Der Sprachstreit ist eine Phase in der Geschichte der Färöer in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts. Er bezeichnet die politische und kulturelle Auseinandersetzung zwischen dem Anspruch der färöischen Sprache auf allgemeine Anerkennung und der dänischen Sprache als Amtssprache.
Anfang des 20. Jahrhundert war die Ausgangslage wie folgt: Dänisch war die Sprache der Kirche, des Schulwesens, der Verwaltung und der Justiz. Färöisch hingegen war die Sprache des Volkes, die seit der Niederlegung als Schriftsprache durch V. U. Hammershaimb ab Mitte des 19. Jahrhunderts und der Formierung der färöischen nationalen Erweckung seit dem Weihnachtstreffen 1888 immer mehr geschrieben wurde.
Politische Lager
Zu der kulturellen Aufbruchstimmung kam ab 1906 die Herausbildung der ersten beiden politischen Parteien der Färöer hinzu, die im Sprachstreit die jeweiligen Lager repräsentierten: Sambandsflokkurin (Unionisten) und Sjálvstyrisflokkurin (Separatisten).
Position von Samband
Sambands Auffassung war es, dass die färöische Sprache durchaus auf literarischem Gebiet entwickelt und benutzt werden solle. Andererseits sollte aber die dänische Sprache weiterhin die offizielle Bildungssprache sein, die alle Färinger fließend zu beherrschen haben. Gleichzeitig wandten sich die Unionisten gegen die umfassende Einführung des Färöischen aus rein dogmatischen Gründen, wie sie es Sjálvstyri vorwarfen.
Position von Sjálvstyri
Sjálvstyri hingegen hatte das Nationalgefühl auf seiner Seite. Es wurde als unhaltbar betrachtet, dass die offizielle Sprache eine andere als die Muttersprache ist. Im Parteiprogramm war als eine Kernforderung formuliert, dass die färöische Sprache Unterrichtssprache in allen Fächern werden soll. Gleichzeitig versuchte sie den Sprachstreit für ihre separatistischen Ziele zu nutzen.
Für Färöisch als Unterrichtssprache hatten die Separatisten ein stichhaltiges Argument: In den anderen Teilen des Königreichs wurde in der jeweiligen Muttersprache unterrichtet: Isländisch in Island, Grönländisch in Grönland und Englisch in Dänisch-Westindien. Es war somit eine Frage der Gleichbehandlung.
Durchbruch als Unterrichtssprache
Die Geschichte sollte für die Forderungen von Sjálvstyri arbeiten. 1908 gilt als eigentlicher Anfang der Auseinandersetzungen, die bis 1938 andauerten. In jenem Jahr beantragten die Lehrer der Realschule in Tórshavn, Färöisch im Unterricht verwenden zu dürfen. Die Schulleitung reagierte mit Ablehnung: Färöisch solle (außerhalb des reinen Färöischunterrichts) nur als Hilfsmittel gebraucht werden, um bestimmte Dinge zu erklären. Dem widersetzte sich der spätere Pfarrer Jacob Dahl, der fortan auf Färöisch unterrichtete. Die Schulleitung schaltete das dänische Bildungsministerium ein, welches diese Sache wiederum an das Løgting weiterleitete.
Dort waren die Lager gespalten. Es kam zu keiner Einigung und daher 1910 zu zwei Erklärungen, einer Mehrheitsmeinung und eines Minderheitsvotums. Die Mehrheitsmeinung wurde durch Samband repräsentiert: Dänisch solle mehr als bloß eine Fremdsprache wie Deutsch oder Englisch sein, sondern die Schüler sollen es in allen Fächern hören und sprechen. Ein wichtiges Argument hierfür war, dass Dänisch ein Schlüssel zur weiteren Ausbildung in Dänemark war, und damit zum beruflichen Fortkommen der Jugend.
Sjálvstyri zog sich auf die bereits oben untermauerte Position zurück, dass es andernorts selbstvertändlich sei, dass die Angehörigen eines Volkes in ihrer Muttersprache ausgebildet werden. Dagegen stand neben dem Weiterbildungs-Argument freilich die unumstrittene Tatsache, dass es keine entsprechenden Lehrmittel auf Färöisch gab, und so schlug Sjálvstyri vor, dass es jedem Lehrer selber überlassen bleiben soll, in welcher Sprache er unterrichtet.
Als Kompromiss wurde schließlich Färöisch als Unterrichtssprache für die kleinen Kinder vorgesehen und für die älteren Jahrgänge als erlaubtes Hilfsmittel innerhalb eines grundsätzlichen Unterrichts auf Dänisch. Am 16. Januar 1912 wurde diese Regelung (§ 7 der Färöischen Schulordnung) von der dänischen Regierung erlassen.