Andrei Wladimirowitsch Gawrilow

russischer Pianist
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Andrei Wladimirowitsch Gawrilow (russisch Андрей Владимирович Гаврилов, wiss. Transliteration Andrej Vladimirovič Gavrilov; * 21. September 1955 in Moskau) ist ein russischer Pianist.

Leben

Gawrilow erhielt ersten Klavierunterricht von seiner Mutter, die, ebenfalls Pianistin, bei Heinrich Neuhaus studiert hatte. Seine zweite Lehrerin war Tatjana Kestner, die bei Alexander Goldenweiser studiert hatte. Seine Ausbildung beendete er bei einem anderen Neuhaus-Schüler, Lew Naumow, am Moskauer Konservatorium. Bereits mit 18 Jahren gewann er 1974 den Tschaikowsky-Wettbewerb und erlangte internationale Bekanntheit, als er im gleichen Jahr bei den Salzburger Festspielen für Swjatoslaw Richter einsprang.

Von 1976-79 trat er in allen wichtigen Musikzentren in Ost und West auf, bis ihm - aufgrund kritischer Äußerungen über die sowjetische Kulturpolitik - durch den KGB-Chef und späteren kurzzeitigen ZK-Sekretär Juri Andropow im Einvernehmen mit Leonid Breschnew der Pass entzogen und Gawrilow unter Hausarrest gestellt wurde. Selbst seine Telefonleitungen wurden gekappt; zeitweise war er in psychiatrischen Kliniken zwangseingewiesen. Erst durch Michail Gorbatschows Hilfe endete dieser Albtraum 1984 und Gawrilow konnte nach Genesung von den Strapazen wieder im Westen konzertieren und Tonaufnahmen machen. 1989 ließ er sich in Bad Camberg bei Wiesbaden nieder und nahm die deutsche Staatsbürgerschaft an.

1994 fiel er in eine Depression, da er sich nur noch als funktionierende Klavier-Maschine sah. Daraufhin gab er Plattenaufnahmen auf, widmete sich spirituellen und philosophischen Fragen und bereiste die Welt. Seit 2001 lebt er in Luzern und konzertiert gelegentlich.

Gawrilow ist ein Pianist von außerordentlicher Virtuosität und unerreichter Kraft. Bereits in den 70er Jahren nahm er für Melodija das 1. Tschaikowski-Konzert und das 3. Rachmaninow-Konzert auf, von 1977-1989 arbeitete er exklusiv für EMI. Aus dieser Zeit stammt die legendäre Aufnahme der Chopin-Etüden und vieler weiterer Werke von Chopin, Skrjabin, Prokofjew, Rachmaninow, Ravel und Schumann. Gawrilows Interpretation von Bach ist dagegen eher nüchtern. Von 1991-1993 nahm er für Deutsche Grammophon auf, wo er u.a. einige der bereits für EMI eingespielten Werke duplizierte. Seither tritt Gawrilow nur noch im Konzert auf (ähnlich z.B. einst Sergiu Celibidache).

Diskographie

Aufnahmen bis 1989 sind bei EMI erschienen (anfangs in Koproduktion mit Melodija), solche von 1991-93 bei DGG.

  • 1985/1987: Chopin: Etüden opp 10, 25.
  • 1992:
    • J.S. Bach: Goldberg-Variationen.
    • Britten: Friday Afternoons op 7 (mit den Wiener Sängerknaben); Sailing, Night The Ballad of Little Musgrave and Lady Barnard (aus Holiday Suite op. 5).
    • Prokofiew: 10 Stücke aus Romeo und Julia; Suggestion diabolique. Prelude op 12/7. Ravel: Gaspard de la Nuit; Pavane pour une enfante defunte.
  • 1993
    • J.S. Bach: Französische Suiten 1-6.
    • Grieg: Auswahl Lyrische Stücke.

TV-Aufnahmen

1990

  • Prokofiew: Suggestion diabolique; Montagues & Capulets (aus: 10 Stücke aus Romeo & Julia); Klaviersonate N°8. Gavrilov spricht auch über die Werke mit dem engl. Komponisten Michael Berkeley auf engl., deutsch untertitelt. Südwestfunk.
  • Rachmaninow: Moment musical op 16/3; Elegie op. 3/1. Südwestfunk.