Das Königlich Bayerische Amtsgericht ist eine zwischen 1968 und 1972 entstandene 53-teilige Fernsehserie des ZDF, die Gerichtsszenen in einem Amtsgericht im fiktiven bayerischen Ort Geisbach im Jahre 1912 beschreibt. Zum Amtsgerichtsbezirk Geisbach gehörten auch weitere ebenfalls fiktive Orte wie z. B. Reamading und Kirchzell.
Inhalt
Die ersten 26 Folgen wurden im Januar 1969 ausgestrahlt. Eine zweite Staffel von ebenfalls 26 Folgen startete im Oktober 1970 mit großem Erfolg. Die schließlich letzte Folge wurde im Januar 1972 ausgestrahlt.
Die Fälle sind meist originell und idealisieren „die gute alte Zeit“ des bayerischen Königreichs vor 1914 unter der Regentschaft des beliebten Prinzregenten Luitpold. Der Autor Georg Lohmeier gilt selbst seit langem als Befürworter der Wiedereinführung der Monarchie in Bayern. Besonderes Markenzeichen der Serie ist der stets schnupfende Amtsrichter Alois Stierhammer, der manchmal eigenartige und listige Methoden der Prozessführung an den Tag legt. Er wird von Hans Baur gespielt, der unter anderem als Erzähler auf den Hörbüchern Otfried Preußlers bekannt geworden ist.
Die Serie verhalf einigen bekannten bayerischen Schauspielern wie Gustl Bayrhammer zu einer Art späten Durchbruch. Bemerkenswerter scheint allerdings der hohe Altersdurchschnitt gerade der 'Stammbesetzung', zumal wenn man bedenkt, dass die Serie um 1969/70 produziert wurde. So hatten Hans Baur und Georg Blädel um 60 Jahrre oder darüber, der Gerichtsschreiber Franz Loskarn zählte, laut imdb, sogar bereits 80 Jahre (!), Albert Hörrmann war ebenfalls über 70, einzigartige Originale wie Ludwig Schmid-Wildy, Rosl Mayr oder der zahnlose Totengräber, den Franz Helminger verkörperte, um die 75 Jahre alt. Die Liste ließe sich fortsetzen. Das 'Königlich Bayerische Amtsgericht' wird aufgrund seiner Beliebtheit in regelmäßigen Abständen wiederholt und ist derzeit (2007) im Bayerischen Fernsehen jeden Freitag um 21:35 Uhr zu sehen.
Das im Vorspann zu sehende Amtsgerichtsgebäude existiert als solches nicht, es handelt sich dabei um das Rathaus des Salzachstädtchens Tittmoning mit dem Marktplatz. Besonders "scharfsichtige" Zuschauer können in einer Einstellung ein Auto neben dem Marktbrunnen entdecken.
Der Text des Vorspanns, der von Gustl Bayrhammer gesprochen wurde, lautet: „Es war eine liebe Zeit, die gute alte Zeit vor anno 14. In Bayern gleich gar. Damals hat noch seine königliche Hoheit der Herr Prinzregent regiert, ein kunstsinniger Monarch. Denn der König war schwermütig. Das Bier war noch dunkel, die Menschen warn typisch; die Burschen schneidig, die Dirndl sittsam und die Honoratioren ein bisserl vornehm und ein bisserl leger. Es war halt noch vieles in Ordnung damals. Denn für Ordnung und Ruhe sorgte die Gendarmerie, für die Gerechtigkeit das königliche Amtsgericht.“
Beim Abspann ist noch einmal die markante Stimme Gustl Bayrhammers zu hören. Da sagt er: „Ob Freispruch oder Zuchthaus – auf die Guillotine hat unser alter Herr Rat sowieso niemand geschickt. (wozu er als Amtsrichter übrigens auch gar nicht befugt gewesen wäre).
Häufig mußte der Gerichtsdiener den Herrn Ökonomierat, Guts- und Brauereibesitzer Joseph Fäustl in dessen Gastwirtschaft aufsuchen, um ihn für eine Zeugenaussage vor Gericht zu bitten. Er traf den wohlbeleibten alten Ökonomierat dann üblicherweise gerade bei einem überaus üppigen und bierigen Wurst- oder Bratenfrühstück an, wobei ihm manchmal auch einige der örtlichen Saufbrüder Gesellschaft leisten. Der lange, magere und stets hungrige Gerichtsdiener bekam dann großzügigerweise oft eine Brotzeit und Bier spendiert und blieb gleich dabei sitzen, während sich der Herr Ökonomierat ganz allmählich ins Gerichtsgebäude bequemte oder auch nicht.
Die Handlung der "Gerichtsszenen" folgt einem wiederkehrenden Schema. Nach anfänglicher Aufregung und hochkochenden Emotionen auf der Anklagebank und im Zuschauerraum löst sich unter der strengen, bisweilen augenzwinkernden Verhandlungsführung des erfahrenenen Vorsitzenden aufgrund eines "Drehs" alles in Wohlgefallen auf. Meist, nachdem der eine oder andere Schwindel aufgeflogen ist. Gleich darauf verträgt man sich wieder, alles war nicht so böse gemeint und der Alkoholnebel der Tat hat sich längst verzogen. Meist fragt man sich der Zuschauer am Ende, wie es überhaupt zu einer Gerichtsverhandlung kommen konnte; die Plots und Prozessverläufe wirken in einzelnen Folgen auch an den Haaren herbeigezogen.
Lohmeier zeichnet im Königlich Bayerischen Amtsgericht ein mitunter stark überzeichnetes ironisches Zeit- und Landschaftsbild; Stereotypen werden überreichlich bedient. Die Behauptung des gestrengen Amtsrichters, "vor Gericht seien alle gleich" entspricht natürlich nicht der Praxis. So darf ein "Herr" und Angehöriger der örtlichen Geldmacht wie z.B. Fäustl einer Ladung vor Gericht Folge leisten oder nicht, kommen wann er will, ebenso das Wort ergreifen wann es ihm beliebt. Zudem kommt seinen Aussagen regelmäßig mehr Gewicht zu; sie sind meist entscheidend. Im Gegensatz dazu dürfen sich sich die "gewöhnlichen Leute" wenig bis nichts herausnehmen, sie werden vom Vorsitzenden bei jedem kleinsten Anlass wie Schulbuben angeraunzt und zurechtgewiesen, ja niedergebrüllt. Bedenklich scheinen, zumal aus heutiger Sicht, die geradezu beängstigenden Trinkgewohnheiten eines Großteils der männlichen Einwohnerschaft der Gegend. Hier spielt vermutlich auch der im Vergleich zur Gegenwart geradezu arglose Alkoholkonsum mit hinein, wie er für die Entstehungszeit der Serie, also Ende der 1960-er/Anfang der 1970-er Jahre in Westdeutschland typisch ist. Es ist oft die Rede von "8, 10 Maß" oder "12 Halben Bier" an einem Abend, oder einem Sekt- und Weingelage beim Besuch eines Kammersängers etc. Die "Delikte" werden offenbar vorwiegend im schwer alkoholisierten Zustand begangen. Kein Wunder, dass entsprechend die meisten Delinquenten einen mehr oder weniger vertrottelten, wenn nicht beschränkten Eindruck machen. Vollends einige Angehörige der Unterschicht, wie Pferde- oder Dienstknechte. Sie werden ganz ungeniert als Deppen bezeichnet und behandelt, die man nicht für voll zu nehmen hat. Autoritäten und Amtspersonen wie Polizisten oder Lehrer wirken lächerlich mit ihrer aufgeblasenen Wichtigkeit bei gleichzeitigem unbeholfenen Auftreten. Ein übriges tut, dass die Gendarmen kaum weniger schwere Trunkenbolde als ihre Kontrahenten sind. Fast wie ein Alien wirkt der vor Ehrgeiz brennende Staatsanwalt. Er stellt, aufgrund seiner gehobenen Schichtzugehörigkeit, noch die mildeste Form der lächerlichen Amtsperson in der Serie dar. Seine Schärfe, ja bisweilen geradezu inquisitorische Strenge wird regelmäßig durch den alten, abgeklärten Vorsitzenden abgebogen und relativiert. Auch das Frauenbild der Serie wird von eingefahrenen Klischees beherrscht: da tritt einerseits die junge, leicht naive aber adrette Unschuld vom Land auf (meist mit einer 'love interest' Geschichte verbunden), dann die frustrierte, verbissene Ehefrau, der Drachen also, der seinem Mann das Leben verleidet. Schließlich die gern auch häßliche einschichtige Betschwester, ebenso bigott wie jeder Beschreibung spottend. Eine Variante ist noch das vife Kellnerinnen-Luder, dass sich gerne auch von bessergestellten Herrn wie Fäustl nebenher befingern u.a. mehr läßt. - Das "Amtsgericht" kann man auch sehen als eines der vielen Medienerzeugnisse mit der bekannten Tendenz zur bayerischen Selbstverhöhnung und der Lust daran. Die Grenze wird sicher öfter überschritten. Man wird sagen dürfen, dass die Fernsehserie "Königlich Bayerisches Amtsgericht" "nolens, volens" überregional bayerntypische Klischees wirksam verbreitete. Ob sich die Macher dessen bewußt waren, ist fraglich. Aber so eine Beobachtung gewinnt ihre Schärfe wohl erst durch den Blick von außerhalb Bayerns, oder außerhalb des Einflussbereichs 'bayerischer Medien'. Ein ebenso eigenartiges wie bezeichnendes Phänomen bleibt angesichts dessen der große Publikumserfolg der Serie, den mehr als 50 Folgen sowie die vielen Wiederholungen seit über 30 Jahren bezeugen.
Besetzung
- Amtsgerichtsrat August Stierhammer: Hans Baur
- Gerichtsdiener: Georg Blädel
- Gerichtsschreiber Haberkorn: Franz Loskarn
- Staatsanwalt: Peter Brand
- Ökonomierat Josef Fäustl: Albert Hoerrmann
Weitere, immer wieder auftretende Personen:
- Georg Aderer, Adererbauer von Adering
- Kottmaier, Bürgermeister : Fritz Straßner
- Nachtwächter Vitus Dengl, 'Veitl': Ludwig Schmid-Wildy
- Totengräber Alois Wastlhuber: Franz Helminger
Folgen
1. Staffel (1969):
- 1. Der Pfarrgockel (mit Gustl Bayrhammer, Erni Singerl und Eva Vaitl)
- 2. Bierkrawall (mit Maxl Graf, Max Grießer, Karl Obermayr und Fritz Straßner)
- 3. Die Drud (mit Margot Mahler)
- 4. Nachtwächter (mit Ludwig Schmid-Wildy, Fritz Straßner und Olf Fischer)
- 5. Der Brunnenmacher (mit Maxl Graf, Hans Stadtmüller und Karl Tischlinger)
- 6. Der Wald und die Bäume (mit Fritz Straßner)
- 7. Der Marksteinrucker (mit Christa Berndl, Max Grießer und Fritz Straßner)
- 8. Der Liebesbriefschreiber (mit Rolf Castell, Max Grießer und Alfred Pongratz)
- 9. Einheirat (mit Maxl Graf, Willy Harlander und Franziska Stömmer)
- 10. Der Finanzamtmann (mit Veronika Fitz)
- 11. Schmerzensgeld (mit Veronika Fitz, Willy Schultes und Ludwig Schmid-Wildy)
- 12. Das Fahrtrecht (mit Maxl Graf, Hans Stadtmüller und Fritz Straßner)
- 13. Der Leichenbitter (mit Rosl Mayr)
- 14. Der Atheist (mit Max Grießer, Willy Harlander und Rosl Mayr)
- 15. Der Mäzenas (mit Alfred Pongratz, Erni Singerl und Karl Tischlinger)
- 16. Der Wildschütz (mit Maxl Graf und Willy Schultes)
- 17. Die Polizeistund' (mit Ludwig Schmid-Wildy, Veronika Fitz und Willy Harlander)
- 18. Die Körperverletzung (mit Maxl Graf, Karl Obermayr und Alfred Pongratz)
- 19. Der Geizige (mit Enzi Fuchs, Karl Obermayr und Fritz Straßner)
- 20. Concordia (mit Ludwig Schmid-Wildy, Max Grießer und Willy Harlander)
- 21. Die alte Burgl (mit Elfie Pertramer und Fritz Straßner)
- 22. Der gesetzliche Fehler (mit Franziska Stömmer und Karl Tischlinger)
- 23. Die Entführung (mit Veronika Fitz, Max Grießer und Ludwig Schmid-Wildy)
- 24. Der Aufruhr (mit Maxl Graf und Karl Obermayr)
- 25. Der Parasit (mit Ludwig Schmid-Wildy)
- 26. Das Elektrische (mit Gustl Bayrhammer, Willy Schultes und Franziska Stömmer)
2. Staffel (1970/71):
- 27. Die Kollision (mit Rolf Castell, Katharina de Bruyn und Veronika Fitz)
- 28. Das Bienenhaus (mit Gustl Bayrhammer, Willy Schultes und Eva Vaitl)
- 29. Der Gewissenhafte (mit Beppo Brem, Ludwig Schmid-Wildy und Erni Singerl)
- 30. Der Fünfer (mit Beppo Brem, Maxl Graf und Hans Stadtmüller)
- 31. Der zerbrochene Maßkrug (mit Rolf Castell, Katharina de Bruyn und Ludwig Schmid-Wildy)
- 32. Der Rosstäuscher (mit Beppo Brem, Gerd Fitz und Veronika Fitz)
- 33. Die Vergiftung (mit Gustl Bayrhammer, Bernd Helfrich und Kathi Leitner)
- 34. Das Damenkränzchen (mit Katharina de Bruyn, Ruth Kappelsberger und Marianne Lindner)
- 35. Die Trompete (mit Willy Harlander und Eva Vaitl)
- 36. Der anonyme Brief (mit Rolf Castell, Katharina de Bruyn und Fritz Straßner)
- 37. Der Schabernack (mit Gustl Bayrhammer, Maxl Graf und Franziska Stömmer)
- 38. Der Dieb (mit Katharina de Bruyn, Willy Schultes und Karl Tischlinger)
- 39. Das Beichtgeheimnis (mit Christiane Blumhoff und Beppo Brem)
- 40. Das Gespenst (mit Karl Obermayr und Alfred Pongratz)
- 41. Die Haberer (mit Gustl Bayrhammer, Karl Obermayr und Maxl Graf)
- 42. Die heiligen drei Madeln (mit Franz Muxeneder, Willy Schultes und Annemarie Wendl)
- 43. Der Hochzeitslader (mit Gustl Bayrhammer, Rosl Mayr und Karl Obermayr)
- 44. Die neue Magd (mit Christiane Blumhoff, Veronika Fitz und Bernd Helfrich)
- 45. Die Verwechslung (mit Rolf Castell, Bernd Helfrich und Fritz Straßner)
- 46. Die Identität (mit Max Grießer, Willy Harlander und Margot Mahler)
- 47. Der Spritzenmeister (mit Gustl Bayrhammer, Maxl Graf und Hans Stadtmüller)
- 48. Der Erbonkel (mit Gerd Fitz, Veronika Fitz und Erni Singerl)
- 49. Der Viehdiebstahl (mit Max Grießer und Rosl Mayr)
- 50. Der Bierpantscher (mit Peter Steiner)
- 51. Der Lokomotivführer
- 52. Der Wilderer (mit Maxl Graf und Peter Steiner)
3. Staffel (1972):
- 53. Der Böllerer
Rundfunkserie
Etliche Jahre danach wurde das „Königlich Bayerische Amtsgericht“ neu aufgelegt, diesmal im 1. Hörfunkprogramm des Bayerischen Rundfunks. Der Herr Rat wurde in der Radioserie von Rolf Castell gesprochen.