Martin Luther (eigentlich Martin Luder;* 10. November 1483 in Eisleben; † 18. Februar 1546 in Eisleben) ist der geistige Vater der protestantischen Reformation. Als Augustiner-Mönch wurde er Theologe und Professor und wollte notwendige Reformen zunächst ohne Kirchenspaltung erreichen. Durch seine sprachliche und schriftstellerische Gabe und charismatische Persönlichkeit entfaltete er breite Wirkungen; seine Lutherbibel zählt bis heute zu den wichtigsten Bibelübersetzungen.

Leben und Wirken
Herkunft
Als Sohn des Bergmanns und späteren Ratsherrn Hans Luder (* 1459, † 1530) und dessen Ehefrau Margarethe, geb. Lindemann (* 1459, † 1531) wurde Martin Luther am 10. November 1483 in Eisleben (im Süden des heutigen Sachsen-Anhalts) geboren. Einen Tag später, am Martinstag, wurde er auf den Namen des Tagesheiligen getauft. Aufgewachsen ist Martin Luther in Mansfeld, einer Stadt nahe Eisleben, wo es der Vater als Hüttenmeister im Kupferschieferbergbau zu bescheidenem Wohlstand brachte. Beide "Lutherstädte" liegen im Landkreis Mansfelder Land und hatten damals einige tausend Einwohner.
Studium und "reformatorische Wende"
Von 1501 bis 1505 studierte Luther an der Universität Erfurt in Thüringen und erhielt den "Magister Artium" der philosophischen Fakultät.
Im Jahr 1505 wurde Luther auf seinem Heimweg von einem schweren Gewitter überrascht, hatte Todesangst und rief zur Schutzpatronin: "Heilige Anna, hilf! Lässt Du mich leben, so will ich ein Mönch werden." Aufgrund dieses Gelübdes trat er gegen den Willen seines Vaters dann dem Augustinerorden bei.
Hier kam er in Kontakt mit Johann von Staupitz, dem Generalvikar der Kongregation. Die Freundschaft zu ihm hielt bis zu Staupitz' Tod 1524 an.
Bis 1511 lebte und predigte Luther in Erfurt, studierte die Kirchenväter und lernte antike Sprachen. 1512 wurde er als Nachfolger von Staupitz Doktor der Theologie und Professor in Wittenberg. Dort hielt er Vorlesungen über die Psalmen und Paulusbriefe.
1517 änderte er seinen Nachnamen Luder in Luther (in Anspielung auf das griech. Wort ελευθερος, eleutheros für "Befreiter, frei"). Das weist auf die "reformatorische Wende" seines Denkens hin. Denn in dieses Jahr fiel seine Entdeckung der Bibelstelle Römer 1, 17, die er später als "Schlüsselerlebnis" beschrieb: Hier habe er erfahren, dass sein ganzer bisheriger Glaube Lüge war, weil Gottes Gerechtigkeit nicht aus Werken, sondern aus dem Geschenk des Glaubens kommt.
Luther hatte schon auf einer Romreise Ablass- und Bußpraktiken kennengelernt, die er innerlich ablehnte. Doch nun bekam er die vom Bischof von Mainz und Brandenburg verfasste "Instructio Summarium", eine Anweisung für die im Land umherreisenden Ablassprediger, in die Hände. Dieser Bischof versuchte, einen Teil der für Rom bestimmten Einnahmen aus dem Ablass für sich abzuzweigen, um sich so ein Kurfürstenamt zu erkaufen. Er gewann den Ablassprediger Tetzel für diesen Plan und sandte ihn auch nach Sachsen. Der Ablass war ein Mittel der katholischen Kirche, Spenden für den Bau des Petersdoms in Rom zu gewinnen. Man gab den Gläubigen dafür "Ablassbriefe", die einen dem Geldbetrag entsprechenden Sündenerlass für sie oder für bereits gestorbene Angehörige bescheinigen sollten.
Daraufhin verfasste Luther 95 Thesen, um einen öffentlichen Disput über diese Praxis in Gang zu bringen. Diese Thesen schlug er aber, entgegen der Legende, nicht am Kirchentor in Wittenberg an, sondern publizierte sie in einigen Exemplaren für seine Dozenten-Kollegen. Darin protestierte er gegen damalige Missstände in der katholischen Kirche, von denen der Ablasshandel nur eines war. Dieser war für Luther der äußere Anlass, eine grundlegende Reform der ganzen Kirche "an Haupt und Gliedern" zu fordern.
In dieser Zeit begann er eng mit Philipp Melanchton zusammen zu arbeiten, der einer der profundesten Griechisch- und Hebräischkenner seiner Zeit war und mit diesen Kenntnissen wie auch in theologischen Fragen das intellektuelle Rüstzeug Luthers wesentlich beeinflusst hat.
Für die breitere Bevölkerung verfasste Luther 1518 den "Sermon vom Ablass", in dem er die Thematik und seine Meinung dazu in einfacher, verständlicher Weise darstellte.
Die 95 Thesen auf wikisource.org
Der römische Prozess
Im Juni 1518 wird ein Prozess gegen Luther wegen der Veröffentlichung seiner 95 Thesen eröffnet. Es bestehe die Gefahr der Ketzerei, was in dem Verfahren untersucht werden soll. In den Vorlesungen, die Luther als Dozent in Wittenberg hält, notieren Spitzel seine negativen Äußerungen über die Exkommunizierung. Danach wird im August 1518 der Prozess auf notorische Ketzerei geändert.
Luther wird nach Rom vorgeladen, um dort seine Aussagen zu widerrufen. Er wehrt sich aus gesundheitlichen Gründen gegen diese Vorladung und wünscht eine Anhörung auf deutschem Gebiet. Dabei beruft er sich auf die Gravamina deutscher Nation. Seinem Einwand wird stattgegeben und er wird zum Verhör durch Kardinal Cajetan am Augsburger Reichstag geladen.
Am 12.-14. Oktober 1518 spricht Luther bei Cajetan vor. Der Aufforderung, seine Irrtümer zu widerrufen, kommt er aber nicht nach. Von römischer Seite ist der Fall damit geklärt: Luther ist offenbar ein Ketzer. Doch kommt es wegen des Todes von Kaiser Maximilian I. (Januar 1519) zu einer zweijährigen Pause des Verfahrens gegen ihn.
Maximilian hatte für die anstehende Kaiserwahl Karl V. (HRR) vorgesehen. Wegen Karls Besitztümern in Italien befürchtet der Renaissancepapst Leo X. eine Umklammerung des Kirchenstaats und bemüht sich, die Kurfürsten von Karl abzubringen. Die Beschützerrolle Friedrichs des Weisen für Luther führt dazu, dass Rom Karl von Miltitz beauftragt, den Sachsenfürsten für eine friedliche Lösung der Sache zu gewinnen.
Nach Karls Wahl zum König (26. Juni 1519), wird der Prozess gegen Luther wieder langsam aufgenommen. Luther wurde zunächst zu einem Verhör vor Kardinal Caetan eingeladen. Als er dort seine ablehnende Haltung bekräftigte, musste der Kardinal in Rom darüber Bericht erstatten. Daraufhin erließ Papst Leo X. am 15. Juni 1520 die Bulle "Exsurge Domine". Diese verurteilt 41 Schriften Luthers und droht ihm den Kirchenbann an, also die Exkommunikation.
Luther verbrennt im Dezember 1520 diese Bannandrohungsbulle zusammen mit einigen Schriften der Scholastik und des kanonischen Rechts vor dem Wittenberger Alstertor. Da er nicht widerruft, wird er am 3. Januar 1521 durch die Bulle "Decet Romanum Pontificem" exkommuniziert.
Doch der Kurfürst Friedrich der Weise erreicht durch seinen persönlichen Einfluss auf den Kaiser, dass Luther seine Position vor dem nächsten Reichstag nochmals erläutern und verteidigen darf. Das lässt die bestehende Differenz zwischen Papsttum und weltlichem König/Kaiser erkennen. Karl war der letzte König, der vom Papst (nach einer Aussöhnung) zum Kaiser gekrönt wird.
Am 17. April 1521 steht Luther vor dem Reichstag in Worms und wird verhört. Hier wird ihm letztmals die Möglichkeit zum Widerruf eingeräumt. Da er diesen nach einem Tag Bedenkzeit verweigert, wird am 8. Mai 1521 die Reichsacht über ihn verhängt. Das erlassene "Wormser Edikt" verbietet es im gesamten Reich, Luther zu unterstützen oder zu beherbergen, seine Schriften zu lesen oder zu drucken.
Luther bekommt trotz des Edikts freies Geleit nach Wittenberg, da sich zuvor sein Kurfürst für ihn eingesetzt hat. Karl V. hat später immer bereut, dass er Luther hier nicht gefangennahm und hinrichten ließ, weil die Reformation danach die Einheit seines Reiches zerstörte. - Auf dem Rückweg lässt ihn Friedrich auf die Eisenacher Wartburg entführen, um ihn vor möglicher Gefangennahme durch katholische Truppen zu schützen und zu verstecken. Denn Acht und Bann bedeuteten damals völlige Entrechtung und Vogelfreiheit, so dass jeder Luther hätte töten können, ohne dafür belangt zu werden.
Die Bibelübersetzung
Auf der Wartburg bleibt Luther bis zum 1. März 1522 inkognito als "Junker Jörg". In dieser Zeit übersetzt er 1521 das Neue Testament in nur wenigen Wochen ins Deutsche: Diese Übersetzung wurde später in großer Auflage verbreitet und dann mit dem Alten Testament (übersetzt 1534) zusammen zur berühmten Lutherbibel.
Damit machte Luther biblische Inhalte auch dem einfachen Volk zugänglich. Er setzte Maßstäbe für die deutsche Sprache und beeinflusste ihre Entwicklung zum gemeinsamen Hochdeutsch. Aber er übersetzte weniger wörtlich, sondern versuchte, die biblischen Aussagen sinngemäß im Deutschen wiederzugeben. Er wollte "dem Volk aufs Maul schauen" und verwendete daher eine kräftige, bilderreiche, volkstümliche und allgemein verständliche Ausdrucksweise. Anregung zur und Hilfe bei der Übersetzung erhielt er von dem Wittenberger Professor Philipp Melanchthon. Als Vorlage diente ihm ein Exemplar der griechischen Bibel des Erasmus von Rotterdam.
Luther war nicht der erste, der die Bibel ins Deutsche übertrug. Schon um 360 entstand die gotische Wulfilabibel. Im 14. Jahrhundert war die Bibel aus der lateinischen Vulgata ins Deutsche übersetzt und bis 1518 14mal hochdeutsch und 4x niederdeutsch gedruckt worden. Aber diese Übersetzungen fußten auf der lateinischen Bibel von Hieronymus (Altes Testament), hatten also bisher mindestens zwei Übersetzungsschritte hinter sich. Luther dagegen bemühte sich um direktere Übersetzungen aus dem Urtext des AT, also dem Hebräischen bzw. Griechischen (Septuaginta).
Die Lutherbibel wird bei den Protestanten mit mehreren revidierten Neuauflagen bis heute verwendet. Sie ist auch eine wichtige Basis der Kirchenmusik, da ihre Texte für Choräle, Kantaten, Motetten usw. verwendet wurden.
Die Reformation in Wittenberg
In Wittenberg wirkt derweil Karlstadt. Dieser löst mit eigenmächtigen Schritten zu Gottesdienstreformen Tumulte aus. Daraufhin entschließt sich Luther, sein Versteck aufzugeben und kehrt nach Wittenberg zurück. In 6 Predigten kann er die Bürger überzeugen, sich zu mäßigen und maßvolle Reformen einleiten. Karlstadt muss die Stadt verlassen.
Auch Luthers Predigten und Schriften waren in einer kräftigen und volksnahen Sprache verfasst, wobei er vulgäre Ausdrücke nicht verschmähte. Bekannt wurden viele deftige Zitate wie: "Aus einem glücklichen Arsch kommt ein fröhlicher Furz."
Reformatorische Hauptschriften
In drei reformatorischen Hauptschriften des Jahres 1520 entfaltet Luther seine Theologie. Mit diesen Werken findet sie weite Verbreitung.
A) "An den christlichen Adel deutscher Nation von des christlichen Standes Besserung". Mit der Adelsschrift wendet sich Luther auf deutsch an die weltlichen Fürsten, denen er die Durchführung der reformatorischen Maßnahmen übertragen will, da die Bischöfe darin nach seiner Meinung versagt haben. Luther argumentiert, dass sich die Romanisten vor der Reformation hinter drei Mauern verstecken: 1. Sie stellen die kirchliche Obrigkeit über die weltliche. 2. Wenn die Reformation mit Hilfe der Bibel begründet wird, verweisen sie darauf, dass nur der Papst das Recht hat, die Bibel endgültig auszulegen. 3. Soll zu Auslegungszwecken oder Reformationsbemühungen ein Konzil einberufen werden, wird darauf verwiesen, dass nur der Papst das Recht dazu besitze. Damit stehe der Papst über dem Konzil.
Außerdem schlägt Luther in der Schrift ein politisches Reformprogramm vor. So soll Bildung allen zugänglich sein, nicht nur dem Klerus. Der Zölibat und der Kirchenstaat sollen abgeschafft, der Frühkapitalismus eingeschränkt und das Betteln verboten werden. Dafür soll es eine geregelte Armenfürsorge geben.
B) "De captivitate Babylonica ecclesiae" (Von der babylonischen Gefangenschaft der Kirche) behandelt die Sakramente und richtet sich in Latein an Gelehrte. Luther reduziert die Sakramente unter Berufung auf die Einsetzungsworte Jesu von sieben auf drei - Taufe, Abendmahl und Buße. Da er bei letzterem unsicher ist, spricht er von einem Sakrament und drei sakramentalen Zeichen. Doch nicht die Reduktion auf 2-3 Sakramente ist das Bahnbrechende, sondern die neue Auffassung, sie dem Wort unterzuordnen. Luther sieht im Sakrament nicht mehr göttliches Gnadenmittel, sondern das sichtbare Zeichen der göttlichen Verheißung.
C) "Von der Freiheit eines Christenmenschen": die Schrift stellt das christliche Leben und den freien Menschen dar, der zugleich aber dienstbarer Knecht ist und das von Gott empfangene Heil an seine Mitmenschen weitergibt (1. Kor. 9,19). Der um eine Verständigung im Ablassstreit bemühte Georg Miltitz rät Luther, diese Schrift Papst Leo zu widmen, um die endgültige Exkommunikation noch abzuwenden. Diese Hoffnung wird aber hinfällig, denn Luther setzt noch im selben Jahr das Amt des Papstes mit dem "Antichristen" gleich.
Die Ausbreitung der Reformation
Diese Schriften machen Luther nun im ganzen Reich bekannt. In vielen Ländern beginnen ähnliche Reformbestrebungen sich zu regen. Diese Reformationsbewegung führte im Ergebnis zu einer Kirchenspaltung und Gründung der lutherischen Kirche. Diese lag Luther fern, da er die katholische (= allumfassende) Kirche insgesamt reformieren wollte.
Als die katholischen Stände 1529 auf dem zweiten Reichstag zu Speyer die Aufhebung der bisherigen partiellen Duldung der Evangelischen durchsetzten, legten die evangelischen Stände (5 Fürstentümer und 14 Städte aus Oberdeutschland) die Protestation zu Speyer ein. Seitdem spricht man von Protestanten.
Beim folgenden Reichstag zu Augsburg 1530 erreichen diese die Duldung ihrer gemeinsamen Bekenntniserklärung, der Confessio Augustana, und die erneute Aussetzung des Wormser Edikts. Dadurch kann sich die Reformation in den deutschen Territorien weiter ausbreiten und festigen. Dies war der politische Durchbruch, aber auch der Beginn einer Entwicklung, die später zur Gegenreformation und zum 30-jährigen Krieg führte.
Heirat
Luther heiratete 1525 die ehemalige Nonne Katharina von Bora, die 1523 aus ihrem Kloster geflohen war und seitdem in Wittenberg lebte. Die Eheschließung war für Luther eine logische Konsequenz seiner Lehren, da er das Zölibat ablehnte, die Auflösung der Klöster verlangte und die Eheschließung nicht mehr als sakrales Sakrament verstand. Damit stieß er viele vor den Kopf. Doch Katharina war ihm in seinen Schwierigkeiten und den Depressionen eine große Hilfe. Durch Beherbergung von Studenten - die zahlreiche Aussprüche Luthers aufschrieben - beugte sie wirtschaftlichen Nöten vor. Luther hatte mit ihr mehrere (?) Kinder.
Luthers Wappen (Lutherrose)
In einem Brief vom 8. Juli 1530 beschreibt Martin Luther sein Wappen (Bild): "Das erste sollte ein Kreuz sein - schwarz - im Herzen, das seine natürliche Farbe hätte. Denn so man von Herzen glaubt, wird man gerecht ... Solch Herz soll mitten in einer weißen Rose stehen, anzeigen, dass der Glaube Freude, Trost und Friede gibt ... darum soll die Rose weiß und nicht rot sein; denn weiße Farbe ist der Geister und aller Engel Farbe. Solche Rose steht im himmelfarbenen Feld, dass solche Freude im Geist und Glauben ein Anfang ist der himmlische Freude zukünftig .... Und um solch ein Feld einen goldenen Ring, dass solche Seligkeit im Himmel ewig währt und kein Ende hat und auch köstlich über alle Freude und Güter, wie das Gold das edelste köstlichste Erz ist ..."
Der Bauernkrieg
Die mittelalterliche Feudalordnung führte auch infolge vieler Kriege dazu, dass die Fürsten den Bauern immer mehr Abgaben aufbürdeten, ihre Gewohnheitsrechte (z.B. das Jagen, Fischen, Holz schlagen) immer stärker einschränkten und sie in die Leibeigenschaft zwangen. Dies führte schon im 15. Jahrhundert zu einer Serie von Bauernaufständen, zuerst in der Schweiz.
In deutschen Gebieten kam es 1524 zum "großen Bauernkrieg". Ausgehend von schweizerischen, schwäbischen und badischen Bauern breiteten sich die Aufstände wie ein Flächenbrand aus. Auch einige Städte schlossen sich an, da die Unzufriedenheit mit Fürsten und Bischöfen allgemein sehr groß geworden war. Die Bauern stellten Forderungen, die von der bloßen Wiederherstellung ihrer Gewohnheitsrechte bis zur Aufhebung der Leibeigenschaft und zu demokratischen Grundrechten reichten (12 Artikel). Dabei beriefen sie sich auch auf die Bibel und sahen sich moralisch im Recht, da sie Luthers Reformation auf ihrer Seite glaubten.
Nach einigen Erfolgen der Bauern ließen die Fürsten ein Gegenheer aufstellen, das aber die ersten Schlachten verlor. In Weinsberg ermordeten einige Bauern eine Fürstenfamilie (Weinsberger Bluttat). Daraufhin verfasste Luther, der sich bis dahin zurückgehalten hatte, seine berüchtigte Schrift "Wider die mörderischen Rotten der Bauern". Diese ermutigte alle Fürsten - unabhängig von ihrer Konfession - dazu, die Bauern mit aller notwendigen Gewalt niederzuschlagen. Daraufhin verstärkten die Fürsten, bei denen Luthers Wort Gewicht hatte, das Gegenheer.
1525 erreichten die Aufstände auch Thüringen und Sachsen. Hier war der frühere Lutherschüler und Reformator Thomas Müntzer zum Wortführer der Bauern geworden. Er hatte anfangs wie Luther versucht, die Landesfürsten für Reformen zu gewinnen. Nachdem Luther den Kurfürsten ermutigt hatte, Müntzers Forderungen abzulehnen, wurden dessen eigenständige Reformversuche in Allstedt verboten.
Nun übernahm Müntzer die Führung des Bauernheeres und wollte es nach Mansfeld führen, um den dort ansässigen Grafen zu entmachten. Bei Frankenhausen wurde sein Heer vom Fürstenheer gestellt und umzingelt. Die Bauern waren nur mit Schlegeln und Sensen bewaffnet und hatten kaum Kampferfahrung. Müntzer war kein Militärführer, sondern ein wortgewaltiger Prediger. Nach Scheinverhandlungen trieben die berittenen Soldaten die Bauern auseinander und richteten ein Blutbad an, bei dem etwa 5000 Bauern ermordet wurden. Müntzer wurde wenige Tage später gefasst und enthauptet.
Luther begrüßte dies als gerechte Strafe für den "Teufel", der das "weltliche" und "himmlische" Reich vermischt und gegen Gottes Ordnung rebelliert hatte. Trotzdem fühlte er sich mitverantwortlich für das Gemetzel, das nicht zuletzt auf seinen Aufruf hin geschehen war.
Nach dieser Niederlage wurden auch alle übrigen Aufstände nach und nach niedergeschlagen. Man schätzt, dass im deutschen Sprachraum etwa 130.000 Bauern dabei ihr Leben verloren. Keine einzige ihrer Forderungen wurde erfüllt, sondern vielfach wurden ihre Lasten verschärft. Nach diesem ersten Revolutionsversuch dauerte es über 300 Jahre, bis der Feudalismus, und 400, bis die Monarchie in Deutschland überwunden wurden.
Der Abendmahlsstreit
Luther und die Juden
Luthers Ablehnung des Judentums wird heute stärker ins Blickfeld gerückt und hinsichtlich ihrer Wirkungsgeschichte im "3. Reich" kontrovers diskutiert.
Sicher ist: Diese Ablehnung entstand erst allmählich. In seiner Schrift Daß Jesus ein Geborner Jude Sei (1523) betonte Luther, dass Jesus aus Gottes Volk stammte. Er schloss Gewalt gegen Juden aus und sah ihre gesellschaftliche Isolierung als Hindernis, sie "zu bessern", d.h. zum wahren Glauben zu bekehren. Er hoffte, Juden nach erfolgter Reformation der Kirche eher zu Christen bekehren zu können.
Darin wurde er enttäuscht. Danach wandelte er sich zu einem ausgesprochenen Judenfeind, wie seine Spätschriften deutlich zeigen: Brief wider die Sabbather an einen guten Freund (1538), Von den jüden und iren lügen (1543) und Vom Schem Hamphoras und vom Geschlechte Christi (1544).
Darin erklärte Luther die Juden zum ärgsten Feind des Christentums wie der Teufel und bezog sich dazu auch - zu Recht oder zu Unrecht, ist umstritten - auf antijüdische Aussagen des Neuen Testaments.
So schrieb er 1543 u.a. in "Von den jüden und iren lügen":
- "Ein solch verzweifeltes, durchböstes, durchgiftetes, durchteufeltes Ding ist’s um diese Juden, so diese 1400 Jahre unsere Plage, Pestilenz und alles Unglück gewesen sind und noch sind. Summa, wir haben rechte Teufel an ihnen."
- "Wenn ich könnte, wo würde ich ihn (den Juden) niederstrecken und in meinem Zorn mit dem Schwert durchbohren."
- "Jawohl, sie halten uns (Christen) in unserem eigenen Land gefangen, sie lassen uns arbeiten in Nasenschweiß, Geld und Gut gewinnen, sitzen sie dieweil hinter dem Ofen, faulenzen, pompen und braten Birnen, fressen, sauffen, leben sanft und wohl von unserm erarbeiteten Gut, haben uns und unsere Güter gefangen durch ihren verfluchten Wucher, spotten dazu und speien uns an, das wir arbeiten und sie faule Juncker lassen sein (...) sind also unsere Herren, wir ihre Knechte."
Darauf folgte ein 7-Punkte-Plan zum Umgang mit den Juden:
"Erstlich, das man jre Synagoga oder Schule mit feur anstecke und, was nicht verbrennen will, mit erden überheufe und beschütte, das kein Mensch ein stein oder schlacke davon sehe ewiglich Und solches sol man thun, unserm Herrn und der Christenheit zu ehren damit Gott sehe, das wir Christen seien. - Zum anderen, das man auch jre Heuser des gleichen zerbreche und zerstöre, Denn sie treiben eben dasselbige drinnen, das sie in jren Schülen treiben Dafur mag man sie etwa unter ein Dach oder Stall thun, wie die Zigeuner, auff das sie wissen, sie seien nicht Herren in unserem Lande. - Zum dritten, das man jnen nehme all jre Betbüchlein und Thalmudisten, darin solche Abgötterey, lügen, fluch und lesterung geleret wird. - Zum vierten, das man jren Rabinen bey leib und leben verbiete, hinfurt zu leren. - Zum fünften, das man die Jüden das Geleid und Straße gantz und gar auffhebe. - Zum sechsten, das man jnen den Wucher verbiete und neme jnen alle barschafft und kleinot an Silber und Gold, und lege es beiseit zu verwaren. - Zum siebenden, das man den jungen, starcken Jüden und Jüdin in die Hand gebe flegel, axt, karst, spaten, rocken, spindel und lasse sie jr brot verdienen im schweis der nasen."
Das wirkt heute wie ein Aufruf zu einigen der Maßnahmen, die später die Nationalsozialisten gegen Juden planten und vollzogen. Daher ist zu fragen, welches Ziel Luther damit verfolgte.
Historiker weisen darauf hin, dass seine Schrift an evangelische Fürsten, nicht an die Bevölkerung gerichtet war. Luther betonte, er wolle nicht die Juden, nur ihre Lügen angreifen. Er wollte erreichen, dass diese "Lügen" - der jüdische Glaube - auf keinen Fall weiter verbreitet werden konnten. Dazu verlangte er von den Fürsten strenge Unterdrückung und letztlich Vertreibung aller Juden aus ihren Territorien. Dem folgten diese jedoch - anders als im Bauernkrieg 1525 - nicht.
Ob diese Judenfeindschaft in Luthers Theologie angelegt war oder nur dem Zeitgeist folgte, ist umstritten. Es gab damals viele judenfeindliche Schriften. Christlicher Antijudaismus war die Regel. So ist zu fragen, was Luthers Aussagen von katholischer Tradition unterschied und welches Gewicht sie damals hatten.
Spätere Antisemiten, z.B. Alfred Rosenberg, haben sich auf Luther berufen und seine judenfeindlichen Aussagen zur Rechtfertigung ihrer Judenverfolgung verwendet. Sie ignorierten dabei, dass Israel für Luther Gottes Volk blieb und er in seiner letzten Predigt nochmals die Bekehrung, nicht Ermordung der Juden anmahnte.
(ausführlich dazu: Antijudaismus.)
Choräle
Luther schrieb zahlreiche Kirchenlieder, da für ihn der Gesang als aktive Beteiligung der Gemeinde im Gottesdienst sehr wichtig war. Er übernahm oft alte gregorianische Choräle und gab ihnen neue deutsche Texte. Diese wurden zu einer Säule der reformatorischen Gottesdienstordnungen.
Hier eine unvollständige Liste von Lutherliedern:
- Ach Gott vom Himmel, sieh darein
- Aus tiefer Noth schrei' ich zu dir
- Christ lag in Todesbanden
- Christ ist erstanden
- Christ, unser Herr, zum Jordan kam
- Christum wir sollen loben schon
- Der du bist drei in Einigkeit
- Die Mutter muß gar seyn alleuin
- Dies sind die heil'gen Zehn Gebot
- Ein feste Burg ist unser Gott
- Ein neues Lied wir heben an
- Erhalt uns, Herr, bei deinem Wort
- Es spricht der Unweisen Mund wohl
- Es woll' uns Gott genädig sein
- Gelobet seist du, Jesu Christ
- Gott der Vater wohn' uns bei
- Gott sei gelobet und gebenedeiet
- Jessia, dem Propheten, das geschah
- Jesus Christus unser Heiland (1)
- Jesus Christus unser Heiland (2)
- Komm, Gott Schöpfer, heiliger Geist
- Komm, Heiliger Geist, Herre Gott
- Mensch, willt du leben seliglich
- Mit Fried' und Freud' ich fahr' dahin
- Mitten wir im Leben sind
- Nun bitten wir den Heiligen Geist
- Nun freut euch, liebe Christen g'mein
- Nun komm, der Heiden Heiland
- Sie ist mir lieb, die werthe Magd
- Vater unser im Himmelreich
- Verleih' uns Frieden gnädiglich
- Vom Himmel hoch, da komm ich her
- Vom Himmel kam der Engel Schar
- Wär' Gott nicht mit uns diese Zeit
- Was fürcht'st du, Feind Herodes, sehr?
- Wir glauben all' an einen Gott
- Wohl dem, der in Gottesfurcht steht
Literatur
- Martin Brecht, Martin Luther. Bd. 1: Sein Weg zur Reformation 1483-1521. Stuttgart 1981; Bd. 2: Ordnung und Abgrenzung der Reformation 1521-1532. Stuttgart 1981 und 1986; Bd. 3: Die Erhaltung der Kirche 1532-1546. Stuttgart 1987.
- Heinrich Fausel, D. Martin Luther. Sein Leben und Werk, 2 Bände, Bd. 1: 1483-1521, Bd. 2: 1522-1546, 1996 ISBN 3-7751-2440-3 (aus Luther-Sicht)
Filme
Weblinks
- Luther beim Projekt Gutenberg-DE
- Luther-Texte im WWW
- Nachweis lateinischer Werke im WWW
- zahlreiche digitalisierte Lutherdrucke
- http://www.luther.de/
- http://www.martinluther.de/
- Eric Till: Luther (Kinofilm)
- http://www.heiligenlexikon.de/index.htm?Literatur/Martin_Luther-95Thesen.html
- http://www.wittenberg.de/seiten/personen/luther.html
- http://www.luther.enet.de/ - Predigttexte Luthers
- http://ursulahomann.de/MartinLutherUndDieJuden/inhalt.html - Martin Luther und die Juden
- http://www.jewishencyclopedia.com/view.jsp?artid=631&letter=L
- http://www.glaubensstimme.de/reformatoren/luther/index.html (Sammlung von ca. 300 Luthertexten)
- http://www.neo-lutheraner.de/ (Zusammenfassung und kritische Würdigung der heiklen Aspekte lutherischer Lehren)
- http://www.acronet.net/~robokopp/luther.html
- http://www.mlg-esa.de/ - Das Martin Luther Gymnasium Eisenach
- http://www.luther-der-film.de/ - Luther, der Film
- http://www.suviseurat.net/static/nopea/files/files.ph%3Fusername=suviseurat&dl&file=/www-sivut/content/HTML-pages/kielet/saksa/de1.html/ Willkommen in der Sommerversammlung!
- http://www.suviseurat.net/static/index.php%3Fsection=nitteet.html