Malcolm X
Malcolm X [] (* 19. Mai 1925 in Omaha, Nebraska; † 21. Februar 1965 in New York City; (geboren als Malcolm Little; nach Absolvierung seiner Pilgerreise nach Mekka (1964) El Hajj Malik el-Shabbaz) war ein US-amerikanischer Führer der Bürgerrechtsbewegung, Mitbegründer des Schwarzen Nationalismus, sozialistischer, panafrikanischer Revolutionär

Politische Biografie
Eltern
Malcolms Mutter, Louise Little, wurde auf Grenada im britischen Westindien geboren. Sie hatte einen weißen Vater. Ihre Mutter starb, als sie noch ein Kind war. Von ihrer Großmutter und Tante wurde sie regelmäßig misshandelt. Als sehr hellhäutige Schwarze fühlte sie sich nirgends zugehörig und wanderte früh nach Kanada aus, wo sie Reverend Earl Little, einen Gelegenheitsarbeiter und Anhänger der Separationsbewegung unter "Marcus Aurelius Garvey", kennen lernte und ihn am 10. Mai 1919 heiratete. Später erfuhr sie, dass er seine frühere Familie verlassen hatte.
Aus der früheren Ehe seines Vaters hatte er noch drei Halbgeschwister. Sie übersiedelten zuerst nach Philadelphia, dann nach Omaha, wo Malcolm als viertes der sieben Kinder geboren wurde. Schon von Geburt an war Malcolm sehr hellhäutig und hatte statt schwarzen rotbraune Haare - ein Erbe seiner Mutter, die ihn deswegen immer wieder benachteiligte, da er sie an ihren eigenen Vater, der sie misshandelte, erinnerte. Sein Vater trat als christlicher Laienprediger für die Rechte der Schwarzen ein, hatte aber privat eine hellhäutige Frau und bevorzugte Malcolm als seinen hellsten Sohn.
Nach mehreren weiteren Umzügen kamen sie 1929 nach Lansing in der Nähe von Detroit im US-Bundesstaat Michigan, wo der Vater sich ein Haus in einer von Weißen bevorzugten Gegend kaufte. Nach einigen Wochen sollte der Verkauf wegen der Hautfarbe der Familie rückgängig gemacht werden, Malcolms Vater wollte dafür vor Gericht gehen, es kam jedoch nicht dazu, weil das Haus infolge von Brandstiftung abbrannte. Als er die Weißen dafür bezichtigte, verhaftete die Polizei ihn dafür.
1931 starb der Vater, als er schwer misshandelt und anschließend von einer Straßenbahn überfahren wurde. Die Umstände wurden nie aufgeklärt, seine Frau war von einem Mord an ihrem Mann überzeugt. Nach dem Tod ihres Mannes trat Louise Little den Adventisten bei. Die Fürsorge kam regelmäßig bei den Little's vorbei. Sie wollten die Kinder bei Pflegeeltern unterbringen, denn sie waren der Meinung, dass Louise sich nicht gut um die Kinder kümmern würde, weil sie den Verstand verliere. Um 1939 wurde Malcolm zu einer Pflegefamilie namens Gohannas gebracht. Louise Little erlitt später einen totalen Nervenzusammenbruch und wurde per Gerichtsbeschluss in ein staatliche Nervenklinik (Kalamazoo) eingewiesen. Daraufhin hatte der Richter McClellan aus Lansing die Vormundschaft über die Kinder der Little's. Louise blieb etwa 26 Jahre in dem selben Krankenhaus. Im Jahr 1963 holten die Kinder ihre Mutter aus der Klinik. Fortan lebte sie bei einem ihrer Söhne und dessen Familie (Philbert Little in Lansing).
Kindheit und Jugend
Die alleinerziehende Mutter erzog ihre Kinder autoritär, nach dem Vorbild ihrer eigenen Erziehung. Seit dem Tod des Vaters litt die Familie unter Armut und Hunger. Dies und die ebenfalls autoritäre Schulerziehung führten dazu, dass Malcolm mit kleineren Diebstählen begann, um sich zu widersetzen. 1939 kam er in ein Heim, nachdem seine Mutter in die Psychiatrie eingewiesen worden war. Zuvor war er über längere Zeit hinweg in einer weißen Familie untergebracht, der er sich mit der Zeit zugehörig fühlte. Dieses Zugehörigkeitsgefühl führte dazu, dass er überrascht und schockiert zugleich war, als er nach seinem Highschool-Abschluss erkennen musste, dass er als Schwarzer nicht die gleichen Möglichkeiten wie seine weißen Mitschüler hatte. Konkret bedeutete dies für ihn, dass er trotz seiner Intelligenz und herausragenden schulischen Leistungen nicht studieren, sondern bestenfalls eine Lehre beginnen konnte. Einer seiner Besuche bei seiner Halbschwester Ella bewegten ihn dazu, 1941 zu ihr nach Boston zu ziehen. Dort verkehrte er, zum Ärger seiner Schwester, im Schwarzenviertel und hielt sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser.
In dieser Zeit änderte er sein Äußeres, um den Weißen noch mehr zu gefallen, was damals der allgemeinen Mode unter den Schwarzen entsprach. Er ließ sich schmerzhaft einen Conk machen (die Haare entkräuseln) und kleidete sich wie sie. Gleichzeitig bewegte er sich im kriminellen Milieu und wurde als "Red" und später als Detroit Red bekannt. Durch einen Job als Kellner in Harlem erwarb er sich Kontakte, fungierte als Drogendealer und Vermittler weißer Kundschaft für Bordelle und begann mit Einbrüchen. Der Einberufung zum Kriegsdienst entging er, weil er einem Psychiater erfolgreich eine psychische Untauglichkeit für den Kriegsdienst vortäuschte. In dieser Zeit begann er Reefers (Marihuana) zu rauchen. 1944 kam er das erste Mal vor Gericht, weil er einen Pelzmantel gestohlen und diesen verkauft hatte. Danach betätigte er sich als Einbrecher.
Haft und Bildung
Anfang 1946 wurde er verhaftet und im Jahr darauf zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt. Der Grund dafür waren Einbrüche, die er zusammen mit einem Jugendfreund aus Bostoner Zeit, einer verheirateten weißen Frau, Sophia, mit der er auch eine Affäre hatte, deren Schwester und einem weiteren "Bekannten" beging. Der Richter sah "Sex mit weißen Frauen" als Hauptanklagepunkt und verurteilte Malcolm und seinen Freund zu je zehn Jahren Zwangsarbeit. Sophia bekam fünf Jahre und wurde nach sieben Monaten auf Bewährung entlassen.
Er kam ins Charlestown-Gefängnis, wo die hygienischen Zustände katastrophal waren. Dort freundete er sich mit einem schwarzen Redner an, der ihn zum Lesen ermutigte. 1948 wurde er verlegt und wurde in einem Brief seines Bruders mit der Nation of Islam in Verbindung gebracht. Nach der Überzeugungsarbeit einiger seiner restlichen Geschwister, die der Nation ebenfalls beigetreten waren, tat er es ihnen gleich. Fortan bekannte er sich zu dem, was von der Nation of Islam als genuin schwarze Kultur betrachtet wurde und seitens der Nation gab man ihm den Namen Malcolm X, da sein Nachname ein Sklavenname und der richtige Name unbekannt sei. Er nahm Sonnenbäder, um dunkler zu erscheinen, eine Maßnahme, die ihm schon seine Mutter verordnet hatte und schor sich den Kopf. Als Autodidakt bildete er sich weiter, vor allem in den Bereichen Philosophie und Geschichte. Bei Debattiergruppen im Gefängnis schulte er seine Rhetorik. Die Zeit im Gefängnis nutzte er sehr intensiv für das Studium. Ein Beispiel dafür ist auch, dass er gezielt ganze (Fremdwörter-) Lexika und andere Wörterbücher las und abschrieb, und das bei jeder Gelegenheit.
Ende 1952 wurde er vorzeitig entlassen, geriet aber wieder in die Gefahr, verhaftet zu werden, als er erneut den Militärdienst (zur Zeit des Korea-Kriegs) verweigerte. Er wurde jedoch aufgrund seiner Religion offiziell als Kriegsdienstverweigerer anerkannt. Den Ersatzdienst umging er wieder mit dem Attest eines Psychiaters.
Nation of Islam
Nach seinem Umzug nach Detroit lernte er Elijah Muhammad kennen, den Führer der Nation of Islam (kurz: NoI), der ihm zu einem Ersatzvater wurde. Bald darauf leitete Malcolm X als Vertrauter Muhammads den Harlemer Tempel und etablierte sich als einer der Wortführer der Organisation. Diese Position erreichte er durch sein außergewöhnliches Engagement und seinen grenzenlosen Einsatz für die NoI. Er nutzte alle Mittel, um möglichst viele Schwarze zu erreichen - zum Beispiel ging er in die Schwarzenviertel der Großstädte und sprach im Jugendslang zu den Bewohnern, wodurch er leicht einen Zugang zur Straßenszene bekam und dort viele Anhänger für die Nation of Islam gewann. Diese Organisation verbreitete die Ansicht, dass die Schwarzen das auserwählte Volk Gottes und die Weißen minderwertig seien. Genauer gesagt wurde die weiße "Rasse" als Schöpfung des Teufels angesehen, die alle schlechten Eigenschaften in sich vereine und die schwarzen Menschen unterdrücke. Zugleich betonte die NoI die angebliche Vormachtstellung des Mannes und das Übel von Alkohol, Drogen und außerehelichem Sex. Außerdem forderte die Nation unbedingte Unterordnung nicht nur unter ihre Autorität, sondern auch unter die Gesetze, soweit diese nicht gegen die Regeln der NoI verstießen.

1958 heiratete Malcolm X Betty Jean Sanders, die als Pflegerin für die Organisation arbeitete. Im Laufe ihrer Ehe bekamen sie sechs Kinder, allesamt Töchter: Attallah (* 1958); Qubilah (* 1960); Ilyasah (* 1962); Gumilah (* 1964) und die Zwillinge Malaak and Malikah, die 1965 nach der Ermordung ihres Vater zur Welt kamen. Es scheint, dass Malcolm dringender als eine Tochter einen Sohn haben wollte, denn er benannte seine Töchter nach "großen" Männern; nach Attila dem Hunnen (Attallah), Kublai Khan (Qubilah), Elijah Muhammad (Ilyasah) und dem kongolesischen Revolutionär Lumumba (Gamilah Lamumbah).
The Big X
Als nationaler Sprecher der NOI wird Malcolm X nicht müde den Rassismus der weißen Gesellschaft anzuprangern. Durch ihn artikuliert sich der kompromißlose Aufschrei der jahrhundertelang Ausgebeuteten und Mißhandelten. Er hält der weißen Gesellschaft einen Spiegel vor, in dem sie ihren eigenen Hass wiedererkennt. Immer wieder zeigt er die Zusammenhänge zwischen US-Geschichte und der Versklavung der AfrikanerInnen auf. Die Weißen seien schon deshalb "Teufel", weil sie jederzeit als solche handelten. Sie lynchen SChwarze und predigen, den Schwarzen gegenüber "Gewaltlosigkeit". Sie geben ihnen die miesesten Jobs und erklären Schwarze taugen zu nichts anderem. Sie verhindern die Bildung der AfroamerikanerInnen und mokieren sich über deren Analphabetismus. Sie reden liberal und handeln rassistisch. Dies ist die Zeit der des Beginns der Bürgerrechtsbewegung unter Martin Luther King und Malcolm X ist ihr radikalster Kritiker und Wortführer zugleich. Kings gewaltlose Integrationsstrategie ist besonders unter den Schwarzen aus den ländlich geprägten Südstaaten und innerhalb der kleinen schwarzen Mittelschichten stark, die in der Mehrheit ein Ende der "Rassentrennung" und einen fairen Anteil am "American Dream" erlangen wollen. Für sie ist der Norden vielfach immer noch so etwas wie das "Gelobte Land". Sie hegen die Hoffnung, endlich von den Weißen akzeptiert zu werden. Ganz anders Malcolm X. Er kennt die Großstadtslums im Norden, ist in ihnen als "Detroit Red" groß geworden. Malcolm spricht für die afro-amerikanischen Slum-BewohnerInnen des Nordens, die keine Hoffnung mehr in weiße "Liberale" setzen, weil sie auf ihrem Weg von den Plantagen in die Gettos erfahren haben, daß es auf Seiten der Weißen keinen Raum für ihren Fortschritt gibt. Kings christlich-gewaltloser Ansatz ist für den Malcolm der X-Phase nur ein weiterer Versuch von den Weißen, die ihre Unwilligkeit bereits zur Genüge demonstriert hätten, Gerechtigkeit zu erbetteln. Entsprechend ist King für ihn ein "Onkel Tom", der, ganz anders als die rebellischen "FeldsklavInnen", nur ein weiterer den Weißen dienstbarer "Haussklave" (Onkel Tom spielt an auf den servilen Haussklaven in Harriet Beecher-Stoves Roman, Onkel Toms Hütte). King mochte "einen Traum" haben den viele Schwarze teilten; Malcolm sah den gegenwärtigen Alptraum aller. 400 Jahre weißer Terror hätten hinreichend deutlich gemacht, daß die Weißen keine Kompromisse wollten, und daß das Gerede von gleichberechtigung nichts als Heuchelei. Die Schwarzen sollen gewaltlos bleiben, sich nicht verteidigen, während der KuKluxKlan ihre Kinder massakriert? Malcolm X hält derartige Aufforderungen für ein Verbrechen. Für ein kollektives Verbrechen der Weißen (und ihrer Schwarzen `Onkel Toms`)an seinem Volk. Die Weißen wählten wieder und wieder die Sprache der Gewalt, also müßten die Schwarzen beginnen, "ihre Sprache zu sprechen", um verstanden zu werden. Die Afro-AmerikanerInnen sollten endlich aufstehen und tun, was auch immer nötig sei, um sich selbst zu verteidigen, "by any means necessary". Um Ihr Selbstbewußtsein zu erwecken, müßten die Afro-AfrikanerInnen sich ihre eigene, von den Weißen verfälschte Geschichte neu aneignen. Die weiße Geschichtsschreibung hätte die Afro-AmerikanerInnen das Image angedichtet, unterwürfig, dumm, harmlos und ignorant zu seinund sie dadurch "psychologisch kastriert". Die Schwarzen hätten aber immer Widerstand geleistet, z.B. durch bewaffnete Aufstände gegen die Sklaverei. Die weiße Lüge, Afrika sei lediglich ein wilder Dschungel und die Schwarzen seien erst durch sie zivilisiert worden, hätte einen ähnlichen Effekt gehabt. Dieser ideologische Unsinn müsse hinweggefegt und die "Neger" (wie sie damals auch in ihren eigenen Reihen genannt wurden) müßten beginnen, sich sich zugleich als AfrikanerInnen und als AmerikanerInnen, als Afro-AmerikanerInnen, zu sehen.
Die politische Debatte um Malcolm X und die Nation of Islam
Die NOI und vor allem Malcol X als ihr Aushängeschild wurde in den Medien zum Feindbild der weißen Nation stilisiert. Insbesondere Malcolm sein ein gewalttätiger "Hass-Prediger", ein "schwarzes Monster". Zwar ist dieser Vorwurf leicht zu widerlegen - es ging Malcolm X um Selbstverteidigung - um das Recht der Schwarzen auf Notwehr, eine Gesamtbeurteilung der NOI muss trotzdem ambivalent ausfallen. Die Betonung einer eigenständigen, kämpferischen afro-amerikanischen Geschichte, der Stolz, den die "Schwarzen Muslime" mit ihrem Schwarz-Sein verbanden, ihre Kompromißlosigkeit und Radikalität machten sie zu einem wichtigen Ansprechpartner für die wachsende Ungeduld und Wut der afro-amerikanischen Getto-Jugend. Die NOI und mit ihr Malcolm X trug mit diesem Ansatz des "Schwarzen Nationalismus" sicherlich ganz wesentlich zur "Black-Power-Bewegung" der 60er Jahre bei, war gewissermaßen ihr Vorläufer. Andererseits war die NOI kein bruchloses Vorbild; auch Oppositionsbewegungen gegen Rassismus richten sich nur selten nach harmonischen Wunschbildern. So war und ist die NOI sexistisch: Währedn die Männer die Macher sind, werden die Frauen rigoros auf ihren vermeintlich "natürlichen" Platz als Hausfrau und Mutter verwiesen und hierauf in eigenen Kursen gezielt vorbereitet. Sie können in der NOI keine wichtigen Funktionen übernehmen und auch der Fruit of Islam der Selbstverteidigungsorganisation der Schwarzen Muslime nicht beitreten. Kein Wunder also, daß die NOI bis heute vorrangig aus Männern besteht. Die interne Hierarchie angeführt vom "Botschafter Allahs" Elijah Muhammad (heute von seinem Nachfolger Louis Farrakhan), war kompromisslos. Diese Struktur wurde vom Charakter als Religionsgemeinschaft (die nicht in allen Punkten dem orthodoxen Islam entspricht) ebenso befördert, wie konkrete real politische Protestaktionen gebremst wurden. Zudem unterhielt die NOI fragwürdige Verbindungen zu weißen Befürwortern der Rassentrennung und dem KuKluxKLan. Und schließlich, so behaupten bis heute manche sei die NOI rassistisch. Sicherlich - die "Schwarzen Muslime" sagen, daß die Weißen eine "Teufelsrasse" und die Schwarzen ihnen von Natur aus überlgen seien. Aber kann deshalb von Rassimus gesprochen werden? Dieser (zugegebenermaßen krasse) Biologismus ist aus zwei Gründen kein "Rassismus": Erstens ist er "nur" die Reaktion auf 400 Jahre weißen Biologismus und Rassismus. Und zweitens ist Rassismus vor allem immer von der Macht abhängig, die eigene Interpretation der Wirklichkeit auch allgemeingültig durchzusetzen (und da sind die Möglichkeiten der NOI historisch und aktuell beschränkt). Wenn mensch die gesellschaftlichen Machtverhältnisse auf eine biologistische Geisteshaltung reduziert, dann war und ist die NOI rassistisch. Dieser Idealismus soll hier unterbleiben. Ohne Macht und Ausbeutung kein Rassismus - kein Rassimus ohne gesellschaftliches Herschaftsverhältniss!
Aufstieg und Bruch mit der NoI
Mit dem Wachsen der NoI, für welches auch Malcolm X als wichtiger Tempelleiter eine große Rolle spielte, wuchs der Reichtum von Muhammad und seiner Familie. Stimmen wurden laut, die Muhammad Korruption und Bereicherung vorwarfen. Er tätigte um des Geldes Willen auch Geschäfte mit radikalen weißen Gruppierungen. Malcolm X ignorierte diese Entwicklung, indem er die Vorwürfe als Gerüchte abtat. Nachdem Malcolm X die Ermordung John F. Kennedys folgendermaßen kommentierte: "a case of chickens coming home to roost" (Redewendung, bedeutet in etwa: "Eigene Taten fallen auf einen selbst zurück"), wurde er im Dezember 1963 von der Nation of Islam mit einem 90-tägigen Redeverbot belegt. Als Elijah Muhammad den für verwerflich gehaltenen außerehelichen Sex praktizierte (mit der Erklärung, er müsse die Sünden aller Propheten als letzter der Propheten wiederholen), distanzierte Malcolm X sich zusehends von seinem Ziehvater und brach im März 1964 endgültig mit der Nation of Islam.
Pilgerfahrt - Malcoms letztes Jahr
Er unternahm eine Pilgerfahrt nach Mekka, das Geld dafür lieh er sich von der Stiefschwester. Die Einigkeit aller Völker und Rassen auf der Hadsch beeindruckte ihn so sehr, dass er seine rassistische Einstellung überdachte. Er wechselte erneut seinen Namen, diesmal in Malik el-Shabbaz und schloss sich dem sunnitischen Zweig des Islam an. Daraufhin gründete er seine eigene Moschee. Gleichzeitig initiierte er die Organisation für die afroamerikanische Einheit, deren Ziel die Selbstbestimmung der Schwarzen war. Im Gegensatz zu seiner Linie zur Zeit in der Nation of Islam war er jetzt auch bereit, die Unterstützung und Hilfe der Weißen anzunehmen und anzuerkennen, und wollte ihnen nach einer Etablierungsphase seiner Organisation auch das Recht auf Mitgliedschaft anerkennen. Außerdem wandte er sich mit der Abkehr von der Nation of Islam auch von der durch sie gepredigten Gewaltbereitschaft ab. Auf seinen Reisen durch die Welt versuchte er die sozialistische Revolution der Schwarzen bekannt zu machen und um Unterstützung zu werben.
Vorträge und Tod
Am 7. Juni 1964 gab er im Audubon Ballroom in New York bekannt, dass Elijah Muhammad nicht weniger als sechs nach den Moralvorstellungen der Nation of Islam „illegitime“ Kinder habe. Am 12. Juni wiederholte er diese Aussage in einem Bostoner Radiosender. Seit dem 16. Juni 1964 stand er wegen anonymer Drohungen unter Polizeischutz.
Am 21. Februar 1965 hielt er in Harlem (wieder im Audubon Ballroom) einen Vortrag, als zwei Zuhörer in Streit gerieten und die Ordner von ihm ablenkten. Eine Rauchbombe explodierte. In dem darauf folgenden Durcheinander wurde Malcolm X erst von einem Schuss aus einer abgesägten Schrotflinte und dann von 16 aus zwei verschiedenen Waffen abgefeuerten Kugeln getroffen und getötet.
Alle drei Attentäter waren angebliche Mitglieder der Nation of Islam. Einer von ihnen, Talmadge Hayer, wurde angeschossen, noch am Tatort gefasst und beinahe gelyncht. In der Mitgliederzeitschrift „Muhammad Speaks“ hatten Büttel von Muhammad den Lesern Gewalt gegen Malcolm nahegelegt. Eine Woche vorher war in Malcolms Wohnung mit einem Molotow-Cocktail Feuer gelegt worden.
Einfluss
Der Einfluss von Malcolm X' Ansichten auf die Schwarzenbewegung spiegelte sich in der Gründung der Black Panther Party for Self-defence im folgenden Jahr (1966) wieder.
Zitate
- "Ich halte es für ein Verbrechen, wenn jemand, der brutaler Gewalt ausgesetzt ist, sich diese Gewalt gefallen lässt, ohne irgendetwas für seine eigene Verteidigung zu tun. Und wenn die 'christliche' Lehre so auszulegen ist, wenn Gandhis Philosophie uns das lehrt, dann nenne ich diese Philosophie kriminell."
- "Gandhi war ein großer, dunkler Elefant, der auf einer kleinen, weißen Maus saß. King ist eine kleine, dunkle, schwarze Maus, die ganz oben auf einem großen, weißen Elefanten sitzt."
- "Wenn du nicht bereit bist, dafür zu sterben, dann streiche das Wort 'Freiheit' aus deinem Vokabular." (28. November 1962)
- "Ich bin kein Rassist. Ich bin gegen jede Form von Rassismus und Ausgrenzung, jede Form von Diskriminierung. Ich glaube an die Menschen, und dass alle menschlichen Wesen als solche respektiert werden sollten, ungeachtet ihrer Hautfarbe." (Interview, Januar 1965)
- "Man kann kein kapitalistisches System betreiben, wenn man kein Geier ist; man muss das Blut von jemand anderem saugen, um Kapitalist zu sein." (Rede vom 20. Dezember 1964)
- "Man kann keinen Kapitalismus haben ohne Rassismus." (Rede vom 29. Mai 1964)
- "Wir erklären unser Recht auf dieser Erde [...] ein menschliches Wesen zu sein, als solches respektiert zu werden, und die Rechte eines menschlichen Wesens in dieser Gesellschaft zu besitzen, auf dieser Erde, an diesem Tag, das werden wir durchsetzen - mit allen nötigen Mitteln..." ("Message to the Grass Roots" vom 10. November 1963)
- "Wir sind nicht auf Plymouth Rock gelandet, Plymouth Rock ist auf uns gelandet..."
Literatur
- The Autobiography of Malcolm X, 1965 ISBN 0345350685 (dt.: Malcolm X, Die Autobiographie ISBN 3926529148)
- Martin Luther King / Malcolm X, 2000 ISBN 3596146623, von Britta Waldschmidt-Nelson
Verfilmung
Malcolm X' Leben wurde 1992 von Spike Lee mit Denzel Washington in der Hauptrolle verfilmt.
Weblinks
- Vorlage:PND
- Offizielle Website über Malcolm X (engl.)
- malcolm-x.org (engl.)
- Biografie über Malcolm X
- Biografie über Malcolm X auf deutsch, sehr ausführlich
- Mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln - Biographischer Artikel im Freitag
- Ausführliche Biografie mit Hintergrundinformationen
- Eintrag der Encyklopædia Britannica (engl.)
- Vorlage:IMDb Titel (Regie: Spike Lee, in den Hauptrollen: Denzel Washington und Angela Bassett)
| Personendaten | |
|---|---|
| NAME | Malcolm X |
| ALTERNATIVNAMEN | Little, Malclom (Geburtsname); El Hadjj Malik El Shabazz |
| KURZBESCHREIBUNG | US-amerikanischer Führer der Schwarzenbewegung |
| GEBURTSDATUM | 19. Mai 1925 |
| GEBURTSORT | Omaha, Nebraska, USA |
| STERBEDATUM | 21. Februar 1986 |
| STERBEORT | New York City, USA |