Die Süßgräser (Poaceae = Gramineae Jussieu nom. cons.), zuweilen auch einfach Echte Gräser genannt, sind eine weltweit in allen Klimazonen verbreitete Vorlage:Familia der Bedecktsamigen Pflanzen. Mit etwa 10.000 Vorlage:Speciesen in mehr als 650 Vorlage:Genusen ist diese Vorlage:Familia eine der größten, zwar nicht arten- aber individuenreichsten Familien innerhalb der Blütenpflanzen.
Süßgräser | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Poaceae | ||||||||||||
(R.Br.) Barnhart |




Die Süßgräser sind eine Pflanzenfamilie mit seit Alters her für den Menschen herausragender Bedeutung. Alle Getreide wie Weizen, Roggen, Gerste, Hafer, Hirse, Mais und Reis zählen zu dieser Pflanzengruppe. Sie stellen heute die Basis für die Ernährung der Weltbevölkerung dar. Indirekt sind sie als Viehfutter für die Versorgung von Nutztieren wichtig. Etwa ein Fünftel der Vegetation der Erde besteht aus Gräsern[1]. In Form von Gras- oder Grünland wie Wiesen und Weiden aber auch Steppen, Savannen, Prärien und Tundren prägen sie in weiten Teilen der Welt das Landschaftsbild.
Verbreitung und Standorte
Süßgräser sind weltweit verbreitet. Sie kommen von den Meeresküsten bis ins Hochgebirge, vom Äquator bis jenseits der Polarkreise in nahezu allen Pflanzenformationen vor. Sie besiedeln Standorte sehr großer ökologischer Bandbreite. Sie wachsen sowohl auf dauernassen bis extrem trockenen Böden als auch in sehr heißen bis arktisch kalten Klimaten. Man findet Süßgräser flutend in Gewässern, bestandsbildend in Röhrichten, auf wechselfeuchten wie auch trockenen Böden, an Straßenrändern, an Böschungen, auf Felsen, selbst Schotterflächen und Mauerkronen werden besiedelt. Die Familie der Süßgräser deckt gewissermaßen alle denkbaren Standorttypen ab, wobei die einzelnen Arten ihre jeweils eigenen Vorzugsbereiche besiedeln. Etliche Pflanzengesellschaften werden im Wesentlichen durch Gräser aufgebaut. Prärien, Steppen, Savannen, Pampas und Tundren, aber auch Wirtschaftswiesen und -weiden sind die landschaftsprägenden natürlichen sowie unter menschlichen Einfluss entstandenen Grasländer aller Kontinente, in denen Bäume und Sträucher zurücktreten oder ganz fehlen.
Lebenszyklus und Morphologie
Süßgräser umfassen sowohl kurzlebige als auch sehr langlebige Arten. Sie weisen eine charakteristische Morphologie sowohl der vegetativen als auch der generativen Organe auf mit einem gemeinsamen Grundbauplan der verschiedenen Arten aber innerhalb der Unterfamilien, Tribus und Gattungen deutlicher taxonspezifischer Abwandlungen der Merkmale. Gräser sind meist schlankwüchsig und verfügen über lange, dünne, durch Knoten gegliederte Halme, parallelnervige, lange Blätter und oft unauffällige, einfache Blütenstände.
Lebensformen und -dauer
Unter den Süßgräsern gibt es Therophyten, Hemikryptophyten, Geophyten und Chamaephyten. Viele Arten sind einjährig und schließen ihren gesamten Lebenszyklus in einer Vegetationsperiode ab. Sie leben meist nur wenige Monate und überdauern die ungünstige Jahreszeit als Samen im Boden. Sie sind sogenannte Therophyten. Hemikryptophyten verfügen über bodennahe Erneuerungsknospen und überdauern ungünstige Zeiten geschützt durch den Boden, Laubstreu oder Schnee. Dazu gehören Zweijährige Arten, die im Laufe des Sommers oder Herbstes keimen und erst im folgenden Jahr Früchte und Samen bilden ebenso wie ausdauernde oder mehrjährige Arten, die wenige oder viele Jahre leben. Sie besitzen überwinterungsfähige Horste oder Rosetten. Die Individuen einer Generation ausdauernder Arten können bis zu 100 Jahre alt werden, so zum Beispiel der Gewöhnliche Strandhafer (Ammophila arenaria). Die Gemeine Quecke (Elymus repens) ist ein Beispiel dafür, dass sich Gräser aus Rhizomfragmenten erneuern können (Rhizom-Geophyten)[2]. Die meisten Arten sind krautig; deren einzelnen Halme sterben nach etwa einem Jahr Lebensdauer ab. Ausnahmen bilden holzige Bambus-Arten (Bambuseae), deren Triebe dickwandig und fest sind und mehrere Jahrzehnte ausdauern können (Chamaephyten).
Wuchsformen und Wurzeln
Etliche Süßgräser sind zart gebaut und wenige Zentimeter groß (z.B. Poa annua). Andere Arten haben holzige Halme und erreichen Wuchshöhen bis zu 40 Metern wie beispielsweise die Bambus-Art Dendrocalamus brandisii. Ein- und zweijährige Arten haben gewöhnlich einzelne oder wenige Triebe in lockeren Büscheln mit weicheren Blättern. Bei diesen Süßgräsern tragen alle oder die meisten der Triebe Blütenstände. Die ausdauernden Arten bilden in den meisten Fällen festere Triebe und Blattspreiten und bilden neben blühenden Trieben eine größere oder kleinere Anzahl an nicht blühenden Halmen. Sie wachsen in lockeren oder dichten Horste oder rasenförmig. Letztere Wuchsform ergibt sich, indem sich die Pflanzen entweder über mehr oder weniger lange, oberirdisch kriechende, grünliche oder rötliche Triebe, sogenannte Stolonen (z.B. Agrostis stolonifera) oder über unterirdische, weiße oder braune Ausläufer, sogenannte Rhizome ausbreiten (z.B. (Agropyron repens). Außer an der Farbe lassen sich die beiden Typen von Ausläufern daran unterscheiden, dass Stolonen an jedem Knoten (Nodus) über vollständige Blätter mit Blattscheide und Blattspreite verfügen, Rhizome dagegen an diesen Punkten lediglich kleine, dünne schuppenförmige Blätter (Niederblätter) entwickeln. Bei horstwüchsigen Arten bilden sich nur sehr kurze Ausläufer oder aus den Knospen junger Triebe entwickeln sich innerhalb der sie umgebenden Blattscheiden neue aus dieser hochwachsende Halme (intravaginal) (z. B. Festuca ovina). Auf diese Weise entstehen durch die gedrängt stehenden Stängel die typischen büscheligen Wuchsform vieler Gräser. Wachsen die Triebe bodennah aus einer Knospe, die untere Blattscheide durchstoßend heraus (extravaginal), ist der Aufwuchs meist locker-horstiger oder rasenförmig (z.B. Festuca rubra). Die meisten Süßgräser sind Flachwurzler; sie bilden keine Haupt- und Pfahlwurzeln. Am Stängelgrund und an den Knoten der Ausläufer werden zahlreiche sproßbürtige Wurzeln gebildet, welche ihrerseits Seitenwurzeln 1. und 2. Ordnung entwickeln können. Auf diese Weise können Wurzelsysteme von beachtlicher, manchmal mehrerer Kilometer Länge entstehen.
Halme und Blätter
Den Stängel bzw. die Triebe der Süßgräser werden als Halme bezeichnet. Diese sind meist hohl und rund. Nur wenige Grasarten besitzen markige Stängel. Diese sind durch Knoten gegliedert, welche mit Gewebe gefüllt sind. Genau betrachtet ist allerdings nicht der Halm verdickt, sondern die Basis der Blattscheiden. Die Abschnitte zwischen den Nodien heißen Internodien. Die Internodien sind meist hohl, was dem Sproß eine hohe Biegefestigkeit bei gleichzeitig großer Stabilität verleiht. Unmittelbar oberhalb der Knoten liegen die Wachstumszonen. An diesen Stellen setzen die faserigen Verstärkungselemente, welche den Halmen zusätzliche Stabilität und Zugfestigkeit verleihen, aus.
Die Halme der Süßgräser können entweder senkrecht hochwachsen, von einem gebogenen Grund aufsteigen oder gänzlich am Boden niederliegend wachsen. Die Halme variiren in Größe, Festigkeit und Zahl der Knoten. Sie sind meist im Querschnitt zylindrisch, selten etwas zusammengedrückt. Bei einigen Süßgrasarten sind die untersten Internodien mehr oder weniger angeschwollen und verdickt. Die Halme etlicher Gräser sind unverzweigt, bei einigen Arten bilden sich von Knospen in den Blattachseln ausgehend Seitenzweige. Die Beblätterung der Halme ist bei Süßgräsern immer wechselständig und fast ausnahmslos zweizeilig (distich) - im Gegensatz zur dreizeiligen Beblätterung der Sauergräser (Cyperaceae).
Die Blätter der Süßgräser bestehen immer aus zwei verschiedenen Abschnitten: die Blattscheide und die Blattspreite. Die Blattscheide setzt am Knoten an und umschließt das Internodium bis fast zum nächsten Halmknoten. Die Scheiden sind bei der Mehrzahl der Gräser an einer Seite offen. Bei wenigen Grasarten sind die Ränder verwachsen und damit die Blattscheiden röhrig geschlossen, wenngleich sie früh im oberen Bereich aufreißen. Während die basalen Blattscheiden die Wachstumspunkte der jungen Triebe schützen, bewahren jene an den Halmen die Wachstumszonen oberhalb der Knoten und sorgen für zusätzliche Stabilität. Der obere Teil der Blattscheiden kann bauchig aufgeblasen sein. Die Vorderseite des Blattscheidenendes kann in mehr oder weniger spitze meist stängelumfassende Öhrchen ausgezogen sein oder Büschel von Haaren tragen.
Die Blattscheide geht am oberen Ende in die vom Halm abstehende Blattspreite über. Diese ist flach, gerollt oder gefaltet; stets länglich und mehr oder weniger spitz zulaufend. Sie zeigt eine kennzeichnende Parallelnervatur einkeimblättriger Pflanzen. Jeder Blattnerv entspricht einem Leitbündel, die dem Stofftransport und der Aussteifung der Blattfläche dient.
Am plötzlichen Übergang von der Blattscheide zur Blattspreite sitzt bei den meisten Arten ein häutiges Anhängsel, das Blatthäutchen (Ligula), es erscheint meistens als häutiger, farblos durchscheinender Fortsatz der Oberhaut auf der Innenseite der Blattscheide und stellt eine Verlängerung der inneren Epidermis der Blattscheide dar. Es schützt vor Verletzungen durch Reibung des sich beim Wind hin und her bewegenden Halmgliedes sowie vor dem Eindringen von Schmutz und Parasiten in den Raum zwischen Halm und Scheide. Wegen seiner Gestaltungsvielfalt ist das Blatthäutchen für die Artbestimmung hilfreich. Es ist behaart oder unbehaart, kragenförmig, zugespitzt, langgezogen, sehr kurz oder sehr lang. Teilweise ist das Blatthäutchen durch eine Reihe von Haaren ersetzt, selten fehlt es ganz.
Blütenstände und Blüten
Die Blütenstände (Infloreszenzen) der Süßgräser bestehen aus einer Vielzahl an Teilblütenständen, seltener Einzelblüten, welche in Ähren, Rispen und Trauben an einer Blütenstandsachse (Rhachis spicae) angeordnet sind. Die Teilblütenstände werden als Ährchen bezeichnet. Sie bestehen ihrerseits aus ein- bis mehreren in der Regel zweigeschlechtigen Blüten. Sitzen die Ährchen ungestielt direkt an der Blütenstandsachse spricht man von einer Ähre. Bei Fingergräsern befinden sich mehrere Ähren am Halmende in fingerartiger Anordnung. Sogenannte Kolben entstehen durch Abwandlungen von Ähren durch Vergrößerung des Achsengewebes. In Trauben befinden sich die Ährchen an unverzweigten Stielen. Die Ährchen können alle in die gleiche Richtung weisen (einseitswendig) oder sich in zwei Reihen an gegenüberliegenden Seiten der Achse befinden. Sind die Seitenästen einseits- oder allseitswendig verzweigt, handelt es sich um Rispen. In Ährenrispen sind die Seitenäste so kurz, dass die Blütenstände äußerlich wie Ähren erscheinen. Erst beim Umbiegen einer solchen Ährenrispe werden die tatsächlichen Verzweigungsmuster erkennbar.
Süßgräser zeichnen sich durch eine charakteristische Reduzierung der Blüten aus. Die Ährchen werden am Grunde von einer inneren und einer äußeren Hüllspelze (Gluma), die auch miteinander verwachsen sein können, eingefasst. Oberhalb davon stehen ein oder mehrere Blüten, jede mit einer Deck- (Palea inferior, engl. lemma) und Vorspelze (Palea superior). Die Hüllspelzen können als Tragblätter des Teilblütenstandes, die Deckspelzen als Tragblätter der Einzelblüten aufgefasst werden. Die Spelzen variieren in ihrer Form und Größe sehr stark. Die beiden Hüllspelzen können gleich oder verschieden gestaltet sein. Die Deckspelzen sind vielförmiger gestaltet. Sie können an den Enden spitz, stumpf oder verschiedenartig gezähnt sein. Sie sind auf dem Rücken gerundet, zusammengedrückt oder gekielt. Die Mittelrippe kann in einen Stachel oder eine Granne verlängert sein.
Die Blüten bestehen aus einer Vorspelze und zwei, selten drei, zuweilen an den Rändern verwachsene Schwellkörperchen (Lodiculae), durch deren Anschwellen die Spelzen geöffnet werden. Es sind ferner meist drei, selten sechs, zwei oder nur ein Staubblatt (Stamina) vorhanden, von denen jedes einen Stiel (Filament) und einen den Pollen tragenden, zweiteiligen Staubbeutel (Anthere) trägt. In jeder Blüte gibt es schließlich einen runden, aus zwei oder drei Fruchtblättern verwachsenen, oberständigen Fruchtknoten (Ovarium). Dieser verfügt an seiner Spitze über einen Stempel (Pistillum), welcher seinerseits auf kurzen Stielen ein, zwei oder selten drei fedrige Narbenäste (Stigmae) trägt. Der Fruchtknoten enthält die Samenanlage, welche mit Fruchtknotenwänden zu einer Einheit, die Karyopse verwächst.
Bei manchen Arten enthalten einige Blüten nur männliche Organe oder sind völlig steril. Ferner sind etliche Arten verschiedenährig, d.h. die Blüten mit nur weiblichen und nur männlichen Organen befinden sich getrennt in verschiedenen Blütenständen des selben Grasindividuums (einhäusig) (z.B. Mais). Andere Arten wiederum sind zweihäusig, d.h. die Geschlechter befinden sich getrennt in den Blütenständen verschiedener Individuen einer Grasart (z.B. Pampasgras).
Früchte und Samen
Die Frucht ist in der Regel eine Karyopse, eine Sonderform der Nussfrucht. Während der Reifezeit verwächst die Fruchtwand (Perikarp) mit der Samenschale (Testa) zu einer einsamigen, trockenen Schließfrucht. Die ausgereiften, meist als Körner bezeichneten Früchte der Gräser sind in ihrer Gestalt und ihrem Aufbau charakteristisch. Die ehemalige Bauchnaht des Fruchtknotens erscheint auf einer Flanke des Korns als tiefe Furche. Am Grund der Korn-Rückenseite befindet sich eine schildförmige, etwas unsymmetrische Scheibe. Darunter liegt dem Endosperm seitlich anliegend die Keimpflanze (Embryo). Sie verfügt bereits über deutlich erkennbare Wurzel- und Sprossanlagen. Unterhalb der Fruchtwand und der Samenschale liegt die eiweißreiche Aleuronschicht. Darunter folgt das den restlichen Samen ausfüllende stärkereiche Nährgewebe, das Endosperm. Die Stärke und die Proteine dienen dem Embryo als Starthilfe für die Keimung, bevor es sich durch Photosynthese selbst versorgen kann. Die Karyopse ist meistens in Deckspelzen und Vorspelzen eingeschlossen. Seltener sind die Früchte Beeren, so bei einigen Bambus-Arten, mit einem saftigen oder feischigen Perikarp.
Biologie/ Ökologie
Generative Vermehrung
Alle Süßgräser sind windblütig (anemogam). Die starke Reduzierung der Blüten ist eine Anpassung an diese Form der Bestäubung. Gräser können auf auffällige Formen und Farben der Blüten und auf ein Nektarangebot zur Anlockung von Tieren verzichten. Die passive Pollenübertragung über den Wind und Luftströmungen erfolgt dabei weit weniger gezielt als bei der Tierbestäubung. Diesen Mangel gleichen die Windblütler mit der Massenproduktion von Blütenstaub aus. Dies führt während der Blütezeit zu regelrechten Staubwolken, die garantieren, dass zumindest ein kleiner Teil des Pollens seinen Bestimmungsort, die weiblichen Narben, erreicht. Beispielsweise bildet der Roggen pro Ähre etwa vier Millionen Pollenkörner; eine einzelne Blüte bis zu 57.000[3]. Eine große Blütenhülle wäre bei der Pollenverbreitung nur hinderlich. Die Lodiculae schwellen durch Wasseraufnahme an und drängen die Spelzen auseinander. Die Grasblüte öffnet sich. Die Filamente sind lang und dünn und lassen die Staubbeutel frei aus der Blüte heraushängen. Der Wind kann auf diese Weise ungehindert den trockenen, nicht verklebten und sehr leichten Pollen herausstragen. Die Fruchknoten tragen gefiederte und dadurch mit großer Oberfläche versehene Narben, die den Pollen gewissermaßen wieder aus Luft herauskämmen können. Die Effizienz dieser Form der Pollenverbreitung wird durch das Herausheben der Blütenstände über die Ebene des Blattwerkes sowie durch eine hohe Individuendichte der Graspflanzen verstärkt.
Eine Sonderformen der geschlechtlichen Ausbreitung ist die echte Viviparie, bei der die Samen schon auf der Mutterpflanze auskeimen.
Vegetatives Wachstum und Regeneration
Bei der unechten Vivparie werden keine Samen gebildet, sondern die Apikalmeristeme, an der Spitze gelegene Bildungsgewebe, produzieren vegetative Bildungen wie Brutknospen (Bulbillen) oder erbgleiche Tochterpflanzen. Ein bekanntes Beispiel ist das Alpen-Rispengras (Poa alpina). Bei diesem Gras entwickeln sich im Blütenstand anstelle von Samen grüne Pflänzchen, die abfallen und als Diasporen dienen.
Gräser sind aufgrund der geschützten Lage ihrer Blattwachstumszonen und Nebentriebknospen zur raschen Erholung von Verbiss und Mahd befähigt.
Bedeutung
Ökologische Funktionen und Bedeutung
Die dauerhaften, mehr oder weniger geschlossenen Grasbestände erfüllen vielfältige ökologische und biologische Aufgaben. Sie verhindern vor allem durch ihr dichtes und eng vernetztes Wurzelsystem die Abtragung der Bodenschicht durch Wind und Wasser (Erosion). Sie erzeugen durch ihr Wurzelwerk einen hohen Gehalt an organischer Substanz im Boden und tragen so zur Humusbildung bei. Grasländer beherbergen und ernähren eine artenreiche und vielfältige Tierwelt: eine Vielzahl von Insekten, Spinnen, Vögel und zahlreiche im Boden lebende Tiere, nicht zuletzt Großsäuger wie jene der großen Tierherden in den afrikanischen Savannen. Schätzungen gehen von einer Produktion von Biomasse von 15 bis 20 Tonnen Trockengewicht pro Quadratkilometer in Grasländern aus. Jene von Wäldern der gemäßigten Zone umfasst dagegen nur etwa 1 Tonne Trockengewicht pro Quadratkilometer.[3]
Nutzung und Bedeutung für den Menschen
Unter den Süßgräsern befinden sich die wichtigsten Nahrungspflanzen des Menschen, es sind die Getreide wie: Reis, Mais oder Weizen. Große Bedeutung haben die Süßgräser außerdem als Futtermittel für Weidevieh.
Bekannte Nutzpflanzen
- Bambus (Bambusoideae)
- Gerste (Hordeum)
- Hafer (Avena)
- Hirsen
- Mais (Zea)
- Reis (Oryza)
- Roggen (Secale)
- Weizen (Triticum)
- Zitronengras (Cymbopogon)
- Zuckerrohr (Saccharum)
Weiteres
Bei allergischen Menschen bewirkt die Art der Pollenverbreitung den Heuschnupfen.
Stammesgeschichte
In der Erdneuzeit (Känozoikum) entstanden die modernen Familien der Blütenpflanzen so auch die Gräser. Sie waren zunächst auf bewaldete und sumpfige Gebiete beschränkt. Mit der Entwicklung des kontinuierlichen Wachstumsprozesses und der Windbestäubung wurden ab dem Oligozän die offenen Länder erobert. Steppen und Grasländer breiteten sich vor allem im Miozän aus. Man nimmt an, dass die Evolution der Süßgräser mit der der großen Weidetiere parallel ging.[4] Neuste Erkenntnisse indischer Wissenschaftler, so einem Bericht der Zeitschrift Science zufolge, gehen davon aus, dass sich Gräser bereits in der Kreidezeit, dem letzten Abschnitt des Erdmittelalters (Mesozoikum), entwickelt haben. Diese Annahme geht auf Funde von Pflanzebestandteilen zurück, welche im fossilen Dung (Koprolith) von Dinosauriern gefunden wurden und auf reis- und bambusähnliche Gräser deuten[5].
Süßgräser gehören zu den im Verlauf der Evolution sekundär entstanden windblütigen Angiospermen. Spuren von Pollenkitt in Gräsern weisen darauf hin, dass die Vorgänger biotisch durch Vögel und Insekten bestäubt wurden. Pollenkitt verklebt die Pollenkörner zu größeren Übertragungseinheiten, was bei der Windbestäubung, die schwebfähige und leichte Pollen verlangt, störend wäre. [6]
Im Zuge des Übergangs zur Windblütigkeit wurden die Blüten reduziert. Entwicklungsgenetische Befunde deuten darauf hin, dass die Vorspelzen ein Verwachsungsprodukt zweier Blütenhüllblätter von ursprünglich drei und die Schwellkörperchen aus inneren Tepalen hervorgegangen sind[7]. Die Gräserblüte lässt sich somit vom Grundtypus der dreizähligen Blüten einkeimblättriger Pflanzen ableiten mit zwei Kreisen à drei Blütenhüllblättern, zwei Kreisen à drei Staubblättern sowie drei Fruchtblättern. Der dreifächrige Fruchtknoten der Süßgräser wurde einfächrig und enthält nur noch eine Samenanlage. Vom äußeren und inneren Staubblattkreis blieb nur der äußere Ring erhalten. Vom inneren Hüllblattkreis blieben nur die zwei als Schwellkörperchen dienenden Schuppen, die Dritte Tepale fiel aus. Der äußere Hüllblattkreis besteht nur noch aus der Vorspelze, die aus zwei getrennten Tepalen entstanden ist. Bei wenigen tropischen Gräsern sind noch zwei getrennte Vorspelzen vorhanden. Die Dritte Tepale fiel wiederum aus.
Systematik
Die Poaceae umfassen über 650 Gattungen. Sie ist in 13 Vorlage:Subfamilian von sehr ungleicher Größe unterteilt, die noch weiter in insgesamt 46 Tribus gegliedert sind. Die Unterfamilien können vom phylogenetischen Standpunkt aus zu zwei Hauptgruppen („BEP clade“, „PACCAD clade“) zusammengefasst werden. [8][9]
„BEP clade“
„PACCAD clade“
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Quellen und weiterführende Informationen
Die Informationen dieses Artikels entstammen den unter Literatur und Weblinks aufgeführten Referenzen, darüber hinaus werden folgende Einzelquellen zitiert:
Einzelquellen
- ↑ H. L. Shantz: The Place of Grasslands in the Earth's Cover, Ecology, Vol. 35, No. 2, 1954, pp. 143-145
- ↑ K. Rieck: Vegetationsökologische Untersuchungen ausgewählter Dünenkomplexe auf den Ostfriesischen Inseln Baltrum, Langeoog, Spiekeroog und Wangerooge. Universität Hannover, Dissertation, 2000. PDF
- ↑ a b Claudia Deigele: Gräser und Grasland Rundgespräche der Kommission für Ökologie am 10. Oktober 2005 in der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. PDF
- ↑ Erhard Lipkow, Hanno Kinkel, Ulf Neubert und Frank Siemer: Entstehung und Entwicklung des Lebens, Universität Kiel, 2005 PDF
- ↑ Vandana Prasad, Caroline A. E. Strömberg, Habib Alimohammadian, and Ashok Sahni: Dinosaur Coprolites and the Early Evolution of Grasses and Grazers, Science 310 (5751), 1177, 18 November 2005
- ↑ Michael Hesse: Entwicklungsgeschichte und Ultrastruktur von Pollenkitt und Exine bei nahe verwandten entomophilen und anemophilen Angiospermensippen der Alismataceae, Liliaceae, Juncaceae, Cyperaceae, Poaceae und Araceae, Plant Systematics and Evolution, Springer Wien 1980
- ↑ Peter Sitte, Elmar Weiler, Joachim W. Kadereit, Andreas Bresinsky, Christian Körner: Lehrbuch der Botanik für Hochschulen. Begründet von Eduard Strasburger. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 2002 (35. Aufl.) ISBN 3-8274-1010-X
- ↑ Grass Phylogeny Working Group, Nigel P. Barker, Lynn G. Clark, Jerrold I. Davis, Melvin R. Duvall, Gerald F. Guala, Catherine Hsiao, Elizabeth A. Kellogg, H. Peter Linder: Phylogeny and Subfamilial Classification of the Grasses (Poaceae). Annals of the Missouri Botanical Garden, 2001, Vol. 88, No. 3 (Summer, 2001), pp. 373-457
- ↑ Die Familie bei der APWebsite (engl.)
Literatur
- C. E. Hubbard: Gräser - Beschreibung, Verbreitung, Verwendung. Ulmer Verlag, Stuttgart, 1985. ISBN 3-8001-2537-4.