufig durch einen viereckigen Zentralpfeiler vertreten wird. Dieser trägt Kultstatuen und wurde rituell umwandert (Pradakshina). Besonders vielfältig stellen sich die Deckenkonstruktionen der chinesischen Höhlentempel dar, darunter Decken in der Form eines umgekehrten Eimers, eines Achtecks oder einer flachen Schachbrechtdecke.[22] In den Mogao-Grotten sind die Deckenfelder häufig in Malerei ausgefüllt und verkörpern damit die kosmologische Idee der Himmelskuppel. Insgesamt zeichnen sich die chinesischen Höhlentempel durch zahlreichere Wand- und Deckenmalereien als ihre indischen Vorbilder aus. In den Höhlentempeln von Kizil und in Bamiyan fällt die Beliebtheit der „Laternendecke“ auf, eines zentralen Deckenfeldes, das mit nach oben sich verkleinernden Quadraten ausgefüllt ist.

Das Innere zentral- und ostasiatischer Höhlentempel ist meist vollständig mit aus Stein gemeißelten Figurengruppen, Reliefs und Ornamenten bedeckt. Aus dieser reichhaltigen Gestaltenfülle heben sich größere Konfigurationen in Nischen ab, insbesondere die in Yungang und Longmen dominierenden Kolossalstatuen des sitzenden Buddha als Weltenherrscher und seiner stehenden Begleitfiguren.[23]

Zahlreiche Höhlentempel-Komplexe in Zentral- und Ostasien sind erhalten, darunter drei chinesische Stätten mit Unesco-Welterbe-Status:[24]

  • Mogao (bei Dunhuang, Provinz Gansu, 4.-14. Jh. n. Chr., 492 Höhlen)
  • Yungang (bei Datong, Provinz Shaanxi, 5./6. Jh. n. Chr., 252 Höhlen nach dem Vorbild der Mogao-Grotten)
  • Longmen (bei Luoyang, Provinz Henan, ehemals Hauptstadt der Nördlichen Wei, 5.-8. Jh. n. Chr., 2.345 Höhlen mit über 10.000 Skulpturen)

Zu den insgesamt über 250 Höhlentempel-Komplexen sowie Felsstatuen in ganz China zählen darüber hinaus:

Provinz Stadt Höhlentempel Entstehungszeit Anzahl
Provinz Gansu 50 km südwestlich von Lánzhōu (sehr abgelegen) Binglingsi seit 5. Jh. n. Chr. 183 Höhlen
Taiyuan Tianlong 6. Jh. n. Chr.
Tianshui Meiji
Wuwei Tiantishan 6. Jh. n. Chr.
Yulin
Provinz Hebei Handan Xiangtang 6. Jh. n. Chr.
Provinz Henan Gongxian
Provinz Liaoning Yixian
Autonomes Gebiet Ningxia Guyuan Sumeru
Provinz Shaanxi Binxian Dafosi 7. Jh. n. Chr. 107 Höhlen
Provinz Shandong Qingzhou Tuoshan 6./7. Jh. n. Chr. 5 Höhlen
Yunmenshan
Provinz Sichuan Guangyuan Huangze 6 Höhlen
Autonomes Gebiet Tibet Lhasa Donggar
Autonomes Gebiet Xinjiang Turfan nahe der Taklamakan-Wüste Bezeklik 5.-9. Jh. n. Chr.
Kizil und Kuqa
Provinz Zhejiang Feilai-Feng (Hangzhou-Region) Lingyin-Tempel

Weitere Anlagen in Zentral- und Ostasien sowie in den Himalayastaaten umfassen

  • in Afghanistan: iranisch beeinflusste Höhlentempel im Bamiyan-Tal (Koh-i-Baba-Gebirge, seit 2. Jh. n. Chr., etwa 20.000 Höhlen), im Foladi-Tal, bei Ghazni, Haddah bei Jalalabad, bei Haibak in Baktrien (Hazar Sam, seit 2. Jh. n. Chr., etwa 200 Höhlen), bei Jalalabad (Allahnazar, Baswal, 2.-5. Jh. n. Chr., 150 Höhlen, Dauranta, seit 2. Jh. n. Chr., Kajitulu sowie Siah-Kok) und weitere Anlagen im Kakhrak-Tal[25]
  • in Japan: Usuki auf der Insel Kyushu
  • in Südkorea: Seokguram bei Gyeongju mit einer großen Shakyamuni-Statue im Zentrum einer runden Kapelle
  • in Nepal: Luri Gompa.

Verbreitung in Süd- und Südostasien

 
Einige der 4.000 Buddhastatuen in den Pak Ou-Höhlen bei Luang Prabang, Laos
 
Dambulla-Höhle, Central Province, Sri Lanka
 
Batu-Höhlen bei Kuala Lumpur, Malaysia

Die Ausbreitung des Theravada-Buddhismus verlief von Nordost- und Südostindien aus nach Süd- und Südostasien, ein zweiter Ausdehnungsstrang verlief im Norden über Myanmar, die beide schließlich auf den von Norden her sich ausbreitenden Mahayana-Buddhismus trafen. Die Entwicklung der Höhlentempel-Anlagen des restlichen Südasiens sowie der Länder Südostasiens nimmt im Verlauf dieser Ausbreitung eigenständige Formen an.

Während unterirdische Sakralstätten zunächst etwa in Myanmar noch dem indischen und chinesischen Typus entsprechend in künstlichen Höhlen angelegt wurden, entwickelten sich in Südostasien unter Verzicht auf kostspielige Felsbauarbeiten, für die die finanziellen Zuwendungen wohlhabender Stifter erforderlich waren, auch Tempelanlagen in oder bei natürlichen Höhlen.

Diese Anlagen wurden mit zahlreichen Buddha-Statuen (oder hinduistischen Gottheiten wie im Falle der Batu-Höhlen in Malaysia), weiteren Kultfiguren und aufwändigen Wandgemälden ausgestattet. Heiligtümer in natürlichen Höhlen entstanden vielfach aus den Zeremonien- oder den Rückzugsstätten populärer Mönche und spiritueller Lehrer.

Diese Variante der Höhlenheiligtümer ist vereinzelt in Südasien, vorrangig jedoch in Südostasien anzutreffen:

  • in Sri Lanka: Dambulla (Central Province, seit 1. Jh. v. Chr., etwa 80 Höhlen) sowie Aluvihara bei Matale
  • in Laos: Tam-Ting- oder Pak-Ou-Höhlen bei Luang Prabang
  • in Malaysia: Batu-Höhlen bei Kuala Lumpur (hinduistisch) und Sam Poh Tong, Kek Lok Tong und Weitere bei Ipoh (buddhistisch)
  • in Myanmar: Hpa-an und Myeik; weitere Anlagen auch in künstlichen Höhlen: Po Win Daung (bei Monywa, Sagaing, 17. Jh., 947 Höhlen), Peik Kinn Myaing (Pyin U Lwin), Tilawkaguru und Umin Thounzeh (erstere 17. Jh., beide Sagaing)
  • in Thailand: Wat Suwan Khuha im Landkreis Takua Thung, Phang Nga, Wat Tham Sua bei Krabi (Süd-Thailand), Wat Tham Pha Plong in Chiang Dao (Nord-Thailand) und
  • in Vietnam: Chua Bich Dong.

Literatur

Außerhalb Asiens

  • Johannes Dümichen: Der ägyptische Felsentempel von Abu Simbal. Berlin: Hempel 1869.
  • Rosemarie Klemm: Vom Steinbruch zum Tempel: Beobachtungen zur Baustruktur einiger Felstempel der 18. und 19. Dynastie im ägyptischen Mutterland. Zeitschrift für Ägyptische Sprache und Altertumskunde, Bd. 115 (1988), S. 41–51.
  • Heinrich und Ingrid Kusch: Kulthöhlen in Europa: Götter, Geister und Dämonen. Köln: vgs 2001.
  • Hans J. Martini: Geologische Probleme bei der Rettung der Felsentempel von Abu Simbel. Göttingen: Vandenhoeck u. Ruprecht 1970.

Südasien

  • K.V. Soundara Rajan: Rock-Cut Temple Styles. Mumbai: Somaiya 1998.
  • Carmel Berkson: The Caves at Aurangabad. Early Buddhist Tantric Art in India. New York: Mapin Int. 1986.
  • Herbert und Ingeborg Plaeschke: Indische Felsentempel und Höhlenklöster. Leipzig: Köhler & Amelang 1982. [zu Ajanta und Ellora]
  • Bernd Rosenheim: Die Welt des Buddha. Frühe Stätten buddhistischer Kunst in Indien. Mainz: Philipp von Zabern 2006.
  • Dietrich Seckel: Kunst des Buddhismus. Werden, Wanderung und Wandlung. Baden-Baden: Holle 1962.

Zentral-, Ost- und Südostasien

  • Dunhuang Institute of Cultural Relics (Hrsg.): Die Höhlentempel von Dunhuang. Stuttgart: Klett Cotta 1982.
  • Reza: Der verborgene Buddha. Knesebeck 2003. [zu Xinjiang]
  • William Simpson: The Buddhist Caves of Afghanistan. JRAS, N.S. 14, S. 319-331.
  • Pindar Sidisunthorn, Simon Gardner, Dean Smart: Caves of Northern Thailand. Bangkok: River 2007.
  • Michael Sullivan: The Cave Temples of Maichishan. Berkeley: University of California Press 1969.

Fußnoten

  1. Owen C. Kail: Buddhist Cave Temples of India. Bombay: Taraporevala 1975. S. 3.
  2. Dorothea Baudy: Art. Heilige Stätten. I. Religionswissenschaftlich. In: Religion in Geschichte und Gegenwart (RGG4). Bd. 3, F-H. Hrsg. von H.D. Betz, Don S. Browning, B. Janowski, E. Jüngel. Tübingen 2003. Sp. 1551f.
  3. Emmanuel Anati: Art. Prähistorische Kunst. In: Religion in Geschichte und Gegenwart (RGG4). Bd. 6, N-Q. Hrsg. von H.D. Betz, Don S. Browning, B. Janowski, E. Jüngel. Tübingen 2003. Sp. 1555-1558, hier: Sp. 1556.
  4. Mario Bussagli: Indien, Indonesien, China. Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt 1985. S. 85.
  5. Klaus Fischer, Michael Jansen, Jan Pieper: Architektur des indischen Subkontinents. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1987. S. 153.
  6. Klaus Fischer, Michael Jansen, Jan Pieper: Architektur des indischen Subkontinents. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1987. S. 94.
  7. Gabriele Seitz: Die Bildsprache des Buddhismus. Düsseldorf: Patmos 2006. S. 88.
  8. Herbert und Ingeborg Plaeschke: Indische Felsentempel und Höhlenklöster. Ajanta und Ellura. Wien, Köln, Graz: Böhlau 1983. S. 13.
  9. Herbert und Ingeborg Plaeschke: Indische Felsentempel und Höhlenklöster. Ajanta und Ellura. Wien, Köln, Graz: Böhlau 1983. S. 43f.
  10. Klaus Fischer, Michael Jansen, Jan Pieper: Architektur des indischen Subkontinents. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1987. S. 91.
  11. Klaus-Josef Notz (Hrsg.): Das Lexikon des Buddhismus. Grundbegriffe, Traditionen, Praxis. Bd. 1: A-M. Freiburg 1998. S. 35.
  12. Mario Bussagli: Indien, Indonesien, China. Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt 1985. S. 75.
  13. Klaus-Josef Notz (Hrsg.): Das Lexikon des Buddhismus. Grundbegriffe, Traditionen, Praxis. Bd. 2: N-Z. Freiburg 1998. S. 504f.
  14. Herbert und Ingeborg Plaeschke: Indische Felsentempel und Höhlenklöster. Ajanta und Ellura. Wien, Köln, Graz: Böhlau 1983. S. 42.
  15. Owen C. Kail: Buddhist Cave Temples of India. Bombay: Taraporevala 1975. S. 17-27.
  16. Bernd Rosenheim: Die Welt des Buddha. Frühe Stätten buddhistischer Kunst in Indien. Mainz 2006. S. 183-185.
  17. Vgl. die Übersicht über Höhlentempel und weitere indische Denkmäler der staatlichen Denkmalschutzbehörde Archaelogical Survey of India [1]
  18. Owen C. Kail: Buddhist Cave Temples of India. Bombay: Taraporevala 1975. S. 7-10.
  19. Tarthang Tulku: Holy Places of the Buddha. Berkeley: Dharma 1994. S. 288.
  20. Herbert und Ingeborg Plaeschke: Indische Felsentempel und Höhlenklöster. Ajanta und Ellura. Wien, Köln, Graz: Böhlau 1983. S. 16.
  21. Conservation of Ancient Sites on the Silk Road. Edited by Neville Agnew. Los Angeles: The J. Paul Getty Trust 1997. S. 4. [2]
  22. Klassische chinesische Architektur. Hrsg. von der Chinesischen Architekturakademie. Stuttgart: Deutsche Verlagsgesellschaft 1990. S. 11.
  23. Vgl.: Dietrich Seckel: Kunst des Buddhismus. Werden, Wanderung und Wandlung. Baden-Baden: Holle 1962. S. 136f.
  24. Siehe die Übersichtskarten von Höhlentempeln entlang der Seidenstraße und in weiteren Regionen in: Conservation of Ancient Sites on the Silk Road. Edited by Neville Agnew. Los Angeles: The J. Paul Getty Trust 1997. S. XIV und XV. [3]
  25. Tarthang Tulku: Holy Places of the Buddha. Berkeley: Dharma 1994. S. 331-352.

Siehe auch

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